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Translation of the side in English.   Click please   
 
 
Fantasyroman über  die vergessenen Tore der Atlanter, er rettet einem Elfen das Leben und wird dafür belohnt. Alien werden seine Freunde, 
sie nehmen ihn mit auf den amerikanischen Geheimstützpunkt  wo sie die Amerikaner  wissenschaftlich unterstützen.
 
  Fantasyroman von Hermann Büsken
 
 
                                          Die Tore der Atlanter.   jetzt als E-Book im Internet

                                                                    Jugendfrei
                                        
                                                                                           
                             

                   www.hermann-buesken.de/buch1-5 leseprobe     mit Vita         64 Seiten

                                                              

Über mich.

Ich wurde  in Palling, Oberbayern geboren.  Aufgewachsen bin ich in dem Dorf Raesfeld  bei Borken in NRW.

Schon in jungen Jahren habe ich viel gelesen. Kein Karl May war vor mir sicher. Später schlug ich die Richtung Perry Rhodan und artverwandte Bücher ein. UFO- Literatur, und Esoterik, aber auch ganz normale Taschenbücher runden das Bild ab. Als ich einen Gruselroman las, und mich über die primitive  Ausdrucksweise wunderte, stellte ich fest, das hättest du besser gekonnt. Ab diesem Zeitpunkt reifte der Plan, selber ein Buch zu schreiben. Ich habe mir dafür ein paar Jahre Zeit gelassen, da ich nur geschrieben habe wenn ich in Stimmung war. Dabei habe ich festgestellt, dass es Zustände gab, in denen ich mich nur hinzusetzen brauchte und mein Stift ein Eigenleben entwickelte. War vorher alles festgefahren, wurden plötzlich Probleme gelöst und neue Ideen geboren. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass ich unsichtbare Hilfe hatte.  Ich hatte dann beim Schreiben ein Erlebnis, das mich lehrte, dass es auch eine böse Seite gab. siehe hier:

Erst fünfzehn Jahre nachdem ich den ersten  Reiki-Grad erhalten habe, habe ich gespürt, dass ich heilende Hände habe.  siehe hier

 

Zur Zeit arbeite ich an meinem 5. Buch..

Eines meiner Hobbys ist U-Bootmodellbau. Ich habe darüber vier Hefte geschrieben die ich auf dieser Homepage  anbiete. Ein Weiteres ist die Präparation von Tieren. siehe hier.

 Ich lebe alleine mit meinem Hund . mehr über mich hier

 

 
              Ich bin dankbar für jedes Lob oder  Kritik,                     per E-Mail           

Da ich keine Probeleser habe und auch sonst nicht weiß, wie meine Schreiberei vom Leser aufgenommen wird, bin ich dankbar für jede Anregung oder Kritik, sollte sie noch so direkt ausfallen.

 
 
Meine Geschichte ist im Bereich Fantasy angesiedelt und greift auf Erzählungen und Legenden zurück, die heute noch teilweise aktuell sind. 
Ich brauchte also nicht allzu viel Fantasy aufbringen, das haben schon Andere für mich gemacht. Ich habe daraus nur eine Geschichte gemacht.
In dem Buch kommen Alien und Elfen vor. Dass es Außerirdische gibt will wohl keiner bezweifeln? 
 
Rezension.
Der Autor Hermann Büsken hat erst spät festgestellt dass er ein Buch schreiben kann. Ausschlaggebend war ein Horrorroman der seiner Meinung nach zu primitiv geschrieben war. Er sagte sich, das hättest du besser gekonnt. Das war die Geburtsstunde seines Fantasyromanes „Die Tore der Atlanter“.
Der Roman handelt  von einem jungen Mann namens Kristian, der durch Zufall in einer Burgruine ein Tor ins Mittelalter findet. Dort trifft er die ehemaligen Burgbewohner. Er rettet einem Elfen das Leben und erhält dafür ein Medaillon, mit dessen Hilfe er sich unsichtbar machen und von einem Ort zum anderen springen kann. Er erfährt, dass sich das Elfenreich in einer Parallelwelt befindet und sie dort einen Stützpunkt haben, der auch von Außerirdische angeflogen wird. Die Außerirdischen werden seine Freunde.  Lena die Reporterin und Jessika seine Freundin, begleiten Kristian auf viele seiner Reisen.
.   Die folgenden Abenteuer zeichnen ein Bild wie eine Erstbegegnung mit Außerirdische aussehen könnte. Auch das Mittelalter bietet genug Stoff für spannende Abenteuer.
 
Der Autor hat sich gefühlvoll in die Lage des Entdeckers der „vergessenen Tore der Atlanter“ versetzt.  Wie würde man sich verhalten plötzlich im Mittelalter zu sein?
Zurückgreifend auf Sichtungen im Mittelalter versucht der Autor die Elfen glaubhaft wiederzubeleben, deren Blütezeit das Mittelalter war. Die Elfen als mächtiges Volk, schon damals der Menschheit weit überlegen. Noch heute glauben viele Leute im Norden Schottlands, dass eins die Sinth, das Elfenvolk (oder das kleine Volk) existierte. Der Glaube hat sich in der Bezeichnung „Gute Nachbarn“ gehalten. Auch wenn sie sich den Menschen manchmal feindselig zeigten. Noch heute gibt es in Island eine staatliche Elfenbeauftragte.
Dass Elfen und Außerirdische zusammen in einer Parallelwelt einen Stützpunkt betreiben, klingt vorstellbar. Schon in der Bibel wurde von Sichtungen gesprochen. Von Wagen am Himmel mit feurigen Rädern war die Rede.
 

 

bulletAlien
bulletNach der Klosterchronik von St. Albans erschien in England am Neujahrstag 1254 „eine Art Schiff in der Luft, von anmutiger Bauweise und wunderbaren Farben“.
bullet1546  haben mehrere tausend Einwohner über Basel einen Schwarm glänzender Scheiben beobachtet. Das Ereignis sorgte für Aufsehen im gesamten Abendland.

1697 flog eine "hell leuchtende, kreisförmige Maschine mit einer Kugel in der Mitte" über Hamburg und anderen norddeutschen Orten.

Auch die Bevölkerung Nürnbergs beobachtete in den frühen Morgenstunden des 14. April 1561 merkwürdige Flugobjekte über ihrer Stadt. Hunderte von Menschen sahen zwischen vier und fünf Uhr in der Frühe erschrocken zu, wie unerklärliche Kugeln oder Scheiben am Himmel schwebten. Es waren Kugeln von blutroter, bläulicher und eisern-schwarzer Farbe oder Ringscheiben in großer Anzahl in der Nähe der Sonne, etwa drei in der Länge, manchmal vier in einem

Am 7. Juni 1779 wurden über Boulogne in Frankreich "zahlreiche glühende Scheiben" beobachtet.

Elfen.
Das Mittelalter war die Blütezeit der Elfensichtungen. Noch Heute gehören Elfen zu Island wie die Berge zu Bayern", sagt Gudrun eine Deutsche, die schon länger in Island lebt. "Elfen sind wie wir, nur leben sie in einer besseren Welt, in einer Parallelwelt." In Island gibt es heute noch eine staatliche Elfenbeauftragte. Es kommt vor, dass für sie sogar eine Straße umgebaut werden muss.
Agobard, der Erzbischof von Lyon in Frankreich (8. Jahrhundert), schrieb, dass er eine Menschenansammlung angetroffen habe, die drei Männer und eine Frau lynchen wollten. Es waren Bewohner des Landes Magonia, die in Schiffen am Himmel fuhren und hier gelandet waren. Und auch Menschen entführten.
 
             Eigenschaften der Elfen-
Sie können willkürlich verschwinden und erscheinen.
Sie sind intelligent und neugierig.
Sie haben die Macht. nach Belieben Dinge fortzutragen.
Als die Menschen noch nicht den größten Teil der Welt besiedelt hatten. lebten diese Geschöpfe auf der Erde und betrieben Ackerbau. Ihre Zivilisation hinterließ Spuren in den hohen Bergen; sie blühte zu einer Zeit. da es im ganzen Land nichts als Wälder und Forste gab.
Ihre Häuser sollen angeblich groß und wunderschön sein. doch meist bleiben sie dem menschlichen Auge verborgen. Kirk vergleicht sie mit verwunschenen Inseln. Die Häuser haben Lampen. die ewig brennen, und Feuer, die keinen Brennstoff brauchen.
Ihre Gewohnheiten und ihre Sprache sind, wenn sie es mit Menschen zu tun haben, denen der Einwohner ähnlich.
Die alten Leute sagen, sie wüssten nicht, ob die Elfen aus Fleisch und Blut oder ob sie Geister seien. Sie wurden als menschenähnliche Wesen angesehen die viel kleiner waren als wir. Man sagt, Elfen hätten früher normale Menschen aufgesucht und zu ihnen gesprochen um zu verschwinden, wenn sie beobachtet wurden. Allgemein hieß es, die Elfen seien Geister, die sich nach Belieben sichtbar und unsichtbar machen könnten. Und wenn sie Leute entführten dann nahmen sie Körper und Seele mit sich.
Reverend Robert Kirk ließ keinen Zweifel daran: Einst bewohnten Elfen das Land. Noch heute glauben viele Leute im Norden Schottlands, dass einst die Sith, das Elfenvolk (oder das Kleine Volk>, existierte. Der Glaube hat sich in der Bezeichnung »Gute Nachbarn« gehalten. auch wenn sie sich den Menschen manchmal feindselig zeigten.
Die Zeit vergeht dort nicht wie bei uns. In solchen Geschichten stoßen wir auf die Relativität der Zeit. Wie konnten die Geschichtenerzähler früherer Zeiten auf eine solche Idee kommen? Was inspirierte sie? Niemand kann diese Fragen beantworten. Doch es ist eine Tatsache, dass das unterschiedliche Zeitgefüge zwischen Magonia und unserer Welt in Geschichten aus allen Ländern eine Rolle spielt
 
 

 

bullet
v
 
 
 
 
Fantasyroman.Zusammenfassung.                                                                                                       
 
 
Alles fängt damit an, dass sich Kristian ein Tor in die Vergangenheit öffnet. Mit seiner Freundin, dessen Freundin und Lena eine Zeitungsreporterin, schlittern sie in Abenteuer, die kein Ende zu nehmen scheinen. Elfen stellen eine Verbindung zu den Alien her.
 
             Wie würde man sich verhalten, plötzlich im Mittelalter zu sein, oder wenn man als erster Mensch einen Erstkontakt mit den Alien herstellt?
Durch Zufall öffnet sich ihm in einer verfallenen Burg ein Tor in die Vergangenheit.
Er sieht die Burg in alter Pracht. Nachts geht er durch das Tor. Der Stallknecht dort hilft ihm, die Burg unbemerkt verlassen zu können. Auf einen seiner Streifzüge kann er einem kleinen Mann das Leben retten, der sich danach in Luft auflöst. Der Stallknecht erklärt ihm, dass Elfen immer eine gute Tat belohnen.
Der Elfe schenkt ihm ein Medaillon, mit dessen Hilfe er nicht mehr auf die umständliche Reise durch die Burg angewiesen ist, in den Welten hin und her springen, sich unsichtbar machen, eine andere Gestalt annehmen und jeden Ort erreichen kann.
Das Reich der Elfen befindet sich in einer Parallelwelt. Zusammen mit den kleinen grauen Männchen (Alien) betreiben sie dort einen gemeinsamen Stützpunkt. Kristian lernt die beiden Schiffsführer einer Untertasse, Cyro und Systra kennen. Mit ihnen stellt er den ersten Kontakt zu den Menschen her, als ihr UFO über das Stadion in seiner Nähe schwebt und von den Menschen bejubelt wird. Von den Alien erhält er die Möglichkeit, Gedanken lesen zu können. Hierdurch ist es ihm möglich, eine verloren gegangene Versuchsreihe der Alien aufzuspüren. Bei einem Besuch mit Cyro in Gromlake (Area 51), einem amerikanischen Geheimstützpunkt, geht er in Aliengestalt mit an Land. Während Cyro und Systra die Amerikaner wissenschaftlich unterstützen, sorgt Kristian als „Edra“ in verschiedene Gestalten für Unruhe im Stützpunkt. Auch in seiner Heimat zeigt sich Kristian nur als Außerirdischer „Edra“, damit sein Geheimnis bewahrt bleibt. Er hat vielfach die Gelegenheit, seine Kräfte zum Wohle der Menschen einzusetzen.
Ein Tipp von den Amerikanern stellt eine Verbindung von dem deutschen Generalleutnant Unger zu Edra her. Generalleutnant Unger bittet „Edra“ bei der Befreiung von 2 KSK-Gruppen in Afghanistan um Hilfe, weil die Amerikaner das Tal, in dem die KSK-Gruppen festgehalten werden, mit einem neuen Bombentyp bombardieren will. 
Cyro der Alien nimmt Kristian mit zu seinem Planeten, wo er die Frau Eurone, ein blondes Mischwesen und dessen Tochter Lana kennen lernt. Eurone aktiviert seine Heilungskräfte, mit denen er bald darauf einen todkranken Jungen heilt. Durch diese Heilung erfährt die Krankenhausärztin Kristel von seinem Geheimnis. Kristian nimmt sie mit zu Eurone, damit diese Kristel zur Heilerin macht.
Kristian wird zum UFO-Piloten ausgebildet und erhält Cyros Raumgleiter zur freien Verfügung. Mit diesem ist es ihm möglich, einer Raumfahrtbesatzung zu helfen.
Der Sohn des Grafen von Burg Rabenfels, der Nachbarburg von Burg Falkenhorst, entführt Kristian und wirft ihn in sein Verlies, weil dieser ihn im Turnier besiegt und lächerlich gemacht hatte. Seines Medaillons beraubt, hat er keine Möglichkeit zu entfliehen.
Kristian hatte von Hera dem Bruder der Elfenkönigin erfahren, dass es noch mehr Tore geben soll. Nach einigen Versuchen öffnet er ein Tor in die Römerzeit. Das Tor befindet sich auf einem heiligen Germanenhügel. Im Dorf lernt er den Germanen Godwin und seine Frau Alrun kennen. Godwin führt ihn zum nächsten Kastell der Römer. Eurone die Alienfrau, hilft ihnen mit einer Apparatur, die über ihre Köpfe gestülpt wurde, die römische Sprache zu erlernen. Während eines Besuchs mit seinen Freunden, greift der Germane Gerwin mit seinen Leuten das Kastell an. Es gibt viele Tote auf beide Seiten. Kristel die Ärztin, hilft dem römischen Lagerarzt. Als Gerwin den Kampf abbricht, helfen sie den Germanen ihre Verwundeten zu versorgen.
Kristian plant einen Handel mit römischen Waren. Gegen ein Rind tauscht er die Waffen der beim Überfall getöteten Germanen ein. Die Museen reißen sich darum.                            

Hier geht es zu den 4 Exposen 1-4

                         B                               

       

 

  

    

     Die ersten 4 Bücher sind  als E-Book im Internet unter     Die Tore der Atlanter      zu finden

 

 

                                                                                  

Seiten:           379

Absätze:        2867

Zeilen:           11197

Wörter:         96328

Zeichen ohne   491570

mit

 Leerzeichen   586931

                Die Tore der Atlanter 1.Buch              

                        Leseprobe 2         Leseprobe 3         Leseprobe 4         Leseprobe 5

 
  Dem Namen alle Ehre machend, lag die Burgruine auf einen der höchsten Punkte in dieser Gegend. Burg war zu viel gesagt, da nur noch bescheidene Reste von der wohl einstigen Pracht übrig waren. Man konnte noch einzelne Fensternischen erkennen, und die Aussparungen im Mauerwerk, wo einmal die Tragebalken für die Decken und Fußböden gelegen hatten. Ein halber Torbogen ragte aus einer Mauer hervor und würde sicher auch bald in sich zusammenfallen.
Da, wo vielleicht einmal eine Zugbrücke den Feinden das Eindringen verwehrt hatte, lag der Rest der Burg jetzt für jeden Besucher frei zugänglich dar. Einen Graben, falls es ihn einmal gegeben hatte, war längst dem Erdboden gleichgemacht worden. Trotzdem ließ sich noch erahnen, wie mächtig einst die Burg ausgesehen haben mochte.
Als Kristian die Burg fast erreicht hatte, setzte er sich mit Blick auf die Burg ins Gras. Sein Rücken lehnte entspannt gegen einem großen Stein, der aussah, als würde er seit Anbeginn der Zeit an dieser Stelle verharren und die vor ihm liegende Burg bewachen.
Ein Blick auf die vorbeiziehenden Wolken, die Burg vor ihm, Sonnenschein und Urlaub, was wollte er mehr. Wie von selbst fielen ihm die Augen zu. Er dachte über das Leben in der Burg nach, und wie die Bewohner gelebt hatten.
Eingestimmt vom Leben auf der Burg, öffnete er die Augen und blickte verklärt zur Burg hinüber.
Zuerst undeutlich und verschwommen sah er zwischen dem Bergfried und der Außenmauer, ein seltsames Flimmern. Sicher reflektierte eine zerbrochene Flasche das Sonnenlicht. Neugierig geworden, konzentrierte er sich und sah genauer hin. Plötzlich wurde ihm kalt, Gänsehaut breitete sich über seinen Körper aus. So, als schaute man durch ein Guckloch, öffnete sich ein stetig größer werdender runder Ausschnitt, die Konturen des Randes verschmolzen im silbrigen Licht. Eine vollständig erhaltene Burg bot sich seinen Augen dar. Er wollte es nicht glauben, so musste die Burg vor langer Zeit ausgesehen haben. Der Bergfried hatte eine Größe, wie er ihn sich im Traum nicht vorgestellt hätte. Auf ihn wehte eine Fahne, deren Wappen er nicht erkennen konnte. Mitten auf dem Platz sieht er einen Brunnen mit einem Dach aus Holzschindeln. Das Wiehern eines Pferdes und das Hämmern auf einem Amboss war zu hören. Ehe er wusste, wie ihm geschah, begann sich das flimmernde Fenster wieder zu schließen. Er dachte noch, jetzt fängst du schon am hellen Tag an zu träumen und zu fantasieren, als sich das Fenster gänzlich schloss.
Mit einem Schlag sah er die traurigen Überreste der Burg wieder vor sich. Etwas war mit ihm geschehen. Er war sich sicher, dass er nicht geträumt hatte. So sehr er seine Augen auch anstrengte und zur Burg blickte, es änderte sich nichts mehr. Traurig und verlassen wirkte jetzt das gewohnte Bild der verfallenen Burg.
Es war ihm nicht neu, das es schon oft vorgekommen war, hauptsächlich an historischen Orten, dass Personen, die sich gegen altes Gemäuer oder Heiligtümer gelehnt hatten, sich plötzlich in einer anderen Zeitepoche wiederfanden. Dort hatten sie Dinge gesehen, die der heutigen Zeit teilweise noch unbekannt waren. Er hatte aber nichts dergleichen getan, der Stein hinter ihm, gegen den er sich lehnte, konnte wohl auch nicht der Auslöser gewesen sein, obwohl er sicher schon so mancherlei gesehen hatte.
Die Kälte wich langsam aus seinem Körper und machte der wohltuenden Wärme der Sonnenstrahlen Platz. Er blickte zur Burg.
Ihm fiel ein, dass er als Auslöser zuerst ein Flimmern zwischen dem Burgfried und der Außenmauer gesehen hatte. Da er das Geschehen noch nicht verkraftet hatte und ihm der Schreck noch zu schaffen machte, schob er weitere Überlegungen erst einmal beiseite. Auf jeden Fall wollte er im Moment nicht mehr zur Burg, weil ihm das Erlebnis noch zu schaffen machte.
Unweit der Burg Falkenhorst, am Talrand mit Blick auf die Burg, wohnte sein Freund Kurt mit seiner jüngeren Schwester Jessika, der Großvater und Maria die Haushälterin. Es ist das Haus ihrer Eltern, ein altes Anwesen. Es liegt wie auf einem Präsentierteller inmitten grüner Wiesen, rundherum hatte man freie Sicht, einen Nachbarn gab es nicht. Wenn er so darüber nachdachte, das Haus musste bestimmt einige Hundert Jahre alt sein. Hinter dem Haus steht ein Stall, der auf uralten Fundamenten erbaut war. In ihm standen, als er Kurt das letzte Mal besucht hatte, drei Reitpferde. Ein schlanker Turm aus Bruchsteinen erbaut, streckte sich in die Höhe, und war an einer Seite mit dem Stall verbunden.
Kristian drehte sich um und sah, dass eine Reiterin in vollem Galopp auf geradem Wege auf ihn zukam. Jessika, Kurts Schwester, wer sollte es anders sein. Ihre enge Reithose brachte ihren schönen Körper voll zur Geltung und lenkte seine Gedanken in eine andere Richtung. Sie brachte ihr Pferd vor ihm zum Stehen und blickte lächelnd auf ihn herab. Das lange blonde Haar, welches sie meistens zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, wurde jetzt durch die Reitkappe gebändigt. Obwohl er sie schon seit ihrer Kindheit kannte, hatte er eigentlich nie mehr Gefühle für sie empfunden, als einer Schwester gegenüber. Als er jetzt in ihre Augen blickte, wurde ihm zum ersten Mal bewusst, dass sich etwas geändert hatte.
»Störe ich«? fragte sie, »ich wollte dich nicht aus deinen Träumen reißen.« Was sollte er erwidern, vielleicht hatte er doch geträumt?
Bevor er antworten konnte, sprang sie mit einem Satz vom Rücken ihres Pferdes.
»Was ist passiert, du siehst so blass aus?«
»Was ich gesehen habe, glaubt mir sowieso keiner, ich kann es ja selbst nicht glauben.«
»Erzähl schon.«
Sie setzte sich zu ihm, in einer Hand hielt sie die Zügel. Ihre Blicke trafen sich, ihm wurde zum ersten Mal richtig bewusst, wie schön sie war. Er atmete den Duft ihres Parfüms ein.
Da der Stein nicht viel Platz bot, saßen sie bald eng beieinander, was ihm sehr gefiel. Er wollte gerade seinen Arm um ihre Schulter legen, da sprang sie auf.
»Was ist denn jetzt, willst du mich nicht in deine Geheimnisse einweihen?«
»Das werde ich tun, aber lass mich eine Nacht darüber schlafen.«
»Wie du willst, wann lässt du dich mal wieder bei uns sehen, wir könnten zusammen ausreiten?« Eine Antwort nicht abwartend, schwang sie sich auf ihr Pferd und galoppierte winkend heimwärts. Auch er beschloss, nach Hause zu gehen.
Sein Zuhause, welches abseits am Dorfrand stand, kam einem kleinen Knusperhäuschen gleich. Es war alt und die Zimmer waren klein. Günstig hatte er es erwerben können, als die vorherige Besitzerin in hohem Alter starb. Er kannte sie noch aus seiner Jugendzeit. Oft hatten sie in ihrem Garten Kirschen und Äpfel gepflückt. Jetzt war es sein Zuhause.
Kristian war dreiundzwanzig Jahre alt, einmeterachtzig groß und betreute im Dorf eine Jugendgruppe in Selbstverteidigung und Stockkampf. Heute war sein erster Urlaubstag.
Er machte sich einen Kaffee und setzte sich draußen auf seine Bank. Die Obstbäume hingen voll. Leider wusste er mit dem Obst nichts anzufangen und hatte sich schon überlegt, sich ein paar Ziegen anzuschaffen, die das Obst verwerten und den Rasen kurz halten sollten. Darum würde er sich später kümmern. Morgen in der Frühe, wollte er sich erneut zur Burg aufmachen, danach würde er weiter entscheiden.
Kristian stand früh auf, weil er keine Zuschauer wollte, wenn er die Stelle, von der das Flimmern ausgegangen war, näher in Augenschein nehmen wollte.
Voller Ungeduld wäre er am liebsten den ganzen Weg gerannt, seine schweren Wanderschuhe ließen dieses aber nicht zu. Angekommen schaute er sich im Burghof um. Links das ehemalige Wohnhaus mit leeren Fensterhöhlen, auf der rechten Seite der Bergfried, an dem die Burgmauer lehnte. Nichts deutete auf den gestrigen Vorfall hin. Er war sich sicher, dass hier am Bergfried die richtige Stelle war. Vielleicht hatte er doch alles nur geträumt? Solange er die Stelle auch anstarrte, es passierte nichts. Oder doch? Er hörte Stimmen. Auch das noch, die ersten Touristen waren schon angekommen.
Er zog sich auf die andere Seite zurück. So schnell wollte er nicht aufgeben. Ihm fiel ein, dass er, wenn er meditierte, die Visualisierung zu Hilfe genommen hatte. Dies ist eine Technik, die sich der Vorstellungskraft bedient, um geistige Bilder des jeweils erstrebten Gegenstandes oder Zustandes zu erzeugen. Je aktiver die Fantasie arbeitet sich ihrer zu bedienen, desto kraftgeladener wird sie. So wird eine Tür zwischen der Welt, der gewöhnlichen Wirklichkeit und der geistigen Welt geöffnet. Was würde passieren, wenn er diese Technik jetzt und hier anwendete? Würden die Touristen etwas mitbekommen? Wahrscheinlich, denn dieses spielte sich ja nicht nur in seinem Kopf ab. Er hatte das Flimmern nicht in Gedanken, sondern mit eigenen Augen gesehen. Um Klarheit zu bekommen, musste er einen Versuch wagen. Kristian schaute sich um, die Luft war rein, als er sich auf die vermeintliche Stelle am Bergfried konzentrierte. In Gedanken stellte er sich das Flimmern vor, ähnlich der Spitzen eines lodernden Feuers oder der Fata Morgana in der Wüste. Er hatte die Öffnung ja schon gesehen und konnte sie deshalb vor seinem geistigen Auge entstehen lassen. Zunächst passierte nichts. Seine Konzentration verstärkend, spürte er plötzlich ein leichtes Kribbeln auf seiner Kopfhaut, das sich über den ganzen Körper ausbreitete, je mehr er sich konzentrierte. Als sich auch noch eine leichte Gänsehaut einstellte, wusste er, dass etwas passieren würde. Plötzlich sah er das Flimmern. Es war fast durchsichtig und stieg vom Boden empor. Ein angstvolles Kreischen ließ ihn hochfahren, mit der Konzentration war es vorbei, das Flimmern erlosch.
Ein kleines Mädchen stand rechts hinter Kristian. Er hatte sie nicht kommen gehört. Es weinte und zeigte auf die Stelle, auf die er sich gerade noch konzentriert hatte.
Schnell schaute er sich um. Es war sonst keiner in seiner Nähe, der vielleicht auch etwas gesehen haben könnte. Da kam auch schon der Vater des Kindes, durch die Schreie seines Kindes alarmiert, angerannt. Sein Gesicht verdüsterte sich, als er nur sein Kind und Kristian wahrnahm. Das Kind wollte sich nicht beruhigen und zeigte immer wieder auf die Stelle, die zu seinem Glück, nicht in seiner direkten Nähe war. Als der Vater Kristian wieder anschaute, zeigte dieser ein unschuldiges Gesicht und zuckte nur mit den Schultern. Der Vater nahm seine Tochter an die Hand und beide verließen den Burghof. Endlich war die Ruhe wieder hergestellt. Das wäre beinah schief gegangen. Trotzdem hatte sich der Morgen gelohnt. Kristian wusste, wie er die Öffnung ins Mittelalter aktivieren konnte, und dass auch andere diese sahen, und wahrscheinlich auch hindurch gehen konnten, wenn sie geöffnet war.
Für heute war der Tag gelaufen. Der nächste Besuch hier musste abends, besser nachts stattfinden. Zum einen, weil er dann sicher sein konnte, dass ihm keine Touristen in die Quere kamen, zum anderen konnte er nur im Dunkeln durch das Tor in die Vergangenheit gehen, da er nicht wusste, was ihn auf der anderen Seite erwartete. Ziemlich aufgeregt wäre er am liebsten zu Jessika gerannt, um ihr alles zu erzählen. Irgendwann würde er sowieso nicht mehr daran vorbei kommen. Vielleicht hatte sie den Zwischenfall vom Vortag, als sie sich am Stein trafen, auch schon vergessen. Anderseits war es vielleicht sinnvoll, wenn jemand wusste, was er vorhatte. Was wäre, wenn er es nicht schaffen würde, aus der anderen Welt zurückzukommen. Hilfe von außen konnte er nicht erwarten. An diese Möglichkeit mochte er gar nicht denken. Bevor er sich auf das Abenteuer einlassen würde, musste er zumindest eine Nachricht hinterlassen und Jessika oder jemand anderes, so weit wie nötig einweihen. Kristian drehte sich um und machte sich auf den Heimweg. Noch ganz gefangen vom Geschehenen, schaute er rechts auf die andere Seite ins Tal hinunter zum Haus von Jessika. Sicher war sie jetzt zu Hause. Da er sonst nichts vorhatte, konnte er sie genausogut besuchen.
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»Großvater«, sagte Kristian, »was ist eigentlich mit dem Brunnen passiert, der mitten im Burghof stand?«
»Woher weißt du, dass da einer gestanden hat«? fragte er.
»Soviel ich weiß, hat es da nie einen gegeben, aber es gibt hier irgendwo einen alten Stich, vielleicht findest du da, was du suchst.«
»Den meine ich nicht«, sagte Kristian, »darauf ist kein Brunnen zu sehen.«
»Vielleicht steht etwas in dem uralten Buch, das in der Truhe der Bibliothek liegt«, sagte Jessika.
»Hast recht,« meinte Großvater, »in dem alten Buch.«
In der Zwischenzeit war Jessika schon aufgestanden, um das Buch zu holen. Es sah wirklich alt und vergriffen aus. Vielleicht gehörte sie von Anfang an zum Haus. Vorsichtig wurde die erste Seite aufgeschlagen. In Ermangelung von Papier hatte jemand die Ansicht des Burghofs auf die zweite Seite gemalt. Ein Blick genügte, um den Brunnen zu erkennen. Jessika und Großvater blickten Kristian ungläubig an.
»Mein Junge«, sagte er, »bist du ein Spökenkieker, oder hast du das Buch schon mal in deine Hand gehabt?«
Was sollte er sagen, wenn er sein Geheimnis noch nicht preisgeben wollte?
»Bestimmt nicht,« sagte er, »das Buch sehe ich heute zum ersten Mal. Ich war heute im Burghof, und mir war, als hätte dort ein Brunnen gestanden.«
»Wie kommst du darauf«? fragte Großvater, »ich habe dort noch nie einen Brunnen gesehen.« Maria hatte schweigend zugehört.
»Erinnerst du dich«, sagte Kristian zu Jessika, »gestern, als wir uns trafen. Du fragtest, warum ich so blass ausgesehen habe, da ist es passiert, ich habe den Brunnen in der Burg gesehen. Vielleicht war es ein Traum«, schwächte er ab, obwohl er es besser wusste, »aber den Brunnen habe ich gesehen.«
»Lernt man das in der Meditation«? fragte Jessika, »wann kannst du mir das beibringen, ich will den Brunnen auch sehen.«
»So schnell geht das nicht, außerdem wolltest du nie etwas davon hören.« Er hoffte, dass er ihr damit erst mal die Luft aus den Segeln genommen hatte.
»So leicht kommst du mir nicht davon«, sagte sie, »du verschweigst mir etwas.«
Kristian stand auf und kam ihr ziemlich nah. Sein Blick in ihre Augen ließ sie verstummen.
»Was soll das, willst du mich hypnotisieren?«
Verunsichert ging sie einen Schritt zurück.
»Ich muss jetzt gehen«, sagte er. »Maria, vielen Dank, der Kuchen hat wirklich gut geschmeckt.«
Großvater hatte es plötzlich eilig.
»Kinder«, sagte er, nachdem er seine Kaffeetasse mit einem Schluck leerte, »ich muss jetzt mein Mittagsschläfchen halten, wir sehen uns.«
»Was soll denn das«? fragte Jessika, »gerade, wo es spannend wird, verkrümelt ihr euch.«
Jessika sagte nichts, als Kristian sie verließ und durch die Halle nach draußen ging. Nicht mehr an Großvater denkend, zog dieser ihn plötzlich zur Seite, als er durch das Tor gehen wollte.
»Mein Junge, egal was du vorhast, ich bin dabei.« „Vielleicht ist es besser wir reden jetzt darüber,“ dachte Kristian, wer weiß, was sonst noch alles passiert.
»Komm, wir gehen zu den Pferdeställen, dort können wir in Ruhe reden.«
Großvater machte große Augen, als er ihm seine Geschichte erzählte.
»Was willst du als Nächstes machen«? fragte er.
»Ich werde heute Nacht durch das Tor gehen, falls ich nicht wieder zurückkomme, weißt du, dass etwas passiert ist. Erzähle keinem etwas.«
Wie man das Tor öffnete, verschwieg er vorsichtshalber. Großvater brachte es fertig und marschierte durchs Tor hinter ihm her.
»Wenn alles gut geht, komme ich morgen wieder vorbei.«
»Endlich ist mal wieder etwas los«, freute sich Großvater, »ich drück dir die Daumen.«
Es war jetzt später Nachmittag. Einige Dinge musste Kristian sich noch kaufen.
 
 
 
Seite 31

»Bevor du dich wieder verläufst, erkläre ich dir lieber den Weg«, sagte Hanna die Heilerin. »Die letzten Tage hat es viel geregnet. Der Weg führt an einen Steilhang vorbei, der bei nassem Wetter leicht ins Tal abrutscht, pass also auf.«

Kristian schaute sich erst wieder um, als er den Rand der Lichtung erreicht hatte. Hanna stand noch vor der Tür und hob die Hand, als er sich umdrehte. Ein wenig traurig machte er sich auf den Rückweg. Nach ungefähr einer halben Stunde, hatte er den Steilhang erreicht. Beängstigend steil ging es hier bergab.

Er ging zum Rand des Hangs. Entwurzelte Bäume zeugten von einem kürzlich erfolgten Erdrutsch. Vorsichtig ging er zum Weg zurück, als es anfing zu poltern. Dort wo er eben noch gestanden hatte, brach der Hang einen halben Meter ab und rutschte ins Tal. Ein lauter Schrei übertönte für eine kurze Zeit das ins Tal rutschende Geröll. Darauf hoffend, dass ein weiterer Schrei ihm den Standort des Schreienden verraten würde, horchte er, aber es blieb still. Ein paar Meter weiter schien der Hang noch gefestigt zu sein. Vorsichtig blickte er zu der vermeintlichen Stelle, von der aus der Schrei gekommen sein konnte. Der Erdrutsch war zur Ruhe gekommen, unter dem Hang sah es wüst aus. Bäume lagen kreuz und quer übereinander. Von einem Menschen keine Spur, was aber nicht besagte, dass dort keiner auf Hilfe angewiesen war. Vorsichtig kletterte er den Hang von der gefestigten Seite aus, herunter und sprang von Baumstamm zu Baumstamm. Wohl war ihm nicht, da jederzeit ein neuer Erdrutsch von oben herunterkommen konnte. Zum Glück war die Schneise der Verwüstung nicht sehr breit. Kristian arbeitete sich nach unten. Am Ende angekommen, schaute er nach oben. Ein Haarschopf in der Mitte des Erdrutsches schaute aus dem Astgewirre, also wieder nach oben. Da er jetzt wusste, wo er zu suchen hatte, ließ er den Haarschopf nicht aus den Augen und arbeitete sich zur Mitte des Erdrutsches vor. Er erkannte, dass der Haarschopf einem Mann gehören musste, der nicht sehr groß sein konnte. Wie gekreuzigt wurden seine Arme von dickem Astwerk niedergedrückt.
Durchdringende Augen blickten Kristian an. Der Mann stellte die vergeblichen Versuche sich zu befreien ein, ließ Kristian aber nicht aus den Augen. Seitlich neben seiner Brust, in einer Astgabel verfangen, hing an einer, scheinbar aus Gold gefertigten Kette, ein handtellergroßes Medaillon. In der Mitte ein halbrunder, grünlich schimmernder Stein, umsäumt von einem etwa einem Zentimeter breiten, flachen Rand, auf dem sich für Kristian unbekannte Zeichen befanden.
Immer den Steilhang vor Augen, hatte er sich nah an ihn herangearbeitet. Schnell erkannte er, dass es mehrerer Männer bedurft hätte, die Äste anzuheben. Ihm fiel sein Messer mit Säge ein, das sich in einer seiner Taschen befand. Als er es aufklappte und auf den Eingeklemmten zuging, fauchte dieser ihn an. Erschrocken sprang Kristian zurück.
»Du brauchst keine Angst haben, ich will nur den Ast durchsägen.« Abwartend blickte Kristian ihn an, während der Blick des Mannes durch Kristian hindurchzugehen schien. Kristian deutete ein leichtes Nicken seinerseits als Aufforderung, seine Arbeit zu beginnen. Ein Vergnügen ist es nicht, mit einer Taschensäge einen faustdicken Ast durchzusägen. Schon bald bildeten sich die ersten Blasen an seiner Hand und Blut machte den Griff des Messers rutschig. Zudem verkeilte sich die Säge immer öfter im Holz, was seine Arbeit zusätzlich erschwerte.
»Ja mein Freund«, sagte er zu dem schweigsamen, ihn nicht aus den Augen lassenden Mann, »und du fauchst mich zum Dank noch an.« Als der Ast schließlich kippte, griff der kleine Mann mit der freien Hand zu seinem Medaillon, legte seine Hand darauf, blickte Kristian kurz an und weg war er. Erschrocken wich Kristian zurück.
Als wenn nichts geschehen wäre, stand er alleine inmitten der umgefallenen Bäume. Nur seine blutende Hand zeugte davon, dass er alles nicht geträumt hatte. Nachrutschendes Erdreich erinnerte ihn daran, den gefährlichen Ort schnellstens zu verlassen. Er kletterte wieder zurück.
 
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Kristian stieß Hanna an, »komm, wir müssen nach draußen den König begrüßen.« Das königliche Gefährt schwebte heran und senkte sich auf den Boden. Hanna als Hausherrin, verbeugte sich vor dem Königspaar und hieß es willkommen. Kristian beeilte sich, es ihr gleich zu tun. Damit war dem offiziellen Teil genüge getan. Der König hob die Hand, und sogleich erschallte ein Trompetensolo, das den Beginn des Festes verkündete. Die anfängliche Stille verwandelte sich in ein lebhaftes Treiben vieler königlicher Untertanen. Nachdem von den ersten Köstlichkeiten gekostet wurde, ertönte auf Veranlassung des Königs erneut ein Trompetensignal. Alle erhoben sich.
»Ich möchte mich bei der Hausherrin, unserer Freundin Hanna bedanken«, sagte der König, »dass sie diesem Treffen zugestimmt hat.« „Das stimmt ja wohl so nicht, dachte Kristian. »Der eigentliche Anlass dieses Besuches«, fuhr der König fort, »gilt ihrem Besuch.« Hanna schaute Kristian erschrocken an.
»Warum hast du mir nichts gesagt?«, flüsterte Hanna ihm zu, doch er tat, als hätte er es überhört. Der König fuhr fort.
»Sein Name ist Kristian.« Kristian musste daran denken, wie einfach es für die Elfen gewesen sein musste, seinen Namen herauszubekommen.
»Unter Einsatz seines eigenen Lebens hat er mich aus einer tödlichen Gefahr befreit. Wie wir alle wissen, kann man bei den einheimischen Dörflern nicht immer sicher sein, ob sie solch eine Situation nicht dazu benutzt hätten, einen der unseren zu töten. Auch ich schloss anfangs diese Möglichkeit nicht aus. Da der Dank unter gegebenen Umständen nicht möglich war, möchte ich dieses hiermit nachholen. Wir wissen, dass unser Freund Kristian ein Zeitreisender ist. Wir wissen auch um die Umstände, die mit einem Gang durch das Tor verbunden sind. Als Dank für meine Rettung erhält er ein Medaillon, das es ihm ermöglicht, sich unsichtbar zu machen. Weiter könnte es dazu verwendet werden, beim Gang durch das Tor, an eine andere Stelle weitergeleitet zu werden, also direkt nach hier. Sollte sich unser Freund Kristian als würdig erweisen, so kann die Verwendbarkeit des Gerätes erweitert werden.«
Der König kam zu ihm herüber. In der Hand ein Medaillon, deutlich kleiner, wie Kristian es schon kannte. An dem Medaillon war eine dünne Lederschnur befestigt, die er Kristian um den Hals legte. Sie blickten sich in die Augen. Im Gegensatz zur ersten Begegnung war von einer Gefährlichkeit keine Spur mehr zu sehen. Er nahm Kristian zur Seite.
»Mein Freund Kristian, sage Omi zu mir, deine Feinde sind jetzt auch meine Feinde. Wenn du in meinem Reich irgendwelche Probleme hast, gib mir ein Zeichen. Wenn du an dieses Symbol denkst,« er deutete darauf, »denke gleichzeitig an dein Problem. Mit diesem Symbol leitest du die Unsichtbarkeit ein. Gleichzeitig stellst du dir vor, wie dein Körper unsichtbar wird. Mit diesem Symbol kannst du dich an andere Orte begeben, denke nur daran, wo du hin willst.«
 
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Also, kann es losgehen«? Lena die Reporterin nickte nur. »Halt«, sagte Kristian.
»Hast du dich über diese Burg erkundigt?«
»Ich habe es versucht, aber nicht viel gefunden.«
Im selben Augenblick fiel ihm ein, dass das, was er vorhatte, so nicht laufen konnte. Er hatte vor, ihr die Burg zu zeigen, als Edra würden die Wachen ihn nicht erkennen und ihn vielleicht nicht durchlassen. Jetzt hatte er sich in seinem eigenen Lügennetz verfangen. Ihm blieb nur noch eins übrig, Farbe zu bekennen.
»Erschreck jetzt nicht«, sagte er und verwandelte sich vor ihren Augen in seine Person und Aussehen. Sie erschrak doch. »Kristian, heißt das, dass du doch Edra bist?« Er machte ein schuldbewusstes Gesicht und nickte. »Aber deine Kräfte«
»Habe ich von den Elfen.«
»Und wo sind die?«
»Ein andermal.«
»Da hast du mir aber die ganze Zeit einen Bären aufgebunden.« Lena lachte laut auf.
»Trotzdem, es bleibt alles beim Alten mit meinem Anteil«, sagte er und sprang mit ihr los. Vor ihnen die Burg. Lena verschlug es die Sprache. »Ja, was ist«, fragte er, »wir haben doch ein Geschäftsabkommen.« Lena begriff und machte Fotos. Sie gingen auf das Tor zu. Die Wachen grinsten Lena an, als sie das Tor passierten.
»Gib mal her,« sagte Kristian und nahm ihren Fotoapparat. »Stell dich mit dem Rücken zum Tor.« Er machte zwei Aufnahmen. Die Vorburg mit den Ställen und Gärten kosteten weiteren Film. Er hatte Johannes schon entdeckt, der stand mit mehreren alten Freunden zusammen. Erst als diese in ihre Richtung blickten, wurde er auf sie aufmerksam. »Kristian«, rief er und rannte auf sie zu.
»Darf ich vorstellen, Johannes, Sohn des Grafen Lothar von der Burg Falkenhorst. Und das ist Lena, stellt euch zusammen, ich mache ein Foto von euch beiden.« Er erinnerte Lena, dass sie keine Fotos von ihm machen durfte. Sie gingen auf die Burg zu. Lena machte Fotos von den Leuten. Vor dem Haupttor machte er ein Foto von ihr mit je eine Wache rechts und links.
»Komm, mein Vater wird sich freuen dich zu sehen,« sagte Johannes. Kristian fand, dass Lena fürs Erste genug gesehen hatte, sonst wäre ja keine Steigerung mehr möglich gewesen. »Nein, heute nicht«, sagte er, »Lena muss zurück.« Diese wollte protestieren, schwieg dann aber. »Schade«, sagte Johannes. Sie gingen zurück, Lena schoss noch ein paar Fotos und sie verließen die Vorburg. »Bis bald«, sagte er zu Johannes, der sie bis hier begleitet hatte. Hinter der Wegbiegung sprangen sie, er wieder als Steckbrieflichgesuchter, zurück. Lenas Verfolger waren noch da.
 
 Seite 209  Shie die Elfenkönigin
»Hera hat mich hergebracht, ich darf in einem Raumschiff mitfliegen.«
»Weist du schon, wer das Raumschiff führt?«
»Ja, Cyro.«
»Oh, ich kenne Cyro«, sagte Shie die Elfenkönigin. »Stört es euch nicht, wenn jemand eure Gedanken liest«? fragte Kristian.
»Wir können unsere Gedanken abschirmen.« Die Frau brachte eine Karaffe und drei Gläser. Shie füllte sie. »Auf dein Wohl«, sagte sie. Er war überrascht, ein leichter Fruchtgeschmack mit einem Anteil Alkohol.
»Das schmeckt wirklich gut.«
»Du musst aufpassen, da du heute noch fliegen willst, bekommst du nur ein Glas voll. Das Getränk steigt einem schnell in den Kopf.«
»Ihr wohnt schön hier«, sagte er. »Hera sagte, dass du eine Freundin hast«? fragte Shie, »das nächste Mal bringst du sie mit, damit wir sie kennenlernen können.« Er wusste jetzt schon, dass Jessika es nicht abwarten konnte, wenn sie es erfuhr.
»Ich danke dir für die Einladung.« Kristian blickte sich um, die Wände waren mit Bildern geschmückt. Der König mit verschiedenen Gästen. Auch Cyro oder einer von seiner Art. Aber auch so etwas wie abstrakte Kunst war vertreten. Hera stand auf, »wir müssen zurück, sonst fliegt Cyro ohne Kristian ab.«
»Bis bald«, verabschiedete er sich und fand sich draußen vor dem Raumschiff wieder. Cyro wartete schon. Ein Zweiter von seiner Art, stand ebenfalls vor der geöffneten Tür.
»Das ist Systra«, stellte er vor. Äußerlich hätte er sie nicht auseinanderhalten können.
»Ich gehe jetzt«, sagte Hera und verschwand.
»Komm herein,« empfing er Cyro`s lautlose Anweisung. Er musste den Kopf einziehen und ging in gebückter Haltung ins Schiff. Zwei Sessel vor einem Kommandostand. Keine Knöpfe oder Schalter. Verschiedene Symbole auf einem Sensorenfeld war alles, was er sah. »Setz dich auf die Bank hinter mir«, gab ihm Cyro zu verstehen. Kristian setzte sich. Die Tür schloss sich. Ein leises Summen war alles, was er vernahm, als das Schiff abhob.
»Du möchtest, dass wir zu dir fliegen«? empfing er.
»Ja«, dachte er. Ohne dass er es bemerkt hatte, sah er auf einem Bildschirm in der Wand unter sich, eine Stadt liegen. Cyro ging tiefer auf tausend Meter und blieb auf der Stelle stehen. »Unbekanntes Flugobjekt auf tausend Meter«, hörte er von irgendwo her. »Es steht auf der Stelle.«
»Flugzeug Berta Anton Drei, gehen sie auf eintausenddreihundert Meter und sagen sie, was sie sehen.«
»Verstanden Tower.« »Hier Berta Anton Drei. Ich sehe es, es sieht aus wie eine fliegende Untertasse.«
»Anton Berta drei, verlassen sie umgehend ihren Standort.« »Verstanden.« Bald hörten sie, wie sie sich entfernten.
Die zwei Kampfflugzeuge der Bundeswehr umkreisten sie jetzt in einem weiteren Radius. »Hier AX 1, das UFO bewegt sich nicht, was sollen wir tun?«
»Keine Provokationen, nur beobachten.« Beobachten war gut, wie sollten sie das machen, sie konnten ja nicht auf der Stelle stehen bleiben wie sie. »Du weißt, was du hier machst«? kamen Cyro`s Gedanken bei ihm an.
»Dieses ist doch eine gute Gelegenheit, den Menschen zu zeigen, dass es auch noch andere Lebewesen gibt.«
Cyro gab keine Antwort. »Kann ich mit den Beiden da oben reden«? fragte er. Cyro nickte, da er nicht wollte, dass einer der Beiden ein Held sein wollte. »Wo soll ich rein sprechen«? fragte Kristian. »Rede«, sagte Cyro.
»Hallo ihr beiden, es ist besser ihr fliegt zurück, wir sind in friedlicher Absicht hier.«
»Sie reden mit uns«, hörte er die aufgeregte Stimme eines Piloten. »Sie sind in friedlicher Absicht hier und wollen, dass wir zurückfliegen.«
»Kommen sie zurück«, hörten sie den Befehl. Danach drehten beide ab. »Können wir tiefer gehen«? fragte er. Wieder nickte Cyro. Langsam fragte Kristian sich, wieso Cyro sich auf alles einließ. Hatten der König und er diesen Ablauf in Betracht gezogen? Dann mussten sie ihn aber besser kennen wie er sich selber. Cyro deutete auf den Bildschirm. Kristian sah, wie die Stadt auf sie zukam. Viele Menschen, durch die kreisenden Flugzeuge aufmerksam geworden, blickten ihnen entgegen. Obwohl es anfing, dunkel zu werden, sahen sie die Gesichter deutlich vor sich. Er erkannte, wo sie waren.
»Am Stadtrand ist eine Sportarena, lass uns dorthin fliegen.« Viele Autoscheinwerfer folgten ihnen zur Arena. Aus allen Richtungen kamen Polizeiwagen mit ihren blinkenden blauen Lichtern und versuchten, dem Chaos Herr zu werden. Unter ihnen tauchte die Arena auf. Langsam schwebten sie auf fünfzig Meter herunter. Irgendwie hatten die Menschen es geschafft, die Tore zu öffnen und die Scheinwerfer einzuschalten. Ein endloser Strom ergoss sich auf die Ränge. Angst schienen sie nicht zu haben, denn die Menschenmenge gab ihnen ein sicheres Gefühl. »Zeige den Leuten, was du kannst, fliege hoch und wieder herunter.« Auf dem Bildschirm sah Kristian die Arena kleiner werden und ebenso wieder größer. Das alles hatte nur ein paar Sekunden gedauert, ohne dass er etwas gemerkt hatte. Der Menschenmenge hatte es sicher gefallen. Ehrfürchtig starrten sie auf das Raumschiff. Sie schwebten seit einer halben Stunde auf der Stelle, was sicher dazu beitrug, die Spannung zu erhöhen. Kristian wollte gerade sagen, in zehn Minuten setzt du auf, als ihm einfiel, dass er nur Gast auf diesem Schiff war. Cyro hatte sein Gedankenspiel wohl mitbekommen, zum ersten Mal sah Kristian, dass Cyro zu einer Regung fähig war. Es bildeten sich zwei Grübchen auf seinen Wangen. Kristian lächelte zurück. Nach zehn Minuten hörte er, dass die vier Stelzen herausgefahren wurden. »Jetzt solltest du den Leuten auf deine Weise mitteilen, dass wir in friedlicher Absicht hier sind und sie ruhig bleiben sollen«, sagte er zu Cyro. Was war das ein Schock, als plötzlich in den Gedanken der Menschen diese Botschaft ankam. Die Spannung musste ungeheuerlich sein. Kristian sah, wie die Polizei Fernsehteams an den Rand des Platzes ließ. Bald würde die ganze Welt über den ersten öffentlichen Kontakt mit den Außerirdischen wissen. Mittlerweile konnte er mit seinen Fingerkuppen auf dem Sensorenfeld die Kamera bedienen.
Er richtete sie auf die vordere Reihe, dort wo die Fernsehkameras standen. Er hatte schnell gefunden, was er suchte. Lena in einem gelben Kostüm. Wieso hatte sie ein Kostüm an? Er zeigte Cyro den gelben Farbfleck.
»Kannst du diese Frau gezielt ansprechen?« Cyro nickte.
»Sage ihr, Edra lässt grüßen, mach dich bereit.« Er beobachtete Lena. Sie blickte sich um, ob die anderen auch eine Nachricht bekommen hatten, was anscheinend nicht der Fall war. »Kannst du jetzt die Tür aufmachen?«
Kurz darauf wurde die Klappe heruntergefahren.
Ich verwandle mich wohl besser«, sagte er und wurde zu einem Abbild von Cyro. Dieser hatte erstaunt seiner Verwandlung zugesehen. »Jetzt fehlt mir nur noch die Fähigkeit, dass ich mich mit ihnen über ihre Gedanken unterhalten kann.«
Eine Weile blickte Cyro ihn an, erst als sein Gefährte nickte, nahm Cyro aus einem Fach einen kleinen runden Gegenstand und gab ihn Kristian. Da er ebenso wie Cyro eine kleine Tasche an seiner Seite hatte, steckte er ihn dort hinein. »Wofür ist das«? fragte er. »Spreche mit deinem gelben Farbfleck«, sagte er.
Er konzentrierte sich auf Lena. »Hallo Lena«, dachte er, »erschrecke nicht.« »Mensch Kristian, du wirst mir immer unheimlicher. Was habt ihr vor?«
»Wir werden eine Delegation empfangen, zu der du auch gehörst. Ich dachte dabei an den Bürgermeister und den Polizeichef. Deinen Kameramann darfst du nicht mitnehmen. Es wäre gut, wenn du als auserwählte die Beiden darauf vorbereiten würdest. Falls einer nicht will, soll er einen anderen bestimmen.« Kristian sah, wie Lena auf einen Polizisten zuging und mit ihm debattierte. Ein Zweiter kam hinzu. Kristian sah, wie sie vergeblich versuchte, die Botschaft weiterzugeben.
Lena wurde immer lauter und ein dritter Polizist kam hinzu. Dieser kannte Lena aus dem Fernsehen und glaubte ihr. Lena verschwand in der Menge. Nach fünf Minuten standen drei Personen am Spielfeldrand. Kristian sah, dass außer Lena noch eine Frau dazugehörte. Warum nicht, das war sicher die Bürgermeisterin. »Hallo Lena, verrate mir die Namen der Beiden.« »Frau Wissing die Bürgermeisterin und Herr Kranz der Polizeichef.«
»Dann kommt«, sagte er, worauf sich die Drei in Bewegung setzten. »Cyro, ich habe eine Bitte, würdest du dich und dein Begleiter vorne an der Tür aufstellen?« Wie immer machte er mit. Cyro und Systra stellten sich an der Tür auf. Ob die Fernsehkameras das auch alle mitbekamen? Er ging der Delegation entgegen. Lena, die ja wusste, dass keine Gefahr drohte, hatte einen deutlichen Vorsprung.
»Nicht so schnell«, sagte er zu ihr.
»Kristian, wo bist du?«
»Ich stehe doch vor dir.«
»Höre auf mit dem Quatsch.«
»Lena, was muss ich tun, damit du mir glaubst? Warte, ich weis schon.« Er ließ Lena auf sich zukommen. Ehe sie zurückweichen konnte, umschlossen seine Arme sie. »Glaubst du mir jetzt?« »Kristian, was haben sie mit dir gemacht?« Er ließ sie los. »Das erzähle ich dir später.« Dann standen sie vor dem Raumschiff. Misstrauisch und ängstlich schauten die beiden Gäste sich um. Augenkontakt mit ihm vermieden sie. Er wollte ihnen gerade seine Hand entgegenhalten, da bekam er einen Schreck. Hatte er daran gedacht, sich bei der Verwandlung mit vier Fingern auszustatten? Er blickte auf seine Hand. Welch eine Erleichterung, vier Finger an jede Hand. Jetzt machte er dasselbe Spiel das Cyro mit ihm gemacht hatte. Seine ausgestreckte Hand stiftete zunächst Verwirrung. »Lena«, dachte er, »drück deine Handfläche gegen meine.« Lena machte es vor, dann hatten die Beiden verstanden. »Es ist uns eine Ehre die Bürgermeisterin Frau Wissing und den Polizeichef Herr Kranz begrüßen zu können. Erstaunt schauten sich beide an. »Außerdem Frau Müller.« Er hatte bis jetzt in Gedankenform mit ihnen gesprochen. Jetzt sagte er mit normaler Stimme, »wir möchten, dass die Welt erfährt, dass es uns gibt und wir eure Freunde sein wollen.« Beide, außer Lena, nickten eifrig. Lena zeigte mehr Interesse für das Raumschiff und versuchte ins Innere zu sehen. Er sah, dass sie einen Fotoapparat umgehängt hatte. »Du darfst Fotos machen,« teilte er ihr mit. Cyro hatte es mitbekommen und zuckte nicht zusammen, als das Blitzlicht aufflammte. Bald hatte Kristian sie aus den Augen verloren, nur hier und da sah er es aufblitzen. »Als Zeichen unserer Freundschaft, lade ich sie zu einem Rundflug ein.« Beide sahen sich betreten an, in Gedanken sahen sie sich in den Nachrichten erwähnt, Bürgermeisterin und Polizeichef von Außerirdische entführt. Lena sah ihre Nöte, »ja, dann wollen wir mal,« sagte sie und betrat die Rampe. Widerstrebend folgten die Anderen.
»Lena, keine Fotos im Inneren«, teilte er ihr mit.
»Denke an unsere Partnerschaft vernahm er.«
»Es reicht, was du bist jetzt hast«, was sie wohl einsah.
Die Rampe schloss sich. »Bitte setzen sie sich auf die Bank dort.« Sie folgen seiner Anweisung. Hier hatten sie ausreichende Kopffreiheit. Ihr Blick war gebannt auf dem Bildschirm gerichtet. Das Stadion war hell erleuchtet. Zuerst langsam, dann immer schneller, schoss das Raumschiff nach oben. Die Helligkeit des Stadions verblasste, bis der Bildschirm nur noch Dunkelheit anzeigte.
Cyro teilte ihm mit, dass er und Lena ihm nebenan in einen anderen Raum folgen sollten. Hier wechselte Kristian wieder in seine Gestalt. »Ich habe euren Gedanken entnommen, dass ihr beide schon für einigen Wirbel gesorgt habt. Ich halte es daher für besser, wenn ich euch einen Chip einpflanze. Ihr gehört zu den Kontaktpersonen unserer Rasse und seid daher immer in Gefahr, entführt zu werden. Mit dem Chip finden wir euch wieder. Seid ihr damit einverstanden?«
»Ich habe nichts dagegen«, sagte Kristian und blickte dabei Lena an. Lena war auch einverstanden, denn sie nickte. Cyro ging, um kurz darauf wiederzukommen. Ein anderer Duft umgab ihn. Kristian blickte ihn an. »Du bist Systra und ein weibliches Wesen«, dachte er, als wenn eine plötzliche Eingebung ihn dieses hatte erkennen lassen.
»Du bist besser, wie wir gedacht haben«, vernahm er, »aber du hast recht mit deiner Annahme. Macht euren Oberschenkel frei.« Lena und er blickten sich an, dann ließ Kristian seine Hose fallen. Systra kam zuerst zu ihm. Mit ihren Fingern strich sie über den Oberschenkel und führte eine Kanüle unter die Haut. Er fühlte, wie dort etwas unter die Haut geschoben wurde, ohne dass es schmerzte. Dann wurde die Kanüle herausgezogen. Lena hatte ihn die ganze Zeit mit bangen Augen beobachtet und war sichtlich erleichtert, dass sich Kristians Gesicht nicht verzog. Willig ließ sie die Prozedur über sich ergehen. Sie gingen wieder in den Kommandoraum, nachdem er wieder die Aliengestalt angenommen hatte. Er sah die Bürgermeisterin und der Polizeichef verkrampft auf ihre Bank sitzen. Sicher hatten sie sich Gedanken darüber gemacht, was mit Lena geschah. Lena setzte sich lächelnd neben sie und nickte beruhigend mit dem Kopf. Kristian sah den beiden an, dass sie sich nicht wohlfühlten, und fragte sie, ob sie zurückwollten? Erleichtertes Nicken war die Antwort. Cyro leitete die Landung ein. Der Bildschirm wurde heller und bald lag die Sportarena in voller Helligkeit unter ihnen. Erst als die Stelzen ausfuhren, sah man ein befreites Aufatmen auf den Gesichtern ihrer Gäste. Sie würden als Helden gefeiert werden, und ihre Wiederwahl war gesichert. Die Tür öffnete sich und sie hörten ein von der Spannung befreites Jubeln. Mutig geworden, stürmten jetzt vereinzelt Leute auf den Platz. Wenn das so weiterging, kamen sie nicht mehr hoch. Ihre Gäste hatten zum Glück das Schiff schon verlassen. Plötzlich bildete sich in einem Radius von einhundert Metern ein flimmerndes Kraftfeld wie eine Kuppel um das Schiff. Gerade noch rechtzeitig, nachdem ihre Gäste den Kreis verlassen hatten. Es sah lustig aus, wie sich die Menschen gegen das Kraftfeld lehnten und ohne umzufallen, ihre Nasen gegen das Kraftfeld drückten. Sie gingen ins Schiff, und als es abhob, sahen sie, wie die Menschen in der vorderen Reihe nach vorne übereinander purzelten, nachdem das Kraftfeld abgeschaltet war. Kristian schaute schnell Cyro an, ob er das auch lustig fand. Er fand es. Sie stiegen hoch, und ehe er sich versah, setzte Cyro schon wieder zur Landung an. Die Tür ging auf. Kristian wartete draußen auf Systra und Cyro und hielt ihnen seine Handfläche entgegen, worauf sie ihre dagegen drückten.
»Ich danke euch, dass ihr mich mitgenommen habt und ich würde mich freuen, wenn wir uns wiedersehen.«
»Wir danken dir, dass du uns erlaubt hast, deine Denkweise zu studieren. Wir nehmen dich gerne ein andermal wieder mit.«
 
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Schon machten sich die nächsten Ritter bereit. Schwarz wie das Pferd war auch der Ritter. Ein Rabe zierte seinen Helm. Da brauchte man nicht lange raten, wer der Ritter war. Der Gegner, kleiner, saß ebenfalls auf einem rabenschwarzen Pferd. Die Bewegungen dieses Pferdes waren um ein Vielfaches schöner, der Kopf erhabener als das Pferd des schwarzen Ritters. Rudolf saß auf seinem besten Pferd und es wurmte ihn sicher, nicht auch solch ein Pferd zu haben. Er war auf dem Weg zur anderen Seite, als er sein Pferd in der Mitte des Turnierplatzes anhielt. »Ihr seid bestimmt ein mutiger Ritter«, sagte er laut, damit es auch alle hörten, zu seinem Gegner. Auf einmal wurde es still. Alle waren gespannt, auf das, was jetzt folgen würde.
»Wir sollten mit der Spielerei aufhören«, sagte der schwarze Ritter, »lasst uns kämpfen, wie es sich für einen Ritter gehört, oder habt ihr Angst?«
»Er will das Pferd«, sagte jemand hinter ihnen.
»Er provoziert seinen Gegner, der, wenn er sein Gesicht nicht verlieren will, das Angebot annehmen muss.« So war es auch. Der kleine Ritter nickte. Die Reiter begaben sich in die Ausgangsposition. Dann kam das Zeichen. Als wenn die Pferde darauf gewartet hätten, rannten sie los. Beide Reiter trafen ihren Gegner. Der kleine Ritter nahm dem Stoß des Gegners durch eine Drehung seines Oberkörpers die Wucht.
Die Lanze rutschte am Brustpanzer ab. Rudolf, der die ganze Kraft in diesen Stoß gelegt hatte, wurde nach vorne geworfen, die Lanze neigte sich, bekam Bodenkontakt und katapultierte den Reiter aus dem Sattel.
Es wurde still, dann applaudierten sie dem kleinen Ritter zu. Der Rabe auf Rudolfs Helm hatte arg gelitten und würde jeden Moment herunter fallen. Wutentbrannt griff Rudolf nach oben, riss das traurige Gebilde von seinem Helm und warf es dem kleinen Ritter entgegen. »Komm herunter du Zwerg, der Kampf ist noch nicht zu Ende.« Eigentlich war der Kampf schon entschieden, ein Ritter auf dem Boden konnte gegen einen berittenen Lanzenträger nicht bestehen. Lass dich nicht darauf ein, dachte Kristian. Er wusste nicht, wem der kleine Ritter etwas beweisen wollte, auf jeden Fall stieg er von seinem Ross. Wieder wurde zum Ärger von Rudolf applaudiert. Die ersten Schläge wurden ausgetauscht. Rudolf, durch sein Visier behindert, riss seinen Helm herunter. Als wenn Kristian es geahnt hätte, kraftmäßig war der kleine Ritter unterlegen. Trotzdem parierte er Rudolfs Schläge mit Bravour, bis er aus dem Gleichgewicht kam und stürzte. Rudolf, der seine Gelegenheit sah, schlug sein Schwert gegen den Kopf des Gegners. Der kleine Ritter ging zu Boden und rührte sich nicht mehr. In Siegespose das Schwert nach oben gestreckt, stolzierte Rudolf um seinen Gegner.
Dieses Mal folgte kein Applaus. Seinen Bediensteten gab Rudolf einen Befehl, worauf diese das Pferd des Besiegten abführten. Hanna als Heilerin, rannte mit anderen zum Besiegten. Der Helm hatte eine Delle, Blut floss aus der Wunde. Zum Glück war es nicht so schlimm, wie es aussah, nachdem man den Helm entfernt hatte. Langsam kam er zu sich. »Mein Pferd?«
»Rabenfels«, murmelte einer. Kristian sah sich um. Johannes stand bei seiner Angebeteten. Kristian ging zu ihm. »Johannes, was soll das bedeuten, wieso bekommt Rudolf das Pferd des Besiegten?«
»Bei den großen Turnieren bekommt der Sieger die Rüstung und das Pferd des Besiegten. Der kleine Ritter hat sich darauf eingelassen, aber nicht jeder Ritter macht von seinem Recht Gebrauch.«
»Darf ich gegen Rudolf antreten«? fragte er.
»Wenn du ihn beleidigst.« Kristian ging zur Seite und holte seinen Stock. Damit betrat er den Turnierplatz.
»Rudolf, Graf von Rabenfels, ihr seid nicht würdig, Ritter genannt zu werden.« Wieder wurde es still. Die Leute reckten ihre Hälse.
»Traut ihr euch, gegen mich anzutreten?« Das konnte er nicht auf sich sitzen lassen.
»Was wollt ihr, Mann unbekannter Herkunft.«
»Da wo ich herkomme, beachtet man die Regeln«, schleuderte Kristian ihm entgegen. Rudolf kam, die Rüstung hatte er schon abgelegt.
»Muss ich Angst vor euch haben, weil ihr einen Stock habt?«
»Wir spielen zu meinen Regeln«, sagte Kristian. »Solltet ihr besiegt werden, bekomme ich euer Pferd, eure Rüstung und das Pferd, welches ihr euch so eben ergaunert habt.«
»Und was wollt ihr dagegen setzen?«
»Solltet ihr gewinnen, lass ich alle eure Fenster verglasen.« Das war ein Einsatz, der mehr Wert war, als zwei Pferde und Rüstung.
»Ihr habt schon verloren«, sagte er siegessicher.
»Ihr seid ein Prahlhans«, entgegnete Kristian, »macht vorher euren Frieden mit Gott.«
»Um mit euch fertig zu werden, brauche ich keinen Gott«, konterte er. Er näherte sich Kristian langsam mit ausgestrecktem Schwert, um dann plötzlich eine Drehbewegung um die eigene Achse zu machen. Kristian leitete den Hieb mit dem Stock ab. Rudolf machte Ausfallschritte und hieb mit dem Schwert durch die Luft, als wollte er sie in Scheiben schneiden. Kristian wehrte einzelne Schläge ab, wich zurück, was Rudolf dazu verleitete, unvorsichtig zu werden. Kristian reizte ihn. »Was ist, seid ihr schon müde, ihr schnauft, als wenn euch eure Kraft verlassen hat.« Darauf erhöhte Rudolf sein Tempo.
»Wenn ihr so weiter macht, geht euch die Puste aus.« Jetzt gab Kristian das Tempo vor und zwang ihn zum Rückzug. Ein Schlag gegen das Schienbein ließ ihn stolpern, Kristian setzte nach und traf ihn am Kopf. Die nächsten Schläge trafen ihn mal mit der einen, dann wieder mit der anderen Seite seines Stocks. Kristian nahm keine Rücksicht, seine Schläge trafen ihn mit voller Wucht. Eine Drehung um sich selbst und Kristian rammte ihm sein Stockende gegen die Brust. Das nahm Rudolf seine Luft und seine Gegenwehr. Er fiel auf die Knie und war zu keiner Gegenwehr mehr fähig. »Gebt ihr euch geschlagen«? fragte Kristian und hielt das eine Stockende auf ihn gerichtet? Rudolf wusste, wenn Kristian jetzt zuschlug, konnte es sein Ende bedeuten. Er ließ sein Schwert fallen. Dann setzte der Applaus ein. Johannes kam und klopfte Kristian auf die Schulter. »Johannes, kannst du jemand losschicken, der sich um meinen Gewinn kümmert? Wo ist mein Vorkämpfer«? fragte er.
»Er ist in seinem Zelt«, und er zeigte darauf. Kristian hätte es auch so gefunden, da Hanna es gerade verließ.
»Hallo Kristian, du hast gewonnen?« Er nickte.
»Wie geht es ihm?« Schon besser. Auf einer Liege lag der kleine Ritter.
»Ich bin Kristian.«
»Ich heiße Bernhard.«
»Bernhard, ich habe eben euren Widersacher geschlagen und euer Pferd für euch zurückgeholt«, sagte er.
»Wie meint ihr das«? fragte der Ritter.
»Dass das Pferd wieder euch gehört.«
»Das geht nicht. Ich habe es rechtmäßig verloren.«
»Rechtmäßig hattet ihr den Kampf schon vorher gewonnen.«
»Das mag stimmen.«
»Also abgemacht, ihr nehmt euer Pferd zurück, wendet euch an Johannes den Sohn des Grafen.«
»Ich danke euch, kommt uns mal besuchen.«
»Das werden wir«, sagte Kristian und verließ das Zelt. »Das Turnier war abgebrochen worden, nach diesem Zwischenfall wollte keiner mehr kämpfen. Dafür gab es Gesprächsstoff genug. Hera, wo war er geblieben? Er fand ihn auf einen Gatterzaun sitzend, wie er das Treiben beobachtete.
»Kristian, warum hast du gegen Rudolf gekämpft?«
»Weil ich ihn nicht mag und der kleine Ritter mir leidtat.« »Was ist mit ihm?«
»Er wird schon wieder. Komm, wir schauen mal, wo die Anderen sind.« Das Hochzeitspaar und Hanna saßen an einen der langen Tische. »Kristian, Hera, setzt euch zu uns.«
»Toller Kampf«, sagte Ludwig, »wir sollten unsere Schwerter beiseitelegen und mit dem Stock kämpfen. Nimm dich vor Rudolf in acht, diese Niederlage vor allen Gästen, wird er dir niemals verzeihen. Was hast du mit deinen gewonnenen Pferden vor?«
»Es ist nur noch eins, eins habe ich schon verschenkt.«
»Darf man wissen an wen?«
»An seinen rechtmäßigen Besitzer, Ritter Bernhard.«
»Er hat dir leidgetan«? stellte Isabel fest. Er nickte.
»Und das Pferd von Rudolf?«
»Ich könnte es euch schenken, aber damit würde ich seinen Zorn auf euch lenken.«
Ihm fiel ein, dass der Spender des Essens hier immer noch herumlief. »Habt ihr ihn gesehen?« Auf ihre fragende Blicke sagte Kristian, »den Spender des Essens.« Allgemeines Kopfschütteln.
»Dann werde ich ihn wohl suchen müssen.« »Hera entschuldige mich einen Augenblick, ich muss den Mann suchen.« Johannes hatte ihn gesehen und gab ihm den entscheidenden Hinweis. Der Mann saß beim Ausschank des Bieres und hatte mehr getrunken, als im guttat. »Ich bringe sie zurück«, sagte Kristian, und ehe er protestieren konnte, war er Zuhause. Morgen früh würde er annehmen, dass er alles nur geträumt hatte. Zurück suchte er Silke und Jessika. Umgeben von Männern ließen sie sich den Hof machen. Da wollte er nicht stören und ging durch eine Reihe abgestellter Wagen, auf denen die Zelte herbeigeschafft waren. Ein Geräusch hinter ihm, noch im Drehen sah er etwas auf sich zukommen, dann wurde es dunkel. Als er wieder zu sich kam, wusste er nicht, was geschehen war. Er lag in einem Wagen, von Dunkelheit umgeben, und fuhr einem unbekannten Ziel entgegen. Seine Hände waren hinter dem Rücken zusammengebunden. Auf ihm lag eine Last, die ihn fast erdrückte. Hilfe konnte er nicht erwarten und er spürte sein Medaillon nicht. Der Gedankenleser war sicher auch weg. Auch wenn der Entführer nicht wusste, was es mit den Sachen auf sich hatte, er wollte auf Nummer sicher gehen und hatte ihm die Sachen abgenommen. Irgendwann, er hatte das Zeitgefühl verloren, blieb der Wagen stehen, fuhr dann wieder an. Dieses Mal klang es so, als würde der Wagen über Holzbohlen fahren. Eine Zugbrücke kam ihm in den Sinn. Der Wagen hielt wieder. Die Last, die ihn zu erdrücken drohte, wurde entfernt. Das Erste, was er sah, war ein hämisch blickender Mann mit einer Augenbinde. Kristian fiel sofort ein, wo er ihn schon mal gesehen hatte. Dann erkannte er, wo er war. Er war in der Burg Rabenfels. Zwei kräftige Männer hoben ihn aus den Wagen und stellten ihn auf die Füße.
»Na, Elfenfreund, wo sind deine Freunde.«
»Sie werden kommen,« sagte Kristian. Sie lachten.
»Graf Rudolf, euer Gastgeber, hat ein schönes Plätzchen für euch bereitgestellt.«
Sie führten ihn über eine Holztreppe, die nach oben führte in den Bergfried, und schoben ihn durch eine kleine Tür. Dann ging es wieder herunter. Der Weg hinab war bedeutend länger wie der Weg hinauf. Unten angekommen sah er drei mit Gitter getrennte Zellen. In eine wurde er hineingestoßen. Sie nahmen ihm die Fesseln ab und schlossen die Tür. Noch war das Verlies durch eine Fackel beleuchtet. Er sah sich um. Stroh bedeckte den Boden. Ein Eimer stand in der Ecke. In der äußeren Zelle sah er eine bewegungslose Gestalt auf dem Stroh liegen. Kristian setzte sich auf den Boden und lehnte sich gegen die Wand.
Die Schmach musste Rudolf zu dieser Tat verleitet haben. Kristian dachte an seine Freunde. Was würden sie denken, wo er war? Die Fackel brannte herunter. Dann, es musste Abend sein, kam jemand die Treppe herunter, eine Fackel in der einen und zwei Näpfe in der anderen Hand. »Ich bringe euer Abendessen.« Er schob es unter das Gitter durch.
»Ist Rudolf wieder da«? fragte Kristian.
»Nein,« war die kurze Antwort. Die Fackel wurde in die Halterung gesteckt, der Mann ging nach oben. Jetzt erst regte sich sein Mithäftling. Er schaufelte sein Essen in sich hinein.
»Wer seid ihr«? fragte Kristian.
»Ich bin ein Händler und Jude, David ist mein Name. Ich kam auf die Burg, um meine Waren anzubieten. Graf Rudolf wollte nur die Hälfte des Wertes bezahlen. Als ich nicht darauf einging, verwies er mich aus seine Burg, um mich, als ich außer Sicht war, wieder einzufangen und nach hier unten bringen. Er hofft, aus mir ein Lösegeld pressen zu können. Ich bin aber nicht bereit, eine Lösegeldforderung zu unterschreiben.«
»Wie lange seid ihr schon hier?«
»Ich habe die Tage nicht gezählt.«
»Ich bin Kristian und habe Rudolf im Zweikampf besiegt. Von mir will er kein Lösegeld, seine Rache ist ihm wichtiger. Er will mich hier verfaulen lassen. Euch kann er jetzt auch nicht mehr laufen lassen, ihr könntet erzählen, wo ihr mich getroffen habt.«
Am nächsten Morgen kam Rudolf persönlich zu ihnen herunter. »Ihr habt es aber gemütlich hier, den ganzen Tag auf der faulen Haut liegen.« Als er keine Antwort bekam, zog er etwas aus seine Tasche. »Ich habe euch etwas mitgebracht.« Es war Kristians Medaillon und der Gedankenleser. Er suchte und fand einen Haken gegenüber Kristians Zelle und hing das Medaillon daran. Den Gedankenleser legte er auf einen vorstehenden Stein an der Wand.
»Ich bin mir nicht sicher, ob diese Sachen einen magischen Zweck erfüllen. Deshalb bleiben sie besser außerhalb eurer Reichweite.«
»Jetzt habt ihr schon Angst vor meinem Medaillon. Ihr habt doch auch eine Kette um, sind diese auch magisch?«
»Über euch gibt es zu viele Geschichten, da kann man nicht vorsichtig genug sein.«
»Ihr wisst, dass ihr eines Tages dafür bezahlen müsst«? fragte er. Obwohl Rudolf nicht wusste, dass er ein Ortungsgerät in sich hatte, tat er das einzig richtige. Er versteckte ihn tief unter der Erde und Steinen. Kristian machte sich keine Illusionen, hier würde ihn kein Ortungsgerät erreichen. Sein Blick fiel auf das Medaillon. Rudolf hatte es gesehen und sah sich in seiner Annahme gestärkt, dass das Medaillon wichtig für Kristian war. Kristian versuchte, nicht mehr hinzuschauen.
 
Seite 375
Er fühlte sich beobachtet. Sein Blick streifte alle Anwesenden. Es gab sich keiner zu erkennen. Schließlich erfasste sein Blick eine Frau. Sie schaute nicht in seine Richtung. Trotzdem hielt Kristian sie für die, die Interesse an ihn bekundete. Sie fühlte sicher seinen Blick auf sich ruhen. Die Frau war nicht sehr groß, ihre Haare, die ihr über ihre Schultern hingen, waren eher blond wie silberfarben. Sie musste ein Mischwesen sein, ihr Mund und Nase war schmal, ihre Augen fast schwarz nur etwas größer wie seine. Dann trafen sich ihre Blicke. Ihr Blick schien durch ihn hindurchzugehen. Keiner gab seine Gedanken preis. Das ging eine Weile so. Sie machte den Anfang.
»Ich bin Eurone, bist du bereit?«
»Wozu soll ich bereit sein«? dachte er.
»Wenn du durch die Tür hinter dir gehst, werde ich da sein.« Er drehte sich um und sah die Tür.
»Was ist«? fragte Jessika.
»Jemand will mich sprechen, ich bin gleich wieder da.« Er ging durch die Tür, ohne dass es jemand zu interessieren schien. Sie stand vor ihm. »Ich beobachte dich schon über eine längere Zeit«, sagte sie. Er wusste nicht, was sie damit meinte, »hat Cyro von mir erzählt?« Sie gab darauf keine Antwort.
»Komm«, sagte sie, berührte ihn und sie kamen in einen Raum an, der ein wenig steril wirkte.
»Sieht es bei euch anders aus«? fragte sie.
»Ja, persönlicher.«
»Was bedeutet persönlicher?«
»Wir haben Bilder an den Wänden, die uns etwas bedeuten, oder einfach nur schön sind.«
»Stelle es dir vor«, sagte sie. In Gedanken ging er um sein Haus, durch die Zimmer. Dann ein Bild von Jessika.
»Reicht dir das«? fragte er.
»Ja, deine Welt ist noch in Ordnung, die Frage ist nur, wie lange noch? Ich weiß jetzt, was du mit persönlich meinst.« Sie trat auf ihn zu. Er atmete ihren Duft ein. Ob sie den Duft einsetzte, um ihn willenlos zu machen oder nicht, ihm war es egal.
Er dachte an Jessika.
»Sie muss es nicht erfahren«, sagte Eurone. Ohne dass er dagegen etwas machen konnte oder wollte, begehrte er sie plötzlich. Ihre schwarzen Augen waren wie ein tiefer Abgrund, in den man sich verlor.  
Sie machte eine Bewegung und das Kleid rutschte ihr über die Schultern. »Willst du, dass ich dich so sehe, oder siehst du wirklich so aus«? fragte er.
»Ich bin, was du siehst.« Ihr Körper war schön.
Alles, was eine Frau ausmachte, stand vor ihm. »Ich möchte ein Kind von dir. Wenn du es nicht willst, bringe ich dich zurück.« Er wollte schon, sie war eine schöne Frau.
»Warum ich?«
»Weil ich auf diese Gelegenheit hingearbeitet habe. Ich habe dich beobachtet, seitdem du mit uns in Kontakt tratest.«
»Bekomme ich mein Kind zu sehen, wenn es geboren ist?«
»Das verspreche ich.« Sie deutete auf ihr Bett. Wie liebt man eine Frau von einem anderen Stern?
»Ich möchte so geliebt werden, wie es Liebende bei euch tun.« Ihm ging so viel durch den Kopf, die richtige Stimmung wollte nicht aufkommen.
»Ich werde dir helfen«, sagte sie und plötzlich war nur sie noch in seinen Gedanken. Er streichelte ihre Haut und merkte, wie sie dieses genoss. »Willst du, dass ich dich küsse?«
»Wenn das bei euch so üblich ist.« Er hob sie hoch und legte sie auf ihr Bett, küsste ihren Körper. »Kann es sein, dass ihr euren Nachwuchs so nicht erzeugt?«
»Du hast recht, ich könnte mich aber daran gewöhnen.« Er wusste nicht wie viel Zeit vergangen war.
»Komm«, sagte sie und ging mit ihm in eine Kabine. Es summte und alle Feuchtigkeit fiel von ihnen ab, der Körper fühlte sich frisch an.
»Sehen wir uns wieder«? fragte er.
»Vielleicht.« Kristian versuchte, so unbefangen wie möglich an seinen Platz zurückzukommen. »Was war«? fragte Jessika.
»Jetzt nicht«, versuchte er sie hinzuhalten.
 
 
 
 
 
Seiten:           352
Absätze:        3544
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Kristian und Jessika kamen von einem Besuch auf dem Heimatplaneten der Alien zurück. Dort hatte Kristian Eurone eine Wissenschaftlerin, welche ein Mischwesen der Alien war, kennengelernt.
Zuhause erwartete sie eine Überraschung. Als sie so plötzlich in der Halle erschienen, kam ihnen Aron bellend entgegen. »Was ist denn jetzt schon wieder los«? fragte eine Stimme. Kristian und Jessika schauten sich an.
»Mutter«, stellte Jessika fest.
»Mama, wir sind zuhause.«
»Das gibt auch langsam Zeit. Wir kamen nicht mal in unser eigenes Haus. Das Monster von Hund hat uns nicht hereingelassen.«
»Braver Hund«, sagte Kristian leise und erntete einen bösen Blick von Jessika.
»Das Schönste war, Großvater stand hinter den Sträuchern und hatte seinen Spaß.« Mama kam aus der Küche.
»Hallo Kristian.«
»Guten Tag Frau Sanders.«
»Wo ist Papa«? fragte Jessika. »Der schaut sich mal um.« Kristian suchte Blickkontakt mit Maria, sie sah ihn an und schüttelte den Kopf. Sie waren also noch ahnungslos.
»Hier hat sich ja einiges geändert.«
»Ja Mama, Kristian schläft bei mir.«
»So, kann mir mal einer sagen, warum Großvater immer vor sich her grinst?«
»Das ist uns noch gar nicht aufgefallen Mama.«
»Papa.« Jessika nahm ihren Vater stürmisch in den Arm.
»Hallo Kristian.«
»Guten Tag Herr Sanders.«
»Was sollte die Buddelei im Turm?«
»Wir haben einen Tunnel freigelegt.«
»Und was ist damit?«
»Der führt in die Halle.«
»In die Halle, was soll der Quatsch?«
»Wir zeigen ihn euch später.«
»Wie seid ihr darauf gekommen?«
»Ein Freund gab uns den Tipp«, dabei mussten sie lachen. »Wolltet ihr nach dem Rechten sehen, oder warum seid ihr gekommen«? fragte Jessika.
»Man fühlt sich seines Lebens nicht mehr sicher, überall hört man von UFOs und Alien.«
»Hast ja so recht Mama«, lachte Jessika.
»Du brauchst deine Mutter gar nicht auslachen.«
»Wo kommt eigentlich die zweite Rüstung her«? fragte Papa. Jessika schaute Kristian an, dieser zog seine Schultern hoch. »Ja, das ist eine von vielen Sachen, die wir euch noch erklären müssen.«
»Kind, was ist mit dir passiert, ich habe dich ganz anders in Erinnerung und dich auch Kristian.«
»Da sind bestimmt die UFOs dran schuld«, sagte Jessika lachend. »Mach dich nur über deine Mutter lustig.«
»Hallo Kinder«, sagte Großvater, als er von draußen herein kam. »Wie geht es Graf Falkenhorst?«
»Wir waren nicht auf Falkenhorst.«
»Ihr ward mit, wie heißt er noch mal?«
»Cyro, Großvater.«
»Also mit Cyro unterwegs?«
»Ja.«
»Was redet ihr für einen Unsinn daher«? fragte Jessikas Vater. »Papa, habt ihr im Urlaub eigentlich keine Zeitung gelesen?«
»Ja sicher, ich konnte es nicht mehr hören und sehen, Burg Falkenhorst im Mittelalter, so ein Quatsch, für wie dumm halten uns die Leute eigentlich.«
»Der Wildbratenspieß auf Burg Falkenhorst war nicht zu verachten«, sagte Großvater vergnügt, »und der Waffenmeister kann einiges vertragen.«
»Sind denn hier alle verrückt geworden?«
»Du musst es deinen Eltern sagen«, sagte Kristian, »wir zeigen ihnen die Burg.«
»Wir wissen, wie die Burg aussieht, schließlich wohnen wir schon lange hier«, meinte die Mutter.
»Kommt trotzdem mit, es ist ja nicht weit.«
»Das will ich sehen«, freute sich Großvater.
»Kommt gar nicht infrage«, sagte Jessikas Mutter. Der Vater hielt sich zurück, vielleicht ahnte er langsam das Ausmaß der Geschichte.
»Fasst euch an und lasst auf keinen Fall los«, sagte Kristian. »Kinder, was macht ihr mit uns«, jammerte Mama, »ich habe Angst.« Der erste Sprung brachte sie vor die Burgruine. Dass sie so schnell vor der Burgruine standen, war der Mutter weit weniger wichtig, als die Tatsache, dass sie recht hatte und die Burg das war, was sie schon seit Jahrhunderten war, eine Ruine. Die Ruine noch vor Augen, änderte sich das Bild plötzlich. Sie standen jetzt vor der Vorburg, die Hauptburg im Hintergrund.
»Kinder, was macht ihr nur mit uns?«
»Es stimmt was die Zeitungen schreiben«? fragte der Vater. Kristian nickte.
»Und was habt ihr damit zu tun?«
»Kristian hat ein Tor ins Mittelalter gefunden.«
»Und da seid ihr durchgegangen?«
»Mich hatte er anfangs nicht eingeweiht, aber Großvater wusste Bescheid.
»Und ich weiß jetzt auch, wo das Tor ist«, sagte Jessika stolz. »Die Familie Falkenhorst sind unsere Freunde, und die Tochter wohnt in unserem Haus.«
Das war zu viel für die Mutter, »Kinder, ich will nach Hause.« Kaum ausgesprochen standen sie wieder in der Halle.
»Ich muss mich auf den Schrecken ausruhen«, sagte Mama.
Sie saßen dann in der Küche zusammen.
»Maria, du weißt von alledem Bescheid?«
»Ja Herr Sanders.«
»War das alles oder gibt es noch mehr, dass ich wissen muss?« Jessika nickte Kristian zu.
»Da wäre noch die Sache mit den UFOs.«
»Was ist damit, Kristian?«
»Daran sind wir auch beteiligt.«
»Ihr meint, ihr wisst wer die Alien sind?« Kristian nickte. Jessika holte eine Zeitung, in der das UFO im Stadion abgebildet war. »Hier, dieser Alien ist Kristian.«
»Wie kann denn Kristian ein Alien sein?«
»Er kann seine Gestalt verändern.«
»Wieso kann er seine Gestalt verändern?«
»Weil er dem Elfenkönig das Leben gerettet hat.«
»Dem Elfenkönig, ich verstehe.« Dass das nicht der Fall war, sah man ihm an.
»Wenn sie wollen, führe ich es vor, darf ich?« Er schaute Jessikas Vater an und nickte Jessika zu, die sich darauf hinter ihren Vater stellte, ihre Hände auf dessen Schulter legte und nickte. Es erschreckte ihn sehr, sein Gesicht wurde blass. Kristian wechselte schnell in seine Gestalt zurück. Der Vater stand auf, »ich gehe zu Mutter.«
»Ich besuche Lena«, sagte Kristian und verschwand. Sie war noch in der Redaktion. »Huch«, sagte sie erschrocken. »Mensch Kristian, du sollst mich nicht immer so erschrecken. Warum kommst du nicht ganz einfach hinten durch die Tür?«
Er stellte den Behälter mit dem Heilmittel von den Alien vor ihr hin. »Ich möchte, dass du das hier in kleine Portionen packst und an möglichst viele Kliniken schickst. Dazu eine Auflistung der Bestandteile, damit keiner das große Geld damit macht.« Er war sich nicht sicher, ob die Übersetzung der Liste ohne Probleme hinhauen würde. Fragend schaute sie ihn an? »Das ist ein Wundermittel, es schließt Wunden ohne Narben.«
»Wo du es herhast, brauche ich wohl nicht zu fragen, aber warum geben sie es dir?«
»Weil sie meine Freunde sind und wir bei ihnen eingeladen waren.«
»Wie eingeladen?«
»Wir waren auf ihrem Planeten.«
»Du weißt auf welchen?«
»Nein, weiß ich nicht und will es auch gar nicht wissen.«
»Wenn du meinst. Ich kümmere mich um die Verteilung«, versprach sie. »Es spricht nichts dagegen, wenn du die Liste veröffentlichst.«
»Das Neuste weist du noch nicht, Jessikas Eltern sind zurück. Wir haben sie vorsichtig eingeweiht.«
»Kristian, die letzte Geschichte mit den Astronauten, kannst du mir darüber nicht mehr erzählen?« Er erzählte von der Nachricht im Radio bis zur Rettung, und auch was Cyro dazu gesagt hatte, dass sie uns zwar beobachten, aber nicht eingreifen.
»Dann hätten sie ohne dich die Besatzung nicht gerettet?«
»Ich fürchte nein.«          
»Darf ich darüber berichten?« »Sicher. Worüber du nicht berichten darfst, ist, dass ich dort eine Frau kennengelernt habe, ein Mischwesen und eine schöne Frau.«
»Du planst nicht zufällig irgendwas Neues?«
»Daran gedacht habe ich schon.«
 
Seite 40
»Hat euch mein Geschenk gefallen?« fragte Eurone die Alienfrau.
»Ja, danke.« »Für wen habt ihr das geschaffen?«
»Wir brauchen es für die Forschung.«
»Du meinst, ihr macht damit entführte Menschen willig für eure Experimente?« In keinster Weise beleidigt, sagte sie, »ja, du hast es treffend ausgedrückt.«
»Weswegen wolltest du, dass ich komme?«
»Du hast uns sehr geholfen, z. B. hast du unsere verlorenen Kinder zurückgeführt. Obwohl inzwischen ein Freund, bist du gleichzeitig ein Studierobjekt. Du solltest dich nicht als solches fühlen und brauchst auch nicht zu fürchten, dass wir an dir Experimente durchführen. Als einziger Erdbewohner, außer deiner Frau, bist du bis hier vorgedrungen und hast Sachen gesehen, wie kein anderer vor dir. Ich möchte dich heute vertraut machen mit der Gabe des Heilens, wie es nur wenige Menschen beherrschen. Das Wissen schlummert in dir, ich werde es nur erwecken. Bist du damit einverstanden?« Er nickte.
»Dann setze dich.« Eurone trat hinter ihn und legte ihre Hände auf seinen Kopf. Immer deutlicher spürte er Wärme in sich hochsteigen. Er schloss die Augen, die Wärme erreichte alle Körperteile. Er musste wohl eingeschlafen sein. Mit einem Ruck wurde er wach. Eurone saß jetzt vor ihm und schaute ihn an. »Habe ich lange geschlafen?«
»Nein.«
»Und hast du es erweckt?«
»Ja.«
»Was muss ich jetzt machen?«
»Nichts, du musst nur an deine Kraft glauben.«
»Wenn du willst, zeige ich dir meine Arbeit.«
Sie standen plötzlich in eine Art Labor. Unzählige Glasbehälter in Reihe und Glied, in ihnen Fötus in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Menschliche wie auch ihm Fremde.
Eine Tür weiter erblickte er eine Schar Kinder. Überwiegend menschenähnlich, aber auch welche mit reinen Genen der Alien. Ein etwa zwölf Jahre altes Mädchen kam auf ihn zu. Ihr Aussehen entsprach etwa dem von Eurone.
»Wer bist du«? empfing er ihre Signale.
»Ein Freund.«
»Von der Erde?«
»Ja.« »Du bist nicht so wie wir?«
»Nein, ich bin ein normaler Erdbewohner.« Sie nahm seine Hand und blickte ihn an.
»Wirst du wiederkommen?«
»Ich glaube ja.«
»Ich freue mich.« Ihre Spielkameraden starrten sie an, ohne dass er ein Signal von Ihnen empfing. »Nimmst du mich mal mit zur Erde?« Kristian schaute Eurone an.
»Wir werden darüber nachdenken«, sagte sie. »Lana, lass Kristian los, wir wollen gehen.« Er wusste nicht, ob man Liebe spüren kann, aber von Lana kam so viel Liebe und Zuneigung rüber, dass er sie spüren konnte. Auch Eurone hatte sie gespürt und schien davon überrascht.
»Ich werde dich besuchen, wenn ich das nächste Mal wiederkomme.« Widerstrebend mit Blick auf Eurone, ließ Lana seine Hand los. Eurone machte dem ein Ende und sprang mit ihm in ihren Wohnraum. »So viel Zuneigung hat sie noch keinem gezeigt,« erklärte Eurone.
»Was hältst du davon, wenn ich ihr die Erde zeige, den Ursprung ihrer Gene? Ich zeige ihr unsere Lebensweise.« Trotzdem hatte er Bedenken, Eurone sah sie, denn sie beruhigte ihn, »sie kann ihr Äußeres anpassen.« Kristian freute sich auf das Gesicht von Jessika.
»Was ist mit ihrer Verpflegung?«
»Sie wird sie von hier mitnehmen.«
»Ist es schädlich für sie, wenn sie unser Essen probiert?«
»Nein.«
»Dann hole sie.« Er wusste nicht wie, aber plötzlich stand Lana vor ihm und ergriff seine Hand.
»Ich danke dir«, sagte sie.
»Ich werde euch zurückbringen lassen«, sagte Eurone, »und pass auf meine Tochter auf.« Sie standen vor einem Raumschiff, ähnlich dem von Cyro. »Geht hinein, es wird euch zu unserem gemeinsamen Stützpunkt bringen.« Vom Stützpunkt aus sprangen sie direkt zu Jessika. Hier war die Überraschung groß. »Darf ich vorstellen, Lana die Tochter von Eurone.«
 
Seite 46
»Ich glaube nicht, dass das meine Mutter erlaubt.«
»Sei nicht traurig, du bist ja gerade erst hier.« Sie nahmen sie zwischen sich und gingen in den Stadtpark.
»Schaut mal das Mädchen«, sagte Lana. Sie wussten nicht, was sie meinte. »Dort auf der Bank mit ihrer Mutter.« Jetzt sahen sie, wen sie meinte.
»Das Mädchen ist krank und muss bald sterben.« Kristian dachte an seine erweckten Heilungskräfte und schaute sich das Mädchen noch genauer an. Um ihren Körper sah er einen Strahlenkranz, der ihren Konturen folgte. Den Tod sah er nicht. Lana bemerkte seine Bemühungen.
»Sieh genauer hin, die Strahlen die du siehst, hängen nach unten.« Bewusst hatte er noch nie Strahlen an einem Menschen wahrgenommen. Er schaute auf Jessika, die plötzlich auch von einem Strahlenkranz umgeben war. Ihre Strahlen hingegen hingen nicht herab. Ihm fiel ein, dass er schon von den Strahlen gelesen hatte, man nannte sie Aura. Anscheinend hatte Eurone auch sein Gedächtnis erweckt.
Ein Zeitungsartikel erschien vor seinen Augen. Bei der Aura sprach man von der Gesundheitsaura mit den Gesundheitsstrahlen. Diese gaben Auskunft über den Gesundheitszustand. Bei dem Mädchen hingen die Gesundheitsstrahlen herab. Es musste ihr sehr schlecht gehen. »Kommt, wir wollen nicht stören«, sagte er und versuchte Lana wegzuziehen. »Aber ich kann helfen«, protestierte sie.
»Du meinst sie heilen?« Sie fielen schon auf, die Mutter schaute zu ihnen herüber. »Kommt, wir gehen zu ihr. Entschuldigung, wir wissen um euer Leid.« Das Mädchen hatte eine Mütze auf, kein Haar war zu sehen. Sie war vielleicht zehn Jahre alt. »Mama meint, ich sollte noch einmal die Sonnenstrahlen spüren. Ich werde bald sterben.« Die Mutter schluchzte. Zu dem Mädchen sagte Kristian, »wenn du so genau über deine Krankheit Bescheid weist, dann hast du sicher nichts dagegen, wenn Lana versucht, dir zu helfen?« Die Mutter schaute auf. Zu viele Hoffnungen waren zerschlagen worden. Der Tod ihrer Tochter war eine unabwendbare Tatsache. »Wie wollt ihr meiner Tochter helfen?«
»Lana sagt, sie hat heilende Kräfte, die eurer Tochter helfen können.«
Die Mutter schaute Lana an. Was soll's dachte sie, schaden konnte sie ihrer Tochter nicht mehr zufügen. Die Mutter nickte. »Wir haben eine Bitte, sie dürfen keinem von uns erzählen. Können sie das versprechen, auch im Namen ihrer Tochter?« Ein Nicken war die Antwort. Er gab Lana ein Zeichen, die sich darauf hinter dem Mädchen stellte. Zum Glück war der Park nicht gut besucht. Lana legte ihre Hände beidseitig an den Kopf des Mädchens und schloss ihre Augen.
Jessika und er schauten sich an. Falls sie etwas Spektakuläres erwartet hatten, so wurden sie enttäuscht. Anscheinend erging es der Mutter ähnlich. Lana trat hinter der Bank hervor. »Ich muss es noch einmal machen, morgen?«
Er übersetzte. Die Mutter nickte. »Wir kommen morgen um die gleiche Zeit wieder.« Als sie außer Hörweite waren, fragte er Lana, »was hast du gemacht?«
»Ich habe den Heilungsprozess eingeleitet und die Lebenskraft gesteigert. Morgen kann ich sie endgültig heilen.«
»Du scheinst dir deiner Sache sehr sicher zu sein. Nach den Worten von Eurone sollte ich so etwas auch können«, sagte er.
»Du wirst es können«, sagte Lana.
»Habe ich gerade etwas verpasst«? fragte Jessika.
»Lana sagt, dass ich das auch kann.« Auf Jessikas fragenden Blick hin sagte er, »Eurone hat meine Heilungskräfte geweckt. Ich weiß, ich hätte es dir schon noch gesagt.«
Die Stimmung war irgendwie dahin.
»Fahren wir nach Hause?« Keine Antwort.
»Dann kommt.« Zuhause herrschte eine trübe Stimmung. »Was ist passiert«? fragte Großvater?
»Lena will ein todkrankes Mädchen heilen, und Kristian sagt, er würde das auch können.«
 
Seite 53
 
»Kommt, es ist Zeit.« Sie sahen schon von Weitem, dass die Bank im Park nicht besetzt war.
»Lana weißt du, was passiert sein kann?«
»Vielleicht denken sie, dass sie meine Hilfe nicht mehr benötigen.«
»Dort drüben ist das Krankenhaus«, sagte er, »lass uns dort suchen.« Sie kannten nicht mal ihren Namen und wussten deshalb nicht, wo sie anfangen sollten zu suchen. Er fragte nach der Station für Krebskranke.
Durch Zufall ging eine Tür auf und ein Arzt kam heraus. Im Hintergrund blickte ihnen die Frau von gestern entgegen. Bevor sie etwas sagen konnte, winkte Kristian ab. Sie kam ihnen aus dem Zimmer entgegen, ihre roten Augen ließen Schlimmes erahnen. »Was ist passiert«? fragte er.
»Die Schwester hat heute Morgen gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Seit dem zweifeln sie ihre eigenen Untersuchungsergebnisse an.« Das konnte ja nur bedeuten, dass es dem Mädchen besser ging.
»Die Heilung ist noch nicht abgeschlossen, Lana muss noch mal zu ihrer Tochter. Falls jemand fragt, sagen sie, sie ist eine Freundin.« Er nickte ihr zu, Lana ging hinter ihr her ins Zimmer. Das Mädchen schaute ihr entgegen.
»Ich muss noch einmal deine Lebensenergie stärken.« Das Mädchen nickte, wunderte sich nicht, dass sie die stumme Botschaft verstanden hatte. Lana setzte sich auf den Rand des Bettes und legte ihre Hände auf die Schultern des Mädchens und die Übertragung begann. Lana zuckte nur kurz zusammen, als jemand von draußen versuchte, ins Zimmer zu kommen. Die Tür war schon einen Spalt weit auf, als die Tür mit großer Wucht wieder zuknallte. Sie sahen vom Flur aus, wie der Arzt an seinen Kopf packte und vergeblich versuchte, ins Zimmer zu kommen.
Eine Ärztin stand in der Tür zum Schwesternzimmer und schaute von den vergeblichen Versuchen des Arztes zu ihnen. Kristian wusste nicht, was der Arzt vermutete, auf jeden Fall schrie er laut, »macht die Tür auf.« Lana verließ das Bett.
»Ihr habt versprochen, nichts zu sagen?« Die Mutter nickte und war erschrocken, weil sie nicht sah, dass sich Lanas Mund bewegt hatte.
»Alles wird gut.« Sie verschwand, die Tür ließ sich öffnen und der Arzt stolperte herein. Lana stand plötzlich wieder bei ihnen. Kristian blickte zu der Ärztin rüber. Man sah ihr nicht an, ob sie was mitbekommen hatte. So etwas gibt es nicht, las er in ihren Gedanken. Die Tür stand auf und man sah, dass die Mutter einen Schock erlitten hatte. Wie kann sich ein Mensch so plötzlich in Luft auflösen? Dann sah sie Lana und Kristian, dieses Mal schickte er ihr lautlos „alles wird gut“, rüber. Lana hob ihre Hand und wartete, bis die Mutter diesen Gruß zögernd erwiderte. Die Ärztin kam, sah von ihnen in das Krankenzimmer, wo die Mutter noch erstarrt stand.
»Was geht hier vor«? fragte sie Kristian? Er wollte es eigentlich nicht, trotzdem sagte er lautlos „alles wird gut“ zu ihr. Das schien sie hart getroffen zu haben, leichenblass starrte sie ihn an. Vielleicht wurde sie daran erinnert, was geschah, als Isabel  die Tochter des Grafen hier im Krankenhaus lag. Sie gingen zum Ausgang und wären fasst mit Lena zusammengestoßen.
 
Seite 62
In der Woche darauf rief Lena morgens um zehn Uhr aus einer Telefonzelle an. »Kristian, ich habe einen seltsamen Anruf erhalten. Jemand von der Bundeswehr möchte mit dir sprechen. Er hat mir gedroht, für den Fall, falls ich Nachforschungen anstelle. Für dich hat er eine Telefonnummer hinterlassen mit der Bitte, möglichst sofort zurückzurufen.« Kristian lobte Lenas Vorsicht. Wenn man ihn so dringend sprechen wollte, würde man auch versuchen seinen Standort zu ermitteln. Deshalb musste er zum Telefonieren in die Stadt.
Er erklärte Jessika, worum es ging und fuhr los zur nächsten Telefonzelle. Nachdem er die Nummer eingetippt hatte, passierte zunächst nicht viel. Erst nach dem sechsten Ruf nahm jemand den Hörer ab.
»Ja?«
»Ja, hier auch,« sagte er.
»Generalleutnant Unger.«
»Edra hier.«
»Danke für den schnellen Rückruf. Wir haben ein Problem und die Amerikaner gaben uns den Tipp, dass sie der richtige Mann, äh, ich meine der Richtige sind für dieses Problem. Ich kann ihnen am Telefon nicht sagen, worum es geht. Wenn sie damit einverstanden sind, würden wir sie gerne sofort abholen.«
»Wie und wann.« »Wir würden einen Hubschrauber schicken. Der ist in einer Stunde da. Gibt es einen Ort in ihrer Nähe, wo wir landen können?«
»Ja, mitten im Stadion.«
»Das ist gut, jetzt brauche ich nur noch ihre Größe.« Er gab sie ihm und damit schien wohl alles geklärt zu sein.
»Bis dann.« Er fuhr zurück. Jessika war es gar nicht recht, auf was er sich da einlassen wollte.
»Ich gehe mal davon aus, dass ich ein paar Tage unterwegs sein werde.« Die Stunde war fasst verstrichen.
»Ich muss«, sagte er.
»Pass auf dich auf«, sagte Jessika. Der Sprung brachte ihn direkt ins Stadion. Der Hubschrauber wartete schon und stand in Richtung Eingangstor. Da die Insassen nach vorne schauten, konnten sie ihn nicht sehen. Vorne saß der Pilot, hinten ein höherer Bundeswehrdienstgrad. Kristian sprang, ohne dass es Gewichtsschwankungen gab, auf den freien Platz hinter dem Piloten und blieb erst einmal unsichtbar. »Was meinen sie, ob er kommt, schickte er ihnen lautlos rüber. Zunächst verblüfftes Schweigen, dann fragte der Pilot, »haben sie was gesagt Herr Generalleutnant?«
»Ich habe nichts gesagt.« Der Generalleutnant zuckte merklich zusammen, als er Kristian so plötzlich vor sich sah.
»Fliegen sie«, sagte er zum Piloten, unser Gast ist anwesend.« Danach stellte er sich als Generalleutnant Unger vor. Wie mag er aussehen, ging ihm durch den Kopf.
»Wollen sie das wirklich wissen«? fragte er ihn.
»Nein, nein, war nur so ein Gedanke.« Dann deutete er auf einen Helm mit Mikrofon, den Kristian sich aufsetzte. Die Geräuschkulisse sank auf ein verträgliches Maß.
»Weswegen wir um ihre Hilfe gebeten haben«, fing er an. »Zwei KSK-Gruppen bestehend aus je vier Mann, sind im Hinterland Afghanistans in eine Falle geraten. Sie konnten noch durchgeben, dass sie vor der Wahl standen getötet zu werden, oder in Gefangenschaft zu geraten. Danach brach die Verbindung ab.
Die Amerikaner hatten derzeit damit begonnen, neuartige Bomben über Höhlenkomplexe in den Bergen abzuwerfen. Mittels Hitzeentwicklung wird der Abwurfstelle der Sauerstoff entzogen. Die Taliban haben sich gemeldet und drohen, unsere Leute vor die Höhlen zu stellen, wenn die Amerikaner ihre Bomben abwerfen. Auf unsere Bitte haben die Amerikaner ihre Bombenabwürfe zunächst eingestellt. Wir erhoffen uns durch sie und ihren Fähigkeiten, dass sie eine Möglichkeit finden, unsere Jungs da raus zu holen.«
»Wie soll das ablaufen?«
»Wir bringen sie so nah wie möglich in die Nähe ihres letzten Einsatzes, zwei KSK-Gruppen, die hier auf Heimaturlaub sind, werden sie begleiten.« Er sah Kristians fragenden Blick. »KSK bedeutet Kommando Spezialkräfte. Wir sind gleich in Köln-Wahn, dort wartet schon eine Transportmaschine und die KSK-Gruppen auf sie. In der Maschine werden sie neu eingekleidet. Das wäre im Groben eigentlich schon alles.«
Der Generalleutnant druckste herum. »Sie wollen wissen, ob es noch mehr von meiner Sorte gibt«? fragte er.
»Nein, ich bin der Einzige, stehe aber immer mit meinen Leuten in Verbindung«, und dachte dabei an Cyro. Kurz darauf schwebten sie über die Landebahn in die Nähe einer Transportmaschine. Sie stiegen aus und gingen zum Flugzeug. Hier hatten sich acht Soldaten aufgestellt und blickten ihnen entgegen. Der Generalleutnant stellte einander vor. Er nannte nur die Vornahmen der Männer. »Und das ist Edra. Sie kennen ihren Auftrag«, sagte er zu Markus, »viel Glück.« Sie stiegen in das Flugzeug und kurz darauf wurden die Motoren angelassen.
»Unser Vogel ist nicht der schnellste«, sagte Markus. »Wir werden einen Tag unterwegs sein und auf dem Flugplatz in Bagram landen. Dort sind deine Sachen«, er deutete nach hinten, »du kannst dich dort umziehen.«
In dem Flugzeug waren nur zehn Sitze aufgestellt. Der dadurch eingesparte Platz war mit Kisten vollgestellt. Kristian wollte sich nicht vor acht Augenpaaren umziehen und nahm einen der drei Packen, die seiner Größe entsprach mit nach hinten. Er hatte den richtigen Griff getan, seine kleine Digitalkamera steckte er in eine Seitentasche, ging umgezogen zu seinen Aufpassern zurück und setzte sich.
»Was wisst ihr über mich«? fragte er.
»Zu wenig. Wir sollen dich in die Nähe unserer gefangenen Kameraden bringen.«
»Und was meint ihr zeichnet mich aus, dass ich eure Arbeit machen soll?«
»Das würden wir auch gerne wissen«, sagte Markus.
»Ihr habt sicher schon Feindkontakt gehabt und Taliban erschossen, habt ihr Probleme damit?«
»Anfangs schon«, sagte Bernd, der zweite Gruppenführer.
»Und was ist mit dir«? fragte er.
»Also, ich habe noch keinen getötet, wenn ihr das meint, und ich habe auch nicht vor, damit anzufangen.«
»Wir wussten nicht, ob du eine Waffe willst«? sagte Markus, »dort liegt eine Pistole und Munition für dich.«
»Ist wohl besser, wenn ich eine bei mir habe, für alle Fälle.«
Es war ein gutes Gefühl, das kalte Stück Stahl in der Hand zu spüren und er steckte die Pistole ins Futteral zurück.
»Ich muss dir noch die Sprechgarnitur erklären«, sagte Markus. »Mit den Lippen schaltest du das Mikrofon ein.«
Er nickte.
»Du heißt Roland«? fragte er einen Soldaten.
»Ja.«
»Du kannst beruhigt sein, ich kann damit umgehen.« Sprachlos schaute Roland ihn an, »woher weist du«? er beendete den Satz nicht.
Seine Kameraden wurden aufmerksam, wussten aber nicht, worum es ging. Eine Weile hörte er ihnen zu, bis ihm die Augen zufielen. Nach ein paar Stunden wurde er wach. Der Blick auf seine Uhr sagte ihm, dass er drei Stunden geschlafen hatte. »Wenn du Hunger hast, dort sind belegte Brötchen und heißer Kaffee«, sagte Markus.
 
Seite 104
»Hallo Kristian,« Jessika fuchtelte mit ihren Händen vor seinem Gesicht herum. »Ja, ist schon gut, ich habe gerade den Weltraum unsicher gemacht.«
»Eine Steigerung deiner Wünsche kann es dann ja wohl nicht mehr geben?«
»Wer weiß, das habe ich vorher auch immer gedacht.«
Am nächsten Tag sprang er zur Mittagszeit zur Station. Die Rampe von Cyro`s Raumgleiter war ausgefahren. Nur Cyro war anwesend. Sie begrüßten sich auf Alienart. Cyro saß auf Systra`s Sitz. Anstelle seines vorherigen Sitzes gab es jetzt einen Sitz für Kristians Größe. »Nicht schlecht«, er zwängte sich an Cyro vorbei in seinen Sitz.
»Du fängst am Besten sofort an, sage mir aber vorher, was du vorhast.« Vor ihm war eine glatte Bedienungsfläche. Verschiedene Funktionsflächen waren darin integriert. Er hatte Cyro schon früher beobachtet, mechanische Schalter gab es nicht. Mit Finger oder Handflächen wurden die einzelnen Funktionsflächen aktiviert. »Rampe zu«, sagte er. Cyro zeigte auf eine Fläche. Kristian legte seinen Finger darauf. Fast lautlos schloss sich die Rampe.
Dann erklärte Cyro ihm die anderen Funktionen. Es war für ihn nicht leicht, sich alles zu merken, da er die Symbole oder Schriftzeichen nicht kannte. Unermüdlich gingen sie immer wieder alles durch. Dann folgten die Flächen, die eine Warnfunktion hatten. Er nahm sich vor, die Felder mit eigenen Aufklebern, als Gedächtnisstütze, zu versehen.
Auf dem Bildschirm konnte man Landkarten aller Länder darstellen. Tippte man auf einen Punkt, erschien eine Karte mit größerem Maßstab. Zeigte der Finger auf einen Ort, war die Flugroute programmiert. Cyro zeigte ihm fest vorprogrammierte Ziele wie den Stützpunkt, das Mittelalter und seinen Wohnort. Schnell lernte er, eigene Programmierungen vorzunehmen. Außer den Zielpunkten nach Eurone, gab es noch etliche andere. Cyro sagte, dass er diese nicht ansteuern dürfte.
Über den Treibstoff sagte er auch nicht viel, nur, dass er ihn im Stützpunkt nachfüllen lassen musste. Gewartet würde sein Raumgleiter im Stützpunkt von Cyro`s Leuten.
Über mehrere Tage verteilt, wurde er geschult. Das Bedienfeld war inzwischen mit seinen Aufklebern bestückt. Cyro versuchte, es herunterzuspielen, als er begann, ihn mit Störungen und Notmaßnahmen bekanntmachte. Zum Schluss erfuhr Kristian, was der Gleiter an Verteidigungswaffen an Bord hatte. Dazu gehörte auch der unsichtbare Schirm, den er schon kennen gelernt hatte. Dann durfte er zum ersten Mal vom Boden abheben. Die Ansteuerung zu einem Ort geschah in der Regel durch aneinandergereihte Sprünge.
           Sie saßen am Frühstückstisch. Kristian hatte jetzt eine Woche lang Unterricht hinter sich und immer noch nicht die Verbindung nach Lena geprüft. Er sagte nichts, als er einen Ruf nach Lena schickte. »Guten Morgen Lena.« »Mensch Kristian, ich habe vor Schreck beinah meine Tasse fallen lassen, als ich im Kopf deine Stimme hörte.«
»Beende das Gespräch, und ruf mich in fünf Minuten zurück.« Als er nach zehn Minuten immer noch nichts von Lena hörte, rief er sie. »Lena, was ist los bei dir?«
»Ich habe dich gerufen, aber du antwortest nicht.«
»Bei mir ist nichts angekommen. Du machst irgendwas falsch. Wenn du intensiv an mich denkst, und mich vor deinen Augen siehst, dann rufe mich. Versuche es noch einmal.« Kurz darauf hörte er sie. »Jetzt war es richtig«, sagte er zu ihr.
»Lena bis bald«, beendete er seinen Versuch.
»Kann es sein, dass du mit deinen Gedanken wo anders bist«? fragte Jessika«
»Ich habe mich mit Lena unterhalten.«
»Aha, was hattest du ihr denn Wichtiges zu sagen?«
»Gar nichts, ich habe nur die Verbindung geprüft. Ihr dürft mir übrigens gratulieren. Ich bin jetzt Pilot einer außerirdischen Macht.« Jessika schaltete schnell.
»Wo fliegen wir als Erstes hin?«
»Das weiß ich noch nicht, aber ich könnte mir schon was vorstellen.«
»Erzähle schon.«
»Ich würde gerne noch mal die Raumstation besuchen.«
»Und was hindert dich daran?«
»Natürlich nichts.«
»Ja dann komm.« Sie erreichten die Station. Sein Raumgleiter stand an seiner gewohnten Stelle. Kraft seiner Vorstellung öffnete sich die Rampe. Sie gingen hinein. Wau sagte Jessika erstaunt, anständige Sitze. Sie setzten sich, er schloss die Rampe und überprüfte die Systeme.
»Und was muss ich machen«? fragte Jessika.
»Erst mal nichts, lehn dich zurück und genieße.« Sie hoben ab, und er benutze den programmierten Flug in ihre Welt. Von hier aus ließen sie die Erde hinter sich. »Ist das schön«, schwärmte Jessika. Kristian wusste nicht, wo die Raumstation um diese Zeit stand und umkreiste deshalb die Erde mit mehreren Sprüngen.
»Da ist sie«, schrie Jessika aufgeregt und deutete auf ein Fenster. Ja, da war sie. Cyro hatte ihm gezeigt, auf was für eine Frequenz die Raumstation mit der Bodenstation Verbindung aufnahm. Sie hatten sie noch nicht bemerkt. Man sollte annehmen, dass die Besatzung etwas anderes zu tun hatte, als ewig durch ein Fenster zu sehen. Anderseits war es zu verstehen, wenn man ab und zu einen Blick auf die Heimat warf.
»Wir haben Besuch«, hörten sie im Lautsprecher. Kristian machte Jessika noch einmal klar, dass sie auf keinen Fall ihr Gesicht am Fenster zeigen durfte. Langsam umrundete er die Station, dessen Fenster jetzt besetzt waren. Er hatte seinem Raumgleiter noch keinen Namen gegeben. Ihm fiel auf die Schnelle keiner ein. Deshalb schickte er seine Gedanken rüber.
»Edra grüßt die Erdlinge.«
»An Bodenstation, seht ihr was wir sehen?« Eine Kamera war durch ein Fenster auf sie gerichtet.
»Wir sehen es.«
»Hat er gesagt, was er will?«
»Nein, wir glauben, dass er uns nur einen Freundschafsbesuch abstatten will.« Kristian hielt sein Aliengesicht vor ein Fenster.
»Wir sehen einen Alien.«
»Darf ich an Bord kommen«? fragte er. »Er will uns einen Besuch abstatten«, funkten sie zur Erde.
»Ihr werdet ihn wohl kaum davon abhalten können«, kam die Antwort zurück, »also lasst ihn.« Dann hörten sie, wie sie sagten, »Edra, du bist willkommen.« Er sprang in Aliengestalt zu ihnen. Abwartend musterten sie ihn. Er hielt ihnen seine Handflächen zum Gruß entgegen. Fragend schauten sie sich, und dann ihn an. Erst als er ihnen ein Bild übertrug mit zwei aufeinandergelegten Handflächen kapierten sie. Froh, dass sie ihn auf Alienart begrüßen konnten, wollte jeder seine Handfläche berühren. Ein Besatzungsmitglied erkannte er wieder. »Hat deine Tochter keine Angst, wenn du so weit weg von zuhause bist?« Erfreut, dass er sich an sie erinnerte, sagte sie, »meine Tochter sagt, du würdest auf uns aufpassen.«
»Wenn das deine Tochter beruhigt, dann sei es so.«
»Hier Bodenstation, was ist bei euch los, wir hören nichts mehr von euch.« »Das ist richtig, Edra redet lautlos mit uns.« Um der Rolle eines Alien gerecht zu werden, sagte er, »bei uns kennt man das gesprochene Wort nicht.«
»Aber du kannst eine andere Gestalt annehmen und dann mit uns reden?«
»Ja, das stimmt, bei uns sagt man, dass ich anders bin. Meine Aufgabe ist es, die Menschen an unsere Existenz zu gewöhnen. Viele von euch sind meine Freunde geworden. Mein wirkliches Aussehen verwirrt die Menschen. Dann nehme ich eine andere Gestalt an. Ich lebe unter euch und ihr merkt es nicht.«
»Halte ich euch von euerer Arbeit ab?«
»Nein, wir freuen uns über deinen Besuch«, sagte die Frau. »Trotzdem muss ich euch jetzt verlassen. Wir sehen uns sicher mal wieder.« Er sprang zurück.
»Und jetzt«? fragte Jessika.
»Nach Hause.«
 
 
 
Seite 140
Die Jagdgesellschaft hielt an, schon eilten Leute herbei, um die Pferde zu halten und der Fürstin den Falken abzunehmen. Die Männer waren schon abgestiegen, die Frauen rafften noch ihre Kleider zusammen, um dann mit einem Schwung das rechte Bein über den Sattel zu schwingen und abzusteigen. Die Jagdgesellschaft bestand noch aus zwei weiteren bewaffneten Männern.
Fürst Leonard schätzte er auf fünfzig Jahre, sein Bart war schon leicht ergraut. Die Fürstin, die jetzt neben ihren Mann stand, hatte ebenso wie ihre Töchter, ein bodenlanges Kleid an. Um ihre Taille lag lose ein geschmückter Gürtel. Ihre Töchter mochten fünfzehn und siebzehn Jahre alt sein und ebenso schön wie die Mutter. Als Kristian sie so in Gedanken betrachtete, spürten sie seinen Blick, worauf sie ihre Köpfe zusammensteckten und kicherten. Graf Lothar trat auf sie zu und stellte sie vor. Das figurbetonte Äußere von Jessika und Silke verfehlte seine Wirkung nicht. Auch der Fürst konnte sich nur schwer von dem Anblick trennen. »Setzt euch bitte«, sagte Bernhard. Sie saßen dem Grafen und der Fürstenfamilie gegenüber. Die beiden Ritter und beide Knappen saßen auf Kristians Seite. »Was treibt euch so weit hierher«? fing der Fürst die Unterhaltung an.
»Wir wollten nur unseren Freund Ritter Bernhard besuchen.«
»Und so ganz nebenbei sprecht ihr Recht in meinem Dorf?«
Als Kristian ihn erstaunt ansah, fuhr er fort, »Graf Lothar hat euch nach der Beschreibung erkannt.«
»Haben wir falsch gerichtet? Ohne unser Eingreifen wäre die Frau jetzt tot.«
»Nein, das sollte kein Vorwurf sein, besser hätte ich auch nicht richten können. Wir haben schon so viel Gutes über euch gehört, dass wir es fast nicht glauben konnten.«
»Sicher hat Graf Lothar ein wenig übertrieben«, schwächte Kristian ab.
»Wer der Freund der Elfen ist, muss ohne Tadel sein«, übernahm die Fürstin das Wort. Inzwischen wurden die Becher gefüllt. »Das mit den Elfen war reiner Zufall«, sagte Kristian, »so wie ich geholfen habe, hätte das ein anderer auch getan.«
»Ihr müsst nicht so bescheiden sein«, sagte Tochter Maria, »keiner von uns hat je einen Elfen zu Gesicht bekommen.«
»Das muss nicht bedeuten, dass sie euch nicht gesehen haben«, sagte er, »ihr wisst sicher, dass sie ein großartiges Volk sind und über außerordentliche Macht verfügen.«
»Graf Lothar sagt, dass diese Macht, die auf euch übertragen wurde, seine Burg vor der Erstürmung gerettet hat.«
»Ja, das mag stimmen.«
»Könnt ihr uns ein Beispiel eurer Macht zeigen«? fragte Tochter Anna.
»Ihr glaubt hoffentlich nicht an Geister und Hexen?«
»Natürlich nicht«, sagte Anna zögernd.
»Ihr seid euch nicht sicher?« Gerade als Anna nach ihrem Becher greifen wollte, ließ er ihn außer ihrer Reichweite schweben, was die Fürstenfamilie und auch die Ritter sehr verwirrte. Er ließ den Becher wieder zurückschweben. Anna wagte nicht mehr, danach zu greifen. Noch gefangen von dem Erlebnis, wurde es still. Diese Stille wurde unterbrochen, durch das Auftragen der Speisen.
Das Schwein lag in kleine Stücke zerteilt auf große Holzbretter. Schüsseln mit Soße, Butter und Brot wurden aufgetragen. Demonstrativ nahm Kristian die Gabel, spießte damit ein Stück Fleisch auf, schnitt mit dem Messer ein mundgerechtes Stück ab und steckte es sich in den Mund. Die Fürstin hatte ihm zugeschaut und machte es ihm nach. »Kristian, eure Essgewohnheit gefällt mir, jetzt muss man sich nicht mehr die Hände beschmutzen.«
Als Bernhards Frau beim Auftragen der Speisen in die Nähe der Fürstin kam, schnupperte diese mit erhobener Nase. »Liebe Adelheid, sagt mir, wieso ihr so gut riecht, wie macht ihr das?« Sichtlich stolz beugte sich Adelheid zur Fürstin runter und sagte, »das ist ein Geschenk von Kristian.«
»Ich sehe schon«, sagte die Fürstin zu ihm, »ihr versteht es, die Frauen auf eure Seite zu ziehen.« Die Töchter steckten ihre Köpfe zusammen und kicherten. Dann fragte Maria Jessika, »sehen alle Frauen so aus wie ihr?«
»Du meinst sicher unsere Hosen?« Maria nickte.
»Nein, dieses sind Reithosen. Bei uns gibt es für jeden Anlass lange und kurze Kleider.«
»Wie kurz?« Jessika stand auf und zeigte mit den Fingern, wie weit über dem Knie. Das konnte sich die Fürstin und ihre Töchter nicht vorstellen. »Gilt das bei euch nicht als unschicklich?«
»Nein.«
»Seid ihr einander versprochen du und Kristian«? bohrte Maria nach.
»Nein, wir sind zusammen, bei uns sucht sich jeder den Partner, den er möchte.«
»Bernhard, euer Brot ist euch gelungen«, sagte der Fürst. »Das Brot hat Kristian mitgebracht.« Der Fürst blickte Kristian an, er nickte. Nach dem alle gesättigt waren, wurden die Speisen abgetragen, jetzt durften die einfachen Leute des Fürsten und Bernhards davon essen. Silke ging wie zufällig sich ein wenig die Beine vertreten, und bald darauf folgte ihr Albert. Die Fürstin und ihre Töchter gingen mit Adelheid ins Haus. Sicher würden jetzt ihre Geschenke vorgezeigt. Kurze Zeit später kamen die Töchter angerannt, jede wollte die Erste sein.
»Kristian, das Duftwasser, könntet ihr es uns auch besorgen?« Der Fürst zog seine Stirn kraus, »habt ihr nicht gelernt, euch zu benehmen?« »Vater, stellt euch vor, wie man uns beneiden würde.«
»Ist schon gut«? sagte Kristian, »bei der nächsten Gelegenheit werden wir euch besuchen, wenn wir dürfen?«
»Vater, kannst du Kristian nicht zu uns einladen?«
»Also gut, Kristian, nehmt ihr meine Einladung an?«
Gespannt hingen die Augen der Töchter an Kristians Lippen. Dieser tat so als müsste er überlegen, nach einer längeren Pause sagte er, »ja doch, das lässt sich einrichten.« Die Töchter rafften ihre Kleider hoch und rannten wieder ins Haus. »Ihr müsst sie entschuldigen,« sagte der Fürst, »ich erkenne meine Töchter nicht wieder.«
»Fürst Leonard, dürfen wir unseren Großvater und eine Freundin mitbringen?« »Bringt so viel mit, wie ihr wollt.« Die Fürstin kam aus dem Haus und setzte sich zu ihrem Mann. Ihrem Gesichtsausdruck nach bedrückte sie was. «Kristian, ich weiß nicht, wie ich es sagen soll«, sie stockte, »ihr habt Adelheid so reich beschenkt.«
»Es hat euch gefallen?«
»Oh ja, der Nähkasten, wie hoch ist der Preis dafür?«
»Geschenke haben keinen Preis«, sagte er.
»Aber ich kann von euch doch nicht verlangen, dass ihr mir auch einen schenkt.«
»Nein, das braucht ihr nicht, es wäre mir eine Ehre, wenn ich euch auch einen schenken darf.«
»Und mir ist es eine Ehre, wenn ich euch als meine Gäste begrüßen darf. Graf Lothar sagte uns, ihr kommt aus einer anderen Welt?« »Ja das stimmt.«
»Wie kommt ihr dann zu uns?« »Vor vielen Jahrhunderten haben Elfen ein Tor geschaffen, als es die Burg Falkenhorst noch nicht gab. Als die Burg gebaut wurde, ahnte keiner etwas von dem Tor, denn es war ja unsichtbar. Durch Zufall habe ich das Tor in meine Welt geöffnet. Für mich war es ein Abenteuer, da ich nicht wusste, was mich hinter dem Tor erwartete. Die andere Seite des Tors endete im Stall des Grafen. Ich bin nachts durch das Tor gekommen, kam aber nicht weiter, da die Zugbrücke hochgezogen war. Johannes der Sohn des Grafen, hat mir dann geholfen die Burg für weitere Erkundungen zu verlassen und um wieder hineinzukommen. Bei meinem ersten Besuch außerhalb der Burg, habe ich Hanna die Heilerin kennen gelernt, die eine gute Freundin der Elfen ist, aber das wusste ich da noch nicht.«
»Das ist ja interessant, der Graf hat uns davon noch nichts erzählt«, sagte der Fürst.
»Graf Lothar, könnt ihr uns mit der Heilerin bekannt machen?«
»Ja, das lässt sich machen.«
»Erzählt weiter«, bat die Fürstin. »Als ich die Heilerin verlassen hatte, um wieder über die Burg in meine Welt zurückzukehren, habe ich einem Elfen aus einer misslichen Lage befreien können. Ich wusste nicht, dass er der König der Elfen war und er verschwand nach der Rettung vor meinen Augen. Bei einem weiteren Besuch bei Hanna, wurde bei Hanna ein Fest ausgerichtet und wir erfuhren, wen ich gerettet hatte. Ich wurde reichlich beschenkt.«
»Was war es«? fragte die Fürstin aufgeregt. Er hatte sein Medaillon noch um, obwohl es keine Funktion mehr hatte, und zeigte es.
»Und ist es wertvoll?«
»Ja, sehr wertvoll, ich kann mit seiner Hilfe von einem Ort zum anderen springen, ohne dass die Zeit vergeht.«
»Davon hat Graf Lothar erzählt, für uns war es schwer zu glauben.«
»Wenn ihr wollt, hole ich die Heilerin hierher?«
»Wird das nicht zu spät«, meinte der Fürst, »wir wollten gegen Abend zurückreiten.«
»Gebt mir ein wenig Zeit, ich werde sie holen.« Kristian sah nicht, wie sie erschraken, als er vor ihren Augen verschwand. Hanna machte große Augen, als er sie in der Vorburg bei ihren Kräutern fand. »Kristian, schön dich zu sehen.«
»Die Fürstin möchte dich kennenlernen.«
»Wo ist sie?«
»Bei Bernhard.«
»Der Graf und Albert auch?« Er nickte.
»Ich muss mich aber vorher umziehen.«
»Dann komm.« Hanna eilte in ihr Gemach und zog sich um, ihren Schmuck nicht vergessend.
»Ist das Graf Lothar auch recht«? fragte sie unsicher.
»Wenn es der Fürstin recht ist, ist es ihm auch recht. Dann komm.«
Die Fürstin schrie auf, als sie kamen. »Darf ich vorstellen, die Heilerin Hanna.«
 
 
Seite 170      Jeanette ist die Neue in ihrem Bund.
Es war nicht viel Verkehr. Ein Motorrad überholte ihn. Es überholte mehrere Autos und schwenkte wieder ein, wenn Gegenverkehr kam. Vor einer Rechtskurve setzte der Motorradfahrer wieder zum Überholen an, was dem Autofahrer vor dem Motorradfahrer gar nicht gefiel. Er passte seine Geschwindigkeit dem des Motorradfahrers an und verhinderte so, dass der Motorradfahrer an ihm vorbeifahren konnte.
 Kristian hatte ein ungutes Gefühl und mochte nicht daran denken, wenn jetzt von vorne Gegenverkehr kam. Anscheinend sah der Motorradfahrer mehr, er versuchte zu bremsen, um den Überholvorgang abzubrechen. Kristian ahnte nicht, was in den Autofahrer gefahren war, als der ebenfalls seine Geschwindigkeit drosselte. Die Kurve war durchfahren, der Gegenverkehr wurde sichtbar. Der Autofahrer, der mehr in den Rückspiegel und zur Seite geschaut hatte, erkannte die Gefahr zu spät. Der Motorradfahrer hatte die Wahl, mit dem Gegenverkehr zusammenzustoßen, oder links über den Grünstreifen in den Graben zu fahren. Letzteres zog er im Bruchteil von Millisekunden vor. Das Motorrad fing an zu schlingern, es musste ein entsetzliches Gefühl sein, den Graben auf sich zukommen zu sehen und daran nichts mehr ändern zu können.
Das Motorrad erreichte den Graben und schleuderte den Fahrer über den Graben ins angrenzende Feld. Aus Kristians Sicht sah das harmlos aus, da kein Baum den Flug behinderte. Kristian schaffte es, rechts auf den Grünstreifen zu halten, ohne dass sein Hintermann auffuhr. Ein paar wertvolle Sekunden dauerte es, ehe er es schaffte, auf die andere Straßenseite zu kommen. Autos fuhren an der Unfallstelle vorbei, obwohl neugierig, wollten sie mit dem Unfall nichts zu tun haben. Er war als Erster beim Motorradfahrer. Er lag auf dem Rücken und regte sich nicht. Er schob das Visier nach oben und sah, dass es eine junge Frau war. Ihre Augen waren geschlossen und man konnte nicht sehen, wo sie verletzt war. Kristian zog an den Reisverschluss ihrer Motorradjacke und sah, wie ein steter Strom Blut seitlich am Hals herunterlief. Jede Sekunde war kostbar. Sein Handy aus der Tasche nehmen und den Notruf wählen, war eins. Er gab an, wo sie waren. Inzwischen hatten sich andere Autofahrer herangewagt. Unschlüssig, wie sie helfen konnten, standen sie herum. Er bat einen, der Frau den Helm abzunehmen. Vorsichtig stützte er ihren Nacken und Kopf, während der Helm entfernt wurde. Dort wo die Halsschlagader sitzen musste, quoll ein stetiger Strom Blut aus einer Schnittwunde. Er erinnerte sich, dass das Motorrad eine große Windschutzscheibe hatte. Sicher war diese für den Schnitt verantwortlich. Verbandstoff war nicht zur Hand und er hatte Zweifel, ob dieser die Blutung hätte stoppen können. Kristian erinnerte sich an seine Heilkraft. Schaden konnte sie nicht. Ein Finger auf die Wunde, stoppte den Fluss des Blutes. Die andere Hand lag am Kopf. Er fühlte, wie Energien von seinen in ihren Körper flossen, und hatte nicht bemerkt, wie die Frau ihre Augen öffnete. Sie schaute ihn an, ohne etwas zu sagen. Dann fragte sie, »was ist passiert?«
»Erinnerst du dich nicht?«
»Ein Unfall, wie stets um mich, noch alles dran?«
»Scheint so«, sagte er, »hast Glück gehabt.« Er lächelte sie zuversichtlich an und erklärte ihr, warum sich seine Hand an ihrem Hals befand. Er hatte jetzt Zeit festzustellen, dass die Frau sehr jung und auch sehr schön war. »Sehen wir uns wieder«? fragte sie.
»Du hast Sorgen, werde erst einmal gesund.«
»Verspreche es mir«, ließ sie nicht locker.
»Ja, ich verspreche es.« Von Weitem hörte man den Unfallwagen kommen. Kurz darauf kamen sie mit dem Arzt und einer Trage. Der Unfallarzt erkannte sofort an seiner blutigen Hand, was Sache war. Er bat ihn noch eine Weile zu bleiben, während er die Frau abtastete und die Reflexe von Arme und Beine überprüfte. Als Kristian den Finger von der Wunde nahm, schoss das Blut nicht mehr ganz so stark heraus. Der Arzt versorgte die Wunde. Kristian blieb noch, bis sie in den Unfallwagen geschoben wurde. Sie hob die Hand, wohl als Dank, dann schloss sich die Tür.
 
Seite 253    besuch beim Fürsten
»Bei uns ist nie was los«, klagte Maria, »unsere Mutter drängt uns, dass wir für unsere Aussteuer arbeiten sollen.«
»Ja und, was ist daran verkehrt?«
»Kristian«, sagte die Fürstin, »ich bitte nicht gerne darum, ihr habt gesagt, wenn wir einen Wunsch haben, sollten wir ihn äußern.«
»Ja, nun sagt schon.«
»Könnt ihr uns buntes Garn zum Sticken mitbringen?«
»Ja sicher, das ist für mich kein Problem.«
»Kristian, unsere Freundin Margaret kommt uns heute besuchen. Du wirst dich wundern, sie ist anders wie wir.«
»Ihr macht mich neugierig.«
»Du wirst sehen, sie wird dir gefallen.«
»Ich kann es kaum erwarten.«
»Wie geht es Jessika«? fragte Anna.
»Gut, sie hat eine neue Freundin.«
»Lernen wir sie kennen?«
»Wenn ihr wollt?« Die Zeit zog dahin, er wollte wenigstens so lange warten, bis er Margaret kennengelernt hatte.
»Was ist mit Margaret, kommt sie alleine, oder wird sie begleitet?«
»Sie würde alleine kommen, aber ihr Vater gibt ihr einen Begleiter mit.«
»Wenn sie alleine kommen möchte, dann ist sie sicher furchteinflößend?«
Maria und Anna lachten und hatten Spaß.
»Nein, ist sie nicht, sie weiß sich zu wehren und ist eine gute Bogenschützin.«
»Kristian«, bemerkte der Fürst, »ich sehe, dass ihr es nicht abwarten könnt, Margaret kennenzulernen, wie wäre es, wenn wir eine Partie Schach spielen würden?«
»Ja sicher, das lässt sich machen.«
Der Fürst hatte die erste Partie gewonnen, als Maria zum Fenster rannte. »Fürst ihr gestattet doch, dass ich einen Blick nach draußen werfe?«
»Geht nur.« Über den Burghof sah er zwei Reiter kommen. Unzweifelhaft sah man, dass ein Reiter zarter gebaut war. Maria und Anna hatten es plötzlich eilig nach unten zu kommen. »Ihr müsst sie entschuldigen«, bemerkte die Fürstin, »manchmal sind sie noch wie Kinder.« Er konnte es auch nicht abwarten, Margaret kennenzulernen. Unten führten die drei Frauen ein erregtes Gespräch. Mehr als erstaunt war er, als Margaret in der Tür stand. Sie warf ihm einen Blick zu und begrüßte dann den Fürst und die Fürstin. Maria übernahm es, sie einander vorzustellen. Margaret schien aus einer anderen Welt zu kommen.
Lange Kleider bis zum Boden schien sie nicht zu kennen. Sie hatte eine eng anliegende Hose aus Leder an, ihre Füße steckten in kreuzweise geschnürten Stiefeln. Um die allzu offen gezeigte Figur zu mildern, trug sie einen Überwurf, der bis eine Handbreit unter dem Knie reichte. Der an den Seiten offene Überwurf, wurde durch einen verzierten Gürtel zusammengehalten. Das Schwert an der linken Seite, ein voller Köcher mit Pfeilen und ein Bogen über ihre Schulter, vervollständigten das Bild. Ihr Haar würde sicher bis zur Schulter reichen, ein grobmaschiges Netz hielt das Haar im Nacken fest. Beide waren sie so damit beschäftigt den Anderen zu begutachten, dass sie erst voneinander ließen, als ein Hüsteln der Fürstin ihren Blickkontakt unterbrach. Anna und Maria lachten in verhohlener Hand. »Ihr seht mich erstaunt«, sagte Kristian, »ich hatte nicht erwartet, eine so wehrhafte Frau hier anzutreffen.«
»Sind in deinem Land die Frauen anders?«
»In meinem Land sind die Frauen gleichberechtigt, das heißt, sie machen das Gleiche wie die Männer, und wenn es nötig ist, ziehen sie auch mit in den Krieg.«
»Dein Land würde mir gefallen. Es sind viele Geschichten über euch erzählt worden«, sagte Margaret, »ich bin froh, euch kennenzulernen.«
»Das Gleiche gilt für mich.
Kommt eure Familie damit klar, dass ihr so wehrhaft seid?«
»Mein Vater ist ein Ritter, er sagt, dass eine Frau sich selber verteidigen können muss.«
»Margaret ist eine gute Jägerin, ihr Pfeil trifft meistens ihr Ziel«, sagte Maria.
Schon wieder war von einem Pfeil die Rede, er kam seinem Traum immer näher.
»Wenn ihr wollt, könnt ihr mich auf der Jagd begleiten.« Margaret schaute ihn herausfordernd an. »Ist es denn schicklich, wenn ihr alleine mit einem fremden Mann ausreitet?«
»Ihr seid Gast dieses Hauses, das ist Sicherheit genug.«
»Ich würde gerne mit euch auf die Jagd gehen.«
»Also gut, gegen Mittag reiten wir los.«
»Und was ist mit euch«? fragte er Maria und Anna.
»Das würde unsere Mutter nicht erlauben.«
»Es wäre schön, wenn ihr Jagdbeute mitbringen würdet«, sagte der Fürst, »unsere Vorräte sind bedenklich geschrumpft.«
»Womit geht ihr bei euch auf Jagd«? fragte Margaret.
»Bei uns geht man mit einer Büchse auf Jagd.« Kristian wusste, dass um zwölfhundertfünfzig die ersten Kanonen und Büchsen von sich reden machten. Die Büchse war eine Hakenbüchse. Diese wurde so genannt, weil sie einen Haken zum Einhaken hatte, um damit den enormen Rückstoß abzufangen. »Wir haben keine Büchse, für die Jagd wäre sie ungeeignet«, sagte Margaret.
Die Fürstin ließ Suppe auftragen. Zu der Suppe wurde Brot gereicht, das in die Suppe getaucht wurde. Margaret, die ihm gegenübersaß, sah ihn über ihren zum Mund geführten Löffel an. Ihre Augen lächelten nicht, es war ein abschätzender Blick. Er folgte ihren Gedanken. An einem Rastplatz sah sie sich von ihm in den Arm genommen, und sie küssten sich. Er lächelte sie an und schüttelte leicht den Kopf. Als wenn sie die Geste verstanden hatte und so deutete, als wenn er ihre Gedanken gelesen hätte, verschluckte sie sich prompt, bis ihr die Tränen kamen.
»An was habt ihr gerade gedacht«? fragte er.
»Ich, ich habe an nichts gedacht.«
»Kristian«, sagte die Fürstin, »was haben die Leute gesagt, als sie erfuhren, woher ich kam?«
»Ihr werdet das Gefühl kennen Fürstin, es ist einfach unbegreiflich.«
»Ihr habt recht, Kristian, manchmal denke ich, dass ich alles wirklich nur geträumt habe.«
»Wie denken eure Freunde darüber«? fragte er.
»Wir haben es keinem erzählt, sie würden es für Teufelswerk halten. Unsere Kirchenführung spasst mit solchen Dingen nicht lange.«
Margaret hörte auf zu kauen, ihr Löffel verharrte vor ihrem Mund. »Was für Teufelswerk flüsterte sie?«
»Kind«, sagte die Fürstin, »wir wollten es keinem erzählen, ich hoffe, dass deine Lippen versiegelt bleiben.«
»Aber ich weiß doch gar nicht, worum es geht.«
»Ich habe Kristian in seine Welt begleitet.« Sie mussten alle über das verdutzte Gesicht von Margaret lachen.
»Was habt ihr erlebt«? flüsterte sie.
»Ich bin eigentlich nicht weit gereist, ich habe meine Nachfahren kannengelernt.«
»Das verstehe ich nicht, hier in dieser Burg?«
»Ja.«
»Das ist unheimlich.«
»Ja, du hast recht«, sagte Anna, »deshalb ist auch keiner von uns mitgekommen.«
»Und die Menschen sind wie Kristian?«
»Ja.«
»Wenn ihr mehr Menschen aus meiner Welt kennenlernen wollt, bringe ich zwei Freundinnen mit.« Margaret schaute von der Fürstin zu ihm, »wenn das möglich ist, möchte ich sie kennenlernen.«
»Ihr habt zwei Frauen, um die ihr werbt?«
»Werben ist nicht der richtige Ausdruck, bei uns geht man miteinander und lebt zusammen, so als wäre man verheiratet. Man prüft, ob man zusammenpasst, dann heiratet man oder auch nicht. Die zweite Frau ist die Freundin meiner Freundin Jessika und heißt Jeanette. Ich werde sie euch vorstellen, wenn sich die Gelegenheit ergibt.«
------------------------Von vorne kam ihnen ein Trupp Reiter entgegen. Ihm fiel seine Kamera ein, er holte sie hervor und richtete sie auf die Reiter, die nebeneinander ritten, als wollten sie ihnen den Weg versperren. Sie waren noch zu weit entfernt, als dass man die genaue Zahl bestimmen konnte. Er zoomte sie heran. Fünf oder sechs waren es. »Freund oder Feind«? fragte er Margaret.
»Das werden wir noch schnell genug erfahren.«
Bald erkannte man die ersten Gesichter.
»Freunde sind es nicht«, sagte er, nachdem er den Einäugigen erkannt hatte.
»Ich habe auch jemand erkannt«, meldete sich Margaret.
»Der Mann mit der Augenklappe?« Margaret nickte. Sie sahen, wie ein Mann seine Armbrust spannte und einen Pfeil einlegte. Kristian fiel sein Traum ein. Er sollte jetzt nicht hier sein.
»Es sind zu viele«, stellte Margaret fest.
Sie waren noch auf freiem Gelände. Einhundert Meter vor ihnen fing der Wald an.
»Folgt mir.«
Die Kamera nach vorne richtend, folgte er ihr. Die Pferde sprangen erschreckt hoch, als sie ihre Fersen in ihre Seiten drückten. Für die Reiter musste es so aussehen, als würden sie auf sie zureiten. Raum gewinnend preschten sie auf den Wald zu. Sie wollten die Reiter links liegen lassen und den Wald zwischen sich bringen. Er sah gerade noch, wie auch die Reiter ihre Pferde antrieben.
Der Wald war zu dicht, als dass sie durch ihn hindurch reiten und ihnen den Weg abschneiden konnten. Die Reiter mussten den gleichen Weg nehmen wie sie. Bis dahin hatten sie einen Vorsprung gewonnen. Margaret lenkte ihr Pferd in eine Lichtung, er hinterher. Sie sprangen von den Pferden, Margaret reicht ihm ihre Zügel und deutete in den Wald. Beide Pferde am Zügel, versuchte er, bessere Deckung zu finden.
Mit laufender Kamera band er die Zügel an einen Busch und suchte Margaret. Sie stand mit dem Rücken gegen einen Baum gelehnt. Schon preschten vier Reiter an ihnen vorbei. Ehe er begriff, trat Margaret aus ihrer Deckung und schoss einen Pfeil auf den letzten Reiter ab. Mit laufender Kamera rannte er zu ihr, ein Auge auf das Display gerichtet. Der Pfeil durchbohrte den Reiter. Als Erstes ließ er seine gespannte Armbrust los und versuchte, sich im Sattel zu halten. Dann fiel er vom Pferd, ohne dass die anderen Reiter etwas davon mitbekamen. Margaret legte den nächsten Pfeil an, erkannte aber, dass die Reiter schon zu weit weg waren. Kristian sah, dass hinter ihr der sechste Reiter angebraust kam. »Margaret, Achtung hinter dir!« schrie er. Der Reiter kam mit gezogenem Schwert auf sie zu. Margaret, den Bogen noch gespannt, drehte sich um und zielte auf den Reiter. Dieser erkannte die Gefahr und versuchte sein Pferd herumzureißen. Zu spät. Der Pfeil bohrte sich in seine Brust. Auf dem Display sah er noch den erstaunten Ausdruck auf seinem Gesicht, dann kippte er aus dem Sattel. »Holt die Pferde«, bat Margaret. Mit den Pferden am Zügel kam er zurück. Margaret kniete vor dem Reiter und schnitt ihm seinen Geldbeutel ab. »Den braucht er nicht mehr«, sagte sie. »Bindet sein Pferd bei euch an.« Zu Fuß gingen sie zu dem getroffenen Armbrustschützen. Eindeutig tot. Margaret stellte ihren Fuß auf den toten Körper, zog den Pfeil heraus, wischte ihn am Toten sauber und steckte ihn in ihren Köcher zurück. So brutal das auch aussah, den Fernsehzuschauern würden die Haare zu Berge stehen. Wieder ein Schnitt und sie hielt den zweiten Geldbeutel in ihre Hand.
Nicht weit entfernt graste das zweite Pferd. Margaret nahm die Zügel und ging damit zu ihrem Pferd. Er nahm das Schwert auf und steckte es hinter seinen Gürtel. Wer weis was sie noch erwartete. Sie saßen auf. Da der Armbrustschütze tot war, brauchten sie die Wegelagerer nicht mehr zu fürchten, dachten sie.
Sie ritten auf den Weg zurück, den sie ursprünglich nehmen wollten. Er deutete auf die Geldbeutel, »ist das eure Beute?«
»Ja, sicher, sie hätten das Gleiche gemacht.«
»Wir hätten wohl besser die Armbrust mitnehmen oder die Sehne durchschneiden sollen,« meinte er.
»Ja, ihr habt recht.« Zügig ritten sie auf ihr Ziel zu. Margarets Gesichtszüge wirkten angespannt.
»Was ist, rechnet ihr noch mit einem Angriff?«
»Nur wenn sie das Letzte aus ihren Pferden herausholen.« Margarets Augen zuckten nervös. Als wenn er es geahnt hatte. Vier Reiter stellten sich ihnen in den Weg, ihre Pferde dampften. Der Einäugige hielt die Armbrust des vom Pferd gefallenen auf sie gerichtet. Noch waren sie nicht auf Schussweite an sie herangekommen. Margaret griff nach einem Pfeil und spannte den Bogen. Kristian schaltete die Kamera aus, jetzt musste er beide Hände freihaben und griff nach dem erbeuteten Schwert. Langsam ritten sie ihnen entgegen. Obwohl noch zu weit entfernt, schickte Margaret den ersten Pfeil in ihre Richtung. Der Pfeil erreichte sein Ziel nicht, immerhin traf er ein Pferd in die Brust, was dazu führte, dass es seinen Reiter abwarf. Ihr nächster Pfeil hätte sein Ziel erreicht, wenn der Einäugige sich nicht rechtzeitig geduckt hätte. Kristian zog das Beutepferd näher an seine Seite. Jetzt ging es um die Wurst.
Eins musste man dem Einäugigen lassen, kaltblütig wartete er auf eine passende Gelegenheit. Er wusste, dass er für einen zweiten Schuss keine Zeit mehr haben würde. Bis jetzt hatte Kristian sich noch keine Gedanken um seine Sicherheit gemacht. Erst wenn sie Margaret ausgeschaltet hatten, wäre er in Gefahr. Margaret spannte ihren Bogen und der Pfeil flog auf den Einäugigen zu. Dieser versuchte wieder dem Pfeil auszuweichen, was ihm aber nicht gelang, da auf beide Seiten von ihm seine Kumpane Pferd an Pferd ritten. Er duckte sich und schoss gleichzeitig.
Es war mehr eine Ahnung, als dass Kristian den Pfeil kommen sah. Er suchte Deckung hinter dem Hals seines Pferdes. Gleichzeitig dachte er an seinen Traum. Würde er hier in Erfüllung gehen? Dann der Schmerz, er schaute auf seinen Arm, an dem das Blut herunter lief. Da er den Pfeil nicht sah, wusste er, dass er ihn nur gestreift hatte. Mehr Zeit zum Überlegen blieb ihm nicht.
Mittlerweile waren sie auf Schwertlänge herangekommen. Margaret schlug auf den Einäugigen ein. Gerade noch Zeit, den Hieb eines anderen abzufangen, blickte Kristian in ein grimmiges von einer Narbe entstelltes Gesicht.
In den Steigbügeln stehend, holte er aus und schlug über das Beutepferd hinweg auf den Mann ein. Der hatte Mühe sich im Sattel zu halten. Kristians Schwert traf ihn am Arm, das Schwert löste sich aus seiner Hand. Im nu färbte sich sein Ärmel rot. Jetzt hatte Kristian Zeit nach Margaret zu schauen. Sie musste sich auf beide Seiten verteidigen. Kristian trieb sein Pferd auf den Einäugigen zu. Dieser ließ von Margaret ab. Seinem Schlag ausweichend, schlug er auf Kristian ein. Dieser riskierte einen kurzen Blick nach Margaret. Ihr Gegner hatte einen abwesenden Blick. Sein Kopf war bis zur Nasenwurzel gespalten. Schade, dass er seine Kamera nicht eingeschaltet hatte, sie baumelte vor seiner Brust. Margaret kam ihm zu Hilfe. Von zwei Seiten hieben sie auf den Einäugigen ein, was seinerseits mit Zurückhaltung geschah. Jemand zu töten, war nicht sein Ding. Dafür schlug Margaret umso fester zu. Kristians Hiebe lenkten ihn genügend ab, sodass Margaret einen Hieb platzieren konnte, der ihn am Hals traf.
Ein Strom von Blut quoll aus der Wunde hervor. Kristian hörte auf zu kämpfen, hatte Zeit, die Kamera einzuschalten. Der Einäugige starrte sie mit schreckgeweiteten Augen an. Kristian zoomte ihn heran, sodass sein Gesicht das Display füllte. Kristian wusste nicht, ob der Mann noch mitbekam, dass er tödlich getroffen war. Im Zeitlupentempo kippte er aus dem Sattel. Sie sahen sich um. Die Beiden zuvor ausgeschiedenen Räuber standen am Wegrand. Der eine humpelte, der andere hielt seinen Arm umklammert. Als sie ihre Pferde in die Richtung der Männer lenkten, versuchte der humpelnde Mann wegzulaufen.
Margaret trieb ihr Pferd an. Der Mann winselte um Gnade. Margaret holte aus und spaltete ihm seinen Schädel. Der am Wegrand verbliebene Mann wusste, was ihn erwartete. Mit Mühe zog er sich auf das nächste Pferd und trieb es von sie weg. Margaret machte keine Anstalten ihm zu folgen. Stattdessen stieg sie vom Pferd und sammelte die Geldbeutel ein.
»Wollt ihr sie hier liegen lassen«? fragte Kristian, die Kamera auf sie richtend.
»Es wird sich schon jemand um sie kümmern, ihre Kleidung wird bald ein anderer tragen, den Rest werden sich die Raben teilen.« »Wenn ihr nichts dagegen habt, nehme ich mir ihre Schwerter.« Er stieg ab und sammelte sie ein. Mit einem Riemen, den ein Räuber um seine Hüfte trug, band er sie zusammen und hängte sie an seinen Sattel. Jetzt erst wurde ihm bewusst, wie leichtsinnig er gewesen war. Im Eifer des Gefechts hatte er nicht an die Elfenkraft gedacht. Der Kampf hätte nicht so blutig enden müssen.
Jetzt hatten sie fünf Beutepferde. Drei führte Margaret, zwei er am Zügel mit. »Ihr habt euch gut geschlagen«, sagte Margaret.
»Mir blieb doch nichts anderes übrig.«
»Da habt ihr sicher recht. Wir sind gleich da.« Nachdem sie durch eine Senke geritten waren, sah er Gebäude. Die Kamera ließ er laufen. Ein Turm, Wohnhaus und Stallungen. Das Tor stand zwischen hohen Mauern aus Steinen. Die Rückseite des Wohnhauses war eine Wehrmauer. Außerhalb des geschützten Bereichs standen Holzhäuser. Sie ritten durch das offen stehende Tor. Im Hof eilten zwei Männer auf sie zu und nahmen sich der Pferde an.
»Margaret, was hast du denn jetzt schon wieder angestellt?« »Vater, ich möchte dir Kristian vorstellen, er ist beim Fürsten zu Gast.«
 
 
Seite 291
»Hallo Kristian«, erschreckt zuckte er zusammen.
»Schläfst du immer mit offenen Augen«? fragte Jessika.
»Ich habe von dem Tor geträumt, immer wieder. Das hat was zu bedeuten.«
»Hast du nicht mal gesagt, dass es noch mehr Tore geben soll«? fragte Jessika.
»Du hast recht, Hera der Bruder der Elfenkönigin hat mal so etwas gesagt. Was ist, wenn unser Tor der Zugang zu anderen Toren ist?«
»Das ist mir zu hoch«, sagte Jessika, »komm lass uns aufstehen.« Wehrend Jessika aufstand, grübelte er über die Möglichkeiten nach. Das Tor war immer das Gleiche. Wenn er hindurchging, dachte er an die Burg und kam automatisch dort an. Woran sollte er denken, wenn er durch ein anderes Tor wollte. Er hörte das Rauschen der Dusche im Bad und klammerte die Burg aus seinen Gedanken aus, zumindest versuchte er es. Das Tor, ein anderes Ziel. Als Jessika aus dem Badezimmer kam, war er nicht mehr da.
Kristian stand im Schlafanzug vor eine Schale mit Wasser, in der Blumen schwammen. Die Schale stand auf ein Podest, über ihm ein Dach aus Schilf, ebenso die Wände. Schmale, schießschartenartige Öffnungen in den Wänden ließ Licht in den Raum. Ein offener Durchgang ohne Tür führte nach draußen. Vorsichtig schaute er durch eine Öffnung. Unter ihm sah er acht lang gestreckte Hütten, die um einen Dorfplatz gruppiert waren. Sie waren doppelt so lang, wie sie breit waren und in der gleichen Art gebaut, wie das, in dem er jetzt stand. Noch gab es keinen Hinweis, in was für einem Zeitalter er hineingestolpert war. Kinder rennen über den Platz. Eine Frau mit langem Gewand, einen Korb im Arm, kommt zu ihm hoch. Platz zum Verstecken gab es nicht.
Wir werden uns bestimmt wiedersehen dachte er, aber nicht in einem Schlafanzug.
Jessika schrie auf, »musst du mich so erschrecken, wo warst du?« »Auf Entdeckungstour.«
»Und du hast vor, gleich wieder zu gehen?«
»Vorher ziehe ich mich an, und Frühstücken möchte ich auch noch.«
»Pass auf dich auf«, sagte Jessika, nachdem sie mit dem Frühstück fertig waren.
»Bis bald.«
Wieder kam er an der gleichen Stelle an. Vertieft in seinen Gedanken, nahm er nicht wahr, dass die Frau zurückgekommen war. Ein Geräusch in seinen Rücken ließ ihn herumfahren. Mit vor Schreck geweiteten Augen sah sie ihn an, nicht wissend, ob sie die Flucht ergreifen sollte. Er hob beschwichtigend seine offenen Hände und bewegte sich nicht. »Ich bin ein Freund«, sagte er. Wie erwartet, waren das für sie fremde Worte. Sie antwortete ebenfalls mit Worten, die er nicht verstand und er schüttelte den Kopf. Dann kamen lateinische Wörter. Latein hatte er in der Schule nicht gehabt. Mittlerweile hatte die Frau wohl erkannt, dass er keine Gefahr für sie bedeutete. Sie winkte ihm zu, dass er ihr folgen sollte. Noch zögernd folgte er ihr nach draußen. Sie hatten die Hälfte des Weges geschafft, als man unten auf sie aufmerksam wurde. Erwartungsvoll schaute man ihnen entgegen. Die Kinder suchten hinter ihren Eltern Schutz. Sie standen sich bald gegenüber. Feindliches Gebaren konnte er nicht erkennen. Die Frau erzählte ihnen, wo sie ihn gefunden hatte. Dann zog sie ihn zum größten und längsten Haus. Sie gingen hinein. Innen sah er Ställe, die zwei Drittel des Raumes ausmachten. Der Rest war wohl der Wohnraum. Ein langer Tisch mit Bänken davor. Schlafgelegenheiten, doppelstöckig an den Außenwänden, und eine Feuerstelle. Anders wie im Mittelalter befand sich der Abzug nicht direkt darüber. Er sah zwei Abzugsöffnungen rechts und links im Strohdach. Einige der Dorfbewohner waren ihnen gefolgt. Die Frau gab Kristian zu verstehen, dass er sich an den Tisch setzen sollte. Sie stellte einen Becher vor ihm hin. Aus Höflichkeit trank er einen Schluck.
Von draußen drang Lärm herein. Kurz darauf wurde die Tür aufgestoßen und eine Gruppe Männer strömte herein. Wer der Anführer war, war schwerlich zu übersehen. Nicht nur die Kleidung, auch sein Auftreten wies ihn aus. Sein Blick ging abwechselnd von Kristian zu der Frau. Diese erklärte, woher er kam. Kristian war aufgestanden, jeder schien den Anderen mit Blicken durchleuchten zu wollen. Langsam wurde es peinlich. Sich anblicken und lächeln konnte nicht ewig so weitergehen. Wenigstens vorstellen wollte er sich. Er deutete auf sich und sagte, »Kristian.«
 
Seite307
Gegen Mittag begegneten ihnen die ersten Römer, dann sahen sie das Kastell. Es lag auf eine Anhöhe, umgeben von Wiesen und Anbauflächen. Lena drückte fleißig auf den Auslöser. Fast im Quadrat, war das Kastell ca. einhundertfünfzig Meter breit, in der Länge etwas mehr. Auf jede Seite gab es Tore mit seitlichen Türmen. Stämme bildeten die Schutzmauer. In den abgerundeten Ecken je ein Turm. Ein Schutzgraben von fünf bis sechs Meter Breite, und wohl zwei Meter tief, umgab das Lager. Die ausgehobene Erde war innen gegen die Stämme aufgeschüttet worden. Oben abgeflacht diente die Erde als Wehrgang. »In dem Gebäude, dort in der Mitte, wohnt der Tribun Quintus«, erklärte Godwin.
»Sie haben hier eine Kohorte stationiert, das sind ungefähr fünfhundertfünfzig Legionäre. Diese werden von sechs Centurien befehligt. Rechts und links neben dem Tor, durch welches wir gleich reiten, stehen sechs Mannschaftsquartiere, weiter oben noch mal zwei. Es waren drei Baracken auf jede Seite der Straße. In jede Baracke gibt es zehn Doppelräume, vorne der Wohnraum mit Ofen, hinten die Schlafräume für insgesamt achtzig Legionäre. Dort drüben sind die Ställe der Pferde, Kornspeicher und das Lazarett. Dort die Wohnung der Centurien.« Sie erregten keine besondere Aufmerksamkeit, als sie durch das Tor ritten. Die Wachen nahmen sie wahr, mehr aber auch nicht.
Bei Lena verweilten ihre Blicke länger, wohl, weil sie die Kamera vor sich hielt und das Display beobachtete. Sie ritten bis vor das Gebäude des Tribuns und banden ihre Pferde an. Ihnen begegneten Soldaten.
»Die mit den quergestellten Besen auf den Helmen, das sind die Centurien«, erklärte Godwin. Seine Männer blieben bei den Pferden. Godwin voran, gingen sie in das Gebäude des Tribuns. Außer dem Tribun waren noch zwei Centurien im Raum. »Godwin sei gegrüßt«, wurden sie empfangen. »Tribun Quintus, sei auch du gegrüßt. Das sind meine Freunde Kristian und seine Begleiterin Lena.«
»Godwin«, fing der Tribun an, »wir alle wissen, warum wir hier zusammengekommen sind. Drei meiner Legionäre sind von deinen Leuten getötet worden.«
»Ich habe gehofft«, fing Godwin an, »dass wir darüber verhandeln könnten?«
»Zum Verhandeln gibt es keinen Grund mehr, alle Dorfbewohner wurden mit dem Tod bestraft, ihr Dorf abgebrannt.«
»Aber warum bin ich dann hier«? fragte Godwin.
»Du sollst deine Leute warnen, dass ihnen das Gleiche passiert.« »Tribun Quintus, du weißt selber, wie schlecht die Ernte ausgefallen ist, wenn du meinen Leuten auch noch ihr Vieh nimmst, kommen sie nicht durch den Winter.«
»Godwin, ich verstehe deine Lage, nur musst du auch meine verstehen. Ich habe über fünfhundert Legionäre zu versorgen, die muss ich auch durch den Winter bringen. Es bleibt dabei, wer seine Abgaben nicht leisten kann, der muss mit Vieh bezahlen.«
»Hoffentlich weißt du, dass ich Mühe habe, meine Männer zurückzuhalten, sie wollen den Krieg«, sagte Godwin.
»Ja, das weiß ich, aber du weißt auch, dass sie ihn nicht gewinnen können.«
»Ja, das weiß ich, meine Männer aber nicht.«
»Ich glaube«, der Tribun schaute in die Runde, »wir haben alles besprochen.«
»Und nun zu Godwins Freunde. Wie lange kennt ihr Godwin schon?« »Schon eine Weile.«
»Ihr beherrscht ausgezeichnet unsere Sprache.«
»Das bringen meine Reisen so mit sich.«
»Was macht die Frau da, mit ihrem Kästchen?«
»Tribun, wir kommen aus einem Land, das Dinge kann, die ihr euch nicht vorstellen könnt. Darf ich die Frage über das Kästchen beantworten, wenn ich euch das nächste Mal besuche, vorausgesetzt ihr habt nichts dagegen? Ich zeige euch dann, was das Kästchen kann. Wie ich meine Frauen kenne, wollen sie euch und das Lager auch kennen lernen. Darf ich sie mitbringen?«
»Wie viele Frauen habt ihr denn?« »Nur eine. Die Freundinnen meiner Frau sind so neugierig, dass sie nicht eher Ruhe geben, bis sie euch und alles andere kennen gelernt haben.«
»Wir würden uns freuen.« Einer der Centurien stand auf. Mein Name ist Lucius Marcius Phillipus, meine Freunde sagen Phillipus zu mir. Wir können es nicht erwarten eure Frauen kennen zu lernen.«
»Lena hast du alle aufgenommen«, fragte er in seiner Sprache?« Sie nickte.
»Tribun habt ihr etwas dagegen, wenn man uns durch euer Lager führt?« Die Antwort des Tribuns nicht abwartend, trat der andere Centurio vor. »Ich bin Marcus Valerius Rufus, man nennt mich Rufus den Roten.«
Das traf zumindest auf seine roten Haare zu.
»Ich werde euch durch das Lager führen.«
»Tribun, es war uns eine Ehre, euch kennengelernt zu haben.« Sie gingen nach draußen, Rufus der Rote voran.
»Was wollt ihr sehen?«
»Alles«, sagte Lena.
»Dann fangen wir mit dem Lazarett an.« Wie alle Bauten war auch dieses aus Holz. Ein langer Raum, auf beiden Seiten standen die Betten, allesamt leer. Hinten war noch ein kleiner Raum. Daraus kam ihnen ein Mann entgegen. »Das ist unser Arzt Tiberius«, stellte Rufus ihn vor.
»Welch seltener Besuch«, sagte dieser. »Tiberius, wenn ihr wollt, bringe ich das nächste Mal meine Ärztin mit, sie kann sicher noch viel von euch lernen.« Das war dick aufgetragen, aber was soll's.
»Ich würde mich freuen«, sagte er.
»Also bis dann.«
»Bei den Germanen rumort es«, meinte der rote Rufus, sie können jederzeit losschlagen.«
»Macht euch das Sorgen?« fragte Kristian.
»Nein, gegen einen kleinen Kampf habe ich nichts einzuwenden.« »Das nächste wichtige Gebäude ist das Principium, mit seiner Versammlungshalle, Gerichtsraum, Schreibstube der Verwaltung, Lagerkasse und unser Fahnenheiligtum mit den Feldzeichen.« Das wollte Lena unbedingt sehen. Der rote Rufus war in seinem Element.
»Der Feldzeichenträger steht im Kampf neben dem Centurio, ebenso der Hornbläser.« Das Feldzeichen hatte die Grundform eines Speeres, darunter eine Tafel mit den Namen der Einheit und ihren Auszeichnungen. Auf beide Seiten der Tafel hängen metallbeschlagende Lederbänder herab. Weiter ging es zu den Mannschaftsbaracken. Neugierig schauten sie hinein. Die Räume waren unterteilt in Wohnraum mit Ofen und Schlafraum mit den doppelstöckigen Betten. »Wie viel Männer leben hier«? fragte Lena. »Je acht Legionäre«, was eine Belegung von achtzig Mann pro Baracke ausmachte.
Sie gingen zum Getreidespeicher und kamen an den Ställen vorbei. Godwin folgte ihnen schweigend. »Wann werdet ihr wiederkommen«? fragte der rote Rufus.
»Bald.«
Die Legionäre, die sie trafen, schauten neugierig hinter ihnen her. »Ich habe Frauen in eurem Lager gesehen«, sagte Kristian, »wohin gehören sie?«
»Einige Legionäre haben ihre Frauen hier und ihre Kinder. Es gibt aber auch Frauen hier, die sich verkaufen. Dort, hinter der Baracke, gibt es einige Händler.«
»Dürfen wir uns das ansehen?«
»Kommt.« Die Frau hinter ihrem Stand witterte ein Geschäft. Er sah einige Fibeln, Messer, Kämme, Schmuck, Elfenbein, Kristalle und Bernstein. Diese nahm er in die Hand. In zwei waren Einschlüsse, ein Käfer und ein Blatt. »Was sollen diese beiden kosten«? fragte er die Frau. Die Frau war sich nicht sicher, schaute sie nacheinander an und schien zu überlegen, ob er gut bei Kasse war. »Zwei Denar«, sagte sie schließlich.
»Das ist ein unverschämter Preis«, ereiferte sich der rote Rufus.
»fünf Sesterze,« sagte sie schließlich. Rufus wollte schon wieder loslegen, als Kristian abwinkte. Kristian hatte kein römisches Geld. »Kannst du mir aushelfen«? fragte er Godwin.
»Ich mach das schon«, sagte der rote Rufus und gab der Frau das Geld.
»Was ist dort«? fragte Lena.
»Das ist die Latrine.«
»Dürfen wir einen Blick darauf werfen?«
»Wenn ihr wollt?« Es gab zehn Sitzplätze in einer Reihe. An jedem Platz stand ein Holzeimer mit Wasser, darin ein Schwamm an einen Holzstiel.
»Ganz schön fortschrittlich«, meinte Lena. »Was meinst du, wofür der Schwamm ist?«
»Eine Klobürste, was sonst.«
»Überleg doch mal, das sind Plumpsklos, dafür braucht man keine Bürste, normalerweise«, fügte er noch hinzu. Der rote Rufus verstand kein Wort von dem, was sie sagten. »Putzt ihr euch damit euren Hintern ab?«
»Ja sicher, habt ihr eine bessere Methode?«
»Wir machen das ähnlich«, würgte Kristian das Thema ab.
»Roter Rufus, wir danken dir für deine Führung, wir werden mit Godwin jetzt zurückreiten.« Godwins Begleitung saß noch bei den Pferden. »Godwin sollen wir erst etwas essen?«
»Wir haben nichts dabei.«
 
Seite 318

Im gleichen Augenblick erschallte ein Horn.

»Die Germanen greifen an.« Rufus rannte nach draußen, Kristian hinterher. Er wollte nicht als Zielscheibe dienen, deshalb folgte er ihm nicht auf den Wehrgang. Durch einen Schlitz im Tor sah er sie kommen. Auf Pferden und zu Fuß. Für die Kamera war der Schlitz nicht weitgenug. Er schaute hoch. Solange keine Pfeile flogen, konnte er ruhig nach oben gehen. Es war schon ein schön schauriger Anblick, der sich ihm bot. So weit er sehen konnte, war das ganze Lager eingeschlossen. Die Hütten der Händler wurden geplündert. Noch standen sie außer Reichweite der Pfeile. Wie auf ein Kommando schlugen die Germanen mit ihren Waffen gegen ihre Schilde. Dann folgte die erste Angriffswelle. Kristian brachte sich in Sicherheit. Die Pfeile und Speere forderten auf beide Seiten ihren Tribut. Da es vor den Toren keinen Graben gab, rannten die Meisten todesmutig auf das Tor zu. Ihre Schilde waren nicht so groß, dass sie ihren ganzen Körper dahinter verstecken konnten. Schon bald häuften sich dort die Toten und Verletzten. Von den Wällen purzelten die Legionäre. In den Gräben lagen die Germanen, die von den Wurfspeeren gestoppt worden waren. Dann zogen sich die Germanen zurück. Kristian trieb es wieder auf den Wehrgang. Er wusste nicht, für wen er mehr Mitleid empfinden sollte, für die Römer oder die Germanen. Die Tore wurden geöffnet. Die verwundeten Germanen, die den Weg zurück nicht geschafft hatten, wurden ohne Gnade abgeschlachtet. Obwohl sich sein Magen umdrehte, hielt Kristian die Kamera darauf. Die Pfeile, Speere und Schwerter wurden eingesammelt, die verwundeten Legionäre ins Lazarett getragen. Er folgte ihnen. »Kristian«, Kristel kam auf ihn zugelaufen. »Ich habe kein Verbandsstoff, Schmerz und Betäubungsmittel mehr.«
»Und was willst du mir damit sagen?«
»Wir müssen zurück ins Krankenhaus und holen, was wir brauchen.« »Komm mit ins Arztzimmer.« Von dort aus sprangen sie ins Krankenhaus. Da er nicht genau wusste, wo sie hin wollte, kamen sie im Flur an. Ehe Kristel ihn in ein Zimmer ziehen konnte, sah er, wie sie eine Schwester mit vor Schreck geweiteten Augen, anblickte. Er sah auf Kristel und bemerkte die Blutflecken auf ihrem Gewand. Er wollte Kristel auf die Schwester aufmerksam machen, »lass sie«, sagte sie, »sie wird sich schon erholen.« In diesem Krankenhaus war es schon öfter zu ungewohnten Begegnungen seinerseits gekommen. Kristel entnahm dem Medikamentenschrank, was sie benötigte. Einen Plastiksack füllte sie mit Verbandsmaterial. Einem anderen Schrank entnahm sie Operationsbesteck. Auf einen Zettel schrieb sie, was sie mitgenommen hatte.
»So, wir können.« Sie kamen am Ausgangspunkt an. »Wo wart ihr«? empfing sie Jessika.«
»Wir haben Nachschub geholt.« Kristel ging an die Betten vorbei und nahm sich der schweren Fälle zuerst an. Er schoss ein paar Fotos. Auch von Jeanette, die bei einem Verwundeten kniete und Trost spendete. Er ging wieder auf den Wehrgang. Es tat richtig weh, die Toten da liegen zu sehen. Es wurde Abend. »Kristel, wie sieht's aus?«
»Es sind alle versorgt.« »Dann sammel deine Sachen ein, wir verschwinden von hier.« Ihre Pferde standen noch an derselben Stelle, Eimer deuteten darauf hin, dass man ihre Pferde nicht vergessen hatte. Sie stiegen auf, keiner achtete darauf, wie sie verschwanden und bei Godwin ankamen. Alrun machte erstaunt die Tür auf. »Ist Godwin hier?« Sie nickte. Sie traten ein.
»Godwin, wir kommen aus dem Lager, euer Angriff ist fehlgeschlagen. Das ist unsere Ärztin, wenn du uns zu euren Männern begleitest, wird sie sich um die Verwundeten kümmern.« »Kommt, ich bringe euch zu ihnen.« Die Angriffsstelle lag einen halben Tagesritt entfernt, so lange wollte Kristian nicht warten.
Godwin wollte schon losreiten, »halt«, rief er.
»Komm, und stelle dich zu unseren Pferden und erschrecke nicht.« Den Sprung bekam er nicht mit. Sie waren ein paar Hundert Meter vom Lager entfernt. Ehe Godwin was sagen konnte, waren sie von Germanen umringt. Godwin erklärte ihnen, warum sie hier waren. Die Pferde und sie wurden weiter in den Wald geführt. Das Lager war erhellt durch viele Lagerfeuer. Ein Hüne von Mann kam auf sie zu. Er musterte sie.
»Ihr seid im Lager der Römer gewesen, wir haben nicht gesehen, wie ihr es verlassen habt?«
»Wir haben es in der Dunkelheit verlassen«, antwortete Kristian.
»Ihr habt den Römern als Arzt gedient?«
»Genau so wollen wir auch euch unsere Hilfe anbieten.«
»Kommt.« Die Verwundeten lagen zwischen den Feuern. Teilweise steckten noch Pfeile in ihren Körpern. Kristel kniete sich neben einen Verletzten, ein abgebrochener Pfeil steckte in seine Schulter. Jessika und Jeanette knieten auf der anderen Seite und bereiteten das Operationsfeld vor. Die Augen des Verletzten waren auf Kristel geheftet, diese lächelte beruhigend. Kristel betäubte die Schulter, wartete die Wirkung ab und zog den Pfeil vorsichtig heraus. Der Verwundete schaute dabei zu und war sicher erstaunt, dass er keine Schmerzen verspürte. Kristel versorgte die Wunde und nähte sie mit zwei Stichen zu. Jessika deckte die Wunde mit Pflaster ab.
Als Kristel wieder einmal ein Betäubungsmittel spritzte, und die Germanen sahen, wie sich das schmerzverzerrte Gesicht entspannte und der Mann dann wie tot da lag, griffen die umherstehenden Krieger zu ihren Schwertern.
Kristian beruhigte sie und sagte, dass der Mann nur schläft. Zum Glück hatte Kristel ausreichend Penizillin mitgenommen, obwohl er Zweifel hatte, dass es reichen würde. Schon bald fehlte es an allem. Kristel verbrauchte das letzte Stück Pflaster. »Kristian, wir müssen noch mal ins Krankenhaus.«
Das sah er ein. Nur wie wollten sie hier verschwinden, wo sie zig Augenpaare beobachteten.
Er winkte Godwin herbei und erklärte ihm die Sache. »Deine Leute würden uns für Teufel halten, wenn wir uns von hier aus in Luft auflösen.«
»Geht in den Wald, bis ihr außer Sicht seid.« Die Germanen ließen sie gehen, zumal zwei Frauen bei ihnen zurück blieben. Im Krankenhaus war alles ruhig. Die Nachtschwester war unterwegs. Kristel deckte sich erneut ein und hinterließ am Platz der Nachtschwester einen weiteren Hinweis über die entnommenen Sachen. Im gleichen Augenblick ging die Tür auf und die Nachtschwester schaute sie an. »Frau Doktor«, fing sie an. »Schon gut«, blockte Kristel ab, »ich habe einige Sachen geholt, sorge dafür, dass der Direktor die Liste bekommt.«
Vor ihren Augen sprangen sie zurück in den Wald. Jessika und Jeanette atmeten auf, als sie sie sahen. Es wurde hell, als der letzte Mann versorgt war. »Wie geht es hier weiter?« fragte er Godwin. »Die Verwundeten müssen von hier fortgebracht werden.«
»Wir mussten mit ansehen, was die Römer mit euren Verwundeten gemacht haben.«
»Gerwin hat den Kampf abgebrochen, seine Männer ziehen sich zurück«, erklärte Godwin. Kristian machte noch ein paar Fotos, und sie gingen zu ihren Pferden. Gerwin kam und dankte ihnen. »Gerwin, ist der Weg zum Römerlager frei, können wir ohne Gefahr in ihr Lager reiten?«
»Der Weg ist frei, wir ziehen ab.«
»Dann lass uns ins Lager reiten und nach den Verwundeten sehen.«
»Gerwin, was ist mit deinen toten Männern, wollt ihr sie von den Römern verscharren lassen?«
»Wir würden sie holen, wenn die Römer es zuließen.«
»Dann wartet, wir werden mit den Römern verhandeln.«
Schon bald ritten sie aus dem Wald auf das Lager zu. Wüst sah es dort aus mit den unzähligen übereinander liegenden Toten. Das Tor wurde geöffnet und sofort hinter ihnen wieder geschlossen. Kristian konnte keine Hektik erkennen, anscheinend fühlten sie sich sicher. Der rote Rufus empfing sie.
»Was habt ihr gemacht, dass die Germanen euer Leben verschont haben?«
»Wir haben ihre Verwundeten versorgt, Rufus, bring mich zum Tribun.«
»Tribun, die Germanen ziehen sich zurück, erlaubt ihr, dass sie ihre Toten mitnehmen.« Er nickte. »Rufus kläre das.« Kristian ging hinter ihm her. »Macht das Tor auf.« Sie gingen beide hindurch, er ließ das Tor hinter sie schließen.
»Vertraust du den Germanen«? fragte Rufus. »Du nicht, warum stehst du dann hier?« Kristian schwenkte seine Arme. Zunächst geschah nichts. Dann kam Gerwin als Erster aus dem Wald geritten, bis kurz vor dem Tor. Nachdem er sich ein Bild gemacht hatte, drehte er sich um und gab seinen Leuten ein Zeichen.
Nacheinander kamen sie auf ihren Pferden aus dem Wald. Gerwin hatte sich einen Krieger gepackt und über den Sattel gelegt. Er schaute Kristian kurz an und führte dann sein Pferd zurück. Kristian hatte ununterbrochen Fotos gemacht. Es war ein trauriges Bild, wie sie abzogen. »Das hat uns eine Menge Arbeit erspart«, sagte Rufus. Sie gingen zurück. Kristel saß wie erschlagen auf einen Hocker. »Kristian, ich möchte nach Hause, ich kann nicht mehr.«
«Dann kommt.« Der rote Rufus begleitete sie zu den Pferden.« »Eigentlich waren wir gekommen, um mit euch Handel zu treiben, das holen wir später nach.« Aus seiner Satteltasche fischte er einen Spiegel und gab ihn Rufus. »Bis später.« Man öffnete das Tor, sie ritten hinaus. Vom Wald aus sprangen sie in Godwins Dorf. »Wir kommen wieder, verabschiedeten sie sich von Godwin.« Kristian nahm einen weiteren Spiegel und gab ihn Godwin. »Für deine Frau.«
Sie kamen zuhause an. Die Frauen zogen sich um. Kristel und Jeanette verabschiedeten sich.
»Kristel, die Rechnung vom Krankenhaus übernehme ich.« Sie nickte nur. Großvater sah, dass sie müde waren, sicher hatte er sich über das Blut an ihren Gewändern seine Gedanken gemacht, er stellte keine Fragen.
Sie frühstückten, duschten und gingen dann den Schlaf nachholen.
 
 
Seite 346
Ein Centurio trat aus einem Haus und brachte seine Kleidung in Ordnung. Dieses Schwein. »Was ist hier los«, fragte der Centurio.
»Das frage ich euch. Wisst ihr, dass dieses Dorf zu Godwin gehört?«
»Kann schon sein.«
»Wie ist dein Name?«
»Ich bin Marcus Calparius Bibulus.« »Wer ich bin, weist du?« fragte Kristian.
»Ja.«
»Der Tribun gab mir sein Wort, dass Godwins Dörfer sicher sind, kann es sein, dass du gegen seinen Befehl handelst? Oder ging es dir nur darum, eine germanische Frau zu bespringen? Du bist ein Schwein.« Die Legionäre schauten ihrem Wortwechsel interessiert zu.
Wütend kam der Centurio näher. »Du nimmst deinen Mund ziemlich voll, der Tribun ist nicht hier, er kann dich nicht beschützen.«
»Meinst du, dass ich seinen Schutz brauche?«
»Ich kann dich töten, und keiner würde es erfahren«, sagte er. »Du solltest dir nicht so sicher sein. Sicher gibt es genug Legionäre, die nicht gut auf dich zu sprechen sind.« Mit Schrecken dachte er daran, dass er alle Dorfbewohner als lästige Zeugen töten lassen könnte.
Der Centurio schaute seine Männer an. »Was ist, kann ich mich auf eure Verschwiegenheit verlassen?« Betretenes Schweigen. »Ich glaube, dass sie mehr Angst vor mir haben, du weißt, für was man mich hält?«
»Ja, für einen Zauberer.«
»Und was ist mit dir«? fragte er.
»Du bist aus Fleisch und Blut, genau wie wir, mein Schwert würde keinen Unterschied merken.«
»Du meinst also, du könntest mich töten?«
»Steig endlich von deinem Pferd, damit wir die Sache zu Ende bringen.«
»Ich könnte einfach wegreiten«, sagte Kristian, »keiner deiner Legionäre würde mich aufhalten.« Das sah er wohl ein. Mit gezogenem Schwert kam er auf Kristian zu. Dieser ließ sein Pferd rückwärtsgehen. Ein Blick hinter ihm zeigte, dass er nicht viel weiter zurück konnte. Hinter ihm lag ein toter Dorfbewohner. Neben ihm lag eine Stechlanze, wohl zwei Meter lang. Ein Sprung vom Pferd brachte ihn neben sie. Er nahm sie in die Hand. Ein Klaps auf sein Pferd brachte es dazu, auf den Centurio zuzurennen, der sich mit einem Sprung in Sicherheit brachte. Kristian hielt den Speer waagerecht in beide Hände vor sich. Grinsend kam der Centurio auf ihn zu.
»Stopp.«
Tatsächlich blieb er stehen. »Wenn ich gewinne, ziehst du dich ohne Folgen für das Dorf zurück?«
»Das kann ich dir versprechen.«
»Legionäre, ihr habt es gehört, hoffentlich kann ich mich auf euch verlassen«? sagte er zu ihnen. Einige nickten. Ohne Vorwarnung schlug er dem überraschten Centurio das stumpfe Ende des Speeres gegen seinen Helm. Es schepperte laut. Mit Freude sah er, dass der Helm eine Beule hatte. Er war noch geschockt, als Kristian erneut wieder seinen Kopf traf. Er vermied es, ihn mit der Spitze zu treffen. Die ganze Kraft hatte er in den Schlag gelegt. Das Blut, das er sah, kam wahrscheinlich aus seinem Ohr und lief den Hals herunter. Sicher sah er jetzt Sterne. Benommen schaute er Kristian an. Ohne Gnade, jeden Vorteil nutzend, sprang Kristian vor, um die stumpfe Seite des Speeres wie ein Rammbock gegen seinen Brustpanzer zu stoßen. Wieder halbwegs erholt wehrte er mit seinem Schwert den Stoß ab. Vorsichtig, sich mittlerweile der Gefährlichkeit des Speeres bewusst, kam der Centurio näher. Mit Scheinangriffen drängte Kristian ihn zurück. Ausholend stürmte der Mann auf ihn zu. Kristian konnte es nicht riskieren, seinen direkten Schlag mit dem Speer abzufangen. Er könnte brechen. Abfedernd, nahm er dem Schlag die Kraft, duckte sich, drehte sich um die eigene Achse und schlug den Schaft mit Wucht gegen sein Schienbein. Es knallte laut, als der Schaft seinen Schienbeinpanzer traf. Augenblicklich ging er zu Boden, sein Schwert entfiel seiner Hand. Kristian stand jetzt über ihm, die Spitze des Speeres zeigte auf seinen Hals.
»Was ist, gibst du dich geschlagen?« Hasserfüllt starrte er Kristian an. Langsam drückte dieser die Speerspitze tiefer gegen seinen Hals. Blut sickerte aus der Wunde. Noch immer nicht gab er sich geschlagen.
»Ganz wie du willst, du wirst jetzt vor deinen Gott treten, grüße ihn von mir. Er tat als wollte er zustechen.
»Halt, ich ergebe mich.«
«Das war doch nicht so schwer.« Die Spitze von seinem Hals nehmend, holte er aus und schlug das Speerende auf seinen Kopf, der Schaft zerbrach. Der Besen auf seinem Helm knickte mitten durch. Der Centurio zog sich ins Land der Träume zurück. Es ist wirklich nicht leicht, jemand auf den Kopf zu schlagen. Innerlich scheut man davor zurück. Kristian hatte in letzter Zeit so viel Gewalt gesehen, dass seine Hemmschwelle ihm keine Zurückhaltung auferlegte.
»Ihr habt es gehört«, sagte er zu den Legionären, «geht in euer Lager zurück.« Die Dorfbewohner konnten ihr Glück nicht fassen. Langsam löste sich der Kreis der Legionäre auf, formierten sich. Einige bewegten sich auf den Centurio zu. »Halt, um den kümmere ich mich.« Nur zögernd zogen sie ab. Die Dorfbewohner kümmerten sich um das Feuer. Ein Junge brachte ihm sein Pferd. Er stieg auf und gab mit Zeichensprache zu verstehen, dass sie den Centurio hinter seinen Sattel legen sollten. Sein Blick fiel auf das Schwert am Boden und auf die Schwertscheide, die noch an der Seite des Centurios hing. Er deutete darauf und gab zu verstehen, dass sie beides bei Godwin hinterlegen sollten. Jetzt konnte er es nicht mitnehmen, er wollte es als Kriegsbeute behalten. Dann ritt er aus dem Dorf. Ein Sprung brachte ihn in die Nähe des Kastells. Langsam ritt er durch das Tor. Legionäre auf den Wällen machten Meldung, der Tribun und auch Rufus kamen ihm entgegen. »Was ist passiert?«
»Tribun ist es richtig, dass ihr den Befehl gegeben habt, eines von Godwins Dörfern zu überfallen?«
»Ich habe keinen solchen Befehl gegeben.«
»Ich habe den Centurio auf seinen Fehler hingewiesen, daraufhin wollte er mich töten. Eure Männer werden es bestätigen. Der Centurio bewegte sich. Kristian gab ihm einen Schups und er rutschte vom Pferd. Von einem stolzen Römer war nicht viel übrig geblieben. »Tribun, ich muss zurück.« Er wendete sein Pferd und preschte aus dem Lager, ehe sie weitere Fragen stellen konnten. Jessika und die anderen waren froh, ihn heil wiederzusehen. Er erklärte, was vorgefallen war. Godwin war nicht mehr zu halten, er wollte in sein Dorf reiten. »Godwin, das Schwert des Centurio, bringe es mir bitte mit, ich möchte es behalten. So, wie weit seid ihr hier?«
 
 

                                                         Die Tore der Atlanter 3.Buch  

Seiten:    388

Absätze:   6923

Zeilen:    11749

Wörter:    105420

Zeichen ohne: 494841

mit Leerz. 590800

 

Die Tore der Atlanter.

Buch 3 von 4

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Seite 34
Am Morgen waren sie bereit. Lena saß auf Kristians Pferd, er hielt die Zügel. Sie kamen am Waldrand an. Vor ihnen Zelte, dahinter das Kastell. Sie mussten sich sehr sicher fühlen, weil sie keinen Schutz um ihr Zeltlager gebaut hatten. Kristian dachte an den letzten Angriff der Germanen, den sie hautnah miterlebt hatten. Lediglich ein paar Legionäre hielten Wache. Sie hatten sie entdeckt. Lena machte ihre Fotos. Langsam gingen sie auf die Zelte zu. Es war still. Abwartend beobachteten die Wachen sie.
Es schienen fremde Römer zu sein, nicht die, die sie schon kannten. Sicher hatten diese schon von ihnen gehört. In den Augen der Männer glomm Verlangen auf, als sie die Frauen erblickten. Aus den Zelten kamen mehr Männer hervor. Bald bildete sich ein Spalier, durch das sie schritten. Vorne am Tor hatten sich Offiziere eingefunden. Rufus der Rote, ein Centurio, kam ihnen entgegen. Eurone das Mischwesen hatte ihnen, das heißt Lena, Jessika und ihm auf ihrem Planeten mittels einer Apparatur die römische Sprache beigebracht. Deswegen gab es keine Sprachschwierigkeiten. Jeanette, die später zu ihnen stieß, musste sehen, wie sie mit ihrem Schullatein zurechtkam.
»Es ist uns eine Freude, euch zu sehen«, empfing sie Rufus, der Rote. »Du meinst bestimmt meine Frauen?«
»Du bist natürlich auch willkommen.« Es entstand ein Tumult,
als Gallus, ein einfacher Legionär, sich zu ihnen durcharbeitete. Zögernd blieb er vor ihnen stehen, als wäre er sich nicht sicher, ob sie sich seiner erinnern wollten. »Gallus alter Freund, viel Betrieb hier.«
»Ja, es ist eng geworden.«
»Kristian komm«, drängte Rufus, »der Tribun wird euch sehen wollen.« Der rote Rufus gab einen Befehl und man kümmerte sich um ihre Pferde.
Lena drehte sich im Kreis und machte Fotos von den schmachtenden Legionärsgesichtern. Rufus ging voraus, eine Gasse öffnete sich. Das Zimmer des Tribuns Quintus füllte sich. Viele der Gesichter kannte Kristian nicht.
»Kristian, schön, dass ihr kommt, der Anblick deiner Frauen lässt uns unser eintöniges Leben hier ein wenig vergessen.« Er geleitete die Frauen zu Sitzgelegenheiten, die von den Männern schnell frei gegeben wurden. Ein Sklave kam mit einem Tablett, auf dem mit Wein gefüllte Gläser standen. Sie bedienten sich. »Lasst uns das Glas erheben auf unsere Freunde«, sagte der Tribun. »Viele von uns kennen euch noch nicht, haben aber sicher inzwischen von euch gehört.
Die Schönheit unserer weiblichen Gäste wird an den Lagerfeuern sicher bald genug Gesprächsstoff liefern.« »Tribun, genug des Lobes, sagt mir, ob ihr Verstärkung erhalten habt?«
»Nein, darf ich euch den Centurio Gaius Octavius vorstellen.« Der Tribun schaute einen Mann an. Dieser war Kristian schon aufgefallen. Er war von kräftiger Gestalt mit ausgeprägten Muskeln. Ihm möchte man als Gegner nicht gegenüberstehen. Sie reichten sich die Hand.
Octavius ließ sie nicht los und zog Kristian zum Ende des Raumes. »Ich habe schon viel über euch gehört.«
»Und was zum Beispiel?«
»Ihr sollt ein guter Kämpfer sein.«
»Ihr meint sicher die Geschichte mit Bibulus, er ist ein falscher Hund, der seine Macht an Schwächere austobt. Ich kann mit einem Schwert nicht umgehen.«
»Trotzdem habt ihr Bibulus besiegt.«
»Ja, mit einem Stock, er hat mir dieses noch nicht verziehen. Sein Schwert habe ich als Trophäe behalten. Wie soll ich dich nennen?«
»Sag Octavius zu mir.«
»Octavius, was machst du hier?«
»Ich habe einen Konsul in Colenia abgeliefert, wir sind jetzt auf dem Rückweg.
»Da seid ihr aber noch eine Weile unterwegs.«
»Du sagst es. Wir könnten unser Ziel schneller erreichen, unsere Begleitfahrzeuge lassen das aber nicht zu. Diese waren Kristian schon aufgefallen, denn sie nahmen einen Großteil des Platzes vor dem Kastell in Anspruch. Nicht nur die Verpflegung für die Menschen, auch die Pferde brauchten ihr Futter. Dazu kamen die Zelte. Auch Händler nutzten den Schutz der Soldaten.
»Hast du Familie«? fragte Kristian.
»Ja, unser Gut liegt in Florenz. Unser Rückweg führt daran vorbei, wir machen dort Rast.«
»Ich würde dich gerne begleiten, aber so viel Zeit habe ich nicht.« Er gab Lena ein Zeichen.
»Lena würdest du ein Foto von Octavius und mir mit der Sofortbildkamera machen?« Lena nickte. Das Blitzlicht ließ alle erschreckt in ihre Richtung blicken. Staunend blickte Octavius auf das Foto, das aus der Kamera kam und zu einem Bild wurde. »Der Tribun hat mir von euren magischen Kräften erzählt, ich wollte es nicht glauben.« Dann nahm er das Foto von Lena entgegen. »Sehe ich so aus«? fragte er zweifelnd.
»Ja, ich kann keinen Unterschied erkennen. Oder sehe ich auf dem Bild anders aus«? fragte Kristian.
»Das ist ein mächtiger Zauber.« Jetzt kamen die anderen und wollten das Bild sehen. »Lena mache ein Foto von ihnen.« So abgelenkt, standen sie bald wieder alleine da.
»Octavius, was hältst du davon, wenn ich dich ein Stück begleite?«
»Das würde mich freuen.«
»Ich könnte, wenn du mir einen Führer mitgibst, vorausreiten und deiner Frau dieses Bild von uns bringen.«
»Das würde sie sicher erfreuen, aber meinst du, dass es etwas bringt, wenn du ein paar Tage vor mir dort bist?«
»Lass dich überraschen, gib mir einen Mann mit, der den Weg genau kennt und vor magischen Kräften, wie du es nennst, keine Angst hat.«
»Was hast du vor?« »Ich werde mir in Ruhe dein Land anschauen.« Jessika kam zu ihnen, um zu sagen, dass sie zu den Händlern vor das Kastell wollten.
»Was ist mit dir Octavius, gehst du mit?«
»Ja, dann zeige ich dir den Mann, der dich begleiten wird.« Einer Prozession gleich, folgten die Männer den Frauen nach draußen. Der rote Rufus hatte die Führung übernommen. Die Prozession wurde immer länger. Alle wollten einen Blick auf die Frauen in ihren engen Reithosen werfen.
Unterwegs gab Octavius einem Mann ein Zeichen. Der bahnte sich einen Weg zu ihnen durch. »Decimus, ich habe einen Auftrag für dich.«
Decimus war auch keine halbe Portion und kein einfacher Soldat. »Decimus, mein Freund Kristian möchte morgen vor uns herreiten. Bringe ihn sicher zu meiner Frau. Du wartest dort auf uns.« Abschätzend musterte Decimus Kristian.
»Er hat nicht mal ein Schwert.«
»Ja, ich weiß, er wird einen Stock mitnehmen.«
»Einen Stock?«
»Ja, Kristian ist ein Stockkämpfer, lass dir die Geschichte von Bibulus erzählen. Du kannst dich auf ihn verlassen. So, jetzt lass uns zu den Händlern gehen.« Diese witterten ein großes Geschäft, nicht wissend, warum hier so ein großer Andrang herrschte. Lena war auf eine Karre geklettert, was von dem Händler mit Argwohn beobachtet wurde. Sie winkte ihnen zu und machte weiter ihre Aufnahmen mit einer anderen Kamera.
»Legst du dich mit allen Frauen auf dein Lager«? fragte Octavius.
»Nein, nur mit einer.« »Du bist ein Mann, möchtest du nicht mit allen dein Lager teilen?«
»Du hast recht, das Verlangen ist schon da, ich will aber nicht unsere Freundschaft auf Spiel setzen.«
»Ein weiser Spruch, auch ich vermeide es, mich zu anderen Frauen zu legen. Aber manchmal lässt es sich nicht vermeiden, du weißt schon, das Fleisch ist schwach.«
Es war nicht leicht, zu den Händlern durchzukommen. Lediglich Octavius Autorität verschaffte ihnen Platz. Am Stand des dritten Händlers fanden sie die Frauen. Jeanette versuchte, den Händler abzuwehren, der ihr eine Kette aufschwatzen wollte. Kristian sah schöne Weinkelche und verzierte Teller. Bei ihm waren diese unbezahlbar. Er wollte sie alle.
»Hast du deiner Frau schon ein Geschenk gekauft«? fragte er Octavius. »Ja, einen Ballen Stoff.«
»Und sonst?«
»Was und sonst?«
»Ein Schmuckstück zum Beispiel.«
»Du hast recht, vielleicht finde ich hier was Passendes.« Kristian sah Keramik und viele Teile aus Glas, Schreibmaterialien, Wachstafeln, Papyrus, Schmuck aus Bronze und Silber und römische Spiele. Gallus hatte es geschafft, sich zu ihm durchzuarbeiten.
»Gallus, ich habe eine Aufgabe für dich.« Er erzählte ihm, worauf es ihm ankam.
»Versuche die Ware für mich günstig einzukaufen, und lass sie gleich einpacken.« Er griff in seinen Geldbeutel und kam mit einer Hand voll Denare wieder heraus. »Öffne deinen Geldbeutel.« Ohne nachzuzählen, ließ Kristian das Geld in Gallus Beutel gleiten. »Wenn du nicht auskommst, melde dich bei mir.« Octavius hatte sie beobachtet.
»Du vertraust einem einfachen Legionär?«
»Wir kennen uns schon länger und ich habe festgestellt, dass man ihm vertrauen kann.«
Jessika hielt drei Bernsteine in der Hand. Der Händler nannte einen Preis. Jessika schüttelte den Kopf. Der Händler wollte vier Denare haben, Jessika aber nur zwei geben. Es war eine Freude sie beim Handeln zu beobachten. Schließlich einigten sie sich auf drei Denare und einen Sesterzen. Lena war noch nicht dem Kaufrausch verfallen. Jeanette zeigte Interesse an den Schmuck. Octavius kaufte eine Silberkette mit passenden Ohrringen. Kristian hörte, wie Gallus dem Händler fünfzig Denare für alle Glaswaren anbot. Der Händler lief vor Wut rot an. »Du unverschämter kleiner Legionär, du hast noch nicht einmal fünfzig Denare auf einen Haufen gesehen und erdreistest dich, mir so ein Angebot zu machen.«
»Was meinst du, was ich hier in meinen Beutel habe, wie Steine hört sich das nicht an«, sagte Gallus.  Die Umherstehenden fanden Gefallen an dem Schauspiel.
»Sage mir deinen Preis«, forderte Gallus den Händler auf.
»Du meinst es wirklich ernst. Für einhundertfünfzig kannst du alles haben.«
»Ich sehe schon«, sagte Gallus, ich muss zu deinem Nachbar gehen, der lässt sicher mit sich handeln.« Er drehte sich um und wollte den Stand verlassen.
»Halt, wir werden uns schon noch einig.«
»Nenn einen vernünftigen Preis, wenn er mir nicht gefällt, gehe ich.« Nach einer Weile kamen zögernd einhundertfünfundzwanzig Denare über die Lippen des Händlers. Ohne ein Wort drehte sich Gallus um als wollte er gehen. »Einhundertzehn«, schrie der Händler. Gallus schaute zu Kristian rüber, dieser nickte. »Abgemacht, und pack die Sachen ordentlich ein.«
In Kristian reifte ein Plan. Die Handelsware war hier so billig, bei ihm so teuer, warum nicht damit handeln? Nur schade, dass ihm nicht viel Zeit blieb, die Ware in aller Ruhe auszusuchen. Morgen würden sie weiterreisen. In Gedanken überlegte er schon, wo der Verkaufsraum sein sollte. Zu weit sollte er nicht entfernt sein, da er den Verkauf selber überwachen wollte. Als Käufer kamen Museen und Sammler infrage. Diese mussten sich bis jetzt mit Bodenfunde zufriedengeben. Entsprechend sahen sie aus.
»Hallo Kristian, kann es sein, dass du träumst?« Erschrocken zuckte er zusammen.
 
Seite 57
Ihre Aufmerksamkeit wurde auf das Podest gelenkt. Ein Mann führte einen Sklaven hinauf. Dieser hatte ein Schild um den Hals, auf dem sein Alter und Geburtsort stand. Das Feilschen wollte nicht so recht in Gang kommen. Der Händler forderte dreihundert Denare, das höchste Gebot lag bei zweihundert Denaren. Der Sklavenhändler wurde wütend und fing an, die Qualitäten des Sklaven aufzuzählen. Möglichst unauffällig machte Kristian Fotos. Aus dem Verkauf wurde nichts, der Sklave wurde zurückgeführt. Von der anderen Seite wurde eine Frau mit ihrer Tochter heraufgeführt. Sofort wurde es still. Der Geburtsort auf ihrem Schild sagte ihm nichts. Sie war hochgewachsen, von erhabener Schönheit. Auf jeden Fall kam sie von weit her. Ihre Kleidung war verschmutzt und eingerissen. Stolz stand sie da, einen Arm um ihre Tochter gelegt. Diese hatte die Schönheit der Mutter geerbt. Das Mädchen war vielleicht zwölf Jahre alt.
Fünfhundert Dinare kam das erste Gebot von einem kleinen fetten Mann. Mit sechshundert Denaren wurde er überboten. Als kein höheres Angebot kam, sagte der Händler, sechshundert nur für die Frau. Gewaltsam wurden Mutter und Kind getrennt. »Decimus, stell jetzt keine Fragen, hole die Pferde und reite aus dem Ort. Dort wartest du auf mich.« Er wollte was sagen, Kristian hob die Augenbrauen und schaute ihn an.
»Schon gut, ich gehe ja schon.« Kristian stellte sich in die hinterste Reihe. Der Händler zerrte an der Kleidung der Frau, bis jeder einen Blick auf ihre nackte Haut werfen konnte. Ein Raunen ging durch die Zuschauer. Das Mädchen weinte und streckte ihre Arme in Richtung der Mutter aus. Sechshundertfünfzig wurden von dem kleinen fetten Mann geboten. »Achthundert Denare«, alle drehten sich zu dem Mann um, dem man ansah, dass er reich war. Dem Händler sah man seine Freude an. Die Tochter konnte sich losreißen und rannte zu ihrer Mutter zurück. Jetzt wurde es Zeit einzugreifen. Einfach mit beiden Frauen verschwinden, wollte Kristian nicht. Er nahm die Gestalt eines alten Mannes mit langen weißen Haaren an. In der Hand hielt er einen Wanderstab. So schlurfte er auf das Podest zu.
»Hat die Gier eure Augen vernebelt«, rief Kristian, »seht ihr nicht, dass der Teufel in ihr steckt. Ihr würdet den ersten Beischlaf nicht überleben.« Der Händler wurde wütend. »Alter Mann verschwinde.« Der Frau schickte Kristian die Botschaft rüber, »erschrecke nicht, ich werde euch in Sicherheit bringen.« Als sie keine Reaktion zeigte, rief er, »seht ihr nicht das Feuer in ihr, es würde euch verbrennen.« Kristian ließ sie und das Kind fünfzig Zentimeter höher schweben. Die beiden Frauen waren genauso erschrocken wie die Menschenmenge. Einige Zuschauer rannten panikartig fort. Selbst der Händler mit seiner großen Klappe hatte Angst. Kristian stieg auf das Podest. Mit nach vorne gestreckten Armen machte er beschwörende Bewegungen.
»Weiche von uns, verschone uns, kehre in dein Reich zurück.« Er berührte sie und schrie, »oh, ich sehe sie in ihrem feurigen Heim, hört ihr nicht die Schreie der Verdammten? Sie versucht, mich in ihr Reich zu ziehen, rettet euch.« Jetzt gab es kein Halten mehr, die Menge stob schreiend auseinander.
Dann wurden sie unsichtbar, er sprang mit ihnen zum Rand des Dorfes, wo hoffentlich Decimus wartete. Dieser musterte sie. »Ich habe so etwas Ähnliches schon fast erwartet. Du musst mir erzählen, was du dort angestellt hast. Hast du für die Frau bezahlt?« Kristian grinste ihn an.
»Sie waren froh, dass sie sie los waren. Ich musste eingreifen, man wollte Mutter und Tochter getrennt verkaufen.«
Mutter und Tochter hatten noch keinen Ton gesagt. »Entschuldige das Theater, das ich gemacht habe«, sagte Kristian zu ihr. »Du bist frei und kannst hingehen, wohin du willst.« Als sie nichts sagte, schlug er vor, »es ist wohl besser, du reitest mit uns zu Freunden, dann sehen wir weiter, einverstanden?« Beide nickten. »Ich heiße Kristian, der dort ist Decimus.«
»Mein Name ist Riga, meine Tochter heißt Elana.« Ihre Stimme klang gebildet. »Wir danken dir, obwohl wir nicht wissen, was eben passiert ist.« Decimus lachte.
»Daran Frau, wirst du dich gewöhnen müssen.«
»Wir sollten machen, dass wir von hier wegkommen. Wenn uns hier jemand sieht, werden sie uns folgen. Ihr könnt hoffentlich reiten?« Sie stiegen auf die Pferde. Gegen Abend erreichten sie das Kastell. Davor hatte sich ein Dorf gebildet. Es gab auch einen Markt. »Decimus suchst du für uns ein Nachtlager?«
»Ich war schon einmal hier, folge mir.« Hinter dem Dorf gab es eine Koppel und ein Gasthaus. Sie besichtigten zwei Schlafräume, gingen dann in den Gastraum und bestellten Essen. Jetzt zeigte sich, wie hungrig beide Frauen waren. »Riga, wir wollen gleich ins Kastell, du brauchst doch bestimmt ein paar persönliche Sachen? Hier hast du ein paar Denare.« Zögernd hielt sie ihre Hand auf.
»Warum tust du das?« fragte sie.
»Du hast sicher festgestellt, dass ich kein Römer bin. Ich weis, dass die meisten Römer kein Mitleid mit ihren Sklaven haben.« Decimus grinste.
»Ich kann dich nicht in deine Heimat zurückbringen, aber ich kann dir helfen, dass du dich in deine neue Heimat zurechtfindest.«
»Können wir endlich«, drängte Decimus. »Vorher müssen wir unser Gepäck in die Zimmer bringen«, schlug Kristian vor. Decimus willst du nicht zwei Pferde verkaufen?«
»Du hast recht, sie behindern uns nur.« Sie fanden auch schnell einen Händler, der ihnen zwei Pferde für je zweihundertfünfzig Denare abkaufte.
»Hier nimm deine Hälfte«, sagte Decimus. »Wenn es dir recht ist, behalte ich dafür die zwei anderen Pferde?« Decimus nickte. Die Frauen zurücklassend, gingen sie ins Kastell. Es war ähnlich gegliedert, wie das von Rufus. Legionäre wurden gedrillt. Wehrend Kristian zuschaute, ging Decimus zwei Holzschwerter holen. Sie hatten das gleiche Gewicht wie ein Echtes. Sie gingen zu einer freien Rasenfläche und tauschten die echten Schwerter gegen die Holzschwerter aus. Decimus war ein guter Lehrer. Mehrmals schlug er Kristian das Schwert aus der Hand, was nicht ohne Schmerzen und blaue Flecken abging. Kristian lernte schnell und stellte ihm ein Bein, sodass er stürzte. Seine hölzerne Schwertspitze zeigte auf seinen Hals. »Legionär, bitte um Gnade, deine Todesstunde ist nahe.«
Lachend rappelte Decimus sich auf.
 
Seite 63
Elana war ganz aufgeregt, anscheinend hatte sie ihre Schuhe schon irgendwo gesehen, denn sie eilte zielstrebig voraus. »Elana, nicht so schnell«, rief Riga hinter ihr her. Plötzlich sahen sie Elana nicht mehr. Ihre lauten Hilferufe wiesen ihnen den Weg. Die Marktbesucher machten ihnen Platz, als sie angerannt kamen. Kristian sah, wie zwei Männer versuchten, Elana in eine Seitengasse zu ziehen. »Halt«, rief er, was einen der Männer veranlasste, stehenzubleiben, während der Andere weiter an Elana zerrte. Der Mann, der stehen geblieben war, zog sein Schwert, Kristian ebenfalls. Decimus hatte sich im Hintergrund gehalten und hielt Riga fest.
Kristian zeigte, was er gelernt hatte und konnte nur hoffen, dass der Mann nicht über mehr Erfahrung verfügte. Er versuchte den gleichen Trick, den er bei Decimus angewendet hatte. Plötzlich lag der Entführer vor ihm im Staub. Angstvoll waren seine Augen auf Kristian und sein Schwert gerichtet. »Sage deinem Freund, er soll das Mädchen loslassen.«
Er schrie es hinaus. Der Mann ließ Elana los. Währenddessen hatte sich Decimus hinter den Rücken des Mannes geschlichen, drückte sein Schwert in dessen Rücken und schob ihn damit zu Kristian. Riga hielt glücklich ihre Tochter in den Arm. »Was sollen wir mit ihnen machen«? fragte Kristian.
»Stoße dem da dein Schwert in die Brust, diesem schlage ich den Kopf ab.« Die Zuschauer schienen damit einverstanden zu sein und feuerten sie an. Das war nicht nach Kristians Geschmack. »Legt eure Waffen ab«, befahl er. Einer der Männer hatte einen schönen verzierten Gürtel um mit einem verzierten kleinen Dolch. Er nahm den Gürtel und die Schwerter entgegen.
»Macht ihr mit ihnen, was ihr wollt«, sagte Kristian zu den Marktbesuchern. Augenblicklich entlud sich der Zorn der Leute.
Mit dem, was sie gerade in den Fingern bekommen konnten, schlugen sie auf die Entführer ein. Keiner hatte Mitleid. »Kommt, wir wollten doch Schuhe kaufen.«
»Wir hätten sie töten sollen,« brummelte Decimus vor sich her.»
»Ich kann so etwas nicht, nur wenn es um mein Leben geht«, sagte Kristian. Elana hatte ihren Schock überwunden, war vor einem Stand stehen geblieben und probierte einen Schuh an. »Riga willst du den Gürtel? Mit dem Dolch kannst du dich notfalls verteidigen.« Ihre Augen leuchteten auf.
Der Gürtel war verstellbar und hatte bestimmt vorher einer Frau gehört. Freiwillig hatte sie sich sicher nicht davon getrennt. Kristian legte Riga den Gürtel um. Elana hatte unterdessen passende Schuhe gefunden. Kristian bezahlte sie. Sie kauften noch Obst ein und machten sich auf den Rückweg. Ein Warnruf hinter ihnen ließ sie herumfahren. Einer der beiden Entführer zielte mit einem Bogen auf sie. Fast hätten sie ihn nicht wiedererkannt. Sein Gesicht war blutig und seine Kleidung zerfetzt. Wie es schien, wollte er sich wegen der erlittenen Schmach rächen. Kristian wusste nicht, ob man einem Pfeil ausweichen konnte, wenn man sah, wie er abgeschossen wurde.
Zu weiteren Überlegungen kam er nicht. Riga schnellte nach vorne und fing den Pfeil mit ihrem Körper auf. Nahe ihrem Herzen, drang er in ihren Körper ein. Ein leiser Schrei war alles, was sie von ihr hörten, dann sackte sie zusammen. Decimus war nicht mehr zu halten, er rannte los und stieß dem verblüfften Bogenschützen sein Schwert in die Brust. Grimmig suchte er nach dem zweiten Mann. Kristian hob Riga auf und brachte sie in ihr Gasthauszimmer.
»Decimus kümmere du dich um Elana, ich bringe Riga zu unserem Arzt. Es wird nicht lange dauern, ich komme ohne sie zurück.«
Auf Elana konnte er jetzt keine Rücksicht nehmen und verschwand mit Riga vor ihren Augen. Mit verändertem Aussehen sprang er in das Krankenhaus, in dem Kristel arbeitete. Kristel, wo bist du? Das Geschrei, das einsetzte, als er mit einer Frau erschien, in der ein Pfeil steckte, trieb Patienten und Schwestern und auch Kristel in den Flur. Auch wenn sie ihn nicht erkannte, ahnte sie, dass es Kristian war. »Was ist passiert?«
»Das siehst du doch.« Inzwischen kannte er sich in diesem Krankenhaus aus und ging gefolgt von Kristel direkt ins Operationszimmer und legte Riga auf den Tisch. »Du weißt, was sie ist«? fragte er.
»Ist schwer zu übersehen, sie ist eine Römerin.«
»Falsch, sie ist oder war bis vor Kurzem noch eine Sklavin. Schirme sie ab. Sag Lena oder Jessika Bescheid, sie können als Dolmetscher fungieren. Die Frau heißt Riga und hat eine Tochter, um die ich mich jetzt kümmern muss.«
Elana schrie auf, als er ohne ihre Mutter zurückkam. »Keine Angst, deine Mutter lebt und wird versorgt. In ein paar Tagen werden wir sie besuchen.«
 
Seite 97  Besuch bei Klara, der er geholfen hatte, ihre Krankheit zu besiegen.
»Ja, kann ich machen, und was hast du vor?«
»Ich möchte für Klara ein paar Fotos ausdrucken.«
Als sie gegangen waren, gab er sich  mühe, die richtigen Fotos auszusuchen. Er rief bei ihr an und fragte, ob sie morgen Nachmittag vorbeikommen dürften?
»Kristian darf meine Freundin auch kommen?«
»Du bist der Gastgeber, du bestimmst, wer kommt.«
»Danke, ich freue mich.« Draußen hörte er Aron bellen, sie kamen aus dem Krankenhaus zurück. »Na, wie gefällt dir Riga«? fragte Kristian Kurt. »Sie ist eine schöne Frau, blöd fand ich, dass ich mich nicht direkt mit ihr unterhalten konnte.«
»Jessika hat doch bestimmt übersetzt?«
»Trotzdem. Ich würde gerne noch bleiben, aber ich muss heute noch zurück. Sagt mir Bescheid, wann ich mich im Fernsehen bewundern kann. Mein Schwert darf ich auch nicht vergessen.« Beim Abendessen erzählte Kristian, dass sie morgen bei Klara eingeladen waren.
Der Briefbote brachte am nächsten Morgen mehr Post wie gewöhnlich. Jede Menge Einladungen. »Wenn du willst, kannst du mit Jeanette die Einladungen ruhig annehmen.«
»Du meinst das ernst?«
»Ja, warum nicht, schließlich habt ihr einiges erlebt. Ihr würdet auf diese Weise die Welt kennenlernen. Man würde euch wie Stars hofieren.«
»Du machst mir den Mund ganz schön wässerig, willst du uns loswerden?«
»Nein, aber bis ich mein Geschäft angekurbelt habe, ist noch einiges zu tun.« Nach dem Mittagessen kam Jeanette. Kristian ahnte, wie sie sich entscheiden würde.
Jessika brauchte nicht viel Überredungskraft aufbringen, um Jeanette von der Idee zu begeistern. »Denkt daran, sie wollen euch, ihr bestimmt, wie es abläuft.«
Es war vierzehn Uhr, als sie nach Klara aufbrachen. Am Haus hatte man mehrere Tische zusammengeschoben. Nicht nur eine Freundin hatte Klara eingeladen, er zählte mindestens fünf. Auch Herr Melchior war anwesend. »Hallo, hier ist ja einiges los.«
»Erinnerst du dich? Ich bin die Gastgeberin«, sagte Klara lachend. Sie nahm ihn wie selbstverständlich an die Hand und stellte ihn ihren Freundinnen vor. Diese betrachteten ihn mit Zurückhaltung.
»Ich beiß euch nicht«, sagte er lautlos zu ihnen. Das hätte er wohl besser nicht sagen sollen, erschrocken sahen sie ihn an, zur Auflockerung hatte es jedenfalls nicht beigetragen.
Klara rettete die Situation. »Was ist los mit euch, Kristian ist mein Freund, ihr braucht vor ihm keine Angst zu haben.« Sie gingen zu Herrn Melchior rüber. »Kristian, wie kann ich euch nur danken?«
»Wofür Dank, ich freue mich, wenn ich helfen konnte. Das ist Jessika meine Freundin und Jeanette«, stellte er seine Frauen vor.
»Ihr Leben muss aufregend sein?«
»Ja, sie haben Recht, es kann aber auch recht gefährlich sein.«
Er wurde von Klara zur Stirnseite der Tafel bugsiert. Sie setzte sich rechts neben ihn, dann folgte ihr Vater. Auf der linken Seite saßen Jessika und Jeanette. Die Haushälterin goss Kaffee ein.
»Wir haben in der Zeitung von ihren Abenteuern im Römischen Reich gelesen.«
»Ja, es war zeitweise recht aufregend. Klara, wie fandest du das Mittelalter?«
»Ich kann es immer noch nicht fassen, manchmal denke ich, dass ich alles nur geträumt habe.«
»Du glaubst das aber nicht wirklich?«
»Nein natürlich nicht, aber hättest du das glauben können, bevor dir das alles passierte?«
»Du hast recht, für jemand dem das zum ersten Mal passiert, ist das schwer zu verstehen.« Jessika und Jeanette grinsten und ließen sich nicht davon abhalten, ein weiteres Stück Kuchen auf ihre Teller zu legen.
»Was haben sie als Nächstes vor«? fragte Herr Melchior. »Ich muss eine ehemalige Sklavin zu ihrer Tochter zurückbringen.«
»Was bedeutet das«? fragte Klara. »Riga, eine Sklavin, hat mir das Leben gerettet, als sie einen Pfeil, der mir galt, mit ihrem Körper aufgefangen hat, es ist wohl besser ich erzähl die Geschichte von Anfang an.« Klara war begeistert und löcherte ihn mit Fragen.
»Kristian, was ist in dem braunen Kuvert?«
»Ach, das hätte ich fast vergessen.«
»Ist das für mich?«
»Ja, damit du nicht mehr denkst, du hättest alles nur geträumt.« Hastig öffnete sie das Kuvert. Die Freundinnen waren aufgestanden und standen jetzt hinter ihr. Klara genoss sichtlich die Bewunderung.
»Klara, was ist«, beschwerte sich ihr Vater, »ich würde auch gerne einen Blick auf die Bilder werfen.«
»Hier Vater, das ist der Fürst und seine Familie.« Die Mädchen hatten sich wieder gesetzt, die Bilder gingen von Hand zu Hand.
»Klara, wir wollen uns verabschieden, hast du noch einen Wunsch?« »Was meinst du?«
»Ein Wunsch ist ein Wunsch«, sagte Kristian, »du bist also wunschlos glücklich, dann können wir ja gehen.«
»Halt, nicht so schnell, darauf war ich nicht vorbereitet«, beeilte sie sich zu sagen. »Ich habe jetzt einen Wunsch, ich möchte einmal meinen Fuß auf römischen Boden setzen.«
»Und was ist mit euch«? fragte er die Freundinnen. Diese schauten erschrocken auf Klara.
»Ihr kommt alle mit«, bestimmte Klara. Es ging noch eine Weile hin und her, bis alle zögernd zustimmten. »Und jetzt?« fragte Klara.
»Ihr haltet euch fest an die Hand.« Das hörte sich gefährlich an und der Mut der Mädchen wurde auf die Probe gestellt. Ehe sie es sich anders überlegen konnten, stand er hinter ihnen. Sie kamen im Wald an. Vor ihnen das Kastell, Waffengeklirr um sie. Es wurde gekämpft. Ihm fielen die Germanen ein. Ein Befehl erschallte, der Kampflärm verstummte. Die Mädchen standen ängstlich zusammen. »Kristian«, Rufus kam auf sie zu.
»Rufus, das sind«, er zögerte, »das sind meine Freundinnen, sie wollten unbedingt echte Römer kennenlernen. Die Legionäre, die sich um sie stellten, grinsten. Ob die Mädchen ihrer Unterhaltung folgen konnten, war nicht zu erkennen. Der Kreis der Legionäre wurde enger. »Klara, was meinst du, sind die echt?« Klara faste als erste Mut und deutete auf ihre Hand, die noch die Hand einer Freundin hielt. Er nickte. Daraufhin öffnete sie ihre Hand und musterte die Legionäre, indem sie sich im Kreis drehte.
»Rufus, den Frauen passiert doch nichts?« Rufus schüttelte den Kopf und gab seinen Männern zu verstehen, dass sie die Mädchen in Ruhe lassen sollten. Klara hatte sich einen netten Legionär herausgesucht und ging auf ihn zu. Seine Kameraden machten Platz. Klara ging um ihn herum und begrapschte seine Rüstung, was die Legionäre zum Lachen brachte. Klara blickte in ein freundliches Gesicht, was sie dazu verleitete, mutig auf das Schwert des Legionärs zu deuten. Der Mann reichte es ihr. Prüfend wog sie es in der Hand. Dann schwang sie es und stach auf einen unsichtbaren Gegner ein. Die Legionäre waren nicht mehr zu halten, lautes Gelächter schallte über den Platz. Klara fand es auch lustig. Es war, als würde alle Anspannung vergangener Wochen von ihr abfallen. Ehe sie sich versah, kamen vier Legionäre angelaufen, einen Schild auf ihren Schultern. Kräftige Hände hievten sie auf den Schild. Noch überrascht, gewöhnte sie sich an den schaukelnden Gang der Männer, richtete sich auf ihre Knie auf. Sie hielt sich mit einer Hand fest, schwang das Schwert und schrie sich die Seele aus dem Leib. Dabei veränderte sich laufend ihre Mimik. Kristian befürchtete schon, dass sie übergeschnappt sei. »Klara, es reicht.« Er ging auf die Männer zu, die sich niederknieten und half Klara von dem Schild herunter. Sie machte einen erschöpften Eindruck. Sie lachte die Männer an und streckte das Schwert in die Höhe, worauf die Männer es ihr nachmachten, ihre Schwerter zogen und schauerliche Kampfschreie von sich gaben. Am Kastell standen etliche Legionäre, der Tribun war darunter und blickte in ihre Richtung.
»Kristian ich danke dir«, sagte Rufus. »Wofür?« »Schau dir meine Männer an, sie haben schon lange keinen solchen Spaß mehr gehabt.«
»Rufus hast du einen Denar bei dir?« Er nickte. »Gibst du ihn ihr, damit sie sich an diesen Moment erinnern kann, du bekommst ihn später von mir zurück.«
Rufus ging auf Klara zu und reichte ihr den Denar. »Ich danke dir im Namen meiner Männer, du hast ihnen viel Spaß bereitet.« Kristian sah, dass Klara nicht alles verstanden hatte und übersetzte. »Danke«, sagte sie, zog ihn zu sich herunter und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange.
Jetzt waren die Legionäre nicht mehr zu halten. Sie stürzten herbei und legten etwas in Klaras ausgestreckte Hand. Klara schaute Kristian an, dieser nickte. Darauf bekam jeder Soldat einen Kuss auf die Wange gedrückt. Bald reichte die eine Hand nicht mehr aus, sie musste ihre zweite Hand zu Hilfe nehmen. Sie standen jetzt in einen engen Kreis, von Soldaten umgeben, diese hatten nur Augen für die Mädchen, die in ihren kurzen Röckchen vor ihnen standen.
»Rufus, wir gehen wieder, damit ihr weiter kämpfen könnt.« »Lass dich mal wieder sehen.« Er versprach es.
 
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Sein nächster Sprung führte ihn zu der Stelle, die er als Erste erreicht hatte, als er das Tor in die Römerzeit geöffnet hatte. Der Platz lag auf einer Anhöhe mit Blick auf das tiefer liegende Dorf von Godwin, dem Germanen. Es war ein heiliger Ort hier oben. Kristian hatte schon öfter Geschenke hier abgelegt. Die Sau sollte den Ort nicht entweihen, deshalb band er sie außerhalb an und hinterlegte das Mehl. Mit der Sau sprang er auf den Dorfplatz. Alles schien wie immer zu sein, dreckige Kinder, ein paar Alte saßen vor ihre Hütten. Die Sau erregte große Aufmerksamkeit und lockte die Bewohner aus ihren Hütten. Alrun, Godwins Frau, kam als Erste aus ihrem Haus, dann Godwin. »Kristian.«
»Hallo Alrun, ich wollte meine Freunde besuchen, bin ich willkommen?«
»Was für eine Frage.« Er drückte Alrun an sich. »Godwin, wie geht es euch? Sind die Römer immer noch eine Plage? »Der Römer, der sich Marcus Calparius Bibulus nennt, lässt uns nicht in Ruhe.«
»Habt ihr eure Abgaben nicht gezahlt?«
»Doch, er sucht immer nach einem Grund für eine extra Steuer.«
»Weiß der Tribun darüber Bescheid?«
»Ich glaube nicht.«
»Dann werde ich ihm einen Besuch abstatten müssen. Ihr habt doch bestimmt Hunger, die Sau ist für euch.«
»Kristian, du bist ein echter Freund.«
»Oben im Heiligtum steht Mehl für euch, warte, warum sollt ihr euch damit rumplagen, ich hole es herunter.« Gesagt, getan. Jetzt war die Freude groß. Die Sau hatte ihren letzten Atemzug bereits getan, Brennholz wurde aufgeschichtet, die Sau aufgespießt und über zwei Astgabeln über das Feuer gehängt. Die Frauen kneteten Teig für das Brot. »Komm Kristian, lass uns ins Haus gehen, das hier dauert noch eine Weile.«
»Und sonst, haben sich deine Leute beruhigt?«
»Ganz beruhigen werden sie sich nie, der Hass schwelt im Untergrund bis zum nächsten Ausbruch.«
Draußen ertönte ein Horn.
»Die Römer sind da«, erklärte Godwin. »Was wollen sie«? fragte Kristian.
»Wir werden es gleich wissen.« Sie warteten, bis sie in Marschordnung auf dem Dorfplatz ankamen. Voran, als Einziger auf einem Pferd, Marcus Calparius Bibulus. Kristian zählte achtzehn Legionäre, ihre Schilde gaben ihnen Deckung nach allen Seiten.
»Da sind wir gerade zur rechten Zeit gekommen«, erklärte Bibulus. »Für die Sau habt ihr keine Steuern entrichtet, die Sau gehört jetzt uns. Die Frauen sollen uns Brot bringen, die Sau steht ja im Fett.« Godwin betrat den Dorfplatz.
»Was wollt ihr hier, die Steuern sind noch lange nicht fällig.«
»Wie ich sehe, last ihr es euch gut gehen, ihr habt wohl gute Geschäfte gemacht«, sagte Bibulus.
»Ich bin euch keine Rechenschaft schuldig«, entgegnete Godwin, »ihr meint wohl, der Stärkere hat immer Recht.« Nichts konnte Kristian mehr zurückhalten, dieser feige Arsch ließ seinen Blutdruck hochschnellen. Er betrat den Platz. »Ihr wollt euch doch wohl nicht an meine Sau vergreifen, sie gehört mir, und ich habe nicht vor, dafür Steuern zu entrichten.« Sein Blick fiel auf das Schwert von Bibulus. Sein Erstes hatte er ihm im Zweikampf schon abgenommen, wenn Bibulus gekonnt hätte, hätte er Kristian getötet, zu groß hielt er die Schmach, dass er besiegt worden war. Kristian hätte das Recht gehabt, ihn zu töten.
»Geht euerer Wege.«
»Wer will mich daran hindern, dass ich mir die Sau nehme?« »Ich, wer sonst, habt ihr vergessen, wie ihr vor mir im Staub lagt.« Kristian wusste, es bestand die Möglichkeit, dass Bibulus seine Soldaten auf ihn hetzte, trotzdem musste er ihn reizen und bloßstellen. Sicher würde er gerne die Gelegenheit wahrnehmen, seine Blamage zu tilgen.
»Auf was seid ihr aus«? fragte Bibulus.
»Nun, wir könnten es unter uns ausmachen, falls ihr euch traut? Wie ich sehe, habt ihr ein neues Schwert, sicher hat es euch eine Menge gekostet, ich würde es gerne neben das Andere von euch an meine Wand hängen.« Godwin trat neben ihn. »Kristian, lass es sein, das ist die Sache nicht wert.«
»Ich hasse ihn genauso wie er mich, ich muss ihm nur noch ein wenig zusetzen, dann ist er so weit. Suche mir einen stabilen Speer aus.
Legionäre hört her, ihr wisst, dass euer Centurio eine feige Sau ist, der sich gerne an Schwächere vergreift, er ist eine Memme, der eure Achtung nicht verdient. Wir werden es unter uns austragen. Egal wie der Kampf ausgeht, werdet ihr nicht mit leerem Magen den Rückweg antreten müssen. Bibulus sprang von seinem Pferd und ging auf Kristian zu.
»Bibulus, ihr wollt doch vor so vielen Augen nicht einen wehrlosen Mann erschlagen?« Godwin kam zurück, Kristian fing den Speer auf, den er ihm zu warf.
»Schade um euren Helm«, stichelte Kristian, »er wird nachher nicht mehr ohne Beulen sein, aber was sage ich da, er wird nachher sowieso mir gehören. Ebenso eueren Brustpanzer. Wenn ihr gewinnt, esst ihr und verlasst das Dorf ohne Schaden anzurichten?«
Bibulus nickte. »Männer, ihr habt es gesehen.« Kristian wusste es nicht genau, aber es schienen die gleichen Männer zu sein, die auch die letzte Niederlage ihres Centurio miterlebt hatten. Sie würden sich an die Abmachung halten. Bibulus zog sein Schwert. Kristian hielt den Speer waagerecht in beide Hände. Er war darauf vorbereitet, dass Bibulus auf ihn zuspringen, und versuchen würde, ihm sein Schwert in die Brust zu rammen. Kristian fing seinen Vorstoß mit seinem Speerschaft ab, hob damit die Spitze des Schwertes nach oben, mit einer Drehbewegung schlug er den Schaft gegen Bibulus Helm. Es schepperte laut. Bibulus schwankte, fing sich dann wieder. Es war still, keiner wollte den Kampf stören. Bibulus täuschte einen Hieb von oben vor, zog im letzten Augenblick sein Schwert zurück, um es Kristian in die Brust zu stoßen. Dieser war auf alles gefasst, sprang zur Seite und hieb den Schaft gegen Bibulus Knieschutz. Das tat weh. Für einen kurzen Augenblick gewannen die Schmerzen die Oberhand. Verbissen starrte er Kristian an. Er schien sein nächstes Vorgehen abzuwägen. Aus der letzten Begegnung hatte er seine Lehren gezogen, er kam nicht mehr so nah an Kristian heran. Dann täuschte er einen Angriff vor. Er preschte wieder vor, Kristian konnte seinen Hieb abschwächen, trotzdem erwischte er ihn am Unterarm. Sein triumphierendes Gesicht ärgerte Kristian. Er spürte die Wunde kaum, das Blut rauschte trotzdem in Strömen den Arm hinunter. Für Spiele hatte Kristian jetzt keine Zeit mehr.
Bibulus schien sich seines Sieges sicher, was Kristian ausnutzte. Es schepperte, als er einen Schlag gegen Bibulus Helm ausführte, erst rechts dann links. Benommen verlor Bibulus die Orientierung. Eigentlich schade wegen der Beulen. Ein Schlag in die Kniekehle ließ ihn zu Boden stürzen. Sein Schwert fiel in den Staub. Die Gelegenheit nutzend, setzte Kristian ihm die Spitze seines Speeres auf seinen Kehlkopf. Immer noch benommen blickte er zu Kristian hoch.
»Du hast verloren, dein Leben liegt in meiner Hand. Gibst du dich geschlagen?« Die Augen von Bibulus sondierten die Lage rechts und links von ihm. Er sah sein Schwert nicht weit von seiner Hand liegen. »Denke nicht daran.« Kristian drückte die Speerspitze etwas tiefer, Blut rann aus der Wunde. »Also, was ist, wähle Leben oder Tod,« dabei schaute er besonders grimmig drein. Hoffentlich erkannte er nicht, dass Kristian es nie fertigbringen würde, zuzustechen.
»Leben«, sagte er gepresst. »Deine Rüstung gehört mir?« Zögernd nickte er. Langsam nahm Kristian den Druck von der Speerspitze, immer damit rechnend, dass Bibulus versuchen würde, noch mal das Blatt zu wenden. Langsam stand er auf. Kristians Blick heftete sich auf seinen Brustpanzer. Widerstrebend öffnete er die Schnallen, sodass der Panzer zu Boden fiel. Dann folgten der Knieschutz und der Helm. Zum Schluss fiel sein Gürtel mit der Schwertscheide in den Staub.
»Männer«, wand Kristian sich an die Legionäre. »Ihr habt gesehen, dass es ein fairer Kampf war, setzt euch ans Feuer, die Sau braucht noch etwas Zeit. Die Frauen reichten Brot herum. Es war ein friedfertiges Bild, das jederzeit zerstört werden konnte, wenn Bibulus den Befehl zum Angriff geben würde. Kristian glaubte, Bibulus ahnte, dass seine Männer dem Befehl nicht folgen würden. Hoffentlich. Langsam verloren die Dorfbewohner ihre Scheu vor den Soldaten. »Hättest du gedacht, dass es so etwas geben könnte«? fragte er Godwin.
»Nein, das wird es auch nicht wieder geben.«
Es wurde Zeit, dass er sich um seine Wunde kümmerte. Dem hängenden Arm entlang, hatte sein Blut den Weg bis zu den Fingerspitzen gefunden. Von hier aus tropfte es stetig zu Boden. Alrun hielt ihm ein Stück Stoff entgegen. Steril war das nicht, zumindest würde es die Blutung halbwegs stoppen.
 
Seite 127
»Im Hotel, wo ich Edra traf.«
»Ja, ich weiß, wo das ist, wann soll ich kommen?«
»Je eher desto besser.«
»Susan, sie sind vom FBI, ist es üblich, dass das FBI sich um so etwas kümmert?«
»Nicht unbedingt, ich war schon einmal hier, deshalb.«
»Also gut, ich komme gegen Mittag zu ihnen ins Hotel.«
»Danke Kristian.«
Großvater stand in der Tür zur Küche. »Wer war das denn«? fragte er.
»Die FBI-Frau, mit der ich in den USA war.«
»Und was will sie?«
»Sie will mich mitnehmen, weil sich einige bei Edra bedanken möchten.«
»Aber sie wissen doch nicht, dass du Edra bist.«
»Ich soll an seiner statt den Dank annehmen.«
»Und gehst du?«
»Ja, gegen Mittag.«
»Was soll ich Jessika sagen, wenn sie anruft?«
»Sag ihr, dass ich in Amerika bin.« Er ging nach oben. »Tanja, ich muss für eine Weile fort, du kommst doch klar?« »Bleibst du lange?«
»Ich weiß noch nicht, ich muss in die USA und werde abgeholt. Großvater kann dir die Geschichte erzählen, auch wer Edra ist.«
»Du machst mich neugierig.«
Er packte seine Reisetasche und sagte Lena Bescheid.
»Sei vorsichtig«, riet diese ihm.
»Ich passe schon auf.« Kristian hatte sich einen Spaß für Susan ausgedacht. In eine leere Filmdose steckte er Watte, auf der er zwei Tropfen von dem Liebeselexier träufelte, das er von Eurone der Alienfrau geschenkt bekommen hatte, und steckte es ein.
Um keine Aufmerksamkeit zu erregen, bestellte er sich ein Taxi, das ihn zum Hotel brachte. Susan schaute ihm aus dem Fenster entgegen. Ihren Gedanken entnahm er, dass sie sich ihn anders vorgestellt hat. Er ging ins Hotel auf ihren Fensterplatz zu. »Enttäuscht? Ich bin Kristian.«
»Ja, nein, wieso wussten sie, dass ich es bin?«
»Vergessen? Edra ist mein Freund.« Ihr Blick verweilte auf sein Medaillon um seinen Hals. »Sie könnten damit nichts anfangen«, sagte er. Erschrocken blickte sie ihn an.
»War das so deutlich, ich hatte nur daran gedacht, wie viel Macht da um ihren Hals hängt.«
»Macht, nur für mich, und wie geht es jetzt weiter?«
»Draußen steht ein Auto, das uns zum Flughafen bringt. Von dort aus fliegen wir nach Washington.«
»Sicher bequemer, aber nicht so schnell wie ihre letzte Reise.« Erstaunt blickte sie ihn an.
»Edra hat mir die Geschichte haarklein erzählt«, erklärte er. »Meine Rechnung ist bezahlt, wir können dann gleich losfahren«, sagte Susan. Susans Fahrer legte seine Tasche in den Kofferraum, sie fuhren los.
Es war jetzt zwölf Uhr mittags, in den USA sechs Uhr früh. »Wie lange werden wir unterwegs sein«? fragte er.
»Es werden wohl sieben Stunden werden«, sagte Susan.
Sie kamen um ein uhr am Flugplatz an. Der Fahrer ließ sie aussteigen, sie nahmen ihre Taschen und gingen in die Halle. Sie warteten, bis der Fahrer seinen Leihwagen zurückgegeben hatte und sich zu ihnen gesellte. Beide zückten ihren Ausweis und sie durften ohne Kontrolle durch einen Seitenausgang aufs Rollfeld. Ein Wagen fuhr vor und brachte sie zu einem zweistrahligen Privatflugzeug.
»Sie lassen es sich ja einiges kosten, um mich kennenzulernen.«
»Sie sind uns einiges Wert«, erwiderte Susan. Im Flugzeug gab es keine Sitzreihen, es war wie ein Salon eingerichtet. Der Fahrer verzog sich ins Cockpit. »Ganz für uns alleine, ist das nicht alles ein wenig übertrieben?«
»Daran können sie erkennen, wie wichtig sie uns sind.« »Hoffentlich sind sie nachher nicht enttäuscht.«
»Wie meinen sie das«? fragte Susan. »Ganz einfach, dass ich ihre Erwartungen vielleicht nicht erfüllen kann. Wieso haben sie nicht versucht, Edra zu bitten, dass er statt meiner zu ihnen kommt«? fragte er.
»Wir wussten nicht, wie wir ihn erreichen konnten.«
»Sie hätten mich nur fragen brauchen, ich kann ihn jederzeit erreichen.«
»Ich hatte das nicht zu bestimmen,belassen wir es dabei.« Das Flugzeug nahm Fahrt auf und hob ab.
»Wie fanden sie Edra, war er ihnen unheimlich?«
»Nein, eher unberechenbar.«
»Und was ist mit mir?«
»Ich kenne sie gerade erst, wie soll ich sie dann schon beurteilen?« Er löste sich vor ihren Augen auf und wurde am anderen Ende der Kabine wieder sichtbar, dann ging es auf dem gleichen Weg wieder zurück. »Erschreckt sie das?«
»Ich weiß, was sie können.«
»Wenn sie sich da mal nicht täuschen. Ich habe ihnen ein Geschenk mitgebracht.«
»Warum mir?« »Weil ich gerne Geschenke verteile. Es ist ein Geschenk der Alien. Sie müssen es nicht annehmen.«
»Was ist Besonderes daran?« Sie sah die Filmdose auf seine Hand. »Trauen sie sich die Dose zu öffnen und daran zu riechen?«
»Geben sie schon her«. Entschlossen ergriff sie die Dose. »Aufmachen und dran riechen«, schürte er ihre Unsicherheit. »Sie machen es aber spannend«, sagte sie und öffnete die Dose. Enttäuscht sah sie auf die Watte.
»Riechen«, erinnerte er sie. Mutig hielt sie ihre Nase über die Watte und sog den Duft ein.
»Noch einmal.« Wieder roch sie daran, Kristian beobachtete ihr Gesicht. Schnell schloss er die Dose und vermied ihren Duft einzuatmen.
»Was fühlen sie?« Ihre Augen bekamen einen Glanz, sie benetzte ihre Lippen.
»Was haben sie mit mir gemacht, ich könnte sie«, sie stockte. »Ich weiß, ich kenne die Wirkung. Sie wissen, dass die Alien Menschen untersuchen«? fragte er.
»Ich habe davon gehört.«
»Die Alien machen damit ihre Opfer willenlos. Und sie, was fühlen sie?«
»Ich könnte«, sie schaute in Richtung Cockpit.
»Sie dürfen das Döschen behalten, sicher kennen sie jemand, an dem sie es ausprobieren können.«
»Wie lange hält die Wirkung an«? fragte sie zögernd. »Eine halbe Stunde.«
»Ich weiß nicht, ob ich diese Zeit ohne Dummheiten zu machen, überstehe?«
»Wir werden sehen,« sagte er.
»Sie hätten mich warnen können.«
»Seien sie ehrlich, sie hätten mir nicht geglaubt.«
»Ich bin zu jeder Schandtat bereit«, sagte Susan. »Gibt es kein Gegenmittel?«
»Ich habe jedenfalls keines.« Ihr Fahrer kam den Gang herunter und verschwand in der Toilette. Als er zurückkam, blieb er bei Susan stehen. »Was ist denn mit dir los«, fragte er, »hast du Fieber, deine Augen glänzen so verführerisch?«
»Liebesfieber«, flüsterte sie lächelnd. Sie wollte aufstehen, Kristian hielt sie zurück. Der Fahrer schüttelte seinen Kopf und ging ins Cockpit zurück. »Ich weiß nicht, was ich mit ihm gemacht hätte, wenn sie mich nicht zurückgehalten hätten«, flüsterte Susan.
»Legen sie sich entspannt hin und machen sich schöne Gedanken, dann haben sie wenigstens etwas davon«, schlug er vor.
»Sie haben ihren Spaß, ich werde ihnen das nicht vergessen.« Er konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.
»Susan, wenn sie ihren Leuten von dem Duft erzählen, sind sie ihn los.«
»Ich weis, ich werde es für mich behalten.«
 
Seite 139
 
»Was erwartet mich gleich?«
»Wie schon gesagt, die Raumfahrtbesatzung und ihre Angehörigen, und dann noch der Minister mit Anhang.«
»Und sonst?«
»Ein paar Leute, die sie näher kennenlernen wollen.«
»Wenn es mehr nicht ist, dann brauche ich mir ja keine Gedanken machen.« Susan lachte.
Dann war es so weit, vor dem Hotel wartete bereits die Limousine. Die Fahrt führte aus Washington hinaus. Sie fuhren auf ein Anwesen zu. Das Tor wurde von zwei Männern bewacht. Sie ließen sie durch. Durch eine Baumallee fuhren sie auf ein herrschaftliches Haus zu. Auf der Terrasse war schon einiges los. Der Wagen hielt, sie stiegen aus. Susan heftete ihm einen Ausweis an die Brust.
»Darf ich mich alleine umsehen?«
»Wenn sie es möchten?«
»Es muss ja nicht jeder gleich wissen, wer ich bin.«
»Ja, dann bis bald.« Kristian schlenderte um die Terrasse herum und sah, dass eine Kamera aufgebaut war. Ein Mädchen saß abseits vom Rummel in eine Hollywoodschaukel. Er erkannte sie, es war die Tochter der Raumfahrerin, die er gerettet hatte. »So alleine, ich denke Edras Freund soll kommen?« Erstaunt blickte sie ihn an.
»Ich weiß«, sagte das Mädchen, »ich hätte lieber, wenn Edra selbst gekommen wäre.«
»Du kennst seinen Freund doch noch gar nicht, vielleicht ist er nett?«
»Kann schon sein.« Er projizierte Edras Bild in ihr Gedächtnis. Sie wurde blass.
»Ich wollte dich nicht erschrecken«, sagte er.
»Edra ist hier«, stieß sie hervor und schaute sich suchend um. »Wie kommst du denn darauf?«
»Ich habe ihn gerade gesehen.«
»Wenn du das sagst.« Sie musterte ihn aufmerksam, »wer bist du überhaupt?«
»Edras Freund.«
»Warum sagst du das denn nicht sofort?«
»Du hast mich nicht gefragt.«
»Das stimmt.«
»Was machen wir denn jetzt?«
»Lass uns hierbleiben, da hinten ist so viel Betrieb. Das Bild eben in meinem Kopf, hast du das gemacht?«
»Wenn du das nicht weitererzählst?«
»Meine Mutter sagt, so etwas kann nur Edra.«
Kristian schaute sie an.
»Du hast recht.«
»Aber«, sie stockte, »aber dann musst du Edra sein?«
»Kannst du das Geheimnis für dich behalten, es hängt sehr viel für mich davon ab. Sollen die Anderen nur glauben ich sei nur Edras Freund. Kann ich mich auf deine Verschwiegenheit verlassen, auch gegenüber deiner Mutter?« »Wenn du es willst, es wird aber nicht leicht sein.« Er nickte. »Ich habe mir einen Spaß ausgedacht, machst du mit?«
»Ja.«
»Also gut, ich werde dir später mein Medaillon umhängen, die Leute werden denken, dass damit meine Kraft auf dich übergeht. Du sagst dann laut, was du machen möchtest, ich weiß dann Bescheid.«
»Und was soll ich machen?«
»Du könntest eine Schüssel oder Glas schweben lassen.«
»Ja, das ist lustig.«
»Ich werde jetzt gehen, man muss uns ja nicht zusammen sehen. Wie heißt du überhaupt?«
»Ich heiße Amy.«
»Gut Amy, ich heiße Kristian.«
Kristian schlenderte umher und nahm sich ein Glas Saft, noch schien keiner zu wissen, wer er war. Ja, das stimmte nicht ganz, er sah, wie einzelne Leute auf ihn deuteten. Jetzt war es kein Geheimnis mehr. Der Minister lief ihm über den Weg. »Herr Minister, ich bin Edras Freund.«
»Es ist mir eine Ehre, richten sie Edra meine Grüße aus.« »Das mache ich gerne.«
»Herr Minister,« entschuldigte sich Susan, »ich muss Kristian den Anderen vorstellen.« Sie führte ihn auf die Terrasse, wo die Leute darauf warteten, Edras Freund kennen zulernen. Alles verstummte, als Susan ihren Arm hob. »Ich möchte ihnen unseren Gast vorstellen, weswegen wir alle hier sind. Das ist Kristian, der Freund von Edra, der leider nicht kommen konnte.« Dann wurde er weitergereicht und Susan stellte ihm die Leute vor, von denen er zumindest die Raumfahrtbesatzung und den Minister nebst Tochter schon kannte. »Sie müssen nachher ein paar Worte sagen«, raunte ihm Susan zu. »Aber erst wenn ich etwas gegessen habe.« Er ging zum Buffet, packte sich den Teller mit Geflügelsalat voll und zog sich damit auf die Hollywoodschaukel zurück. Susan kam und setzte sich zu ihm.
»Sie denken an heute Abend«? erinnerte er sie.
»Ja, sicher, ich denke daran. Kommen sie, sie müssen zu den Leuten reden.«
»Susan, sie können mir glauben, wohlfühle ich mich nicht dabei, für jemand anderen Lob zu empfangen.« Er stellte den Teller ab.«
»Kommen sie schon. Meine Damen und Herren, Kristian möchte ein paar Worte sagen.« Alle Augen waren auf ihn gerichtet. »Ich will es kurz machen, ich stehe hier als Vertreter für Edra, der leider nicht kommen konnte. Ich weiß natürlich, was er geleistet hat. Wenn ich an die Aktion im Weltraum denke, die Beteiligten waren sich nicht sicher, ob der Transport ins Raumschiff ohne Helme und Sauerstoffausgleich möglich sei. Dass es das war, haben sie dann ja gesehen.« Die Besatzung schaute sich fragend an, sie waren sich nicht sicher, woher er das so genau wissen konnte.
»Um es kurz zu machen, mir steht es nicht zu, an Edras Stelle seinen Dank anzunehmen. Ich habe einige Tricks von ihm gelernt, aber alles hat er mir nicht beigebracht. Was es mit dem Medaillon auf sich hat, wissen sie sicher. Wenn sie wollen, gebe ich kurz meine Kraft an jemand von Ihnen ab, wer möchte sie ausprobieren?« Er schaute sich um, Amy wartete schon gespannt auf ihren Auftritt.
»Wie wäre es mit der jungen Dame dort?« Alle folgten seinem ausgestreckten Arm. »Würdest du bitte zu mir kommen? Sag uns deinen Namen.«
»Ich heiße Amy.«
»Also Amy, ich werde dir meine Kraft überreichen.« Er nahm sein Medaillon und hängte es Amy um.
»Jetzt sag uns, was du dank der Elfenkraft machen möchtest?« Amy stand da wie ein Zauberer, ihrer Kraft bewusst. Ihre Augen huschten umher. Den Leuten war nicht wohl, befürchteten sie, doch in Mitleidenschaft gezogen zu werden. »Ich werde das Glas meiner Mutter schweben lassen.« Alle Augen starrten auf Amy. Hier und da sah er zweifelnde Gesichter. Die Mutter hielt ihr Glas auf der offenen Hand. Amy hob ihren Arm, das Glas schwebte nach oben. Damit hatte keiner gerechnet. Amy beschrieb einen Kreis, das Glas folgte ihrer Bewegung zurück auf die Hand der Mutter. Der Stille folgte der Applaus. Kristian warf einen Blick auf einen Mann, der ihm noch nicht vorgestellt wurde. Dieser stand mit starrem Blick entrückt da. Amy warf Kristian einen verschwörerischen Blick zu. »Übertreib nicht«, schickte er ihr zu.
»Ich werde jetzt jemand schweben lassen, wer möchte schweben?« Betretenes Schweigen. Einige gingen einen Schritt zurück. »Dann mache ich es selber«. sagte sie. Langsam gewann sie an Höhe.
»Hab keine Angst«, schickte er ihr rüber. Er ließ sie in einen Radius von ca. zehn Metern kreisen. Die Köpfe der Leute drehten sich der Flugbahn folgend. Amy hatte die Lage von Supermann angenommen, den rechten Arm nach vorne gestreckt und schrie, »Supermann.« Kristian richtete sie auf, langsam schwebte sie herunter. »Das war gut«, sagte sie strahlend. Kristian griff zu seinem Medaillon und hängte es sich um. »Schade, mir ist gerade eingefallen, was ich noch machen könnte«, sagte Amy.
»Du bist das erste Mädchen außer Harry Potter, das schwerelos durch die Luft geflogen ist«, sagte Kristian. Die Kamera hatte alles aufgenommen. Er glaubte nicht, dass sie von einem Fernsehsender war. Da war jemand neugierig, was er so machte und wie.
 
Seite 235
Am anderen Morgen.
»Alexis hast du alles beisammen?«
»Ich glaube ja.«
»Hier ein Abschiedsgeschenk, mach es erst bei dir zu Hause auf.«
»Danke Kristian.« Dann ging sie zu Großvater. »Danke Großvater, dass ich hier sein durfte.« Großvater war gerührt. Dann war Maria dran. Kurz darauf fuhr Jeanette vor. Sie stellten sich zusammen und kamen in der Station an. Lyra hatte sie entdeckt. »Kristian schön, dass ihr euch auch mal wieder sehen lasst.« Jessika dabei grinsend anschauend, legte sie ihren Arm um seinen Hals, zog ihn zu sich herunter und gab ihm einen Kuss.
»Lyra, wie wäre es, wenn du uns aufklärst, was hier los ist?« Heute waren mehr Alien hier wie sonst. Dann spürte er die Anwesenheit von Cyro. Dieser ging in der Menge der Alien unter, die sich lediglich in der Größe unterschieden. »Lyra bringst du uns was zu trinken?« sie setzten sich mit Blick auf die Alien an einen Tisch.
»Kristian mein Freund.« Cyro löste sich aus der Menge der Alien und kam auf sie zu. Ihre Handflächen trafen sich zum Gruß. »Cyro, was ist hier los? So viele deiner Rasse habe ich hier noch nie auf einen Haufen gesehen.« Aus Alexis Sicht standen sich beide gegenüber und starrten sich wortlos an. Sie kannte die wortlose Kommunikation noch nicht. »Ich grüße euch«, schickte Cyro seinen Gruß auch an die Frauen. »Habt ihr das auch gehört«? fragte Alexis aufgeregt Jessika. »Ja, haben wir«, sagte Jessika grinsend.
»Cyro, willst du dich nicht zu uns setzen?«
»Deine neue Frau hat Angst vor mir«, teilte er für alle hörbar mit.«
»Das musst du verstehen, für sie ist es die erste Begegnung mit euch.«
»Du hast gefragt, warum so viele von uns hier sind? Eine Besatzung war verschollen, wir haben sie gemeinsam gesucht und ihren Gleiter nach hier begleitet.« Lyra brachte die Getränke.
»Cyro darf Lyra dir was bringen?« Er nickte. Lyra brachte das Getränk. Kristian wusste, dass Alien nur sehr selten ein berauschendes Getränk zu sich nahmen. Jetzt war es wohl eine Ausnahme. Sein Getränk befand sich in einer Schnabeltasse, passend für seinen kleinen Mund. Er hielt sie ihnen entgegen, sie ergriffen ihre Gläser und prosteten ihm zu.
»Du lässt deine Frauen kämpfen?« Kristian hatte im Moment nicht daran gedacht, also musste er es den Gedanken der Frauen entnommen haben. Anscheinend beschäftigte die bevorstehende Reise ins Mittelalter die Frauen mehr, wie er gedacht hatte. »Wir haben eine längere Reise ins Mittelalter vor, es ist besser die Frauen können sich verteidigen.« Er hatte die Frauen an ihre Unterhaltung teilhaben lassen.
»Möchtest du, dass ich dir eine Waffe mitgebe«? fragte Cyro. »Nein danke, mit dem was ich habe, komme ich schon klar.«
»Die Frauen haben deine Kräfte nicht«, wand er ein. »Nein, deswegen lernen sie sich zu verteidigen, zur Not bin ich auch noch da.« Alexis starrte gebannt in Cyro’s dunkle Augen. Es war unmöglich zu sehen, wohin diese blickten.
»Du reist nach Hause und freust dich deine Eltern wiederzusehen«, fragte er. Alexis nickte nur.
»Was wäre, wenn den Frauen zu mehr Kraft und Ausdauer verholfen werden könnte«? richtete er die Frage an Kristian. »Was meinst du?«
»Dein Elfenfreund Hera könnte dir in dieser Sache behilflich sein.«
»Du meinst Hera könnte die Frauen stärker machen?«
»Du sagst es.«
»An was denkst du, etwa an eine Rüstung?«
»Nein, deine Frauen bekommen mehr Kraft und Ausdauer.«
»Wenn du meinst, dass das so einfach ist, dann sollte ich Verbindung mit Hera aufnehmen.« Dabei schaute er Lyra an. »Schon verstanden«, sagte diese, »ich sage Hera, dass ihr hier seid.«
»Kristian, ich gehe zu meinen Leuten, passt auf euch auf«, verabschiedete sich Cyro.
Sie brauchten nicht lange warten. Hera stand plötzlich da. Er musterte sie, dann Alexis.
»Ich freue mich, euch zu sehen. Dieses Gesicht habt ihr mir bisher vorenthalten.« Kristian übersetzte für Alexis. »Warum seid ihr hier«, fragte er dann auf Englisch. Kristian war sich sicher, dass er wusste, weshalb sie nach ihm haben rufen lassen.
»Hera, wir haben vor, eine längere Reise ins Mittelalter zu machen. Jessika und Jeanette lernen, mit dem Stock zu kämpfen. Cyro sagt, du könntest den Beiden zu mehr Kraft und Ausdauer verhelfen.«
»Ja, das ist möglich. Ihr müsst deswegen noch mal wiederkommen.«
»Das machen wir gerne.« Hera zog aus zwei Gläsern die Trinkhalme. Dann griff er nach Jessikas rechten Arm und maß mit dem Trinkhalm den Umfang des Handgelenks. Ebenso verfuhr er mit Jeanettes Handgelenk. Als er ihre fragenden Blicke sah, grinste er.
»Kommt in zwei Tagen zur gleichen Zeit wieder.«
»Das ist alles, mehr willst du uns nicht sagen?«
»Nein, kommt in zwei Tagen.« Dann verschwand er.
»Der macht das aber geheimnisvoll,« meinte Jeanette.
»Hera ist immer für eine Überraschung gut«, erklärte Kristian. Wir sollten langsam aufbrechen.«
»Kristian,« bat Alexis und deutete mit ihrem Fotoapparat in Richtung der Alien.
»Lass dich nicht abhalten, mach ruhig deine Fotos.« Verstohlen drückte sie ein paar Mal auf den Auslöser. Dann ging sie rückwärts in Richtung der Alien und hielt Kristian ihren Fotoapparat hin. Er machte ein Foto. Sie verabschiedeten sich von Lyra und gingen zum Gleiter. Schon bald befanden sie im Luftraum der USA. Der Bordcomputer kannte die Strecke und den Zielpunkt. Langsam kamen die Lichter der Stadt auf sie zu.
»Heute kein Empfang für uns?« Dann schrie Alexis auf.
»Ich sehe etwas, ein Lichterkreis.« Dieses Mal war es mehr wie nur ein Lichterkreis. Unzählige Lichter waren um ihn verteilt. Mit Kerzen hatten sie über die Länge des Gartens eine Landebahn angedeutet.»Auf meine Schulfreunde ist Verlass«, sagte Alexis stolz.
»Das sieht mehr danach aus, als wäre deine ganze Schule erschienen«, meinte Jessika. Die Lichter wurden größer, jetzt konnte man auf dem Bildschirm auch Personen ausmachen. Bald verschwand der Lichterkreis vom Bildschirm, sie setzten auf. Als die Rampe runter ging und Alexis als Erste erschien, setzte ein ohrenbetäubendes Geschrei ein. Wie ein Sieger hob Alexis ihre Arme. Anscheinend waren auch einige Profis hier. Das Blitzlichtgewitter wollte kein Ende nehmen. Im Hintergrund erkannte Kristian drei Fernsehkameras. Jetzt wurden auch Scheinwerfer dazu geschaltet. Ihr Gleiter war in grelles Licht getaucht. Sie folgten Alexis bis zum Ende der Rampe. Alexis hob wieder beide Arme, der Lärm ebbte langsam ab.
»Ich möchte euch meine Freunde vorstellen.« Sie nannte ihre Namen. Wieder setzte Jubel ein. Alexis ging auf ihr Haus zu, sie folgten ihr, nachdem die Rampe wieder hochgefahren war. In der Haustür standen die Eltern. Beim Näherkommen erkannte Kristian, dass die Mutter Tränen in den Augen hatte. Die Eltern gingen voraus, sie folgten ihnen. Sie setzten sich auf das Sofa.
»Kind, du glaubst nicht, was hier während deiner Abwesenheit los war. Die Presse hat uns keine Ruhe gelassen. Aber wir hatten ja nicht viel zu erzählen. Warte ab, bis sie wissen, dass du wieder da bist.«
»Ein paar TV-Sender und Reporter haben anscheinend gewusst, dass wir kommen«, sagte Kristian.
»Ja, das stimmt, sie waren schon früh hier, weil sie nicht genau wussten, wann ihr kommt. Alexis engen Freunden haben wir die Ankunft mitgeteilt und sie gebeten, das nicht an die große Glocke zu hängen. Sie haben sich wohl nicht daran gehalten.«
»Alexis, du musst nach draußen gehen, deine Freunde wollen von dir was hören«, schlug er vor. »Das mache ich gleich, ich will nur nachsehen, was du mir geschenkt hast.« Sie suchte in ihre Tasche. Alle warteten gespannt darauf, was in dem Päckchen war. »Eine CD«, sagte Alexis erstaunt. »Lena hat dir ein paar Fotos darauf abgespeichert, du bist ja meistens nicht dazu gekommen«, erklärte er.
»Ja danke, das stimmt.« Dann öffnete sie das Döschen, unter Watte zog sie den Denar hervor. »Ein Denar.«
»Schau weiter nach«, forderte er sie auf. »Ein Aureus«, rief sie erfreut. »Kristian, ich danke dir.« Dieses Mal zierte sie sich nicht und umarmte ihn. »So, du gehst jetzt nach draußen und erzählst deinen Freunden etwas. Wir fliegen nach Hause.« Sie verabschiedeten sich von ihren Eltern und folgten Alexis nach draußen. Der Jubel brandete erneut auf. Alexis hob ihre Hand.
»Meine Freunde werden nach Hause fliegen, ich werde euch dann von den Alien erzählen, die ich heute kennengelernt habe.« Sie schlängelten sich durch ihre Freunde zum Gleiter. »Alexis, wir bleiben in Verbindung, bis dann.« Stürmisch umarmte Alexis sie nacheinander. Dann flogen sie unter dem Geschrei der Leute empor und waren bald wieder auf der Station angekommen.
 
 
                            

Seiten:    383

Absätze:   3177

Zeilen:    11404

Wörter:    95707

Zeichen:  491023

Zeichen

mit Leerz. 586684

             Die Tore der Atlanter 4.Buch  

 

Bei den Atlantern.

Buch 4 von 4 Bücher

  
                Leseprobe 1          Leseprobe 2            Leseprobe 3              Leseprobe 5
Besuch bei den Atlantern.
Er wachte auf. Der Raum schien tiefschwarz verdunkelt zu sein. Seine Hände tasteten sich vor. Ein Bett. Er war zugedeckt. Eine Hand griff in seine. »Senis bist du es?« »Kristian, alles wird gut, es gab einen Unfall.«
»Was für einen Unfall? Ein Lichtstrahl hat mich getroffen, was ist geschehen?«
»Du bist in einen Versuch geraten.« Kristian fiel das Blinklicht ein, er hatte die Warnung nicht verstanden.
»Bin ich blind?«
»Ich glaube nicht. Der Verband ist nur zu deinem Schutz, damit sich die Augen erholen.«
»Senis, was für ein Versuch war das?«
»Ich weis es nicht, Ra sagt, es wird alles wieder gut.«
»Du meinst, ich behalte keinen Schaden zurück?« Senis antwortete nicht. Von der anderen Seite seines Betts suchte eine weitere Hand seine andere Hand. »Kristian verzeihe mir, es war meine Schuld, ich hätte dich nicht alleine lassen dürfen. Du konntest unsere Warnschilder nicht lesen.«
»Rod, es war alleine meine Schuld, ich hätte nur auf dich warten müssen, bei uns gibt es auch Warnblinklampen. Wie lange werde ich hier liegen müssen?«
»Nicht lange, nur den Verband solltest du länger tragen.« Der Verband. Er griff nach ihm. Nur die Augen waren bedeckt. »Rod kann es sein, dass der Strahl durch mich, ich meine durch meinen Kopf gegangen ist?«
»Was meinst du?«
»Ich habe gespürt, dass der Strahl meine Stirn getroffen hat.« Seine Hand tastete die Stirn ab. Sie war glatt, nichts deutete auf den Unfall hin. »Wie lange liege ich hier schon?«
»Nicht lange. Mein Vater wird dir alles erklären.« Kristian hörte, wie sich eine Tür öffnete. »Mein Vater, wir kommen wieder.«
»Ra, es tut mir leid, es war alleine meine Schuld, ich war zu neugierig. Was wird jetzt aus mir?«
»Kristian, wir haben versucht, das Geschehene abzumildern. Aber passiert ist passiert. Was genau der Versuch bei dir ausgelöst hat, wissen wir noch nicht. Der Strahl hat dich unkontrolliert getroffen. Du warst ungewollt ein Testobjekt. Der Lichtstrahl, den du sicher noch wahrgenommen hast, war auf Messgeräte ausgerichtet. Meine Wissenschaftler würden sich freuen, da es nun schon passiert ist, wenn du ihnen mitteilen würdest, was du gefühlt hast und noch fühlen wirst.«
»Der Lichtstrahl hat mich voll getroffen und geblendet, es fühlte sich an, als wenn ein Geschoss meine Stirn durchschlagen hätte. Aber das kann wohl nicht sein, meine Stirn ist unverletzt.« Er empfing von Ra keine Regung, die ihm den Ernst der Lage hätte mitteilen können. »Kristian, ich kann dir versichern, dass du in keine lebensbedrohende Lage geraten bist. Kristian war sich sicher, dass er das jetzt noch gar nicht wissen konnte, er wollte ihn nur beruhigen. »Ra sagst du mir, was der Sinn des Versuchs war?« Ra sagte nichts und er dachte schon, dass er das Zimmer verlassen hatte. »Kristian, wir arbeiten an einer Bewusstseinserweiterung.«
»Was genau ist das?« »Weist du, was das dritte Auge ist?«
»Ja, das dritte Auge befindet sich hinter der Stirn zwischen den Augenbrauen und wird mit Intuition und spiritueller Einsicht in Zusammenhang gebracht. Man sieht in ihm eine Art Wahrnehmungsorgan für das Übersinnliche und es soll der Sitz paranormaler Fähigkeiten sein«, erklärte er.
»Du scheinst dich mit dem Thema schon beschäftigt zu haben«? stellte Ra fest.
»Durch die Anatomie in der Medizin ist festgestellt worden, dass die vordere Hälfte der Zirbeldrüse die vollständige organische Struktur eines menschlichen Auges besitzt. Weil sie innerhalb des Schädels ist, wurde sie für ein degeneriertes Auge gehalten. Ob es ein degeneriertes Auge ist, darüber sind wir uns noch nicht einig. Aber immerhin hat die Medizin bereits erkannt, dass es an dieser Stelle mitten im Kopf des Menschen ein Auge gibt. Der Kanal, den du in deiner Meditation öffnest, und der von dem Strahl getroffen wurde, führt geradewegs zu dieser Stelle. Daneben wird der Begriff des dritten Auges schon bei vielen Völkern auf deiner Welt, für Menschen verwendet, denen die Fähigkeit zugeschrieben wird, Visionen zu erfahren, und wird mit Wahrsagerei in Verbindung gebracht. Du könntest dich mit jemand in einer unbeschreiblichen Entfernung in Verbindung setzen.«
»Das kann ich schon.«
»Was meinst du?«
»Wenn ich in Not war, habe ich meinen Freund Cyro gerufen, er wusste, wo er mich finden konnte.«
»Wie hat er das gemacht?«
»Weis ich nicht, sie haben mir etwas eingepflanzt.« »Interessant, so, du brauchst noch Ruhe, ich werde die Beiden vor der Tür wegschicken. Ich komme dich wieder besuchen.« Kristian war klar, dass sie sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen wollten, ihr unfreiwilliges Testobjekt zu beobachten. Es war ihm auch nicht klar, ob ihr ursprünglicher Versuch auch wirklich der Zirbeldrüse galt oder einen anderen Hintergrund hatte. Ra hatte ihm sicher nicht alles gesagt. Wenn er wenigstens schon mal die Augenbinde los wäre. Er fühlte sich nicht krank, oder? Zumindest bis auf ein leichtes Ziehen auf seiner Stirn. Er konzentrierte sich darauf. Das Ziehen wurde stärker und er sah einen silbrigen Punkt, er schlief ein. Jessika? Er war sich nicht sicher, ob er träumte. Großvater und Maria, sie saßen am Küchentisch. Plötzlich schaute Jessika hoch und lauschte. »Kind was ist los«? fragte Großvater. Jessika winkte ab.
»Jessika, ich bin es.«
»Kristian, wo bist du?«
»Ich bin noch bei meinen Freunden.«
»Aber das kann doch nicht sein, das ist doch sicherlich sehr weit?«
»Kann Großvater mich hören?«
»Nein.«
»Kristian, wann kommst du zurück?«
»Das kann noch ein paar Tage dauern, kannst du mich sehen?« »Nein es ist dunkel.«
»Ich kann euch sehen, sage Lena, sie soll meine Rückkehr vorbereiten. Das Raumschiff ist riesengroß, nicht dass man mit Raketen auf uns schießt. Das Rätsel, wer die Pyramiden gebaut hat, ist gelöst. Die Vorfahren meiner Freunde haben es mit ihrer Technik ermöglicht. Ich werde mich wieder melden.«
Er spürte eine Hand auf seine Schulter. Hatte er geträumt? »Kristian, du musst etwas essen.« Es war Senis.
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Also, das eigentliche Herschervolk nenn ich die Schatten. Ihr Körper wird schattenhaft dargestellt. Ihn ganz normal zu zeigen, würde sie zu viel Kraft kosten. Nur für kurze Zeit ist es ihnen möglich. Dann sehen sie aus wie normale Menschen. Lache jetzt nicht, ich weis es klingt unglaubwürdig, sie sagen, ihre Vorfahren kommen von der Erde.« »Kristian du hast recht, aber trotzdem, das wäre der Hammer.«
»Das ist noch nicht alles, sie kommen aus Atlantis.« Lena schwieg. »Bist du noch da?«
»Kristian bist du dir sicher?«
»Ja, Atlantis ist nicht versunken, wie man glaubt, im Laufe der Zeit haben Katastrophen sie dezimiert, aber ihr Land selber ist jedenfalls nicht versunken.«
»Kristian weist du, was diese Meldung wert ist?«
»Ich kann es mir denken.
Das eigentliche Volk hier sind normale Menschen. Normal ist nicht richtig. Sie haben keine Sprache mehr. Alles läuft gedanklich ab. Es gibt zwei Klassen von Menschen. Die höhergestellten haben eine Funktion im Beirat. Ich möchte, dass mindestens ein Schatten und zwei Menschen bei der Begrüßung dabei sind. Lass eine Tribüne aufbauen. Ich werde einen Film vorführen, der die Rätsel um den Pyramidenbau löst und ich werde dir rechtzeitig mitteilen, wann ich komme. Vermutlich so in drei bis vier Tagen. Ach noch was, zwei Wissenschaftler, ein Mann und eine Frau dürfen ihren Planeten besuchen. Aber noch nicht sofort. Ich muss jetzt Schluss machen. Grüße an Jessika und Jeanette.« Er öffnete die Augen. Zwei Wissenschaftler standen vor ihm, als erwarteten sie eine Erklärung.
»Ich hatte eine Verbindung mit der Erde«, erklärte er.
 
Seite 83                Besuch bei den Elfen
Kristian, deine Fähigkeiten haben zugenommen, was kannst du noch?« »Reicht dir das nicht?« »Nicht, wenn du noch mehr kannst.«
»Also gut, ich versuche es.« Er schaltete den Bildschirm von seinem Würfel ein, schloss seine Augen, und konzentrierte sich. Ein paar störende Einblicke, die als Rauschen auf den Bildschirm übertragen wurden. Es war nicht leicht, alles um sich zu vergessen. Dann sah er sie, Eurone. Er öffnete seine Augen, damit Eurone durch sie sah. Es wäre sicher interessant zu sehen gewesen, wie die Anderen hier im Raum darauf reagierten. Er durfte sich nicht ablenken lassen. Eurone sah man an, dass sie erschrocken war und nicht wusste, was los war.
»Wer ist da, wer spielt mit mir?«
»Eurone, ich bin es, Kristian.«
»Kristian wo bist du?«
»Ich bin bei euren Freunden, du weist sicher von dem Treffen hier?«
»Ja, das weis ich, aber wo bist du jetzt?« Er ließ seinen Blick in die Runde fahren. »Siehst du, wer bei mir ist?«
»Ja, ich sehe es, aber wie ist das möglich?«
»Du weist, wo ich war, sie können das. Und sonst geht es dir gut«? fragte er.
»Eurone, du bist schwanger«, entfuhr es Jessika. »Ja, Jessika, ich bekomme ein Kind.«
»Wenn es so weit ist, kommen wir dich besuchen.«
»Eurone, Grüße an Lana, bis bald.« Der Bildschirm erlosch. »Wenn ich das nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, ich würde es nicht glauben«, schwärmte Hera. Auch Shie hatte sich noch nicht gefangen. »Meinst du, ich könnte das auch«? fragte Hera und deutete auf das Übertragungsgerät.
»Ich glaube nicht, das ist nur was für, du weist schon.« Das Grinsen der Frauen gefiel Hera nicht. Kristian sah, dass er das Gerät anstarrte. »Hera gib auf, das schaffst du nicht.«
»Ich brauche nur etwas Zeit.«
»Die kann ich dir nicht geben, ich nehme das Gerät gleich wieder mit, sonst nimmst du es auseinander.« Er stand auf.
»Shie, wir wollen deinen Mann nicht stören, richte ihm unsere Grüße aus.«
»Mache ich, und kommt mal wieder vorbei.« Sie standen zusammen und sahen noch, wie Hera die Hand zum Gruß hob. Dann waren sie zuhause.
 
Seite 85
Sie ritten auf einen Reitweg, der in einem Bogen an der Burgruine vorbei führte, und waren eine halbe Stunde unterwegs, als sie die Ruine sahen. Es war Sonntag, dementsprechend war die Besucherzahl. Seit der Geschichte mit dem Tor war sowieso hier mehr Betrieb. Eine Würstchenbude hätte hier sicher ein gutes Geschäft gemacht. »Hast du das gesehen«, fragte Jessika, dort ist ein Kamerateam.« Sie hatte recht. Zwei Leute versuchten verzweifelt, der Kamera eine freie Sicht zu verschaffen, was aber nicht von Dauer war, da die Besucher kreuz und quer herumliefen. Sie waren stehen geblieben und schauten ihrem Treiben lachend zu. Lachen mussten sie auch, als sie sahen, wie ein Mann versuchte, mit Beschwörungsformeln das Tor sichtbar zu machen. Als sie näher kamen, erkannten sie, dass es ein japanisches Kamerateam war. Eine kleine Frau stampfte mit ihren Füßen vor Verzweiflung auf den Boden. Noch wütender wurde sie, als sie sah, dass Kristian und Jessika darüber lachten. »Können wir behilflich sein«? fragte Kristian. Sie schaute zu ihm hoch.
»Die Leute laufen immer ins Bild.«
»Sie haben sich den falschen Tag ausgesucht, kommen sie an einem Werktag vorbei.«
»Das geht nicht, wir müssen heute noch abreisen.«
»Was gibt es denn so Wichtiges hier?«
»Hier soll es ein Tor in eine andere Welt geben.«
»Und sie warten darauf, dass es sich von selber öffnet?« »Nein, wir wollen nur sehen, wo alles angefangen hat. Aber die Leute dort, wollen mich nicht verstehen.«
»Darf ich ihnen helfen?«
»Bitte,« sagte sie und machte eine Handbewegung zu den Besuchern. »Holen sie ihren Kameramann her.« Sie blickte ihn nur verständnislos an. Jessika hatte ihren Spaß daran. Kristian blickte den Kameramann an und gab ihm zu verstehen, dass er kommen sollte. Dann stieg er vom Pferd und reichte Jessika die Zügel. Der Mann richtete seinen fragenden Blick auf die Frau. Kristian stellte sich zwischen sie und berührte sie. Er hatte einen Platz vor der Mauer gewählt, sodass man die Vorburg gut sah. Die beiden waren zu verwirrt, als dass sie daran dachten, die Kamera laufen zu lassen. »
Was ist passiert«? stammelte die Frau, »wo sind wir hier?«
»Sie sind durch das Tor gegangen, lassen sie die Kamera laufen.« Die Frau sagte etwas zu dem Kameramann, dieser schaltete seine Kamera ein.
»Wie ist das möglich, ich habe kein Tor gesehen?«
»Ich habe einen Schlüssel«, erklärte er. Sie war zu verwirrt, um die Zusammenhänge zu verstehen. Nach einer Weile sprang er mit ihnen in die Vorburg. Da er sie festhielt, waren sie für die Burgbewohner nicht zu sehen.
»Hier sind wir in der Vorburg«, erklärte er. Die Kamera war auf die Bewohner gerichtet, die ihrem Tagwerk nachgingen. Kristian brachte sie zurück. Hier herrschte einige Aufregung. Die Japaner sprachen in ihre Muttersprache, einige Besucher hatten sich wegen der Unruhe hier eingefunden und verstanden nicht den Grund der Unruhe. Dann schwenkte ein Japaner ein Bild von ihnen herum und deutete auf Kristian. Jetzt gab es Zeit, zu verschwinden.
 
Seite 128    Urlaub auf den Malediven
In Strandnähe beobachteten Jessika und Jeanette durch ihre Brillen den Sandboden und schrien auf, als er plötzlich unter ihnen auftauchte. Als sie die Mantas sahen, flüchteten sie an den Strand. Seine Lungen leerend, folgte er ihnen. »Sind die dir etwas gefolgt«? fragte Jessika.
»Ja, sie haben mir Begleitschutz gegeben, du weist schon, die vielen Haie und so.«
»Du nimmst mich auf den Arm. Wieso folgen sie dir?«
»Weis ich nicht, vielleicht haben sie gemerkt, dass ich anders bin.«
»So wird es wohl sein.«
»Hallo«, Bianka kam und sah die nackten Busen. Sie hatte heute einen zweiteiligen Badeanzug an. Ohne Scheu befreite sie sich von ihrem Oberteil und ging ins Wasser. »Hatte ich immer schon vor, habe mich nur nicht getraut. Ist ein gutes Gefühl, habt ihr was dagegen, wenn ich meine Hose auch ausziehe?«
»Lass dich nicht aufhalten«, sagte Kristian grinsend. Schon lagen ihre Teile am Strand. Er sah zu Jessika rüber.
»Das gefällt dir«, stellte sie fest. »Ihr solltet das auch mal ausprobieren«, sagte Bianca, »das ist ein unbeschreibliches Gefühl.« Sie schwamm hinaus, ab und zu tauchte ihr weißes Hinterteil aus dem Wasser hervor, worüber sich Jeanette und Jessika amüsierten. »Ihr solltet es wenigstens mal probieren«, machte er ihnen Mut. »Aber nur, wenn du unsere Sachen entgegen nimmst.« Sie zogen sich unter Wasser aus und warfen ihm ihre Höschen zu. Er legte sich in den Sand, vor ihm die Häuflein Kleidungsstücke. Die Gäste, die am Strand vorbei gingen, bekamen schnell den Sinn der verstreuten Kleidungsstücke mit. Es sprach sich schnell herum. Ein erstes Pärchen kam und fragte, ob sie was dagegen hätten, wenn sie auch nackt baden würden. Es dauerte wirklich nicht lange, da lagen mehrere Häuflein Kleidung im Sand. Als die erste Scheu überwunden war, saßen und lagen die Nackten am Strand. Neugierige gingen vorbei, trauten sich aber nicht. Auf jeden Fall sorgten sie dafür, dass es sich herumsprach. Als es Zeit wurde, sich zum Mittagessen fertigzumachen, trauten sich auch seine Frauen aus dem Wasser und gingen mit mehr oder wenig Scheu zu ihren Sachen. »Das ist fantastisch«, schwärmten sie.
»Ihr seid mir was schuldig«, sagte er.
»Was sollen wir dir schuldig sein?«
»Ein neues Körpergefühl.«
Anscheinend hatte man wieder einen Grund gefunden, über sie zu reden. Die Köpfe der Gäste berührten sich fast, als sie das Restaurant betraten. »Ich glaube, euer Strand ist zum Nacktbadestrand erkoren worden«, sagte Bianca.
»Das ist gut,« sagte Kristian, »dann bleibe ich den ganzen Tag im Liegestuhl sitzen.«
»Hauptsache deine lüsternen Gedanken verraten dich nicht«, meine Jeanette. »Ich werde nachher erst ein Mittagsschläfchen halten, sagte Kristian.«
»Ich weis auch schon wo«, lachte Jessika. »Wenn ich sage schlafen, dann sind meine Augen zu.«
»Hauptsache, sie bleiben es auch.«
»Ihr gönnt mir auch nichts.« Wieder zurück, zogen sie ihre Badesachen an. Die Frauen ließen ihr Oberteil im Bungalow zurück. Er wollte wirklich nur schlafen und war schon halb eingeschlafen, als das Bild von Senis der Atlanterin,und ihrem schönen Körper vor seinen Augen auftauchte. »Kristian?« Erschrocken fuhr er hoch und öffnete seine Augen. Keiner schien ihn angesprochen zu haben. Er schloss die Augen wieder. »Kristian«, wieder erschrak er und erkannte, dass es eine Kontaktaufnahme war.
»Wer ist da?«
»Hier ist Senis, du hast mich kontaktiert?«
»Senis, das habe ich nicht bewusst gemacht, ich habe von dir geträumt.«
»War der Traum wenigstens schön?«
»Träume von dir sind immer schön.«
»Was machst du gerade«? fragte sie. »Warte ich zeige es dir.« Er öffnete seine Augen. Während seiner Träume, hatten sich einige Nackte eingefunden. Sie lagen auf ihren Handtüchern und sonnten sich. »Ich dachte, bei euch zeigt man sich nicht nackt?«
»Es gibt Ausnahmen, so wie hier jetzt.« Bianca, die gesehen hatte, dass seine Augen geöffnet waren, kam auf ihn zu. »Und wer ist diese schöne Frau?« Bianka war nackt.
»Wir haben sie hier kennengelernt.«
»Sie gefällt dir?«
»Ja, das könnte man sagen.« Bianca wollte was sagen. Seine erhobene Hand brachte sie davon ab. Er stand auf und setzte sich zu ihr in den Sand und gab Bianca zu verstehen, dass sie sich neben ihn setzen sollte. Sie tat es mit schüttelndem Kopf. Er rutschte gegen ihren Rücken, ihre Köpfe berührten sich. Bianka zweifelte an seinen Verstand. »Jemand nimmt an unsere Unterhaltung teil«, stellte Senis fest.
»Ja, es ist Bianca.«
»Hallo Bianca, ich bin Senis.«
»Hallo, ich träume dieses doch nicht, oder?«
»Nein, wir sind jetzt miteinander verbunden.«
»Du sagtest Senis, wie kann das sein, du sollst ziemlich weit weg wohnen?«
»Ja, das ist richtig, Kristian sagt, dass er dich mag.« »Senis, das war nur für dich bestimmt. Was tut sich sonst bei euch?« Die Versuchsreihe mit mir ist abgeschlossen.«
»Was macht Zitrin?«
»Du kennst sie ja, sie bleibt, was sie ist.« Inzwischen war Jessika auf ihr seltsames Verhalten aufmerksam geworden. Ehe sie was sagen konnte, machte er das Zeichen, als wenn er telefoniere. Sie formte das Wort Senis mit ihren Lippen. Er nickte. Jessika hatte sich in ihrer ganzen Pracht vor ihn aufgebaut. »Jessika ist eine schöne Frau«, sagte Senis. »Ja, das weis ich, Senis bis bald.« Er stand so plötzlich auf, dass Bianca ihren Halt verlor und in den Sand fiel. »Mann«, schwärmte Bianka, »wie habt ihr beide denn das gemacht? Ich glaube nicht, dass ich das verstehe, hast du öfter mit ihr Kontakt?«
»Nein, eigentlich nicht, ich hatte angenommen, dass ich von ihr geträumt hatte, plötzlich war sie da.«
»Ja, das sagt er immer«, meinte Jessika.
»Was wollte sie?«
»Nichts, ich habe unbewusst Kontakt zu ihr aufgenommen. Jessika drehe dich mal um, dein Hinterteil ist ja ganz rot.« »Ja, kann schon sein.« Er hatte wohl länger geschlafen und sicher einiges verpasst, denn hier war einiges los. Er holte seine Brille und Flossen und stampfte ins Wasser. Das Wasser schlug über seinen Kopf zusammen, er war wieder ein Fisch. Dieses Mal wählte er die andere Richtung und ging in die Tiefe. Ab und zu sah er Taucher über sich, er glaubte, dass sie ihn auch sahen. Ein Rochen, nein es waren schon fünf, sie wollten in die gleiche Richtung. Er fühlte sich unbeobachtet, die Rochen waren über ihm. Als er auftauchte, erkannte er, dass er die Insel zur Hälfte umrundet hatte. Beim Abtauchen verdunkelte sich das Wasser über ihn. Ein Blick nach oben, oh je, diese Rochen waren ausgewachsen. Was soll's, bis jetzt hatte er noch keine schlechten Erfahrungen gemacht. Ab und zu sah er über sich, dass die Wasseroberfläche von den Sonnenstrahlen durchbrochen wurde und Licht durch die Lücken der Mantas hindurch schoss. Da keine Taucher in seine Nähe waren, mussten es seine Begleiter sein.
Er war in der Nähe des Hausriffs und strebte nach oben. Das war nicht so einfach, er musste warten, bis die Mantas ihm Platz machten. Einige Taucher hatten sich auf dem Riff in Sicherheit gebracht. Warum waren sie denn so ängstlich? Er tauchte wieder ab in Richtung Bungalow. Den Tauchern am Riff war das sicher recht. Er spürte die Anstrengung in seinen Beinen. Wo war der große Manta? Er sah ihn über sich. Er arbeitete sich nach oben. Dann war er unter ihm. Eine Weile schwammen sie so dahin. Er streichelte seinen Rücken. Der Manta schien nichts dagegen zu haben. Als sich ihre Körper berührten, griff er zu. Schon ging es ab. Er wollte mit Kristian aufs offene Meer hinaus. Durch Gewichtsverlagerung brachte er ihn dazu, in der Nähe der Insel zu bleiben. Plötzlich sah er über sich viele strampelnde Beine. Die leuchtenden Pos sagten ihm, dass er an ihrem Strandabschnitt angekommen war, er schoss nach oben und schwamm zum Strand.
»Musst du sie alle hierher bringen«, maulte Jessika.
»Ich kann es ihnen schlecht verbieten, sie verschwinden schon wieder«, beruhigte er sie. Die Nackten hatten sich an den Strand geflüchtet. »Kristian warte«, Bianca kam auf ihn zugeschwommen. »Nimmst du mich mit raus.«
»Müsst ihr alle so nackt herumlaufen, ich bin auch nur ein Mann.«
»Komm, reg dich ab, nimm mich huckepack.«
»Geht das nicht ein wenig zu weit?«
»Was meinst du?«
»Du nackt auf meinen Rücken?«
»Stell dich nicht so an.«
Bianca wusste nicht, wie seine Tauchtechnik funktionierte. Deshalb musste er aufpassen. Während er noch Wasser schluckte, spürte er ihren Körper auf seine Haut. Seine Gedanken wurden plötzlich in andere Bahnen gelenkt. Die Anwesenheit der Mantas brachte ihn in die Wirklichkeit zurück. Sie schubsten ihn, er folgte ihnen aufs offene Meer. Bianca schien es zu gefallen, sie winkte den Zurückgebliebenen zu. Er kehrte um. »Ich muss noch mal zurück«, sagte er und löste sich von ihr. Bianca grinste. »Ist das meinetwegen?«
»Ja, meinst du das lässt mich alles kalt.« Er tauchte unter. Ein Stück vom Strand entfernt ging er an Land, streckte sich lang aus und schloss die Augen. »Na, wieder abgekühlt?« Die Sonne blendete ihn, er erkannte Jessika.
»Ich kann so viel Nacktheit nicht verkraften«, sagte er.
Den Rest des Nachmittags lag er mal im Liegestuhl oder im Sand, damit sein Rücken etwas Farbe abbekam. Der Nacktbadestrand hatte sich zu beiden Seiten ausgebreitet. Als es Zeit für das Abendessen war, leerte sich der Strand und sie zogen sich auch um. Kristian fand die Atmosphäre im Restaurant viel entspannter wie sonst, man schien sich an sie gewöhnt zuhaben. Sicher war das mit den Rochen noch ein Problem und wurde nicht verstanden. Er verstand es ja selber nicht und hatte die Hoffnung, dass sie von einer Reporterschwemme verschont blieben.
 
In Strandnähe beobachteten Jessika und Jeanette durch ihre Brillen den Sandboden und schrien auf, als er plötzlich unter ihnen auftauchte. Als sie die Mantas sahen, flüchteten sie an den Strand. Seine Lungen leerend, folgte er ihnen. »Sind die dir etwas gefolgt«? fragte Jessika.
»Ja, sie haben mir Begleitschutz gegeben, du weist schon, die vielen Haie und so.«
»Du nimmst mich auf den Arm. Wieso folgen sie dir?«
»Weis ich nicht, vielleicht haben sie gemerkt, dass ich anders bin.«
»So wird es wohl sein.«
 
 
»Hallo«, Bianka kam und sah die nackten Busen. Sie hatte heute einen zweiteiligen Badeanzug an. Ohne Scheu befreite sie sich von ihrem Oberteil und ging ins Wasser. »Hatte ich immer schon vor, habe mich nur nicht getraut. Ist ein gutes Gefühl, habt ihr was dagegen, wenn ich meine Hose auch ausziehe?«
»Lass dich nicht aufhalten«, sagte Kristian grinsend. Schon lagen ihre Teile am Strand. Er sah zu Jessika rüber.
»Das gefällt dir«, stellte sie fest. »Ihr solltet das auch mal ausprobieren«, sagte Bianca, »das ist ein unbeschreibliches Gefühl.« Sie schwamm hinaus, ab und zu tauchte ihr weißes Hinterteil aus dem Wasser hervor, worüber sich Jeanette und Jessika amüsierten. »Ihr solltet es wenigstens mal probieren«, machte er ihnen Mut. »Aber nur, wenn du unsere Sachen entgegen nimmst.« Sie zogen sich unter Wasser aus und warfen ihm ihre Höschen zu. Er legte sich in den Sand, vor ihm die Häuflein Kleidungsstücke. Die Gäste, die am Strand vorbei gingen, bekamen schnell den Sinn der verstreuten Kleidungsstücke mit. Es sprach sich schnell herum. Ein erstes Pärchen kam und fragte, ob sie was dagegen hätten, wenn sie auch nackt baden würden. Es dauerte wirklich nicht lange, da lagen mehrere Häuflein Kleidung im Sand. Als die erste Scheu überwunden war, saßen und lagen die Nackten am Strand. Neugierige gingen vorbei, trauten sich aber nicht. Auf jeden Fall sorgten sie dafür, dass es sich herumsprach. Als es Zeit wurde, sich zum Mittagessen fertigzumachen, trauten sich auch seine Frauen aus dem Wasser und gingen mit mehr oder wenig Scheu zu ihren Sachen. »Das ist fantastisch«, schwärmten sie.
»Ihr seid mir was schuldig«, sagte er.
»Was sollen wir dir schuldig sein?«
»Ein neues Körpergefühl.«
Anscheinend hatte man wieder einen Grund gefunden, über sie zu reden. Die Köpfe der Gäste berührten sich fast, als sie das Restaurant betraten. »Ich glaube, euer Strand ist zum Nacktbadestrand erkoren worden«, sagte Bianca.
»Das ist gut,« sagte Kristian, »dann bleibe ich den ganzen Tag im Liegestuhl sitzen.«
»Hauptsache deine lüsternen Gedanken verraten dich nicht«, meine Jeanette. »Ich werde nachher erst ein Mittagsschläfchen halten.«
»Ich weis auch schon wo«, lachte Jessika. »Wenn ich sage schlafen, dann sind meine Augen zu.«
»Hauptsache, sie bleiben es auch.«
»Ihr gönnt mir auch nichts.« Wieder zurück, zogen sie ihre Badesachen an. Die Frauen ließen ihr Oberteil im Bungalow zurück. Er wollte wirklich nur schlafen und war schon halb eingeschlafen, als das Bild von Senis und ihrem schönen Körper vor seinen Augen auftauchte. »Kristian?« Erschrocken fuhr er hoch und öffnete seine Augen. Keiner schien ihn angesprochen zu haben. Er schloss die Augen wieder. »Kristian«, wieder erschrak er und erkannte, dass es eine Kontaktaufnahme war. »Wer ist da?«
»Hier ist Senis, du hast mich kontaktiert?«
»Senis das habe ich nicht bewusst gemacht, ich habe von dir geträumt.«
»War der Traum wenigstens schön?«
»Träume von dir sind immer schön.«
»Was machst du gerade«? fragte sie. »Warte ich zeige es dir.« Er öffnete seine Augen. Während seiner Träume hatten sich einige Nackte eingefunden. Sie lagen auf ihren Handtüchern und sonnten sich. »Ich dachte, bei euch zeigt man sich nicht nackt?«
»Es gibt Ausnahmen, so wie hier jetzt.« Bianca, die gesehen hatte, dass seine Augen geöffnet waren, kam auf ihn zu. »Und wer ist diese schöne Frau?« Bianka war nackt.
»Wir haben sie hier kennengelernt.«
»Sie gefällt dir?«
»Ja, das könnte man sagen.« Bianca wollte was sagen. Seine erhobene Hand brachte sie davon ab. Er stand auf und setzte sich zu ihr in den Sand und gab Bianca zu verstehen, dass sie sich neben ihn setzen sollte. Sie tat es mit schüttelndem Kopf. Er rutschte gegen ihren Rücken, ihre Köpfe berührten sich. Bianka zweifelte an seinen Verstand. »Jemand nimmt an unsere Unterhaltung teil«, stellte Senis fest.
»Ja, es ist Bianca.«
»Hallo Bianca, ich bin Senis.«
»Hallo, ich träume dieses doch nicht, oder?«
»Nein, wir sind jetzt miteinander verbunden.«
»Du sagtest Senis, wie kann das sein, du sollst ziemlich weit weg wohnen?«
»Ja, das ist richtig, Kristian sagt, dass er dich mag.« »Senis, das war nur für dich bestimmt. Was tut sich sonst bei euch?« Die Versuchsreihe mit mir ist abgeschlossen.«
»Was macht Zitrin?«
»Du kennst sie ja, sie bleibt, was sie ist.« Inzwischen war Jessika auf ihr seltsames Verhalten aufmerksam geworden. Ehe sie was sagen konnte, machte er das Zeichen, als wenn er telefoniere. Sie formte das Wort Senis mit ihren Lippen. Er nickte. Jessika hatte sich in ihrer ganzen Pracht vor ihn aufgebaut. »Jessika ist eine schöne Frau«, sagte Senis. »Ja, das weis ich, Senis bis bald.« Er stand so plötzlich auf, dass Bianca ihren Halt verlor und in den Sand fiel. »Mann«, schwärmte Bianka, »wie habt ihr beide denn das gemacht? Ich glaube nicht, dass ich das verstehe, hast du öfter mit ihr Kontakt?«
»Nein, eigentlich nicht, ich hatte angenommen, dass ich von ihr geträumt hatte, plötzlich war sie da.«
»Ja, das sagt er immer«, meinte Jessika.
»Was wollte sie?«
»Nichts, ich habe unbewusst Kontakt zu ihr aufgenommen. Jessika drehe dich mal um, dein Hinterteil ist ja ganz rot.« »Ja, kann schon sein.« Er hatte wohl länger geschlafen und sicher einiges verpasst, denn hier war einiges los. Er holte seine Brille und Flossen und stampfte ins Wasser. Das Wasser schlug über seinen Kopf zusammen, er war wieder ein Fisch. Dieses Mal wählte er die andere Richtung und ging in die Tiefe. Ab und zu sah er Taucher über sich, er glaubte, dass sie ihn auch sahen. Ein Rochen, nein es waren schon fünf, sie wollten in die gleiche Richtung. Er fühlte sich unbeobachtet, die Rochen waren über ihm. Als er auftauchte, erkannte er, dass er die Insel zur Hälfte umrundet hatte. Beim Abtauchen verdunkelte sich das Wasser über ihn. Ein Blick nach oben, oh je, diese Rochen waren ausgewachsen. Was soll's, bis jetzt hatte er noch keine schlechten Erfahrungen gemacht. Ab und zu sah er über sich, dass die Wasseroberfläche von den Sonnenstrahlen durchbrochen wurde und Licht durch die Lücken der Mantas hindurch schoss. Da keine Taucher in seine Nähe waren, mussten es seine Begleiter sein.
Er war in der Nähe des Hausriffs und strebte nach oben. Das war nicht so einfach, er musste warten, bis die Mantas ihm Platz machten. Einige Taucher hatten sich auf dem Riff in Sicherheit gebracht. Warum waren sie denn so ängstlich? Er tauchte wieder ab in Richtung Bungalow. Den Tauchern am Riff war das sicher recht. Er spürte die Anstrengung in seinen Beinen. Wo war der große Manta? Er sah ihn über sich. Er arbeitete sich nach oben. Dann war er unter ihm. Eine Weile schwammen sie so dahin. Er streichelte seinen Rücken. Der Manta schien nichts dagegen zu haben. Als sich ihre Körper berührten, griff er zu. Schon ging es ab. Er wollte mit Kristian aufs offene Meer hinaus. Durch Gewichtsverlagerung brachte er ihn dazu, in der Nähe der Insel zu bleiben. Plötzlich sah er über sich viele strampelnde Beine. Die leuchtenden Pos sagten ihm, dass er an ihrem Strandabschnitt angekommen war, er schoss nach oben und schwamm zum Strand.
»Musst du sie alle hierher bringen«, maulte Jessika.
»Ich kann es ihnen schlecht verbieten, sie verschwinden schon wieder«, beruhigte er sie. Die Nackten hatten sich an den Strand geflüchtet. »Kristian warte«, Bianca kam auf ihn zugeschwommen. »Nimmst du mich mit raus.«
»Müsst ihr alle so nackt herumlaufen, ich bin auch nur ein Mann.«
»Komm, reg dich ab, nimm mich huckepack.«
»Geht das nicht ein wenig zu weit?«
»Was meinst du?«
»Du nackt auf meinen Rücken?«
»Stell dich nicht so an.«
Bianca wusste nicht, wie seine Tauchtechnik funktionierte. Deshalb musste er aufpassen. Während er noch schluckte, spürte er ihren Körper auf seine Haut. Seine Gedanken wurden plötzlich in andere Bahnen gelenkt. Die Anwesenheit der Mantas brachte ihn in die Wirklichkeit zurück. Sie schubsten ihn, er folgte ihnen aufs offene Meer. Bianca schien es zu gefallen, sie winkte den Zurückgebliebenen zu. Er kehrte um. »Ich muss noch mal zurück«, sagte er und löste sich von ihr. Bianca grinste. »Ist das meinetwegen?«
»Ja, meinst du das lässt mich alles kalt.« Er tauchte unter. Ein Stück vom Strand entfernt ging er an Land, streckte sich lang aus und schloss die Augen. »Na, wieder abgekühlt?« Die Sonne blendete ihn, er erkannte Jessika.
»Ich kann so viel nacktheit nicht verkraften«, sagte er.
Den Rest des Nachmittags lag er mal im Liegestuhl oder im Sand, damit sein Rücken etwas Farbe abbekam. Der Nacktbadestrand hatte sich zu beiden Seiten ausgebreitet. Als es Zeit für das Abendessen war, leerte sich der Strand und sie zogen sich auch um. Kristian fand die Atmosphäre im Restaurant viel entspannter wie sonst, man schien sich an sie gewöhnt zuhaben. Sicher war das mit den Rochen noch ein Problem und wurde nicht verstanden. Er verstand es ja selber nicht und hatte die Hoffnung, dass sie von einer Reporterschwemme verschont blieben.
 
Seite 133
Ihr Tagesablauf hatte sich eingespielt. Essen, Schwimmen, Essen, nicht zu vergessen die Liebe. Vermehrt hielten sich die Mantas in der Nähe ihrer Insel auf. Immer weniger Schwimmer nutzten die Gelegenheit, mit dem Boot raus zufahren. Der Strandabschnitt war weiter als Nacktbadestrand beliebt. Sie waren nicht betrübt, als sich ihr Abreisetag näherte. Bianka blieb noch zwei Tage und sie versprach, sie zu besuchen. Die Formalitäten waren erledigt, Sie wurden zum Flughafen gebracht. Ihr Flieger stand schon bereit. Am Flughafen sahen sie zu, wie ihr Gepäck auf ein Laufband verschwand. Im Flugzeug waren nicht alle Plätze belegt. Kristian versuchte, zu schlafen und wachte kurz auf, als der Flieger abhob.
Das gleichmäßige Säuseln der Triebwerke bescherte ihm einen ruhigen Schlaf. Etwas veranlasste ihn, seine Augen zu öffnen und er erkannte, dass er in einem Flugzeug saß und hoch über den Wolken schwebte. Die Sitze neben ihm schienen leer zu sein, ein Nebel hatte sich über alles gelegt, sodass er nicht sah, was um ihn geschah. Ein Blick durch das Fenster. Kurz lichtete sich das Wolkenmeer und er erkannte ein Flugzeug, das auf sie zuflog. Was machte ein Flugzeug auf ihren Kurs? Einer Bedrohung gleich, kam das andere Flugzeug im Schneckentempo näher, es musste sie bald erreicht haben. Er schrie auf. Jemand rüttelte an seine Schulter. Die Augen öffnend, erkannte er Jessika.
»War dein Traum so schrecklich«? fragte sie. Noch benommen fiel sein Blick auf das Fenster. Kein fremdes Flugzeug, er war erleichtert, alles war nur ein Traum. Es wirkte so real. War es eine Warnung, oder könnte es ein Blick in die Zukunft gewesen sein? Jessika und Jeanette sahen ihn an, als erwarteten sie eine Erklärung.
»Ich habe geträumt.«
»Das war uns schon klar, erzähle von deinem Traum.« Er zögerte und fand es albern anderen von seinem Traum zu erzählen. Als er dann in ihre erwartungsvollen Gesichter sah, fing er an zu erzählen.
»Ich saß in einem Flugzeug, durch ein Fenster sah ich ein anderes Flugzeug, das auf unser Flugzeug zuflog. Bevor beide zusammenstießen, bin ich aufgewacht.« Ihr anfängliches Grinsen gefror auf ihren Gesichtern. Sie alle wussten, dass die Strahlung in seinem Gehirn einiges verändert hatte und Voraussehen durchaus im Bereich des möglichen lag.
»Kristian, du machst mir Angst«, sagte Jessika und schaute dabei aus dem Fenster.
»Sag, dass es nur ein Traum war, sonst nichts.«
»Ich weis nicht, was es war, es war sicher nur ein gewöhnlicher Traum, ich habe so etwas noch nicht erlebt, es wirkte so real.«
»Du schließt nicht aus, dass es passieren könnte?«
»Ich weis es nicht.«
»Du solltest den Kapitän wenigstens vorwarnen, wenn es nicht eintrifft, umso besser.« Er war sich nicht sicher, was er machen sollte. Ausgelacht zu werden, wenn alles nur ein normaler Traum gewesen war, ließ ihn zögern. Er sah die Angst in Jessikas und Jeanettes Augen, auch ihm war nicht wohl. »Ihr habt recht, ich gehe nach vorne.« Die Stewardess blickte ihm entgegen.
»Hören sie mir bitte zu,« fing er an, »es liegt im Bereich des möglichen, dass ich in die Zukunft sehen kann.« Dabei blickte er sich um, ob auch kein anderer Passagier zuhörte. »Demnach könnte es sein«, fuhr er fort, »dass wir mit einem fremden Flugzeug zusammenstoßen könnten. Es kommt von rechts.« Die Stewardess blickte ihn an und wusste nicht, wo sie ihn einordnen sollte. Er sah, woran sie dachte. »Nein, sehe ich aus, als wenn ich verrückt bin«? sagte er lautlos. Sie zuckte kurz zusammen.
»Bitte sagen sie ihrem Kapitän, er soll die rechte Seite im Auge behalten, die Gefahr, wenn überhaupt, kommt von rechts.« Die Frau blickte ihn an und verharrte unschlüssig. »Gehen sie endlich«, sagte er wieder lautlos zu ihr. Erschrocken blickte sie auf seine Lippen, die sich nicht bewegt hatten. »Ich werde unserem Kapitän Bescheid geben.« Sie wartete, bis er zurückging, drehte sich ebenfalls um und klopfte an die Tür zum Cockpit.
»Na wie war's,« fragte Jeanette?
»Die halten mich für verrückt. Vielleicht bin ich es ja auch.« Jessika blickte angstvoll durch das rechte Fenster. Er schloss seine Augen, horchte ins Cockpit und tastete sich in das Cockpit, bis er in das Gehirn des rechten Mannes Einlass fand. »Das wird ja immer schlimmer, wo soll denn rechts von uns ein Flugzeug herkommen?«
»Wir sollten trotzdem die Möglichkeit in Betracht ziehen«, sagte der ältere Mann.
»Sie wollen doch nicht wirklich an so etwas glauben?« »Behalten sie die rechte Seite im Auge.« Der Mann zuckte mit seinen Schultern und fand sich damit ab. »Danke«, streute Kristian in beide Köpfe und wartete ihre Reaktion nicht ab.
»Sie nehmen meine Warnung ernst«, sagte er. Unwillkürlich stieg die Spannung. Wenn nicht bald etwas passierte, würde die Aufmerksamkeit im Cockpit wieder nachlassen. Eine halbe Stunde lang passierte nichts, sie saßen wie auf heißen Kohlen, die Motoren sangen ihr Lied. Dann plötzlich wurde das Flugzeug nach unten gerissen, der Wagen der Stewardess, die gerade Getränke verteilte, machte sich selbstständig und raste den Gang hinunter. Allgemeines Geschrei, sie sahen ein Flugzeug auf sich zukommen und warteten in geduckter Haltung auf den Zusammenprall. Der blieb aus, das fremde Flugzeug flog knapp über sie hinweg. Sie hörten die Motorgeräusche der anderen Maschine über sich, ihr Flugzeug wurde durchgeschüttelt.
»Das war knapp«, sagte Jessika noch geschockt. Langsam kehrte wieder Ruhe ein. »Meine Damen und Herren, es ist alles in Ordnung,« meldete sich der Kapitän über den Lautsprecher. Anscheinend hatten Passagiere an der rechten Fensterseite gesehen, was beinah passiert wäre. Schnell wanderte die Erkenntnis durchs ganze Flugzeug.
»Der Kapitän möchte sich bei ihnen bedanken«, sagte eine Stewardess, die plötzlich neben ihre Stuhlreihe stand. Er wollte schon abwinken.
»Nun gehe schon«, drängte Jessika. Die Cockpittür stand auf, beide Piloten drehten sich zu ihm um.
»Da haben wir ja Glück gehabt, dass wir jemand an Bord hatten, der in die Zukunft blicken kann. Wir verdanken ihnen alle unser und das der Menschen in der anderen Maschine. Ich muss gestehen, ich habe nicht so richtig daran geglaubt, bin aber in Gedanken die Möglichkeit durchgegangen, den Autopiloten aus, den Steuerknüppel nach vorne drücken. Das andere Flugzeug hat keine Reaktion erkennen lassen und ist beharrlich seinen Kurs geflogen. Vielen Dank noch mal.«
»Sie stehen jetzt in meiner Schuld«, sagte Kristian.
»Ja, was möchten sie?«
»Ich möchte nicht, dass unsere Namen erwähnt werden.«
»Aber warum?« Er schüttelte seinen Kopf.
»Ganz wie sie wollen.« Er ging.
 
Seite 171
Auf dem Marktplatz wurde ein Kreuz aufgestellt. Darauf war eine Frau mit ausgebreiteten Armen festgebunden. Vibius wollte weiterfahren. »Halt«, rief Kristian. »Warum macht man so etwas?«
»Ich weis es nicht.« Kristian stieg aus dem Wagen und arbeitete sich durch die Gaffer durch. Die Frau hatte Schmerzen und weinte. »Was ist mit ihr«, fragte er.
»Die Frau hat das Kind ihrer Herrin auf ihren Schoß genommen.« Kristian verstand nicht. Der Mann sah sein erstauntes Gesicht. »Die können sich das leisten, ein Sklave bedeutet ihnen nichts. Damit wollen sie allen zeigen, wie reich sie sind.«
»Kann man dagegen nichts machen«? fragte er. »Nein, sie wird erst heruntergenommen, wenn sie tot ist.« Kristian hatte schon einiges gesehen, aber so Menschenverachtendes war ihm neu. Er ging zu ihren Wagen zurück.
»Vibius, wie kann man der Frau helfen?«
»Ein Sklave ist wie eine Ware, jeder kann damit machen, was er will.«
»Kannst du die Frau nicht freikaufen?«
»Ihm geht es nicht ums Geld, jeder soll sehen, wozu er fähig ist.« Kristian dachte an Riga. Er hatte es einmal gemacht, warum nicht ein zweites Mal?
»Vibius fahre schon mal vor und warte auf mich am Dorfrand.« »Was hast du vor?«
»Ich kann die Frau dort nicht hängen lassen.«
»Daran wirst du nichts ändern können.«
»Fahre los und warte auf mich.« Er hoffte, es sah keiner, als er sich in den alten Mann verwandelte und durch die Menge rempelte. Für einen Augenblick wurde ihre Aufmerksamkeit auf ihn gelenkt. Sie mussten ihn mit seinen langen weißen Haaren für einen Zauberer oder ähnliches halten, denn sie machten ihm bereitwillig Platz. Die Frau schaute mit gequältem Blick vom Kreuz herunter.
»Eure Götter werden euch verdammen, weil ihr es zulasst, dass dieser Frau unrecht getan wird. Den Besitzer dieser Frau werde ich verfluchen, auf dass ihm dasselbe geschieht. Jemand musste diesem Bescheid gesagt haben, mit wehenden Gewändern kam er angerannt. »Was ist hier los«? fragte er außer Atem.
»Du wagst es, dich hier sehen zulassen, oder spürst du schon den Fluch, den ich über dich ausgesprochen habe?«
»Alter Mann verschwinde, oder ich lass dich einsperren.« Kristian trat vor ihn, sodass sich ihre Gesichter fasst berührten. »Willst du sehen, wie es dir in der Hölle ergeht?« Er übertrug ihm ein Bild von einem Flammenmeer, ihn mittendrin. Der Mann wich zurück, Furcht war in seinen Augen zu lesen. »Lässt du die Frau herunter?« Das Feuer vor Augen, schrie der Mann auf und wich zurück. Die Zuschauer bekamen Angst.
»Ich warte, was soll mit der Frau geschehen«? drängte er. »Ja, last sie frei«, schrie er. Keiner rührte sich.
»Ihr habt es gehört«, sagte Kristian. Ein paar Männer beeilten sich. Mit vereinten Kräften hoben sie das Kreuz aus der Erde und legten es vorsichtig ab. Die Stricke waren schnell losgebunden. Die Frau konnte nicht stehen und fiel vor Kristian auf die Knie. »Herr, ich danke dir.«
»Frau, sage, was ich mit deinem Herrn machen soll?«
»Er wird mich erneut bestrafen.«
»Sei unbesorgt, das wird er nicht. »Bindet den Mann auf das Kreuz,« befahl er. Keiner traute sich, dem Befehl nachzukommen. Er schickte allen das Bild der Hölle in ihre Köpfe.
»Wollt ihr so enden?« Zögernd gingen sie auf den zurückweichenden Mann zu, ergriffen ihn und banden ihn auf das Kreuz. »Nehmt seinen Geldbeutel und gebt ihn der Frau«, befahl er. Diese nahm ihn zögernd an. »Stellt das Kreuz auf. Ihr wisst jetzt, was mit euch passiert, wenn ihr eure Sklaven schlecht behandelt. Ihr dürft den Mann erst mit anbrechen der Dunkelheit vom Kreuz nehmen, sonst komme ich zurück und werde euch bestrafen. Frau komm.« Er nahm ihre Hand und sie wurden langsam unsichtbar. Außer Sicht gingen sie auf die Wagen zu. »Achte auf deinen Beutel, er gehört dir. Gehe in den letzten Wagen.« Die beiden Sklaven halfen ihr. »Wie hast du das denn geschafft?« fragte Vibius.»Der Besitzer der Frau hat ihren Platz am Kreuz eingenommen.«
»Das will ich mit eigenen Augen sehen.« Schon wollte er sich auf den Weg machen.
»Das geht jetzt nicht, lass uns heimfahren.« Er sah Kristian von der Seite an. »Du musst über viel Überzeugungskraft verfügen, war der Besitzer damit einverstanden?«
»Ich hatte Hilfe, die Leute haben mir geholfen. Lass uns fahren.« Das Dorf lag bald hinter ihnen.
»Was willst du mit der Frau machen?«
»Das weiß ich noch nicht. Hast du einen Vorschlag?«
»Was ist, wenn ich sie nehme?«
»Wenn du sie gut behandelst, lasse ich sie bei dir, bis mir was Besseres einfällt.« Vibius schien sein Angebot durchzurechnen, außerdem wollte er Kristian als Geschäftspartner nicht verlieren.
»Also gut, abgemacht.«
 
Seite 231
Kristian sah noch den Reporter an, der die letzte Frage gestellt hatte, da erhielt er einen Stoß, der ihn mit seinem Stuhl nach hinten kippen ließ.
Ein Schock schüttelte seinen Körper. Jessikas erschrecktes Gesicht beugte sich zu ihm runter. Über ihm war ein helles Licht, es hüllte ihn ein, er wollte unbedingt zu diesem Licht, es umgab und beschützte ihn, als sein Geistkörper seinen Körper verließ. Er hatte keine Angst, fühlte sich geborgen und er sah von oben zu, wie sich unter ihm Panik breitmachte. Es machte ihm nichts aus, seinen Körper dort unten liegen zu sehen und es interessierte ihn nicht, was dort geschah. Für die Reporter war das ein Ereignis, nichts hinderte sie daran, ihre Blitzlichter auf das Geschehen zu richten. Kristian stieg weiter zum Licht empor, immer schneller. Ein heller Lichtpunkt wies ihm den Weg und er erkannte einen Tunnel. Der Eingang war von gedämpftem Licht umgeben. Je weiter man hinein blickte, desto heller wurde es. Er sah engelgleiche Wesen, die auf ihn zu warten schienen. Zu ihnen wollte er und streckte ihnen seine Arme entgegen. Bevor er sie erreichen konnte, stellte sich ihm eine Lichtgestalt in den Weg. Sie war wunderschön und strahlte viel Liebe aus.
»Halt, dein Leben ist noch nicht zu Ende, du hast eine Mission zu erfüllen.«
Was für eine Mission? War damit die Zusammenführung der Alien mit den Menschen gemeint? Er erhielt keine Antwort und kehrte traurig um. Etwas trieb ihn zu seinem Körper zurück.
Er sah auf seinen Körper herunter, der auf einem Operationstisch lag. Die Ärzte arbeiteten konzentriert. Schläuche ragten aus seinem Körper und er hörte einen Arzt sagen, »es hat ihn arg erwischt, die Kugel ist in viele Teile zersplittert. Der Schütze wollte auf Nummer sicher gehen.« Schütze? Wovon war hier die Rede?
»Ich habe wenig Hoffnung, dass er es schafft«, sagte ein Arzt. Die eine Schwester kam ihm bekannt vor, obwohl sie einen Mundschutz trug. Er schwebte herunter und stand am Operationstisch ihr gegenüber. Das war keine Schwester, es war Kristel ihre Freundin aus dem Krankenhaus. Die Ärzte schienen nicht zu merken, dass er ihnen im Wege stand. Es war wie ein Traum und dieser gefiel ihm immer weniger.
»Er gab gerade eine Pressekonferenz, als der Attentäter ihn erwischte«, hörte er jemand sagen.
»Vielleicht könnten ihn die Alien retten, leider kann er sie in diesem Zustand nicht rufen.« Langsam dämmerte es ihm, gleichzeitig erinnerte er sich an das erschreckte Gesicht von Jessika. Sie würde sicher draußen im Flur warten. Er schwebte mit seinem Geistkörper durch die geschlossene Tür. Dort saßen sie, Jessika, Jeanette. Auch ein paar Reporter, die wissen wollten, ob er überlebt hatte. Gerne hätte er Jessika getröstet, seine Hand, mit der er sie berühren wollte, ging durch sie hindurch. Ihm fiel ein, was der Arzt gesagt hatte, die Alien könnten ihm vielleicht helfen. Wie sollte er sie rufen, wenn er sich nicht einmal Jessika verständlich machen konnte? Er schwebte den Flur entlang. Am Ende sah er eine Frau vor einem Fenster stehen. Er schwebte auf sie zu. Die Frau schien ihn zu erwarten.
»Seit wann bist du hier«? fragte sie.
»Du kannst mich sehen, dann muss es dir ähnlich ergehen wie mir«, stellte er fest.
»Mein Körper liegt im Koma, ich bin schon eine Weile hier«, sagte sie. Die Frau mochte um die vierzig Jahre alt sein. »Ich hatte einen Autounfall. Vor fünf Wochen.«
»Was für ein Gefühl hast du? Geht es deinem Körper besser«? fragte er. »Ich gehe immer weg, wenn die Ärzte ihn besuchen, ich will nicht hören was sie sagen.«
»Ich bin gerade erst eingeliefert worden, man hat auf mich geschossen«, erklärte er.
»Warum schießt man auf dich?«
»Wahrscheinlich hatte der Schütze Angst vor einen Alienfreund.«
»Wieso bist du ein Alienfreund?«
»Ich bin der, der zu den Alien reist.«
»Ehrlich? Ich habe gesehen, wie das Raumschiff in das Stadion schwebte. Und jetzt treffe ich dich hier, die Welt ist schon verrückt. Komm mit, ich zeige dir, wo mein Körper liegt.« Bald darauf waren sie bei ihr. »Das sind sicher deine Kinder?« Er deutete auf zwei Fotos, die an ihrem Bett standen.
»Ja, sie sind jetzt arbeiten, heute Abend kommen sie mich besuchen.«
»Wie fühlst du dich, wenn du ihnen nicht antworten kannst?« »Wenn es mir zu viel wird, verlasse ich das Zimmer, ich glaube, sie rechnen nicht mehr damit, dass ich aufwache.«
»Wo bleibst du nachts, doch nicht hier im Flur?«
»Ich kehre in meinen Körper zurück, damit ich nicht vergesse, dass er zu mir gehört.«
»Was für ein Gefühl ist das?«
»Du legst dich einfach waagerecht auf deinen Körper, schon bist du in ihm.«
»Kannst du schlafen?«
»Ja, ich schlafe in meinen Körper.«
»Hast du einen Tunnel gesehen?«
»Ja, ich habe davor gestanden«, sagte die Frau. »Ich hatte aber Angst, dass mich etwas hineinzieht, ich wusste, dass ich dann meine Kinder nicht mehr wiedersehe. Ich schaue ab und zu Zuhause vorbei, unser Hund weiß dann, dass ich da bin, er schaut dann immer in meine Richtung.«
»Wie vertreibst du dir die Zeit, es muss langweilig sein, wenn man nichts tun kann?«
»Hier gibt es kein Zeitgefühl, meistens sitze ich am Fenster, dort wo du mich angetroffen hast. Irgendwer kommt immer vorbei. Oft sehe ich welche, die sind wie wir und ich sehe ihnen zu, wie sie dann durch den Tunnel schweben. Ich weis deinen Namen nicht, es wäre schön, wenn wir uns wiedersehen könnten, ich meine, falls unsere Körper geheilt sind.«
»Ich heiße Kristian.«
»Ich heiße Elisabeth.« »Elisabeth, ich schau mal nach meinem Körper, bis gleich.« Ein Sog zog ihn in eine Richtung, die nicht zum OP führte. Für ihn existierten keine Wände und er sah Jessika und Jeanette, die vor seinem Körper saßen.
»Was willst du jetzt machen«, hörte er Jeanette fragen. »Du weist, was der Arzt gesagt hat, es steht nicht gut für Kristian, ich habe gehört, wie er zu Kristel gesagt hat, dass Kristian bei den Alien bessere Chancen hätte. Du weist was das bedeutet, du musst nach Hera, vielleicht können die Alien Kristian helfen oder eine Nachricht zu den Atlantern schicken.«
»Du hast recht, ich kann aber erst heute nacht durch das Tor gehen.«
 
Seite 260
Kristian saß im Garten, als Aron Besuch ankündigte. Er stand auf und sah zum Tor rüber. Susan Braun vom FBI. Sie lächelte ihn an. »Das ist aber nicht nötig, dass sie sich persönlich nach meinem Gesundheitszustand erkundigen«, sagte er zu ihr und ließ sie das Tor passieren. Aron beschnupperte sie. Kristian führte sie zur Gartenbank und stellte sie Großvater vor. »Was darf ich bringen, Kaffee oder eine Cola?«
»Eine Cola wäre gut.« »Susan hat ihr Besuch etwas mit der Raumstation zu tun?«
»Ja, wir können nicht starten. Ein Besatzungsmitglied ist ernsthaft erkrankt und das ist noch nicht alles. Ein Ventil ist defekt. Wir wissen inzwischen, dass sie uns an der Nase herumgeführt haben.«
»Habe ich das?«
»Ja, als sie vor einiger Zeit bei uns waren, hat man sie als zweitrangig, nur als Edras Freund, behandelt. Wir wissen jetzt, dass sie Edra sind.«
»Doch, eine wusste es, die Tochter der Raumfahrerin, hat sie geplaudert?«
»Nein, bestimmt nicht.«
»Was erwarten sie jetzt von mir? Edra soll seine Freunde bitten ihnen zu helfen?«
»Ja, das wäre schön.« »Meine Freunde werden ihnen nicht helfen. Wissen sie, was sie mir das letzte Mal sagten, sie würden nicht eingreifen, weil ihre Leute dann zu leichtsinnig würden.«
»Das heißt, wir können keine Hilfe erwarten?« Ich will damit nur sagen, dass sie euch das letzte Mal auch nicht geholfen hätten. Das ist nicht böswillig gemeint. Sie sagen, wer sich ins All wagt, muss die Technik beherrschen.«
»Und da ist nichts mehr zu machen?«
»Ich muss meine Freunde nicht fragen, aber ich werde ihnen helfen. Sie haben den Mann und das Ventil in ihrem Flugzeug mitgebracht?«
»Nein.«
»Wer hat sich denn das ausgedacht? Dann müssen wir also erst ihren Mann holen. Wir können noch nicht sofort losfliegen, ich muss noch auf meinen Kopiloten warten. Sie können ja schon zurückfliegen, es sei denn, sie wollen mit mir fliegen.«
»Sie wollen mich zurückbringen? Doch nicht so wie schon einmal?«
»Nein, in der Zwischenzeit hat sich einiges geändert.«
»Dann schicke ich wohl erst meine Maschine zurück.« Sie griff zu ihrem Handy und es dauerte eine Weile, bis der Pilot kapiert hatte, dass er ohne Susan zurückfliegen sollte. Jessika und Jeanette kamen rechtzeitig zurück. Er klärte sie auf. »Jeanette, du kannst leider wegen Platzmangel nicht mit. Können wir dann«? fragte er, und wartete ihre Zustimmung nicht ab.
Auf dem Stützpunkt gingen sie sofort auf ihren Gleiter zu und er hielt kurz an, damit Susan sich umsehen konnte. Er sah, wie sie verstohlen mit ihrem Handy Aufnahmen machte. »Fantastisch«, sagte sie nur. Die Luke schloss sich hinter ihnen. Das Ziel war noch einprogrammiert. Ein Sprung brachte sie in seine Nähe. Man hatte sie entdeckt. Ein Blinklicht zeigte ihnen den Landeplatz an.
»Wollen sie hier aussteigen oder mitkommen«? fragte er Susan.
»Darf ich?«
»Sicher.« Die Luke öffnete sich. Ein Mann rannte auf sie zu, unter seinem Arm ein Päckchen. Als er im Gleiter war, stellte er sich vor, und schaute erstaunt auf Susan. Sie fand es lustig ihre Marke zu zücken und sich als »Braun, FBI«, vorzustellen. Sie setzten sich. Kristian kannte nicht die genaue Lage der Station. Die Erde lag bald unter ihnen und dann sahen sie die Station.
»Hier spricht Edra, wir kommen rüber. Haben sie sich schon mal gewünscht, in einer Raumstation mitzufliegen?« fragte er Susan.
»Wer träumt nicht davon?«
»Sie möchten aber schon?«
»Ich habe keinen Raumanzug.« Ehe sie sich versah, war sie von einer sprachlosen Raumstationsbesatzung umgeben. Wieder lockerte sie die Stimmung auf. »Braun vom FBI.« Als sie die verblüfften Gesichter sah, lachte sie laut auf. Nur zögernd fiel die Besatzung in ihr Lachen ein. Kristian sah sofort, wer der kranke Mann war. Sie hatten ihm schon seinen Helm aufgesetzt. »Die Sachen bleiben hier.« Mit vereinten Kräften wurde der Mann von seinem Anzug befreit. »Wehrend ich ihren Mann rüber bringe, wäre es nett, wenn sie für das FBI ein paar Erinnerungsfotos machen würden.
Er brachte den Mann rüber. Beide Astronauten schauten sich erstaunt an und Kristian ließ ihnen keine Zeit etwas zu sagen, da war er mit dem zweiten Mann schon in der Station zurück. Eine Kamera lief gerade, als Susan versuchte, unter dem Gelächter der Besatzung, einen Salto zu machen. Er fing sie ein und brachte sie zurück. Dem Mann schien es nicht besonders zu gehen. Susan legte seinen Kopf in ihren Schoß. Die Nachricht von dem erfolgreichen Austausch würde vor ihnen die Erde erreichen. »Sie wollen mich zum Ehrenastronauten ernennen«, sagte Susan aufgeregt. »Susan sorgen sie dafür, dass ich einen Abzug der Bilder bekomme?«
»Das ist das Wenigste, was ich für sie tun kann.« Sie landeten. Ein Krankenwagen stand bereit. Er sprang mit dem Mann bis zur Trage. Als Susan durch die Luke schritt, klatschten die Anwesenden Beifall. Anscheinend waren schon Bilder von ihr hier angekommen. Jessika wollte etwas von dem Jubel abbekommen und verließ den Gleiter. Anscheinend hatte die Astronautin von der letzten Rettungsaktion von der hier erfahren und ihre Tochter mitgebracht. Diese rannte auf ihn zu. Er ging in die Knie und fing sie auf.
»Ich habe dich nicht verraten, glaube mir«, sagte sie.
»Ich glaube dir, gehe jetzt zu deine Mutter zurück. Vielleicht sehen wir uns mal wieder«, sagte er zu Susan. »Das würde mich freuen.« Er hob die Hand zum Abschied und die Luke schloss sich hinter ihnen.«
Als sie wieder zu Hause waren, wartete Lena schon auf sie. Jeanette hatte sie angerufen. Ihr Rekorder lief, als sie berichteten.
Die Rettungsaktion hatte in Amerika hohe Wellen geschlagen. Erstens, dass Edra und Kristian eine Person waren und dass dieser Kristian unbegrenzten Zugriff auf ein außerirdisches Fluggerät hatte. In Amerika wurden Bilder gezeigt, die Susan und ihn in der Raumstation zeigten. Weiter gab es einen Film von ihrer Landung und Ablieferung des kranken Astronauten. Das alles hatte Lena bei einem amerikanischen Fernsehsender entdeckt und war sauer, weil sie nichts dergleichen anzubieten hatte. Zwei Tage später kam ein Päckchen an mit den Fotos und Film von der Landung und mit allen Vermarktungsrechten. Er rief Lena an und neckte sie wegen dem ihrer Meinung nach nicht vorhandenem Bildermaterial. Als Kristian ihr dann erzählte, was soeben mit der Post angekommen war, legte sie ohne Kommentar auf, um zwanzig Minuten später an Aron vorbei in die Küche zu stürmen. »Nun zeig schon her«, sagte sie, bevor sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte.
 
Seite 289
 
Weist du, was ein Kastell ist?«
»Ja, das ist ein Lager, welches von einer Mauer umgeben ist.« »Bist du gut in Geschichte?«
»Ist doch klar, Geschichten sind immer gut.«
»Möchtest du die Römer kennenlernen?«
»Die sind doch auch schon lange tot.«
»Die wir kennen, nicht.
»Darf sie«? richtete er die Frage an die Mutter.
»Was«? fragte die Mutter.
»Die Römer kennenlernen.«
»Doch nicht jetzt sofort?«
»Möchtest du«? fragte er Jasmin. Sie nickte. Kristian hielt ihr seine Hand hin. Ehe jemand Einwände erheben konnte, standen sie vor dem Kastell. »Ist das ein Traum«? fragte Jasmin. »Nein, das ist echt. Traust du dich mit mir durch das Tor zu gehen?«
»Darf man das denn?«
»Ich schon, ich bin ihr Freund.« Man wurde auf sie aufmerksam. Sie gingen los. Über eine Abwechselung erfreut, sahen ihnen die Legionäre entgegen. Sie hatten gerade das Tor passiert, da kam ihnen auch schon Rufus entgegen. »Kristian, wen hast du mitgebracht?«
»Eine Freundin, wir wollen nicht lange bleiben. Ich möchte sie nur einmal herumführen. Was gibt es Neues bei euch?«
»Was soll es schon Neues geben?« Jasmin hielt seine Hand fest umklammert.
»Du musst sagen, wenn du Angst hast.«
»Nein, du darfst mich nur nicht loslassen.«
»Kristian, vor eine Weile waren Händler hier. Sie hatten Schwerter zu verkaufen. Ich habe sie für dich gekauft.« »Rufus, ich danke dir.
Darf ich sie mal sehen?«
»Folgt mir.« In seiner Kammer standen zwei Betten. Unter einem zog er ein Tuchbündel hervor und schlug es auf. Vier Schwerter in gutem Zustand.
»Sind das Römische«? fragte er.
»Kann sein.«
»Hast du nicht gefragt, woher sie die Schwerter haben?«
»Kristian, das will ich gar nicht wissen.« Auch gut.
»Ich habe kein Geld dabei. Darf ich sie mitnehmen und später bezahlen?«
»Du bist mein Freund.« Er wickelte die Schwerter wieder ein. »Rufus, wir werden gehen, ich bring das Geld später vorbei.« Das Stoffbündel unter dem Arm sprangen sie zurück. Den Eltern sah man die Anspannung an.
»Sind Händler da«? fragte Jessika.
»Sie waren da, Rufus hat sie für mich gekauft.«
»Ein Soldat hat sie uns gegeben«, erklärte Jasmin.
»Hast du dir so einen Legionär vorgestellt«? fragte Jessika.
»Ja, so habe ich sie auf Bildern gesehen.« Herr Becker deutete auf die Schwerter. Kristian nickte.« Vorsichtig nahm er ein Schwert in die Hand. »Ist schon aufregend, wohl auch sehr teuer?«
»Wenn man das Alter bedenkt und den Zustand, dann muss man schon einiges dafür auf den Tisch legen.« Kristian merkte, dass er Feuer gefangen hatte. »Kommen sie einfach mal vorbei.«
»Das werde ich.« Es schellte an der Haustür. Die Hausangestellte führte einen Mann und eine Frau ins Zimmer. Herr Becker übernahm die Vorstellung. Es war klar, dass der Blick der Besucher auf die Schwerter hängen blieb.
»Deine neuen Errungenschaften«? fragte der Gast.
»Nein, meine Tochter hat sie aus einem Römerlager mitgebracht.« Sie mussten über das Gesicht des Gastes lachen. »Was war mit deiner Tochter?«
»Wir waren bei den Römern«, klärte Jasmin auf.
»Ein Soldat, der Kristians Freund ist, hat sie uns gegeben.« »Wir haben wohl eine Menge verpasst«? sagte der Gast zu seiner Frau.
 

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Seite 14

Er dachte an Jessika. Als er für einige Wochen im römischen Reich verschollen war, hatten die Elfen sein Medaillon, welches für ihn keine funktionale Bedeutung mehr hatte, weil er statt dessen ein Implantat bekommen hatte, für Jessika wieder aktiviert. Damit konnte sie ihn suchen und Riga, eine ehemalige Sklavin im Römischen Reich, weiter mit Waren beliefern. Er fragte sich, ob die Elfen ihr die Kraft des Medaillons lassen würden, nachdem er wieder zurück war. Jessika konnte jetzt so wie er durch die Tore springen. Gedanken lesen konnte sie jedoch nicht. Kristian hätte sich nicht gewundert, wenn sie hier eines Tages auftauchen würde. Ganz in Gedanken, erschrak er, als Gerti ihm etwas zu trinken auf die Bank stellte. »Gerti, sie verwöhnen mich.«
»Wir haben noch keinen so berühmten Gast hier gehabt.«
»Jetzt übertreiben sie aber.«
»Was sie für unsere Klara getan haben, können wir gar nicht wieder gutmachen.«
Bis zum Mittag hatte er einige Seiten geschrieben. Es war schon ein Uhr, als Gerti Klara von der Bushaltestelle abholte. »Wir können«, sagte Klara, als sie bei ihm stand.
»Darf ich wenigstens vorher noch etwas essen«? fragte er. Nach dem Essen zog sich Klara um. Gerti hielt ihr eine Tüte hin.
»Was soll ich damit?«
»Gastgeschenk«, sagte Gerti nur.
»War das deine Idee«? fragte Klara. Er nickte. Sie sattelten die Pferde und saßen auf. »Klara, wenn was ist, du musst sofort auf Tuchfühlung an mich herankommen.«
»Meinst du, es könnte gefährlich werden?«
»Nur für alle Fälle.« Sie waren auf dem Weg zum Fürsten. Einen Kilometer vor der Siedlung kamen sie an. »Sind wir hier auch richtig?« fragte Klara, »ich sehe keine Germanen.«
»Warte es ab.« Die Siedlung machte einen friedlichen Eindruck. Sie lag auf einer Anhöhe hinter einem Palisadenzaun. Kristian dachte daran, als die Wiesen davor noch voller Zelte gestanden hatten. Jetzt waren die Wiesen leer. Man hatte sie entdeckt. Sie ritten durch das Tor. Es herrschte eine bedrückte Stimmung. Armelinde die Enkelin des Fürsten, kam auf sie zu. »Was ist passiert«? fragte Kristian.
»Der Fürst ist krank.«
»Schlimm?«
»Die Heilerin sagt ja.«
»Bringst du mich zum Fürsten?« Man kümmerte sich um ihre Pferde.
Der Fürst lag auf einem Bett voller Felle. Fiebrige Augen blickten Kristian an. »Kristian, ich werde zu meinen Ahnen reisen.«
»Was ist passiert?« fragte Kristian Armelinde.
»Bei einer Wildschweinjagd ist sein Arm von einem Ast aufgespießt worden, die Wunde hat sich entzündet.«
Der Fürst hatte sich anscheinend damit abgefunden, seinen Ahnen entgegen zu treten. Jetzt konnte nur noch ihre Medizin helfen. »Klara, ich muss dich kurz alleine lassen und unseren Heiler holen. Armelinde erschrecke jetzt nicht, ich komme gleich wieder.«
Er stand im Flur ihres Krankenhauses und suchte Sonja die Ärztin. Eine Schwester sagte ihm, wo er sie finden würde. »Kristian was ist los?«
»Du musst mitkommen, der Fürst liegt im Sterben.«
 »Was fehlt ihm denn?«
»Vermutlich eine Blutvergiftung.«
»Warte, ich packe meine Tasche und sage, dass ich zu einem Notfall unterwegs bin.« Er nahm ihre Tasche und sie waren bald wieder beim Fürsten. Sonja ging auf das Lager des Fürsten zu. Eine ältere Frau war jetzt auch da. Armelinde sah seinen fragenden Blick.
»Die Heilerin«, sagte sie. Sonja sah auf den verbundenen Arm des Fürsten. Vorsichtig hob sie ihn an, Kristian half ihr den Verband zu entfernen. Die Heilerin sah aufmerksam zu. Der Arm sah wirklich nicht gut aus. Eiter lief aus der Wunde. Sonja tastete den Arm ab. Mit einer Pinzette stocherte sie in der Wunde herum und zog dann ein Stück Ast daraus hervor. Sie spülte die Wunde aus, der Fürst bekam eine Spritze. »Ich kann die Wunde noch nicht zunähen«, meine Sonja, »wir müssen abwarten.« Kristian wusste, dass sie die Heilerin an den Heilungsprozess beteiligen sollten.
»Sage ihr was sie machen soll«, bat er Sonja.
»Sie kann jetzt noch nichts machen, erst muss die Entzündung abklingen.« Die Heilerin sah stumm zu, wie Sonja den Arm verband. »Wir sollten seine Heilkräfte aktivieren«, schlug er vor. »Der Erfolg ist größer, wenn wir das zusammen machen«, meinte Sonja.
»Ja, du hast recht.« Er hatte Sonja seine Kräfte übertragen, sodass sie auch in der Lage war, die Heilungskräfte zu aktivieren. Sie knieten auf beide Seiten des Lagers nieder und legten ihre Hände auf den Körper des Fürsten. Der Energiestrom setzte sofort ein. Der Körper des Fürsten saugte ihre Energie gierig auf. Das Gesicht des Fürsten entspannte sich, seine Augen waren geschlossen. Nach zehn Minuten schaute Kristian Sonja an. Sie nickte ihm zu. Beide standen auf. »Ich habe noch nie so deutlich gespürt, dass ein Körper meine Energie aufgenommen hat«, sagte Sonja.
»Ja, das habe ich auch deutlich gespürt, ich hoffe, dass die Übertragung noch rechtzeitig stattgefunden hat.« Armelinde hatte mit großen Augen zugeschaut. Der Heilerin konnte man keine Regung ansehen. »Ihr seid mächtige Heiler, seht nur, die Haut des Fürsten ist nicht mehr so blass«, stellte Armelinde fest. Er hatte nicht darauf geachtet, aber jetzt sah er es auch.
»Du musst mich morgen wieder herbringen«, sagte Sonja. Jetzt erst hatte sie Gelegenheit sich umzusehen. Sie ging durch die Tür bis vor das Haus, wo einige Bewohner sie anstarrten. Sie ging an ihnen vorbei, schaute links und rechts, und kehrte dann zurück. »Kristian, ich danke dir, dass ich dieses sehen durfte.«
»Ich nehme an, dass du das noch öfter sehen wirst«, sagte er. »Dann bringe mich jetzt zurück.«
»Sonja, du darfst noch keinem erzählen, wo wir waren, ich mache gerade Urlaub, Jessika weis nicht wo.«
»Ihr habt Geheimnisse voreinander?«
»Nein, ich will nur in Ruhe an meinem Buch arbeiten.«
Er lieferte sie im Krankenhaus ab.
»Morgen um die gleiche Zeit?«              
»Ist mir recht.« Wieder zurück, fragte er Klara, »was hat Gerti dir mitgegeben?« Sie hielt ihm ihre Tüte hin. Er holte zwei Stück Seife heraus. Ein Stück reichte er der Heilerin, Armelinde bekam das andere.
»Du weist, wofür das ist?« fragte er Armelinde. Sie roch daran.
»Ja, zum Waschen.«
»Ich komme morgen mit meiner Heilerin zurück, lasst den Arm jetzt in Ruhe.«
»Kristian, ich bin froh, dass du gekommen bist, es wurde schon über einen Nachfolger nachgedacht.«
»Das ist noch zu früh. Fürst, wir werden jetzt gehen und kommen morgen wieder.« Vor der Tür hatten sich mehrere Leute versammelt. Sie machten Platz, als sie zu den Pferden gingen. Nachdem sie durch das Tor geritten waren, fragte er Klara, »Hast du jetzt genug Germanen gesehen?«
»Ja schon, es war nur kein freundlicher Anlass.«
»Das kommt noch, wenn der Fürst gesund ist.« Sie ritten noch eine Weile und sprangen dann zurück.
Klara konnte es nicht abwarten, ihrem Vater alles zu erzählen. In der Zwischenzeit musste Gerti sich ihr Erlebnis anhören. Weist du, wem du das noch erzählen kannst«? fragte er.
»Wen meinst du?« »Deinem Tagebuch.«
»Ja du hast recht, ich gehe jetzt in mein Zimmer.«
Beim Abendessen sprudelte Klara über.
»Du nimmst mich doch morgen wieder mit?«
»Wenn du schön artig deinen Teller leer isst.«
Herr Melchior fand das lustig.
 
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Am anderen Morgen. Klara war in der Schule. Kristian hatte nicht vor, auszureiten. Beim letzten Ausritt hatte er eine Bergspitze entdeckt, auf der ein Kreuz stand. Das schien ihm ein Ort zu sein, wo er ungestört und ohne äußere Einflüsse schreiben konnte. Er nahm seinen Schreibblock, das Kreuz vor Augen, sprang er. Es war schon ein verdammt guter Aussichtspunkt. Die Täler unter ihm lagen teilweise noch unter einer Decke aus Nebel versteckt. Der Gipfel war von einer Holzbrüstung umgeben. Ein schmaler Pfad führte den Berg hinunter. Es war sicher eine anstrengende Bergtour, um hierher zu gelangen. Eine Bank lud zum Verweilen ein. Er setzte sich und schrieb. Es mochte eine Stunde vergangen sein, als sich jemand schnaubend näherte. Hochblickend sah er eine junge Frau, sie mochte um die fünfundzwanzig Jahre alt sein, näherkommen. Sie war bergmäßig angezogen, hatte aber keinen Rucksack dabei. Sie sah zu ihm herüber. Er rückte etwas zur Seite, was wie eine Aufforderung wirken sollte, sich zu ihm zu setzen. Sie musterte ihn. Er war nicht gekleidet wie jemand, der einen Berg erklimmen wollte oder hatte. »Sie sind so hier hochgekommen«? fragte sie.
»Ja, ich hatte gehofft, hier in Ruhe schreiben zu können.«
»Und durch mich ist ihre Ruhe jetzt gestört?«
»Nein, das wollte ich damit nicht sagen.« Sie stellte sich an die Brüstung und blickte ins Tal hinunter. Einzelne Nebelbänke hatten sich aufgelöst und man konnte unten vereinzelt Häuser erkennen.
»Was treibt sie schon zu so früher Stunde hier rauf«? fragte er. Sie antwortete nicht. Irgendetwas stimmte nicht mit der Frau.
»Bleiben sie noch länger hier«? fragte sie.
»Ja, hatte ich eigentlich vor.« Sie drehte sich zu ihm um. Ungewollt sprangen ihm ihre Gedanken entgegen. Er sah, woran sie dachte. Sie sah sich in Gedanken mit ausgebreiteten Armen den Berg hinunter stürzen. Die Holzbrüstung und ihr Wille waren die einzigen Hindernisse, die es noch zu überwinden galt. »Warum schauen sie mich so an«? fragte sie.
»Haben sie sich das genau überlegt, sie werden es nicht schaffen, frei wie ein Vogel hinunterzufliegen. Wenn sie unten aufschlagen, ist es vorbei mit dem Fliegen«
»Warum erzählen sie mir das?«
»Ich will damit nur sagen, dass ihre Eltern sie dann nicht mehr erkennen würden.«
»Wer sind sie eigentlich?«
»Vielleicht bin ich ihr Schutzengel?«
»Wie ein Engel sehen sie nicht aus.«
»Wie muss ein Engel aussehen, vermissen sie meine Flügel?«
»Sie sind ja verrückt.«
»Also, was ist, geben sie ihr Vorhaben auf? Ich bekomme für jede gerettete Seele ein Fleißkärtchen.«
»Du willst mein Schutzengel sein, dann kennst du sicher meine Eltern?« Kristian sah sie an. Hinter ihre Stirn schien sie ihm ihre Eltern vorstellen zu wollen. Ihren Vater sah er in einen Arztkittel vor sich. Bei der Mutter war er sich nicht sicher. Die junge Frau dachte an ihre Mutter, von Geldbündeln umgeben. Kristian wechselte auch ins du. »Dein Vater ist Arzt, deine Mutter verwaltet das Geld Anderer.«
»Du scheinst einiges über mich zu wissen, und du hast gewusst, weswegen ich hierher gekommen bin. Und du könntest sofort von hier verschwinden?«
»Ja«
»Dann tue es.« Als er unsichtbar wurde, erschrak sie. Er machte sich wieder sichtbar. »Glaubst du mir jetzt?«
»Ich bin kein gläubiger Mensch.«
»Das macht nichts, drehe dich um und gehe nach unten, oder besser, ich bringe dich nach unten?«
»Ich schaffe das schon.«
»Ich weiß, aber mir macht es keine Mühe, gib mir deine Hand.« Als sie unten im Tal ankamen und sie sich dessen bewusst wurde, war sie erschrocken. Er sprang zurück und ahnte nicht, was für eine Erklärung sie sich für ihre Begegnung zurechtlegen würde. Vielleicht würde sie es später noch einmal versuchen. Es war kurz vor der Zeit, an der Klara aus der Schule kommen würde. Er sprang zurück. Als Klara ihn sah, fragte sie, wie viel Seiten er geschrieben hatte. Kristian hielt ihr seinen Block entgegen. »Du warst fleißig.«
»Du rätst nicht, wo ich war?«
»Sag schon.«
»Kennst du den Hügel mit dem Kreuz darauf?« »Ja«
»Ich habe dort geschrieben. Eine junge Frau war dort und wollte sich herunterstürzen.«
»Und du hast sie gerettet?«
»Ich habe es ihr ausgeredet. Sie denkt ich sei ihr Engel, der sie beschützt hat.«
»Siehst du sie wieder?« »Warum sollte ich?«
»Wir sollten nachschauen, wie es dem Fürsten geht, wir wollen das Fest nicht verpassen.«
Sie machten sich fertig.
Schon von Weitem sahen sie den Fürsten im Tor stehen. Als wenn er auf sie gewartet hatte. Er winkte ihnen zu, um ihn herum standen etliche Siedlungsbewohner. Schon vor dem Tor nahm man sich ihrer Pferde an. Gemeinsam gingen sie zum Haus des Fürsten. Vor der Tür drehte Kristian sich zu den Leuten um.
»Wir danken euch für den freundlichen Empfang.«
Dann gingen sie ins Haus.
»Fürst, dir scheint es besser zu gehen?«
»Kristian, ich weis nicht, ob meine Ahnen böse auf mich sind, weil ich mich ihnen entzogen habe?«
»Die Ahnen haben kein Zeitgefühl, sie wissen, dass du ihnen nicht entkommen kannst und eines Tages bei ihnen anklopfst«, beruhigte er ihn.
»Kristian, in drei Tagen feiern wir ein Fest, du und deine Frauen kommen doch?«
»Fürst, es ist uns eine Ehre. Und für dich ist es besser, du gehst den Wildschweinen eine Weile aus dem Weg.« Sie tranken einen Becher Bier und verabschiedeten sich wieder.
Als sie Zuhause waren, fragte er Gerti, ob er sich ihr Auto ausleihen dürfte.
»Nimmst du mich mit«? fragte Klara.
»Es ist bestimmt nicht gut, wenn man uns zusammen sieht.«
»Hast recht.« Er fuhr durch den Ort, weil er ein Geschenk für den Fürsten kaufen wollte und erschrak, als ein Auto an ihm vorbei fuhr. Das Gesicht der jungen Frau vom Morgen sah ihn erschreckt an. Kristian hörte noch ihre Reifen quietschen, als sie abbremste. Da sie aus verschiedenen Richtungen kamen, konnte sie ihm nicht sofort folgen. Er suchte sich einen Parkplatz. Obwohl die Auswahl der Geschäfte nicht groß war, fand er, was er suchte. Eine dicke warme Decke. Als er auf die Straße trat, stand ihm die Frau vom Berg gegenüber.
»Ich wollte es glauben, aber sie sind niemals ein Engel, sie haben sich über mich lustig gemacht.«
»Ich habe dich ins Tal gebracht«, erinnerte er sie.
»Das stimmt«, sagte sie nachdenklich.
»So, ich muss jetzt weiter.«
»Halt, darf ich dich berühren?«
»Wenn du willst?« Ziemlich fest umschloss sie seinen Oberarm. »Hast du was anderes erwartet«? fragte er.
»Gehe jetzt bitte nicht, ich möchte dich besser kennenlernen.«
»Engel kommen und gehen, sie sind immer beschäftigt.«
»Und sie gehen einkaufen?«
»Ja, du hast recht, klingt schon ein wenig verrückt. Habe ich dich wenigsten davon abgebracht, dass du dir was antust?«
»Ja, schon, sage mir endlich wer oder was du bist?«
»Komm, da vorne können wir uns hinsetzen. Unter einem Baum stand eine Bank, auf der sie sich setzten. Sie schaute ihn erwartungsvoll an. »Nun fang schon an«, drängte sie.
»Ist dir nie in den Sinn gekommen, wer so etwas kann, dich ins Tal bringen?«
»Nein, warte, ich wüsste jemand, aber das kann nicht sein.«
»Warum nicht?«
»Das wäre zu verrückt, was machst du hier?«
»Ich mache Urlaub.«
»Ganz alleine?« »Ich kenn hier jemand, ich wohne dort.«
»Da kommt nur eine infrage. Du wohnst bei Klara.«
»Vielleicht.«
»Aber wieso hast du gewusst, was ich vorhatte?«
»Es stand dir auf der Stirn geschrieben.«
»Meine Gedanken, du hast sie gelesen, auch das über meine Eltern.«
»Ich gestehe.«
»Wohnst du schon länger bei Klara?«
»Ein paar Tage.«
»Klara hat sich nichts anmerken lassen.«
»Du kennst Klara näher?«
»Ich bin Lehrerin, dann hast du Klara gesund gemacht?«
»Ich habe etwas geholfen. Sagst du mir deinen Namen?« »Veronika.«
»Veronika du darfst keinem erzählen, wo ich wohne.
Und sonst ist ja alles jetzt geklärt, oder nicht«? fragte er.
»Ja, die Welt ist schon verrückt«, sagte sie kopfschüttelnd. Er ging und fuhr zurück.
Seite 107
Sie warteten auf Jeanette und sattelten dann die Pferde. Der Sprung brachte sie ca. zwei Kilometer vor Claudius Anwesen. Darauf was sie sahen, waren sie nicht vorbereitet. Sie standen auf eine mehr oder weniger befestigte Straße. Zweihundert Meter vor ihnen zog eine endlose Marschkolonne auf eine breite Römerstraße dahin. Jeanette hatte schon die Kamera angestellt. Langsam ritten sie auf den Lindwurm zu. Ihr erscheinen brachte die Marschordnung der Legionäre durcheinander. Jessika machte es noch schlimmer, als sie ihre Hand zum Gruß hob. Ein Centurio, erkennbar an den querstehenden Besen auf seinem Helm, kam angeritten und brachte die Legionäre auf Vordermann. Eine Weile sah er zu ihnen rüber, dann preschte er davon. Zwei und vierräderige Wagen lockerten das Bild auf. Dann folgte ein nicht enden wollender Strom Sklaven. Diese schleppten sich mühevoll dahin. Alte Leute waren nicht dabei, aber Kinder. Kristian sah Tränen in Jessikas Augen. Der Centurio von eben kam angeprescht und brachte sein Pferd vor ihnen zum Stehen. »Der Legat Livianus möchte euch kennenlernen.« Kristian wusste, dass ein Legat über vier bis fünftausend Soldaten befehligte. Deshalb der nicht enden wollende Strom Legionäre. »Sage deinem Legaten, dass wir ihn auch gerne kennenlernen wollen.« Als der Centurio sah, dass sie keine Anstalten machten, ihm zu folgen, sagte er, »den Legaten lässt man nicht warten.«
»Sage deinem Legaten, dass wir noch nie so viele Legionäre auf einmal gesehen haben, und uns der Anblick erfreut, wenn wir genug gesehen haben, folgen wir gerne seiner Einladung.« Der Centurio wusste nicht, wie er mit ihnen verfahren sollte.
»Ich möchte meinen Legaten nicht enttäuschen, bitte folgt mir.« Also gut. Sie galoppierten hinter ihm her. Die Spitze des Lindwurms war schon eingeschwenkt. Normalerweise fingen jetzt die Legionäre mit ihren Schanzarbeiten an, um das Lager zu sichern. Da aber kein Krieg herrschte, hoben sie Zelte von den Wagen und richteten sie auf. Der Legat stand vor einem Wagen und schaute ihnen entgegen.
»Als der Centurio mir berichtete, dass drei fremdartige Menschen aufgetaucht seien, sagte ich ihm, er solle euch zu mir bringen. Ich kann nur bestätigen, dass ihr fremdartig ausseht und keine Römer seid.«
»Legat Livianus, wir waren auf dem Weg einen Freund zu besuchen, als sich uns der Anblick eurer Soldaten bot.«
Der Legat war von kleiner gedrungener Statur mit wenigen Haaren auf seinem Kopf.
»Wir müssen eine Rast einlegen, die Sklaven machen schlapp, ich will auf keinen verzichten«, meinte er erklären zu müssen.
»Wohl nicht aus Mitleid, sondern des Gewinns wegen«, sagte Kristian. »Nicht nur, auch meine Soldaten brauchen eine Ruhepause. Wir sind auf den Weg nach Rom. Unsere Vorräte gehen zur Neige.«
»Glaubt ihr sie hier auffüllen zu können?«
»Wir werden sehen.« Der Aufbau seines Zeltes machte Fortschritte. Ein Soldat brachte Stühle. Sie sahen dem Treiben zu. Jeanette hielt die Kamera unauffällig an der Hüfte. »Deine Frauen zeigen viel von ihrer Weiblichkeit«, sagte der Legat.
»Warum soll man verstecken, was man hat, deinen Soldaten hat es gefallen.«
»Ich muss gestehen, mir gefällt es auch. Du kennst meinen Namen, sage mir euren.«
»Das ist Jeanette und Jessika, mein Name ist Kristian.«
Die Sklaven wurden in einen mit einem Seil eingezäunten Platz getrieben. Er schätzte ihre Zahl um die vierhundert. Rom brauchte billige Arbeitskräfte. Große Kessel wurden aufgestellt und Feuer darunter entfacht.
Säcke mit Hafer wurden danebengestellt. »Ihr müsst riesige Mengen Proviant mit euch führen«, fragte Kristian.
»Es ist sicher nicht leicht, soviel Münder zu stopfen?«
»Du sagst es, Kundschafter reiten voraus und sammeln Vorräte ein. Ein Sklave verteilte Becher und schüttete Wein hinein. »Legat Livianus, wir sind Händler, hast du irgendwelche Wünsche?«
»Ihr seht nicht so aus als hättet ihr viel anzubieten.«
»Lass dich nicht täuschen, unser Lager ist nicht weit entfernt.«
»Ihr könnt mich mit Hafer beliefern?«
»Sage mir, wie viel du haben willst.«
»Zweihundert Talentum.« Für so viele Mäuler war das nicht viel. Ein Talentum entsprach ungefähr einem halben Zentner. Zwei also einen Zentner. Insgesamt ergab das einhundert Einzentnersäcke. Lauernd sah er Kristian an. Dieser lächelte zurück. »Das müsste zu schaffen sein. Die Frage ist, womit willst du das bezahlen? Ich nehme Aureus und Waffen.«
»Bitte folge mir.« Sie gingen zu den abgestellten Wagen. Er zeigte auf drei zweirädrige Karren. Kristian stieg hinauf und lüftete die Plane. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Der Wagen war bis oben mit Waffen aller Art gefüllt. Auch die beiden anderen Wagen inspizierte er. Letzterer schien ihm mit besseren Waffen gefüllt zu sein. »Was hast du mit den Waffen vor«? fragte Kristian.
»Sie werden umgearbeitet und unsere Legionäre damit ausgerüstet.«
»Ich nehme einen Wagen, wie viel Aureus wirst du dazu legen?« Er schien nicht abgeneigt zu sein.
»Was hältst du davon, wenn du einen Wagen so vollpackst, bis nichts mehr drauf passt?« schlug er vor.
»Das schien Kristian ein gerechter Preis zu sein. Willst du das Korn gemahlen haben?«
»Wenn du das machen kannst, gebe mir zwanzig Talentum gemahlenes Korn.«
»Ich lege noch einen Sack gemahlenen Weizen obendrauf«, sagte Kristian. »Heute Abend werden wir unser Geschäft begießen«, schloss der Legat. Kristian hatte keinen Grund dem Legaten nicht zu trauen. Als sich dessen Mund zu einem hämischen Grinsen verzog, beschloss er seine Ehrlichkeit zu überprüfen. Was er sah, gefiel ihm überhaupt nicht. Der Legat sah sich in seinem Zelt mit Jessika in seinen Armen. So ein Schwein. Jessika war aufgestanden und ging zu den Sklaven. Ein Centurio folgte ihr. »Kristian, kommst du mal«? rief sie.
»Was gibt es denn?«
»Das Kind einer Frau, ich glaube es stirbt.«
»Jessika, du weist, dass wir daran nichts ändern können.«
»Ich glaube es verhungert.« Tatsächlich sahen alle Sklaven unterernährt aus.
»Wir sollten der Frau keine Hoffnung machen«, sagte er.
»Komm und sehe es dir wenigstens an«, bat sie. Sie war vor einer Frau stehen geblieben. Diese kniete am Boden und hielt schluchzend ein ca. vierjähriges Kind in ihren Schoß. Der Frau ging es auch nicht gut. Sicher hatte sie ihre Essenration mit dem Kind teilen müssen.
»Herr, kauft mein Kind, sonst wird es sterben. Sie hatten nichts zu essen dabei. »Können wir sie nicht mitnehmen«, bettelte Jessika.
»Später, wenn ich den Hafer geliefert habe.«
»Ich könnte Milch und Brot holen«, schlug Jessika vor. »Und wie willst du das machen unter den Augen der Römer?« Sie gingen zurück. »Ihr habt Mitleid mit den Sklaven«? fragte der Legat. »Ich denke dir liegt etwas an ihnen, warum lässt du sie verhungern?«
»Ist es so schlimm? Wenn du geliefert hast, bekommen sie eine Extraportion.« Kristian fragte sich, warum sie noch hier waren? Das Geschäftliche war soweit besprochen.
»Legat, wir werden uns jetzt um die Lieferung kümmern und hoffen, dass ich bis heute Abend alles zusammenhabe.«
»Lass deine Frauen hier, ich werde auf sie aufpassen.«
»Legat, das kann ich auch.« Ihre Pferde standen nicht weit. Als sie an den Sklaven vorbei gingen, bückte Kristian sich bei der Frau. »Wir werden dich und das Kind heute Abend mitnehmen. Damit wir dich wiederfinden, musst du unbedingt an diese Stelle auf uns warten.« Sie blickte ihn an. Dann nickte sie. Er sah zum Legaten rüber. Diesem ging sicher viel durch den Kopf. Er sah seine Beute entschwinden. Anscheinend hatte er schon mit den Wachen gesprochen. Zwei Legionäre stellten sich ihnen in den Weg. »Legat, du solltest uns nicht aufhalten.« Nach langem Zögern nickte er der Wache zu, die dann den Weg freigaben. Sie stiegen auf ihre Pferde und ritten in eine Talsenke. Als sie nicht mehr zu sehen waren, sprangen sie. Zuhause besuchte er den Getreidehändler und sagte ihm, was er brauchte. Mit einhundert Zentner war er überfordert, versprach aber bis heute Abend alles beisammenzuhaben. In der Zwischenzeit hatte Jeanette Großvater erzählt, was sie gesehen hatten. Maria strich verstohlen über ihre Augen.
»Jeanette, du kommst nicht mehr mit. Der Legat hat vor, sich mit euch zu vergnügen. Anscheinend hatte sie selber schon ein ungutes Gefühl gehabt, denn sie protestierte nicht. Und du Jessika gehst auch nur unsichtbar mit. »Wollt ihr nicht lieber alle hier bleiben«, schlug Großvater vor.
»Großvater, dort stehen drei Wagen voll mit erbeuteten Waffen.«
»Euer Leben ist mehr Wert.«
»Ja ich weiß, wir können ja jederzeit abhauen, wenn es gefährlich wird. Jessika, du nimmst die beiden letzten Karren mit, aber warte solange, bis ich dir Bescheid sage. Danach kommst du nicht mehr zurück.«
»Was hast du vor?« Ich möchte dem Legaten einen Denkzettel verpassen. Zum Schluss nehme ich die Frau und das Kind mit.
Es wurde schon dunkel, als der Händler anrief, dass das Korn bereitlag. Er erklärte Jessika, dass sie das Korn in der Talsenke ablegen wollten. Die Dunkelheit war ihr Verbündeter. Mehrmals sprangen sie. »Jessika, ich sage dir, wann es losgehen kann.« Dann ging er auf das Lager zu. Unzählige Feuer brannten. Eine Wache brachte ihn zum Legaten. »Du kommst alleine«? stellte er enttäuscht fest. »Legat, ich habe schon mit vielen Mächtigen Geschäfte gemacht. Nicht wenige glaubten, dass die Abmachung nicht mehr galt, wenn sie die Ware erhalten hatten. Wie ist es mit dir?«
»Erst muss ich sehen, ob du geliefert hast.« Kristian sagte ihm, wo das Korn lag. Der Legat bot ihm was zum Trinken an. Kristian lehnte dankend ab. Nach einiger Zeit kam ein Centurio ins Zelt und berichtete.
»Du hast Wort gehalten«, sagte er. »Und du hast recht, ich habe nicht vor, mich an die Abmachung zu halten.«
»Das habe ich mir schon gedacht. Hast du dich nicht gefragt, wie ich es schaffen konnte, das Korn ohne Aufsehen in das Tal zu bringen? Ich habe mächtige Verbündete, die sich in diesem Augenblick um meine versprochene Ware kümmern.
»Jessika, es kann losgehen.« Anscheinend wartete sie schon ungeduldig. Draußen gab es einen Tumult. Eine Wache stürmte herein. »Legat, ein Wagen mit Waffen ist verschwunden.«
»Habt ihr auf der Wache geschlafen, ich werde euch alle auspeitschen lassen.« Die Wache verschwand wieder.
»Nun zu uns Legat, du hast versucht mich zu betrügen. Was ist dir dein Leben wert?«
»Wache«, rief er. Diese stürzte herein. Kristian stand schon beim Legaten und hielt dessen Dolch in der Hand.
»Ich glaube nicht, dass deine Leute schneller sind, wie ich dir deinen Dolch in den Rücken stoßen werde. Sage deiner Wache, dass wir nicht mehr gestört werden wollen.« Er drückte zu. Der Legat gab den Befehl.
»Jetzt werden wir erneut verhandeln. Was ist dir dein Leben wert?« Draußen gab es erneut einen Tumult.
»Gerade wurde der zweite Wagen geholt, und du konntest dagegen nichts tun«, sagte er und verwandelte sich in den alten weißhaarigen Druiden. Geschockt hatte der Legat zugesehen.
»Die Götter sind nicht mit dir, du bist ein unehrlicher Geschäftspartner. Die ewige Verdammnis wartet schon auf dich.« Er schickte ihm Bilder von der Hölle zu, er mitten drin mit brennenden Gewändern. »Lass mir mein Leben, ich werde in Zukunft ehrlich sein«, jammerte er.
»Wie viel ist es dir wert, wenn ich dein Leben verschone?«
»Nimm, was in der Truhe ist, es soll alles dir gehören.«
»Bist du sicher, dass du das willst?«
»Ja«
»Verspreche, den Gefangenen mehr zu essen zu geben.«
»Ich verspreche es.« Draußen wurde es wieder laut. Anscheinend hatte Jessika der Versuchung nicht widerstehen können und den dritten Wagen geholt. Danach stand sie plötzlich im Zelt.
»Alles klar hier?« »Hatten wir nicht ausgemacht, dass du nicht zurückkommst? Wo du schon gerade da bist, der Legat bat uns, die Truhe mitzunehmen.«
»Die Ganze?«

»Ja, hat er gesagt. Nimm du die Truhe, ich hole die Frau und bringe sie und das Kind ins Krankenhaus, für uns ist hier alles erledigt.« Jessika sah, wie er unsichtbar wurde, ging auf die Truhe zu und verschwand mit ihr. Ein erschreckter Legat blieb zurück. Die Frau hatte auf der Stelle verharrt, wo sie sie verlassen hatten, so dass er sie schnell fand. Da sie ihn nicht sah, sagte er ihr, dass er sie jetzt mitnehmen würde. Ein Blick zurück, zeigte ihm den Legaten vor seinem Zelt und wie verrückt Befehle erteilen. Sicher ließ er nach ihnen suchen. Das Kind auf den Arm, die Frau hielt sich an seinen Arm fest, kamen sie in ihrem Krankenhaus an. Es war nicht viel los. Er erfuhr, dass Sonja die Ärztin keinen Dienst hatte, und konzentrierte sich auf sie. »Sonja, hier ist Kristian, ich habe hier zwei halb verhungerte Sklaven, kannst du kommen?«

Seite 173
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»Sie sagen, dass sie mehr Männer haben wie wir«, erklärte Kristian. »Ich habe ihnen Angst gemacht, weiß aber nicht, ob sie das aufhält. Dann sprachen sie noch von Aushungern.« Ihre Wasserquelle lag fünfzig Meter entfernt. Rufus gab den Befehl alle Behältnisse mit Wasser zu füllen. Von beiden Seiten, mit Schilde geschützt, gingen die Legionäre zum Wasser und wieder zurück. Die Germanen hatten sich von dem Schreck noch nicht erholt, sodass es zu keinem Zwischenfall kam, worauf Rufus sie noch einmal zum Wasserholen losschickte.
Rufus, wie schätzt du unsere Lage ein? Ich glaube, dass sie im Vorteil sind. Sie haben uns eingekreist, wenn sie geschlossen angreifen würden, können wir sie schlagen, aber so dumm werden sie nicht sein.«
»Also Rückzug?« »Wenn sie uns lassen.«
»Und dann mit mehr Männer zurückkommen?«
»Uns bleibt nichts anderes übrig.«
»Wenn du erlaubst, versuche ich, mit den Germanen zu verhandeln?« »Sie könnten dich gefangen nehmen.«
»Was meinst du, kann man sich auf ihr Wort verlassen?«
»Im Allgemeinen schon.« »Dann gehe ich.«
Die Kamera war eingeschaltet, als er unsichtbar das Lager verließ. Wieder passierte er mehrere Wachen und wunderte sich, dass er nicht mehr von ihnen sah. War ihre Anzahl doch nicht größer? Er erreichte das Zelt, es war leer. Er setzte sich und wartete. Eine halbe Stunde verging. Dann wurde die Zeltplane zurückgeschlagen. Einer der Anführer blickte ihn erschrocken an und griff zu seinem Schwert. »Halt ich bin unbewaffnet.«
»Haben die Römer dich geschickt? Du selber siehst nicht aus wie einer, warte.« Zurück kam er mit den drei Männern, die Kristian schon kannte. »Wundert ihr euch nicht, dass ich an eure Wachen vorbei bis hierhergekommen bin? Sie blickten sich erschrocken an, einer ging nach draußen und befahl die Wachen zu verdreifachen. »Was willst du?« fragte einer. »Sage mir deinen Namen, meiner ist Kristian.«
»Mein Name ist Ingolf.«
Habt ihr schon mal gegen die Römer gekämpft? Ihr müsst doch wissen, dass sie es euch nicht durchgehen lassen, was ihr hier vorhabt.«
»Wir werden euch alle töten, keiner wird wissen, wer es gemacht hat.« »Du irrst dich, eine Nachricht ist schon unterwegs, sie werden mehr Legionäre schicken, wie euch lieb ist.« »Keiner hat das Lager verlassen.«
»Du irrst dich schon wieder. Die Römer haben eine Nachricht mit einer Taube abgeschickt.« Ungläubig schauten sie Kristian an. »Die Nachricht wird einer Taube ans Bein gebunden, sie dürfte bereits im Kastell sein.« »Dann werden wir sofort angreifen und du wirst unser Gefangener sein.«
»Man merkt, dass ihr keine Erfahrung mit Verhandlungen habt. Ich bin freiwillig zu euch gekommen, einen Unterhändler darf man nicht gefangen nehmen, sonst würde es keine Verhandlungen mehr geben.« »Du bist mein Gefangener sagte einer und zog sein Schwert.
»Ingolf willst du das auch?«
»Last ihn gehen,« sagte dieser. »Habe ich freies Geleit?« Den anderen schien das nicht zu passen. Ingolf ausgestreckter Arm hielt sie zurück. »Komm ich bringe dich zurück.« An den Wachen vorbei sahen sie bald das Lager vor sich. »Ich kann nichts mehr für dich tun, wir werden angreifen.« Langsam schritt Kristian auf das Lager zu und passierte den Wall. Ingolf war schon nicht mehr zu sehen. »Rufus, sie werden angreifen.« Rufus schrie die Warnung heraus: »Achtung Bogenschützen.« Alle hatten es gehört und ihre Schilde über ihre Köpfe gehoben. Kristian überzeugte sich, dass die Kamera eingeschaltet war. Rufus machte ihm Platz hinter seinem Schild. Nichts passierte. Dann auf einmal prasselten die Pfeile von oben wie Hagelschauer auf sie hernieder. Eine Welle folgte der anderen. Dann Stille. Der Boden war mit Pfeilen übersät. Dann kamen sie schreiend von allen Seiten angerannt. Die kleineren Schilde der Germanen boten keine ausreichende Deckung. Die erste Welle wurde mit den Wurfspeeren der Römer gestoppt. Der Angriff stockte, die Wucht der Abwehr hatte die Germanen überrascht. Sie sahen ihre Männer fallen und zogen sich zurück. In einigen ihrer Schilde steckten noch die Wurfspeere der Römer. Die Spitze, die im oberen Drittel aus nicht gehärtetem Eisen war, war umgeknickt, steckengeblieben, und behinderte so die Germanen beim Kampf. Kristian hatte sich einen Schild von einem gefallenen Römer gegriffen und hielt ihn vor sich. Schon rannten die Germanen wieder gegen ihren Wall an. Kristian griff sich einen germanischen Speer und erwartete sie. Rufus gab den Befehl zum Angriff. Die Germanen wurden wieder überrascht, als die Legionäre über die Wälle auf sie zusprangen, sich zu einer geschlossenen Formation zusammenstellten und die Germanen angriffen. Sie schoben die Germanen mit ihren Schilden vor sich her und stachen zu. Über gefallene Germanen hinweg stürmten sie vor, bis ein Signal sie zum Rückzug rief. Auch die Römer mussten einen Blutzoll zahlen. Mehrere Legionäre lagen verwundet oder tot vor dem Wall. Rufus schickte seine Legionäre los, sie ins Lager zu holen. Auch die Germanen hatten sich zurückgezogen und leckten ihre Wunden.
»Rufus, soll ich die verwundeten Legionäre zum Kastell zurückbringen und mit frischen Männer zurückkommen?«
»Ja tu das, und erzähle dem Tribun, was hier los ist. Ich glaube nicht, dass die Germanen noch große Lust haben, zu viele ihrer Leute liegen dort vor unserem Wall.« Kristian zählte acht tote Legionäre. Elf Verwundete Legionäre wussten nicht, was er mit ihnen vorhatte, als Rufus befahl, dass sie sich um Kristian aufstellen sollten. Das war nicht ganz einfach, da einige Legionäre nicht mehr stehen konnten. »Ihr müsst eine Kette bilden und lasst nicht los.« Als Rufus nickte, sprangen sie.
Im Kastell war die Aufregung groß, als man sie sah. Der Tribun kam angerannt. Kristian erklärte ihm die Lage. Die Verwundeten wurden zum Arzt gebracht. Der Tribun gab den Befehl, dass sich zwanzig Männer mit Marschgepäck hier einfinden sollen. Kristian nahm die Speicherkarte aus seiner Kamera und reichte sie dem Tribun. »Tribun, gibst du das meiner Frau, wenn sie kommt?« Er nickte und steckte die Speicherkarte ein. Auch hier wussten die Männer nicht, was sie erwartete, als er sie ins Lager zu Rufus brachte.
»Kristian, ich bin froh, dich zu sehen«, empfing ihn Rufus erleichtert. »Rufus, ich weiß nicht, was hier noch passiert, könntest du, wenn es euch möglich ist, die Waffen der Germanen einsammeln und auf deine Wagen werfen lassen?«
»Wenn wir das hier überstehen, veranlasse ich das.«
»Ich schaue Mal, was sie vorhaben«, sagte Kristian, ergriff einen Germanenspeer und sprang unsichtbar über den Wall. Vor dem Zelt saßen oder lagen verwundete Germanen. Ingolf kniete vor einem. Als er sichtbar wurde, griff er reflexartig zu seinem Schwert. »Ingolf lass das, ich bin nicht zum Kämpfen hier.« Das viele Leid vor Augen, wollte Ingolf Blut sehen, das von Kristian. Dieser wich seinem Hieb aus. Um sie hatte sich ein Kreis gebildet.
»Ingolf ich habe dir nichts getan, die Römer sind deine Feinde.« Er musste einem weiteren Schlag ausweichen. Einen weiteren fing er mit dem Speerschaft ab, drehte sich und traf ihn am Kopf. Ingolf ging in die Knie, Kristian ging auf ihn zu und wollte ihm seine Hand reichen. »Nein«, schrie Ingolf und fuchtelte mit seinen Händen umher. Da war es schon passiert. Ein Pfeil traf Kristian in die Seite. Erstaunt blickte Kristian auf die Pfeilspitze, die durch sein Hemd hervor schaute. Jetzt erst, spürte er den Schmerz. Der Pfeil war von den Rippen abgeprallt und hatte seine Haut durchbohrt. Mit Schrecken dachte er daran, dass dort seine Implantate lagen. Er musste so schnell wie möglich zurück, es ging nicht, so sehr er sich auch anstrengte. Unsichtbar werden ging auch nicht. Wegrennen konnte er nicht, er war von Germanen umgeben. »Kristian, es tut mir leid, ich konnte es nicht verhindern.« Er stand auf. Furchterregend bemalte Germanen blickten ihn an. »Komm«, sagte Ingolf und schob Kristian in das Zelt. »Du bist ein Mensch wie wir, ich hatte schon gedacht, dass du ein Zauberer bist.« Mit seiner Taschenmesserklinge fuhr Kristian um den Pfeil, brach ihn durch und zog ihn unter Schmerzen ruckartig heraus. Mit der linken Hand drückte er gegen die Wunde. Seine Heilkräfte waren nicht beeinträchtigt. Inzwischen waren weitere Männer erschienen. Sie wollten nicht weiter kämpfen.
»Du hast recht gehabt«, sagte Ingolf, wir hätten uns mit ihnen einigen sollen. Wir ziehen uns zurück. Weitere Männer drängten ins Zelt. »Was machen wir mit ihm?« fragte ein Mann mit entstelltem Gesicht. Kristian versuchte, die Kamera, die immer noch lief und vor seine Brust baumelte, auf ihn zu richten. »Es wird erzählt, dass die Wachen ihn nicht gesehen haben, als er gekommen ist. Vielleicht kann er sich unsichtbar machen?« »Er soll unser Gefangener sein, von ihm könnten wir mehr über die Römer erfahren«, sagte ein anderer.
»Er ist freiwillig gekommen, lasst ihn gehen«, sagte Ingolf. Sofort protestierten mehrere Männer. Ingolf schien nicht das uneingeschränkte Sagen zu haben und er wollte nicht, dass der Streit ausuferte. »Es tut mir leid, aber du musst bei uns bleiben.« Irgendwie erschreckte Kristian das nicht, weil er fest daran glaubte, dass mit dem Verheilen der Wunde auch die Implantate wieder funktionieren würden.
»Lässt du mich mit den Römern reden? Was ist, wenn ich mein Pferd mitbringe, lasst ihr es mir?« Nur auf das Wort von Ingolf alleine wollte er sich nicht verlassen. »Ihr habt es gehört«, sagte Ingolf zu den Männern, »darf er sein Pferd behalten?« Die Männer stritten eine Weile, dann sagte der Mann mit der Narbe, »Er darf sein Pferd behalten.«
»Dann lasst mich mit den Römern reden«, forderte Kristian. »Kristian, du solltest nicht versuchen die Gelegenheit zu nutzen und zu den Römern rüberlaufen, meine Männer würden dir in den Rücken schießen.«
»Ich bin einverstanden.«
»Dann gehe voran.« Kristian war sich sicher, dass einige Pfeile auf ihn gerichtet waren. Sie näherten sich Rufus Lager, die Germanen blieben auf Schussweite zurück. »Rufus hatte seine Deckung aufgegeben. »Rufus wir müssen miteinander reden, du kannst ohne Gefahr näherkommen.« Rufus stieg über den Wall und kam ihm vorsichtig nach allen Seiten spähend, ein paar Schritte entgegen. »Rufus ich wurde verletzt, ein Pfeil hat mich an der Stelle verletzt, die für meine Zauberkräfte zuständig sind. Ich kann ihnen nicht entkommen, viele Pfeile würden mich treffen. Ich glaube daran, dass ich meine Kräfte wiederbekomme, wenn die Wunde verheilt ist. Nimm jetzt meine Kamera und richte sie auf mich, ich werde ein paar Worte zu meiner Frau sagen.« Rufus kam näher, Kristian reichte ihm seine Kamera. »Rufus gehe ein paar Schritte zurück. Als er sah das Rufus bereit war, fing Kristian erneut an. »Hallo Jessika. Mich hat ein Pfeil an der Stelle getroffen, an der die Implantate sitzen. Keine Angst, es war nur ein Streifschuss. Im Moment habe ich keine Kräfte mehr. Ich hoffe, dass sie zurückkommen, wenn die Wunde verheilt ist. Die Germanen wollen mich nicht gehen lassen, sie hoffen von mir, mehr über die Römer zu erfahren, hinter meinem Rücken sind ihre Pfeile auf mich gerichtet. Sie wollen mir mein Pferd lassen, wenn ich es hole. Macht Rufus keine Vorwürfe, er kann mir nicht helfen und er muss an seine Männer denken. Die Germanen ziehen weiter. Ich glaube fest daran, dass ich zurückkomme, solange bist du der Boss, bis bald.«
»Rufus, lässt du meine Sachen und mein Pferd bringen, und erlaube, dass sie ihre Toten abholen dürfen. Achte darauf, dass keiner deiner Männer Dummheiten macht, sonst erschießen sie mich. Ich bin sicher, dass wir uns bald wiedersehen.«
Er winkte Rufus zu sich und schaltete die Kamera aus. Gebe sie meiner Frau.
Dann wartete er darauf, dass sein Pferd und Rucksack gebracht wurde. Sein Pferd am Zügel ging er auf die Germanen zu. Ingolf erwartete ihn. »Ingolf, die Römer erlauben, dass du deine Männer holen darfst.«
»Kann ich ihnen vertrauen?« Du kannst ihnen vertrauen, so wie du mir vertraust.« Ingolf schickte erst zwei seiner Männer los. Beide Parteien beäugten sich misstrauisch. Als die ersten Männer zurück waren, schickte er weitere vor. Bald hatten die Germanen ihre Männer abgeholt und natürlich auch dessen Waffen mitgenommen. Dann zogen sie sich zurück.
Etliche Männer waren schon dabei, das Zelt zusammenzupacken. »Ingolf was bin ich für euch?«
»Du bist unser Gefangener, du darfst dich aber frei bewegen.
»Du vertraust mir?« »Ich kenne dich nicht, gewöhne dich daran, dass immer zwei meiner Männer in deine Nähe sind. Sie werden dich töten, wenn du versuchst zu fliehen.«
Sie blieben noch, bis sie ihre Männer begraben hatten.
Kristian hatte vergessen, Rufus zu fragen, was er jetzt vorhatte. Die Germanen würden sich zurückziehen und die Römer hatten ihnen gezeigt, dass sie ein ernst zu nehmender Gegner waren.
Er hoffte, dass Jessika nicht versuchen würde, ihm zu folgen.
Ingolf führte sein Pferd neben seins. »Steig auf, wir reiten zurück.« Auf einer Lichtung warteten die Männer auf ein Zeichen zum Aufbruch. Ingolf hatte nicht übertrieben, er schien wirklich mehr Männer zu haben. Sie schenkten Kristian ihre Aufmerksamkeit, als er mit Ingolf angeritten kam. Kristians Hand lag auf seine Wunde, um die Heilung zu beschleunigen.
Mehrere Verwundete lagen auf dem Boden. Einige wurden gerade auf Wagen gehoben. »Habt ihr keinen, der sich um die Verwundeten kümmert?«
»Unser Heiler wurde verwundet, dort drüben liegt er.« Die Wunden der Männer waren gar nicht oder nur notdürftig verbunden. Bei einem schaute noch ein Pfeilschaft aus seiner Schulter. »Ingolf, wenn du erlaubst, werde ich mir deine Männer ansehen. Ich bin kein Heiler, und wenn meine Hilfe nicht zum Erfolg führt, dann darfst du mir das nicht zur Last legen.«
 
 
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