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Fantasyroman über die vergessenen Tore der Atlanter, er rettet einem Elfen
das Leben und wird dafür belohnt. Alien werden seine Freunde,
sie nehmen ihn mit auf den amerikanischen Geheimstützpunkt wo
sie die Amerikaner wissenschaftlich unterstützen.
Fantasyroman von Hermann Büsken
Die Tore der
Atlanter. jetzt als E-Book im Internet
Jugendfrei
www.hermann-buesken.de/buch1-5 leseprobe
mit Vita 64 Seiten
 |
Über mich.
Ich wurde in Palling, Oberbayern geboren. Aufgewachsen bin ich in
dem Dorf Raesfeld bei Borken in NRW.
Schon in jungen Jahren habe ich viel gelesen. Kein Karl May
war vor mir sicher. Später schlug ich die Richtung Perry Rhodan und artverwandte
Bücher ein. UFO- Literatur, und Esoterik, aber auch ganz normale Taschenbücher
runden das Bild ab. Als ich einen Gruselroman las, und mich über die primitive
Ausdrucksweise wunderte, stellte ich fest, das hättest du besser
gekonnt. Ab diesem Zeitpunkt reifte der Plan, selber ein Buch zu schreiben. Ich
habe mir dafür ein paar Jahre Zeit gelassen, da ich nur geschrieben habe wenn
ich in Stimmung war. Dabei habe ich festgestellt, dass es Zustände gab, in denen
ich mich nur hinzusetzen brauchte und mein Stift ein Eigenleben entwickelte. War
vorher alles festgefahren, wurden plötzlich Probleme gelöst und neue Ideen
geboren. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass ich unsichtbare
Hilfe hatte. Ich hatte dann beim Schreiben ein Erlebnis,
das mich lehrte, dass es auch eine böse Seite gab.
siehe hier:
Erst fünfzehn Jahre nachdem ich den ersten Reiki-Grad
erhalten habe, habe ich gespürt, dass ich heilende Hände habe.
siehe hier
Zur Zeit arbeite ich an meinem 5. Buch..
Eines meiner Hobbys ist U-Bootmodellbau. Ich habe darüber
vier Hefte geschrieben die ich auf dieser Homepage
anbiete. Ein Weiteres ist die Präparation von Tieren.
siehe hier.
Ich lebe
alleine mit meinem Hund . mehr über mich hier
|
Ich bin dankbar für jedes Lob oder Kritik,
per E-Mail

Da ich keine Probeleser habe und
auch sonst nicht weiß, wie meine Schreiberei vom Leser aufgenommen wird, bin
ich dankbar für jede Anregung oder Kritik, sollte sie noch so direkt
ausfallen.
|
Meine Geschichte ist im Bereich Fantasy angesiedelt und greift auf Erzählungen
und Legenden zurück, die heute noch teilweise aktuell sind.
Ich brauchte also
nicht allzu viel Fantasy aufbringen, das haben schon Andere für mich gemacht.
Ich habe daraus nur eine Geschichte gemacht.
In dem Buch kommen Alien und Elfen vor. Dass es Außerirdische gibt
will wohl keiner bezweifeln?
Rezension.
Der Autor Hermann Büsken hat erst spät festgestellt dass er ein Buch
schreiben kann. Ausschlaggebend war ein Horrorroman der seiner Meinung
nach zu primitiv geschrieben war. Er sagte sich, das hättest du besser
gekonnt. Das war die Geburtsstunde seines Fantasyromanes „Die
Tore der Atlanter“.
Der Roman handelt von einem
jungen Mann namens Kristian, der durch Zufall in einer Burgruine ein Tor
ins Mittelalter findet. Dort trifft er die ehemaligen Burgbewohner. Er
rettet einem Elfen das Leben und erhält dafür ein Medaillon, mit dessen
Hilfe er sich unsichtbar machen und von einem Ort zum anderen springen
kann. Er erfährt, dass sich das Elfenreich in einer Parallelwelt
befindet und sie dort einen Stützpunkt haben, der auch von Außerirdische
angeflogen wird. Die Außerirdischen werden seine Freunde. Lena die Reporterin und
Jessika seine Freundin, begleiten Kristian auf viele seiner Reisen.
. Die folgenden Abenteuer zeichnen ein Bild wie eine
Erstbegegnung mit Außerirdische aussehen könnte. Auch das Mittelalter
bietet genug Stoff für spannende Abenteuer.
Der Autor hat sich gefühlvoll in die Lage des Entdeckers der „vergessenen
Tore der Atlanter“ versetzt. Wie
würde man sich verhalten plötzlich im Mittelalter zu sein?
Zurückgreifend auf Sichtungen im Mittelalter versucht der Autor die
Elfen glaubhaft wiederzubeleben, deren Blütezeit das Mittelalter war.
Die Elfen als mächtiges Volk, schon damals der Menschheit weit überlegen.
Noch heute glauben viele Leute im Norden Schottlands, dass eins die Sinth, das Elfenvolk (oder das kleine Volk) existierte. Der Glaube hat
sich in der Bezeichnung „Gute Nachbarn“ gehalten. Auch wenn sie sich
den Menschen manchmal feindselig zeigten. Noch heute gibt es in Island
eine staatliche Elfenbeauftragte.
Dass Elfen und Außerirdische zusammen in einer Parallelwelt einen Stützpunkt
betreiben, klingt vorstellbar. Schon in der Bibel wurde von Sichtungen
gesprochen. Von Wagen am Himmel mit feurigen Rädern war die Rede.
|
 | Alien |
 | Nach der Klosterchronik von St. Albans
erschien in England am Neujahrstag 1254 „eine Art Schiff in der Luft, von
anmutiger Bauweise und wunderbaren Farben“. |
 | 1546 haben mehrere tausend
Einwohner über Basel einen Schwarm glänzender Scheiben beobachtet. Das
Ereignis sorgte für Aufsehen im gesamten Abendland. |
1697 flog eine "hell leuchtende, kreisförmige
Maschine mit einer Kugel in der Mitte" über Hamburg und anderen
norddeutschen Orten.
Auch die Bevölkerung Nürnbergs beobachtete in den frühen
Morgenstunden des 14. April 1561 merkwürdige Flugobjekte über ihrer Stadt.
Hunderte von Menschen sahen zwischen vier und fünf Uhr in der Frühe
erschrocken zu, wie unerklärliche Kugeln oder Scheiben am Himmel schwebten. Es
waren Kugeln von blutroter, bläulicher und eisern-schwarzer Farbe oder
Ringscheiben in großer Anzahl in der Nähe der Sonne, etwa drei in der Länge,
manchmal vier in einem
Am 7. Juni 1779 wurden über Boulogne in
Frankreich "zahlreiche glühende Scheiben" beobachtet.
Elfen.
Das Mittelalter war die Blütezeit der
Elfensichtungen. Noch Heute gehören Elfen zu
Island wie die Berge zu Bayern", sagt Gudrun eine Deutsche, die schon länger
in Island lebt. "Elfen sind wie wir, nur leben sie in einer besseren
Welt, in einer Parallelwelt." In Island gibt es heute noch eine
staatliche Elfenbeauftragte. Es
kommt vor, dass für sie sogar eine Straße umgebaut werden muss.
Agobard, der Erzbischof von Lyon in Frankreich
(8. Jahrhundert), schrieb, dass er eine Menschenansammlung angetroffen habe,
die drei Männer und eine Frau lynchen wollten. Es waren Bewohner des Landes
Magonia, die in Schiffen am Himmel fuhren und hier gelandet waren. Und auch
Menschen entführten.
Eigenschaften der Elfen-
Sie können willkürlich verschwinden und erscheinen.
Sie sind intelligent und neugierig.
Sie haben die Macht. nach Belieben Dinge fortzutragen.
Als die Menschen noch nicht den größten Teil der Welt besiedelt hatten.
lebten diese Geschöpfe auf der Erde und betrieben Ackerbau. Ihre
Zivilisation hinterließ Spuren in den hohen Bergen; sie blühte zu einer
Zeit. da es im ganzen Land nichts als Wälder und Forste gab.
Ihre Häuser sollen angeblich groß und wunderschön sein. doch meist bleiben
sie dem menschlichen Auge verborgen. Kirk vergleicht sie mit verwunschenen
Inseln. Die Häuser haben Lampen. die ewig brennen, und Feuer, die keinen
Brennstoff brauchen.
Ihre Gewohnheiten und ihre Sprache sind, wenn
sie es mit Menschen zu tun haben, denen der Einwohner ähnlich.
Die alten
Leute sagen, sie wüssten nicht, ob die Elfen aus Fleisch und Blut oder ob
sie Geister seien. Sie wurden als menschenähnliche Wesen angesehen die
viel kleiner waren als wir. Man sagt, Elfen hätten früher normale Menschen
aufgesucht und zu ihnen gesprochen um zu verschwinden, wenn sie
beobachtet wurden. Allgemein hieß es, die Elfen seien Geister, die sich
nach Belieben sichtbar und unsichtbar machen könnten.
Und wenn sie Leute entführten
dann nahmen sie Körper und
Seele mit sich.
Reverend
Robert Kirk ließ keinen Zweifel daran: Einst bewohnten Elfen das Land.
Noch heute glauben viele Leute im Norden Schottlands, dass einst die Sith,
das Elfenvolk (oder das Kleine Volk>, existierte. Der Glaube hat sich in
der Bezeichnung »Gute Nachbarn« gehalten. auch wenn sie sich den Menschen
manchmal feindselig zeigten.
Die
Zeit vergeht dort nicht wie bei uns. In solchen Geschichten stoßen wir auf
die Relativität der Zeit. Wie konnten die Geschichtenerzähler früherer
Zeiten auf eine solche Idee kommen? Was inspirierte sie? Niemand kann
diese Fragen beantworten. Doch es ist eine Tatsache, dass das
unterschiedliche Zeitgefüge zwischen Magonia und unserer Welt in
Geschichten aus allen Ländern eine Rolle spielt
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v
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Fantasyroman.Zusammenfassung.
Alles fängt
damit an, dass sich Kristian ein Tor in die Vergangenheit öffnet. Mit
seiner Freundin, dessen Freundin und Lena eine Zeitungsreporterin,
schlittern sie in Abenteuer, die kein Ende zu nehmen scheinen. Elfen
stellen eine Verbindung zu den Alien her.
Wie würde man sich verhalten, plötzlich im Mittelalter zu sein, oder wenn
man als erster Mensch einen Erstkontakt mit den Alien herstellt?
Durch Zufall
öffnet sich ihm in einer verfallenen Burg ein Tor in die Vergangenheit.
Er sieht die
Burg in alter Pracht. Nachts geht er durch das Tor. Der Stallknecht dort hilft ihm, die Burg unbemerkt verlassen
zu können. Auf einen seiner Streifzüge kann er einem kleinen Mann das
Leben retten, der sich danach in Luft auflöst. Der Stallknecht erklärt
ihm, dass Elfen immer eine gute Tat belohnen.
Der Elfe schenkt ihm ein
Medaillon, mit dessen Hilfe er nicht mehr auf die umständliche Reise durch
die Burg angewiesen ist,
in den Welten
hin und her springen, sich unsichtbar machen, eine andere Gestalt
annehmen und jeden Ort erreichen kann.
Das Reich der
Elfen befindet sich in einer Parallelwelt. Zusammen mit den kleinen grauen
Männchen (Alien) betreiben sie dort einen gemeinsamen Stützpunkt. Kristian
lernt die beiden Schiffsführer einer Untertasse, Cyro und Systra kennen.
Mit ihnen stellt er den ersten Kontakt zu den Menschen her, als ihr UFO
über das Stadion in seiner Nähe schwebt und von den Menschen bejubelt wird. Von den
Alien erhält er die Möglichkeit, Gedanken lesen zu können. Hierdurch ist
es ihm möglich, eine verloren gegangene Versuchsreihe der Alien
aufzuspüren. Bei einem Besuch mit Cyro in Gromlake (Area 51), einem
amerikanischen Geheimstützpunkt, geht er in Aliengestalt mit an Land.
Während Cyro und Systra die Amerikaner wissenschaftlich unterstützen,
sorgt Kristian als „Edra“ in verschiedene Gestalten für Unruhe im
Stützpunkt. Auch in seiner Heimat zeigt sich Kristian nur als
Außerirdischer „Edra“, damit sein Geheimnis bewahrt bleibt. Er hat
vielfach die Gelegenheit, seine Kräfte zum Wohle der Menschen einzusetzen.
Ein Tipp von
den Amerikanern stellt eine Verbindung von dem deutschen Generalleutnant
Unger zu Edra her. Generalleutnant Unger bittet „Edra“ bei der Befreiung
von 2 KSK-Gruppen in Afghanistan um Hilfe, weil die Amerikaner das Tal, in
dem die KSK-Gruppen festgehalten werden, mit einem neuen Bombentyp
bombardieren will.
Cyro der
Alien nimmt Kristian mit zu seinem Planeten, wo er die Frau Eurone, ein
blondes Mischwesen und dessen Tochter Lana kennen lernt. Eurone aktiviert
seine Heilungskräfte, mit denen er bald darauf einen todkranken Jungen
heilt. Durch diese Heilung erfährt die Krankenhausärztin Kristel von
seinem Geheimnis. Kristian nimmt sie mit zu Eurone, damit diese Kristel
zur Heilerin macht.
Kristian wird
zum UFO-Piloten ausgebildet und erhält Cyros Raumgleiter zur freien
Verfügung. Mit diesem ist es ihm möglich, einer Raumfahrtbesatzung zu
helfen.
Der Sohn des
Grafen von Burg Rabenfels, der Nachbarburg von Burg Falkenhorst, entführt
Kristian und wirft ihn in sein Verlies, weil dieser ihn im Turnier besiegt
und lächerlich gemacht hatte. Seines Medaillons beraubt, hat er keine
Möglichkeit zu entfliehen.
Kristian
hatte von Hera dem Bruder der Elfenkönigin erfahren, dass es noch mehr
Tore geben soll. Nach einigen Versuchen öffnet er ein Tor in die
Römerzeit. Das Tor befindet sich auf einem heiligen Germanenhügel. Im Dorf
lernt er den Germanen Godwin und seine Frau Alrun kennen. Godwin führt ihn
zum nächsten Kastell der Römer. Eurone die Alienfrau, hilft ihnen mit einer
Apparatur, die über ihre Köpfe gestülpt wurde, die römische Sprache zu
erlernen. Während eines Besuchs mit seinen Freunden, greift der Germane
Gerwin mit seinen Leuten das Kastell an. Es gibt viele Tote auf beide
Seiten. Kristel die Ärztin, hilft dem römischen Lagerarzt. Als Gerwin den
Kampf abbricht, helfen sie den Germanen ihre Verwundeten zu versorgen.
Kristian
plant einen Handel mit römischen Waren. Gegen ein Rind tauscht er die
Waffen der beim Überfall getöteten Germanen ein. Die Museen reißen sich
darum.
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Exposen 1-4 B

Die ersten 4 Bücher sind als E-Book im Internet unter
Die Tore der Atlanter
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Die Tore der Atlanter 1.Buch
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5
Dem Namen
alle Ehre machend, lag die Burgruine auf einen der höchsten Punkte
in dieser Gegend. Burg war zu viel gesagt, da nur noch bescheidene
Reste von der wohl einstigen Pracht übrig waren. Man konnte noch
einzelne Fensternischen erkennen, und die Aussparungen im Mauerwerk,
wo einmal die Tragebalken für die Decken und Fußböden gelegen
hatten. Ein halber Torbogen ragte aus einer Mauer hervor und würde
sicher auch bald in sich zusammenfallen.
Da, wo
vielleicht einmal eine Zugbrücke den Feinden das Eindringen verwehrt
hatte, lag der Rest der Burg jetzt für jeden Besucher frei
zugänglich dar. Einen Graben, falls es ihn einmal gegeben hatte, war
längst dem Erdboden gleichgemacht worden. Trotzdem ließ sich noch
erahnen, wie mächtig einst die Burg ausgesehen haben mochte.
Als
Kristian die Burg fast erreicht hatte, setzte er sich mit Blick auf
die Burg ins Gras. Sein Rücken lehnte entspannt gegen einem großen
Stein, der aussah, als würde er seit Anbeginn der Zeit an dieser
Stelle verharren und die vor ihm liegende Burg bewachen.
Ein Blick
auf die vorbeiziehenden Wolken, die Burg vor ihm, Sonnenschein und
Urlaub, was wollte er mehr. Wie von selbst fielen ihm die Augen zu.
Er dachte über das Leben in der Burg nach, und wie die Bewohner gelebt hatten.
Eingestimmt vom Leben auf der Burg, öffnete er die Augen und blickte
verklärt zur Burg hinüber.
Zuerst
undeutlich und verschwommen sah er zwischen dem Bergfried und der
Außenmauer, ein seltsames Flimmern. Sicher reflektierte eine
zerbrochene Flasche das Sonnenlicht. Neugierig geworden,
konzentrierte er sich und sah genauer hin. Plötzlich wurde ihm kalt,
Gänsehaut breitete sich über seinen Körper aus. So, als schaute man
durch ein Guckloch, öffnete sich ein stetig größer werdender runder
Ausschnitt, die Konturen des Randes verschmolzen im silbrigen Licht.
Eine vollständig erhaltene Burg bot sich seinen Augen dar. Er wollte
es nicht glauben, so musste die Burg vor langer Zeit ausgesehen
haben. Der Bergfried hatte eine Größe, wie er ihn sich im Traum
nicht vorgestellt hätte. Auf ihn wehte eine Fahne, deren Wappen er
nicht erkennen konnte. Mitten auf dem Platz sieht er einen Brunnen
mit einem Dach aus Holzschindeln. Das Wiehern eines Pferdes und das
Hämmern auf einem Amboss war zu hören. Ehe er wusste, wie ihm
geschah, begann sich das flimmernde Fenster wieder zu schließen. Er
dachte noch, jetzt fängst du schon am hellen Tag an zu träumen und
zu fantasieren, als sich das Fenster gänzlich schloss.
Mit einem
Schlag sah er die traurigen Überreste der Burg wieder vor sich.
Etwas war mit ihm geschehen. Er war sich sicher, dass er nicht
geträumt hatte. So sehr er seine Augen auch anstrengte und zur Burg
blickte, es änderte sich nichts mehr. Traurig und verlassen wirkte
jetzt das gewohnte Bild der verfallenen Burg.
Es war ihm
nicht neu, das es schon oft vorgekommen war, hauptsächlich an
historischen Orten, dass Personen, die sich gegen altes Gemäuer oder
Heiligtümer gelehnt hatten, sich plötzlich in einer anderen
Zeitepoche wiederfanden. Dort hatten sie Dinge gesehen, die der
heutigen Zeit teilweise noch unbekannt waren. Er hatte aber nichts
dergleichen getan, der Stein hinter ihm, gegen den er sich lehnte,
konnte wohl auch nicht der Auslöser gewesen sein, obwohl er sicher
schon so mancherlei gesehen hatte.
Die Kälte
wich langsam aus seinem Körper und machte der wohltuenden Wärme der
Sonnenstrahlen Platz. Er blickte zur Burg.
Ihm fiel
ein, dass er als Auslöser zuerst ein Flimmern zwischen dem Burgfried
und der Außenmauer gesehen hatte. Da er das Geschehen noch nicht
verkraftet hatte und ihm der Schreck noch zu schaffen machte, schob
er weitere Überlegungen erst einmal beiseite. Auf jeden Fall wollte
er im Moment nicht mehr zur Burg, weil ihm das Erlebnis noch zu
schaffen machte.
Unweit der
Burg Falkenhorst, am Talrand mit Blick auf die Burg, wohnte sein
Freund Kurt mit seiner jüngeren Schwester Jessika, der Großvater und
Maria die Haushälterin. Es ist das Haus ihrer Eltern, ein altes
Anwesen. Es liegt wie auf einem Präsentierteller inmitten grüner
Wiesen, rundherum hatte man freie Sicht, einen Nachbarn gab es
nicht. Wenn er so darüber nachdachte, das Haus musste bestimmt
einige Hundert Jahre alt sein. Hinter dem Haus steht ein Stall, der
auf uralten Fundamenten erbaut war. In ihm standen, als er Kurt das
letzte Mal besucht hatte, drei Reitpferde. Ein schlanker Turm aus
Bruchsteinen erbaut, streckte sich in die Höhe, und war an einer
Seite mit dem Stall verbunden.
Kristian
drehte sich um und sah, dass eine Reiterin in vollem Galopp auf
geradem Wege auf ihn zukam. Jessika, Kurts Schwester, wer sollte es
anders sein. Ihre enge Reithose brachte ihren schönen Körper voll
zur Geltung und lenkte seine Gedanken in eine andere Richtung. Sie
brachte ihr Pferd vor ihm zum Stehen und blickte lächelnd auf ihn
herab. Das lange blonde Haar, welches sie meistens zu einem
Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, wurde jetzt durch die
Reitkappe gebändigt. Obwohl er sie schon seit ihrer Kindheit kannte,
hatte er eigentlich nie mehr Gefühle für sie empfunden, als einer
Schwester gegenüber. Als er jetzt in ihre Augen blickte, wurde ihm
zum ersten Mal bewusst, dass sich etwas geändert hatte.
»Störe
ich«? fragte sie, »ich wollte dich nicht aus deinen
Träumen reißen.« Was sollte er erwidern, vielleicht hatte er
doch geträumt?
Bevor er
antworten konnte, sprang sie mit einem Satz vom Rücken ihres
Pferdes.
»Was
ist passiert, du siehst so blass aus?«
»Was
ich gesehen habe, glaubt mir sowieso keiner, ich kann es ja selbst
nicht glauben.«
»Erzähl
schon.«
Sie setzte
sich zu ihm, in einer Hand hielt sie die Zügel. Ihre Blicke trafen
sich, ihm wurde zum ersten Mal richtig bewusst, wie schön sie war.
Er atmete den Duft ihres Parfüms ein.
Da der
Stein nicht viel Platz bot, saßen sie bald eng beieinander, was ihm
sehr gefiel. Er wollte gerade seinen Arm um ihre Schulter legen, da
sprang sie auf.
»Was
ist denn jetzt, willst du mich nicht in deine Geheimnisse einweihen?«
»Das
werde ich tun, aber lass mich eine Nacht darüber schlafen.«
»Wie
du willst, wann lässt du dich mal wieder bei uns sehen, wir
könnten zusammen ausreiten?« Eine Antwort nicht abwartend,
schwang sie sich auf ihr Pferd und galoppierte winkend heimwärts.
Auch er beschloss, nach Hause zu gehen.
Sein
Zuhause, welches abseits am Dorfrand stand, kam einem kleinen
Knusperhäuschen gleich. Es war alt und die Zimmer waren klein.
Günstig hatte er es erwerben können, als die vorherige Besitzerin in
hohem Alter starb. Er kannte sie noch aus seiner Jugendzeit. Oft
hatten sie in ihrem Garten Kirschen und Äpfel gepflückt. Jetzt war
es sein Zuhause.
Kristian
war dreiundzwanzig Jahre alt, einmeterachtzig groß und betreute im
Dorf eine Jugendgruppe in Selbstverteidigung und Stockkampf. Heute
war sein erster Urlaubstag.
Er machte
sich einen Kaffee und setzte sich draußen auf seine Bank. Die
Obstbäume hingen voll. Leider wusste er mit dem Obst nichts
anzufangen und hatte sich schon überlegt, sich ein paar Ziegen
anzuschaffen, die das Obst verwerten und den Rasen kurz halten
sollten. Darum würde er sich später kümmern. Morgen in der Frühe,
wollte er sich erneut zur Burg aufmachen, danach würde er weiter
entscheiden.
Kristian
stand früh auf, weil er keine Zuschauer wollte, wenn er die Stelle,
von der das Flimmern ausgegangen war, näher in Augenschein nehmen
wollte.
Voller
Ungeduld wäre er am liebsten den ganzen Weg gerannt, seine schweren
Wanderschuhe ließen dieses aber nicht zu. Angekommen schaute er sich
im Burghof um. Links das ehemalige Wohnhaus mit leeren
Fensterhöhlen, auf der rechten Seite der Bergfried, an dem die
Burgmauer lehnte. Nichts deutete auf den gestrigen Vorfall hin. Er
war sich sicher, dass hier am Bergfried die richtige Stelle war.
Vielleicht hatte er doch alles nur geträumt? Solange er die Stelle
auch anstarrte, es passierte nichts. Oder doch? Er hörte Stimmen.
Auch das noch, die ersten Touristen waren schon angekommen.
Er zog
sich auf die andere Seite zurück. So schnell wollte er nicht
aufgeben. Ihm fiel ein, dass er, wenn er meditierte, die
Visualisierung zu Hilfe genommen hatte. Dies ist eine Technik, die
sich der Vorstellungskraft bedient, um geistige Bilder des jeweils
erstrebten Gegenstandes oder Zustandes zu erzeugen. Je aktiver die
Fantasie arbeitet sich ihrer zu bedienen, desto kraftgeladener wird
sie. So wird eine Tür zwischen der Welt, der gewöhnlichen
Wirklichkeit und der geistigen Welt geöffnet. Was würde passieren,
wenn er diese Technik jetzt und hier anwendete? Würden die Touristen
etwas mitbekommen? Wahrscheinlich, denn dieses spielte sich ja nicht
nur in seinem Kopf ab. Er hatte das Flimmern nicht in Gedanken,
sondern mit eigenen Augen gesehen. Um Klarheit zu bekommen, musste
er einen Versuch wagen. Kristian schaute sich um, die Luft war rein,
als er sich auf die vermeintliche Stelle am Bergfried konzentrierte.
In Gedanken stellte er sich das Flimmern vor, ähnlich der Spitzen
eines lodernden Feuers oder der Fata Morgana in der Wüste. Er hatte
die Öffnung ja schon gesehen und konnte sie deshalb vor seinem
geistigen Auge entstehen lassen. Zunächst passierte nichts. Seine
Konzentration verstärkend, spürte er plötzlich ein leichtes Kribbeln
auf seiner Kopfhaut, das sich über den ganzen Körper ausbreitete, je
mehr er sich konzentrierte. Als sich auch noch eine leichte
Gänsehaut einstellte, wusste er, dass etwas passieren würde.
Plötzlich sah er das Flimmern. Es war fast durchsichtig und stieg
vom Boden empor. Ein angstvolles Kreischen ließ ihn hochfahren, mit
der Konzentration war es vorbei, das Flimmern erlosch.
Ein
kleines Mädchen stand rechts hinter Kristian. Er hatte sie nicht
kommen gehört. Es weinte und zeigte auf die Stelle, auf die er sich
gerade noch konzentriert hatte.
Schnell
schaute er sich um. Es war sonst keiner in seiner Nähe, der
vielleicht auch etwas gesehen haben könnte. Da kam auch schon der
Vater des Kindes, durch die Schreie seines Kindes alarmiert,
angerannt. Sein Gesicht verdüsterte sich, als er nur sein Kind und
Kristian wahrnahm. Das Kind wollte sich nicht beruhigen und zeigte
immer wieder auf die Stelle, die zu seinem Glück, nicht in seiner
direkten Nähe war. Als der Vater Kristian wieder anschaute, zeigte
dieser ein unschuldiges Gesicht und zuckte nur mit den Schultern.
Der Vater nahm seine Tochter an die Hand und beide verließen den
Burghof. Endlich war die Ruhe wieder hergestellt. Das wäre beinah
schief gegangen. Trotzdem hatte sich der Morgen gelohnt. Kristian
wusste, wie er die Öffnung ins Mittelalter aktivieren konnte, und
dass auch andere diese sahen, und wahrscheinlich auch hindurch gehen
konnten, wenn sie geöffnet war.
Für heute war der Tag
gelaufen. Der nächste Besuch hier musste abends, besser nachts
stattfinden. Zum einen, weil er dann sicher sein konnte, dass ihm
keine Touristen in die Quere kamen, zum anderen konnte er nur im
Dunkeln durch das Tor in die Vergangenheit gehen, da er nicht
wusste, was ihn auf der anderen Seite erwartete. Ziemlich aufgeregt
wäre er am liebsten zu Jessika gerannt, um ihr alles zu erzählen.
Irgendwann würde er sowieso nicht mehr daran vorbei kommen.
Vielleicht hatte sie den Zwischenfall vom Vortag, als sie sich am
Stein trafen, auch schon vergessen. Anderseits war es vielleicht
sinnvoll, wenn jemand wusste, was er vorhatte. Was wäre, wenn er es
nicht schaffen würde, aus der anderen Welt zurückzukommen. Hilfe von
außen konnte er nicht erwarten. An diese Möglichkeit mochte er gar
nicht denken. Bevor er sich auf das Abenteuer einlassen würde,
musste er zumindest eine Nachricht hinterlassen und Jessika oder
jemand anderes, so weit wie nötig einweihen. Kristian drehte sich um
und machte sich auf den Heimweg. Noch ganz gefangen vom Geschehenen,
schaute er rechts auf die andere Seite ins Tal hinunter zum Haus von
Jessika. Sicher war sie jetzt zu Hause. Da er sonst nichts vorhatte,
konnte er sie genausogut besuchen.
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»Großvater«,
sagte Kristian, »was ist eigentlich mit dem Brunnen passiert,
der mitten im Burghof stand?«
»Woher
weißt du, dass da einer gestanden hat«? fragte er.
»Soviel
ich weiß, hat es da nie einen gegeben, aber es gibt hier irgendwo
einen alten Stich, vielleicht findest du da, was du suchst.«
»Den
meine ich nicht«, sagte Kristian, »darauf ist kein
Brunnen zu sehen.«
»Vielleicht
steht etwas in dem uralten Buch, das in der Truhe der Bibliothek
liegt«, sagte Jessika.
»Hast
recht,« meinte Großvater, »in dem alten Buch.«
In der
Zwischenzeit war Jessika schon aufgestanden, um das Buch zu holen.
Es sah wirklich alt und vergriffen aus. Vielleicht gehörte sie von
Anfang an zum Haus. Vorsichtig wurde die erste Seite aufgeschlagen.
In Ermangelung von Papier hatte jemand die Ansicht des Burghofs auf
die zweite Seite gemalt. Ein Blick genügte, um den Brunnen zu
erkennen. Jessika und Großvater blickten Kristian ungläubig an.
»Mein
Junge«, sagte er, »bist du ein Spökenkieker, oder hast du das
Buch schon mal in deine Hand gehabt?«
Was sollte
er sagen, wenn er sein Geheimnis noch nicht preisgeben wollte?
»Bestimmt
nicht,« sagte er, »das Buch sehe ich heute zum ersten
Mal. Ich war heute im Burghof, und mir war, als hätte dort ein
Brunnen gestanden.«
»Wie
kommst du darauf«?
fragte Großvater, »ich habe dort noch nie einen Brunnen
gesehen.« Maria hatte schweigend zugehört.
»Erinnerst
du dich«, sagte Kristian zu Jessika, »gestern, als wir
uns trafen. Du fragtest, warum ich so blass ausgesehen habe, da ist
es passiert, ich habe den Brunnen in der Burg gesehen. Vielleicht
war es ein Traum«, schwächte er ab, obwohl er es besser
wusste, »aber den Brunnen habe ich gesehen.«
»Lernt
man das in der Meditation«? fragte Jessika, »wann
kannst du mir das beibringen, ich will den Brunnen auch sehen.«
»So
schnell geht das nicht, außerdem wolltest du nie etwas davon hören.«
Er hoffte, dass er ihr damit erst mal die Luft aus den Segeln
genommen hatte.
»So
leicht kommst du mir nicht davon«, sagte sie, »du
verschweigst mir etwas.«
Kristian
stand auf und kam ihr ziemlich nah. Sein Blick in ihre Augen ließ
sie verstummen.
»Was
soll das, willst du mich hypnotisieren?«
Verunsichert ging sie einen Schritt zurück.
»Ich
muss jetzt gehen«, sagte er. »Maria, vielen Dank, der
Kuchen hat wirklich gut geschmeckt.«
Großvater
hatte es plötzlich eilig.
»Kinder«,
sagte er, nachdem er seine Kaffeetasse mit einem Schluck leerte,
»ich muss jetzt mein Mittagsschläfchen halten, wir sehen uns.«
»Was
soll denn das«? fragte Jessika, »gerade, wo es
spannend wird, verkrümelt ihr euch.«
Jessika
sagte nichts, als Kristian sie verließ und durch die Halle nach
draußen ging. Nicht mehr an Großvater denkend, zog dieser ihn
plötzlich zur Seite, als er durch das Tor gehen wollte.
»Mein
Junge, egal was du vorhast, ich bin dabei.« „Vielleicht
ist es besser wir reden jetzt darüber,“ dachte Kristian, wer
weiß, was sonst noch alles passiert.
»Komm,
wir gehen zu den Pferdeställen, dort können wir in Ruhe reden.«
Großvater
machte große Augen, als er ihm seine Geschichte erzählte.
»Was
willst du als Nächstes machen«? fragte er.
»Ich
werde heute Nacht durch das Tor gehen, falls ich nicht wieder
zurückkomme, weißt du, dass etwas passiert ist. Erzähle keinem
etwas.«
Wie man
das Tor öffnete, verschwieg er vorsichtshalber. Großvater brachte es
fertig und marschierte durchs Tor hinter ihm her.
»Wenn
alles gut geht, komme ich morgen wieder vorbei.«
»Endlich
ist mal wieder etwas los«, freute sich Großvater, »ich
drück dir die Daumen.«
Es war jetzt später
Nachmittag. Einige Dinge musste Kristian sich noch kaufen.
Seite 31
»Bevor du dich wieder
verläufst, erkläre ich dir lieber den Weg«, sagte Hanna die Heilerin.
»Die
letzten Tage hat es viel geregnet. Der Weg führt an einen Steilhang
vorbei, der bei nassem Wetter leicht ins Tal abrutscht, pass also auf.«
Kristian schaute sich erst wieder um, als er den Rand
der Lichtung erreicht hatte. Hanna stand noch vor der Tür und hob die
Hand, als er sich umdrehte. Ein wenig traurig machte er sich auf den
Rückweg. Nach ungefähr einer halben Stunde, hatte er den Steilhang
erreicht. Beängstigend steil ging es hier bergab.
Er ging zum Rand des Hangs. Entwurzelte Bäume zeugten
von einem kürzlich erfolgten Erdrutsch. Vorsichtig ging er zum Weg
zurück, als es anfing zu poltern. Dort wo er eben noch gestanden hatte,
brach der Hang einen halben Meter ab und rutschte ins Tal. Ein lauter
Schrei übertönte für eine kurze Zeit das ins Tal rutschende Geröll.
Darauf hoffend, dass ein weiterer Schrei ihm den Standort des
Schreienden verraten würde, horchte er, aber es blieb still. Ein paar
Meter weiter schien der Hang noch gefestigt zu sein. Vorsichtig blickte
er zu der vermeintlichen Stelle, von der aus der Schrei gekommen sein
konnte. Der Erdrutsch war zur Ruhe gekommen, unter dem Hang sah es wüst
aus. Bäume lagen kreuz und quer übereinander. Von einem Menschen keine
Spur, was aber nicht besagte, dass dort keiner auf Hilfe angewiesen war.
Vorsichtig kletterte er den Hang von der gefestigten Seite aus, herunter
und sprang von Baumstamm zu Baumstamm. Wohl war ihm nicht, da jederzeit
ein neuer Erdrutsch von oben herunterkommen konnte. Zum Glück war die
Schneise der Verwüstung nicht sehr breit. Kristian arbeitete sich nach
unten. Am Ende angekommen, schaute er nach oben. Ein Haarschopf in der
Mitte des Erdrutsches schaute aus dem Astgewirre, also wieder nach oben.
Da er jetzt wusste, wo er zu suchen hatte, ließ er den Haarschopf nicht
aus den Augen und arbeitete sich zur Mitte des Erdrutsches vor. Er
erkannte, dass der Haarschopf einem Mann gehören musste, der nicht sehr
groß sein konnte. Wie gekreuzigt wurden seine Arme von dickem Astwerk
niedergedrückt.
Durchdringende Augen blickten Kristian an. Der Mann
stellte die vergeblichen Versuche sich zu befreien ein, ließ Kristian
aber nicht aus den Augen. Seitlich neben seiner Brust, in einer Astgabel
verfangen, hing an einer, scheinbar aus Gold gefertigten Kette, ein
handtellergroßes Medaillon. In der Mitte ein halbrunder, grünlich
schimmernder Stein, umsäumt von einem etwa einem Zentimeter breiten,
flachen Rand, auf dem sich für Kristian unbekannte Zeichen befanden.
Immer den Steilhang vor Augen, hatte er sich nah an ihn
herangearbeitet. Schnell erkannte er, dass es mehrerer Männer bedurft
hätte, die Äste anzuheben. Ihm fiel sein Messer mit Säge ein, das sich
in einer seiner Taschen befand. Als er es aufklappte und auf den
Eingeklemmten zuging, fauchte dieser ihn an. Erschrocken sprang Kristian
zurück.
»Du brauchst keine Angst
haben, ich will nur den Ast durchsägen.« Abwartend blickte
Kristian ihn an, während der Blick des Mannes durch Kristian
hindurchzugehen schien. Kristian deutete ein leichtes Nicken seinerseits
als Aufforderung, seine Arbeit zu beginnen. Ein Vergnügen ist es nicht,
mit einer Taschensäge einen faustdicken Ast durchzusägen. Schon bald
bildeten sich die ersten Blasen an seiner Hand und Blut machte den Griff
des Messers rutschig. Zudem verkeilte sich die Säge immer öfter im Holz,
was seine Arbeit zusätzlich erschwerte.
»Ja mein Freund«,
sagte er zu dem schweigsamen, ihn nicht aus den Augen lassenden Mann,
»und du fauchst mich zum Dank noch an.« Als der Ast
schließlich kippte, griff der kleine Mann mit der freien Hand zu seinem
Medaillon, legte seine Hand darauf, blickte Kristian kurz an und weg war
er. Erschrocken wich Kristian zurück.
Als wenn nichts geschehen wäre, stand er alleine
inmitten der umgefallenen Bäume. Nur seine blutende Hand zeugte davon,
dass er alles nicht geträumt hatte. Nachrutschendes Erdreich erinnerte
ihn daran, den gefährlichen Ort schnellstens zu verlassen. Er kletterte
wieder zurück.
Seite 46
Kristian stieß Hanna an, »komm, wir müssen nach draußen den König
begrüßen.« Das königliche Gefährt schwebte heran und senkte sich auf
den Boden. Hanna als Hausherrin, verbeugte sich vor dem Königspaar
und hieß es willkommen. Kristian beeilte sich, es ihr gleich zu tun.
Damit war dem offiziellen Teil genüge getan. Der König hob die Hand,
und sogleich erschallte ein Trompetensolo, das den Beginn des Festes
verkündete. Die anfängliche Stille verwandelte sich in ein lebhaftes
Treiben vieler königlicher Untertanen. Nachdem von den ersten
Köstlichkeiten gekostet wurde, ertönte auf Veranlassung des Königs
erneut ein Trompetensignal. Alle erhoben sich.
»Ich
möchte mich bei der Hausherrin, unserer Freundin Hanna bedanken«,
sagte der König, »dass sie diesem Treffen zugestimmt hat.« „Das
stimmt ja wohl so nicht,“
dachte Kristian. »Der
eigentliche Anlass dieses Besuches«, fuhr der König fort, »gilt
ihrem Besuch.« Hanna schaute Kristian erschrocken an.
»Warum
hast du mir nichts gesagt?«, flüsterte Hanna ihm zu, doch er tat,
als hätte er es überhört. Der König fuhr fort.
»Sein
Name ist Kristian.« Kristian musste daran denken, wie einfach es für
die Elfen gewesen sein musste, seinen Namen herauszubekommen.
»Unter
Einsatz seines eigenen Lebens hat er mich aus einer tödlichen Gefahr
befreit. Wie wir alle wissen, kann man bei den einheimischen
Dörflern nicht immer sicher sein, ob sie solch eine Situation nicht
dazu benutzt hätten, einen der unseren zu töten. Auch ich schloss
anfangs diese Möglichkeit nicht aus. Da der Dank unter gegebenen
Umständen nicht möglich war, möchte ich dieses hiermit nachholen.
Wir wissen, dass unser Freund Kristian ein Zeitreisender ist. Wir
wissen auch um die Umstände, die mit einem Gang durch das Tor
verbunden sind. Als Dank für meine Rettung erhält er ein Medaillon,
das es ihm ermöglicht, sich unsichtbar zu machen. Weiter könnte es
dazu verwendet werden, beim Gang durch das Tor, an eine andere
Stelle weitergeleitet zu werden, also direkt nach hier. Sollte sich
unser Freund Kristian als würdig erweisen, so kann die
Verwendbarkeit des Gerätes erweitert werden.«
Der König kam zu ihm herüber. In der Hand ein Medaillon, deutlich
kleiner, wie Kristian es schon kannte. An dem Medaillon war eine
dünne Lederschnur befestigt, die er Kristian um den Hals legte. Sie
blickten sich in die Augen. Im Gegensatz zur ersten Begegnung war
von einer Gefährlichkeit keine Spur mehr zu sehen. Er nahm Kristian
zur Seite.
»Mein
Freund Kristian, sage Omi zu mir, deine Feinde sind jetzt auch meine
Feinde. Wenn du in meinem Reich irgendwelche Probleme hast, gib mir
ein Zeichen. Wenn du an dieses Symbol denkst,«
er deutete darauf, »denke gleichzeitig an dein Problem. Mit diesem
Symbol leitest du die Unsichtbarkeit ein. Gleichzeitig stellst du
dir vor, wie dein Körper unsichtbar wird. Mit diesem Symbol kannst
du dich an andere Orte begeben, denke nur daran, wo du hin willst.«
Seite 191
Also, kann es losgehen«? Lena die Reporterin nickte nur. »Halt«, sagte Kristian.
»Hast
du dich über diese Burg erkundigt?«
»Ich
habe es versucht, aber nicht viel gefunden.«
Im selben Augenblick fiel ihm ein, dass das, was er vorhatte, so
nicht laufen konnte. Er hatte vor, ihr die Burg zu zeigen, als Edra
würden die Wachen ihn nicht erkennen und ihn vielleicht nicht
durchlassen. Jetzt hatte er sich in seinem eigenen Lügennetz
verfangen. Ihm blieb nur noch eins übrig, Farbe zu bekennen.
»Erschreck
jetzt nicht«, sagte er und verwandelte sich vor ihren Augen in seine Person und
Aussehen. Sie erschrak doch. »Kristian, heißt das, dass du doch Edra
bist?« Er machte ein schuldbewusstes Gesicht und nickte. »Aber deine
Kräfte«
»Habe
ich von den Elfen.«
»Und
wo sind die?«
»Ein
andermal.«
»Da
hast du mir aber die ganze Zeit einen Bären aufgebunden.« Lena
lachte laut auf.
»Trotzdem,
es bleibt alles beim Alten mit meinem Anteil«, sagte er und sprang
mit ihr los. Vor ihnen die Burg. Lena verschlug es die Sprache. »Ja,
was ist«,
fragte er, »wir haben doch ein Geschäftsabkommen.«
Lena begriff und machte Fotos. Sie gingen auf das Tor zu. Die Wachen
grinsten Lena an, als sie das Tor passierten.
»Gib mal
her,«
sagte Kristian und nahm ihren Fotoapparat. »Stell dich mit dem
Rücken zum Tor.«
Er machte zwei Aufnahmen. Die Vorburg mit den Ställen und Gärten
kosteten weiteren Film. Er hatte Johannes schon entdeckt, der stand
mit mehreren alten Freunden zusammen. Erst als diese in ihre
Richtung blickten, wurde er auf sie aufmerksam. »Kristian«, rief er
und rannte auf sie zu.
»Darf
ich vorstellen, Johannes, Sohn des Grafen Lothar von der Burg
Falkenhorst. Und das ist Lena, stellt euch zusammen, ich mache ein
Foto von euch beiden.«
Er erinnerte Lena, dass sie keine Fotos von ihm machen durfte. Sie
gingen auf die Burg zu. Lena machte Fotos von den Leuten. Vor dem
Haupttor machte er ein Foto von ihr mit je eine Wache rechts und
links.
»Komm,
mein Vater wird sich freuen dich zu sehen,« sagte Johannes. Kristian
fand, dass Lena fürs Erste genug gesehen hatte, sonst wäre ja keine
Steigerung mehr möglich gewesen. »Nein, heute nicht«, sagte er,
»Lena muss zurück.« Diese wollte protestieren, schwieg dann aber.
»Schade«, sagte Johannes. Sie gingen zurück, Lena schoss noch ein
paar Fotos und sie verließen die Vorburg. »Bis bald«, sagte
er zu Johannes, der sie bis hier begleitet hatte. Hinter der
Wegbiegung sprangen sie, er wieder als Steckbrieflichgesuchter,
zurück. Lenas Verfolger waren noch da.
Seite
209 Shie die Elfenkönigin
»Hera
hat mich hergebracht, ich darf in einem Raumschiff mitfliegen.«
»Weist
du schon, wer das Raumschiff führt?«
»Ja,
Cyro.«
»Oh,
ich kenne Cyro«, sagte Shie die Elfenkönigin. »Stört es euch nicht, wenn jemand eure
Gedanken liest«? fragte Kristian.
»Wir
können unsere Gedanken abschirmen.« Die Frau brachte eine Karaffe
und drei Gläser. Shie füllte sie. »Auf dein Wohl«, sagte sie. Er war
überrascht, ein leichter Fruchtgeschmack mit einem Anteil Alkohol.
»Das
schmeckt wirklich gut.«
»Du
musst aufpassen, da du heute noch fliegen willst, bekommst du nur
ein Glas voll. Das Getränk steigt einem schnell in den Kopf.«
»Ihr
wohnt schön hier«, sagte er. »Hera sagte, dass du eine Freundin
hast«? fragte Shie, »das nächste Mal bringst du sie mit, damit wir
sie kennenlernen können.« Er wusste jetzt schon, dass Jessika es
nicht abwarten konnte, wenn sie es erfuhr.
»Ich
danke dir für die Einladung.« Kristian blickte sich um, die Wände
waren mit Bildern geschmückt. Der König mit verschiedenen Gästen.
Auch Cyro oder einer von seiner Art. Aber auch so etwas wie
abstrakte Kunst war vertreten. Hera stand auf, »wir müssen zurück,
sonst fliegt Cyro ohne Kristian ab.«
»Bis
bald«, verabschiedete er sich und fand sich draußen vor dem
Raumschiff wieder. Cyro wartete schon. Ein Zweiter von seiner Art,
stand ebenfalls vor der geöffneten Tür.
»Das
ist Systra«, stellte er vor. Äußerlich hätte er sie nicht
auseinanderhalten können.
»Ich
gehe jetzt«, sagte Hera und verschwand.
»Komm
herein,« empfing er Cyro`s lautlose Anweisung. Er musste den Kopf
einziehen und ging in gebückter Haltung ins Schiff. Zwei Sessel vor
einem Kommandostand. Keine Knöpfe oder Schalter. Verschiedene
Symbole auf einem Sensorenfeld war alles, was er sah. »Setz dich auf
die Bank hinter mir«, gab ihm Cyro zu verstehen. Kristian setzte
sich. Die Tür schloss sich. Ein leises Summen war alles, was er
vernahm, als das Schiff abhob.
»Du
möchtest, dass wir zu dir fliegen«? empfing er.
»Ja«,
dachte er. Ohne dass er es bemerkt hatte, sah er auf einem
Bildschirm in der Wand unter sich, eine Stadt liegen. Cyro ging
tiefer auf tausend Meter und blieb auf der Stelle stehen.
»Unbekanntes Flugobjekt auf tausend Meter«, hörte er von irgendwo
her. »Es steht auf der Stelle.«
»Flugzeug
Berta Anton Drei, gehen sie auf eintausenddreihundert Meter und
sagen sie, was sie sehen.«
»Verstanden
Tower.« »Hier Berta Anton Drei. Ich sehe es, es sieht aus wie eine
fliegende Untertasse.«
»Anton
Berta drei, verlassen sie umgehend ihren Standort.« »Verstanden.«
Bald hörten sie, wie sie sich entfernten.
Die zwei Kampfflugzeuge der Bundeswehr umkreisten sie jetzt in einem
weiteren Radius. »Hier AX 1, das UFO bewegt sich nicht, was sollen
wir tun?«
»Keine
Provokationen, nur beobachten.« Beobachten war gut, wie sollten sie
das machen, sie konnten ja nicht auf der Stelle stehen bleiben wie
sie. »Du weißt, was du hier machst«? kamen Cyro`s Gedanken bei ihm
an.
»Dieses
ist doch eine gute Gelegenheit, den Menschen zu zeigen, dass es auch
noch andere Lebewesen gibt.«
Cyro gab keine Antwort. »Kann ich mit den Beiden da oben reden«?
fragte er. Cyro nickte, da er nicht wollte, dass einer der Beiden
ein Held sein wollte. »Wo soll ich rein sprechen«? fragte Kristian.
»Rede«, sagte Cyro.
»Hallo
ihr beiden, es ist besser ihr fliegt zurück, wir sind in friedlicher
Absicht hier.«
»Sie
reden mit uns«, hörte er die aufgeregte Stimme eines Piloten. »Sie
sind in friedlicher Absicht hier und wollen, dass wir
zurückfliegen.«
»Kommen
sie zurück«, hörten sie den Befehl. Danach drehten beide ab. »Können
wir tiefer gehen«? fragte er. Wieder nickte Cyro. Langsam fragte
Kristian sich, wieso Cyro sich auf alles einließ. Hatten der König
und er diesen Ablauf in Betracht gezogen? Dann mussten sie ihn aber
besser kennen wie er sich selber. Cyro deutete auf den Bildschirm.
Kristian sah, wie die Stadt auf sie zukam. Viele Menschen, durch die
kreisenden Flugzeuge aufmerksam geworden, blickten ihnen entgegen.
Obwohl es anfing, dunkel zu werden, sahen sie die Gesichter deutlich
vor sich. Er erkannte, wo sie waren.
»Am
Stadtrand ist eine Sportarena, lass uns dorthin fliegen.« Viele
Autoscheinwerfer folgten ihnen zur Arena. Aus allen Richtungen kamen
Polizeiwagen mit ihren blinkenden blauen Lichtern und versuchten,
dem Chaos Herr zu werden. Unter ihnen tauchte die Arena auf. Langsam
schwebten sie auf fünfzig Meter herunter. Irgendwie hatten die
Menschen es geschafft, die Tore zu öffnen und die Scheinwerfer
einzuschalten. Ein endloser Strom ergoss sich auf die Ränge. Angst
schienen sie nicht zu haben, denn die Menschenmenge gab ihnen ein
sicheres Gefühl. »Zeige den Leuten, was du kannst, fliege hoch und
wieder herunter.« Auf dem Bildschirm sah Kristian die Arena kleiner
werden und ebenso wieder größer. Das alles hatte nur ein paar
Sekunden gedauert, ohne dass er etwas gemerkt hatte. Der
Menschenmenge hatte es sicher gefallen. Ehrfürchtig starrten sie auf
das Raumschiff. Sie schwebten seit einer halben Stunde auf der Stelle,
was sicher dazu beitrug, die Spannung zu erhöhen. Kristian wollte
gerade sagen, in zehn Minuten setzt du auf, als ihm einfiel, dass er
nur Gast auf diesem Schiff war. Cyro hatte sein Gedankenspiel wohl
mitbekommen, zum ersten Mal sah Kristian, dass Cyro zu einer Regung
fähig war. Es bildeten sich zwei Grübchen auf seinen Wangen.
Kristian lächelte zurück. Nach zehn Minuten hörte er, dass die vier
Stelzen herausgefahren wurden. »Jetzt solltest du den Leuten auf
deine Weise mitteilen, dass wir in friedlicher Absicht hier sind und
sie ruhig bleiben sollen«, sagte er zu Cyro. Was war das ein Schock,
als plötzlich in den Gedanken der Menschen diese Botschaft ankam.
Die Spannung musste ungeheuerlich sein. Kristian sah, wie die
Polizei Fernsehteams an den Rand des Platzes ließ. Bald würde die
ganze Welt über den ersten öffentlichen Kontakt mit den
Außerirdischen wissen. Mittlerweile konnte er mit seinen
Fingerkuppen auf dem Sensorenfeld die Kamera bedienen.
Er richtete sie auf die vordere Reihe, dort wo die Fernsehkameras
standen. Er hatte schnell gefunden, was er suchte. Lena in einem
gelben Kostüm. Wieso hatte sie ein Kostüm an? Er zeigte Cyro den
gelben Farbfleck.
»Kannst du diese Frau gezielt ansprechen?« Cyro nickte.
»Sage
ihr, Edra lässt grüßen, mach dich bereit.« Er beobachtete Lena. Sie
blickte sich um, ob die anderen auch eine Nachricht bekommen hatten,
was anscheinend nicht der Fall war. »Kannst du jetzt die Tür
aufmachen?«
Kurz darauf wurde die Klappe heruntergefahren.
Ich
verwandle mich wohl besser«, sagte er und wurde zu einem Abbild von
Cyro. Dieser hatte erstaunt seiner Verwandlung zugesehen. »Jetzt
fehlt mir nur noch die Fähigkeit, dass ich mich mit ihnen über ihre
Gedanken unterhalten kann.«
Eine Weile blickte Cyro ihn an, erst als sein Gefährte nickte, nahm
Cyro aus einem Fach einen kleinen runden Gegenstand und gab ihn
Kristian. Da er ebenso wie Cyro eine kleine Tasche an seiner Seite
hatte, steckte er ihn dort hinein. »Wofür ist das«? fragte er.
»Spreche mit deinem gelben Farbfleck«, sagte er.
Er konzentrierte sich auf Lena. »Hallo Lena«, dachte er, »erschrecke
nicht.« »Mensch Kristian, du wirst mir immer unheimlicher. Was habt
ihr vor?«
»Wir
werden eine Delegation empfangen, zu der du auch gehörst. Ich dachte
dabei an den Bürgermeister und den Polizeichef. Deinen Kameramann
darfst du nicht mitnehmen. Es wäre gut, wenn du als auserwählte die
Beiden darauf vorbereiten würdest. Falls einer nicht will, soll er
einen anderen bestimmen.« Kristian sah, wie Lena auf einen
Polizisten zuging und mit ihm debattierte. Ein Zweiter kam hinzu.
Kristian sah, wie sie vergeblich versuchte, die Botschaft
weiterzugeben.
Lena wurde immer lauter und ein dritter Polizist kam hinzu. Dieser
kannte Lena aus dem Fernsehen und glaubte ihr. Lena verschwand in
der Menge. Nach fünf Minuten standen drei Personen am Spielfeldrand.
Kristian sah, dass außer Lena noch eine Frau dazugehörte. Warum
nicht, das war sicher die Bürgermeisterin. »Hallo Lena, verrate mir
die Namen der Beiden.« »Frau Wissing die Bürgermeisterin und Herr
Kranz der Polizeichef.«
»Dann
kommt«, sagte er, worauf sich die Drei in Bewegung setzten. »Cyro,
ich habe eine Bitte, würdest du dich und dein Begleiter vorne an der
Tür aufstellen?« Wie immer machte er mit. Cyro und Systra stellten
sich an der Tür auf. Ob die Fernsehkameras das auch alle mitbekamen?
Er ging der Delegation entgegen. Lena, die ja wusste, dass keine
Gefahr drohte, hatte einen deutlichen Vorsprung.
»Nicht
so schnell«, sagte er zu ihr.
»Kristian,
wo bist du?«
»Ich stehe
doch vor dir.«
»Höre auf
mit dem Quatsch.«
»Lena, was
muss ich tun, damit du mir glaubst? Warte, ich weis schon.« Er ließ
Lena auf sich zukommen. Ehe sie zurückweichen konnte, umschlossen
seine Arme sie. »Glaubst du mir jetzt?«
»Kristian, was haben sie mit dir gemacht?«
Er ließ sie los. »Das erzähle ich dir später.«
Dann standen sie vor dem Raumschiff. Misstrauisch und ängstlich
schauten die beiden Gäste sich um. Augenkontakt mit ihm vermieden
sie. Er wollte ihnen gerade seine Hand entgegenhalten, da bekam er
einen Schreck. Hatte er daran gedacht, sich bei der Verwandlung mit
vier Fingern auszustatten? Er blickte auf seine Hand. Welch eine
Erleichterung, vier Finger an jede Hand. Jetzt machte er dasselbe
Spiel das Cyro mit ihm gemacht hatte. Seine ausgestreckte Hand
stiftete zunächst Verwirrung. »Lena«, dachte er, »drück deine
Handfläche gegen meine.« Lena machte es vor, dann hatten die Beiden
verstanden. »Es ist uns eine Ehre die Bürgermeisterin Frau Wissing
und den Polizeichef Herr Kranz begrüßen zu können. Erstaunt schauten
sich beide an. »Außerdem Frau Müller.« Er hatte bis jetzt in
Gedankenform mit ihnen gesprochen. Jetzt sagte er mit normaler
Stimme, »wir möchten, dass die Welt erfährt, dass es uns gibt und
wir eure Freunde sein wollen.« Beide, außer Lena, nickten eifrig.
Lena zeigte mehr Interesse für das Raumschiff und versuchte ins
Innere zu sehen. Er sah, dass sie einen Fotoapparat umgehängt hatte.
»Du darfst Fotos machen,« teilte er ihr mit. Cyro hatte es
mitbekommen und zuckte nicht zusammen, als das Blitzlicht
aufflammte. Bald hatte Kristian sie aus den Augen verloren, nur hier
und da sah er es aufblitzen. »Als Zeichen unserer Freundschaft, lade
ich sie zu einem Rundflug ein.« Beide sahen sich betreten an, in
Gedanken sahen sie sich in den Nachrichten erwähnt, Bürgermeisterin
und Polizeichef von Außerirdische entführt. Lena sah ihre Nöte, »ja,
dann wollen wir mal,« sagte sie und betrat die Rampe. Widerstrebend
folgten die Anderen.
»Lena,
keine Fotos im Inneren«, teilte er ihr mit.
»Denke
an unsere Partnerschaft vernahm er.«
»Es
reicht, was du bist jetzt hast«, was sie wohl einsah.
Die Rampe schloss sich. »Bitte setzen sie sich auf die Bank dort.«
Sie folgen seiner Anweisung. Hier hatten sie ausreichende
Kopffreiheit. Ihr Blick war gebannt auf dem Bildschirm gerichtet.
Das Stadion war hell erleuchtet. Zuerst langsam, dann immer
schneller, schoss das Raumschiff nach oben. Die Helligkeit des
Stadions verblasste, bis der Bildschirm nur noch Dunkelheit
anzeigte.
Cyro teilte ihm mit, dass er und Lena ihm nebenan in einen anderen
Raum folgen sollten. Hier wechselte Kristian wieder in seine
Gestalt. »Ich habe euren Gedanken entnommen, dass ihr beide schon
für einigen Wirbel gesorgt habt. Ich halte es daher für besser, wenn
ich euch einen Chip einpflanze. Ihr gehört zu den Kontaktpersonen
unserer Rasse und seid daher immer in Gefahr, entführt zu werden.
Mit dem Chip finden wir euch wieder. Seid ihr damit einverstanden?«
»Ich
habe nichts dagegen«, sagte Kristian und blickte dabei Lena an. Lena
war auch einverstanden, denn sie nickte. Cyro ging, um kurz darauf
wiederzukommen. Ein anderer Duft umgab ihn. Kristian blickte ihn an.
»Du bist Systra und ein weibliches Wesen«, dachte er, als wenn eine
plötzliche Eingebung ihn dieses hatte erkennen lassen.
»Du
bist besser, wie wir gedacht haben«, vernahm er, »aber du hast recht
mit deiner Annahme. Macht euren Oberschenkel frei.« Lena und er
blickten sich an, dann ließ Kristian seine Hose fallen. Systra kam
zuerst zu ihm. Mit ihren Fingern strich sie über den Oberschenkel
und führte eine Kanüle unter die Haut. Er fühlte, wie dort etwas
unter die Haut geschoben wurde, ohne dass es schmerzte. Dann wurde
die Kanüle herausgezogen. Lena hatte ihn die ganze Zeit mit bangen
Augen beobachtet und war sichtlich erleichtert, dass sich Kristians
Gesicht nicht verzog. Willig ließ sie die Prozedur über sich
ergehen. Sie gingen wieder in den Kommandoraum, nachdem er wieder
die Aliengestalt angenommen hatte. Er sah die Bürgermeisterin und
der Polizeichef verkrampft auf ihre Bank sitzen. Sicher hatten sie
sich Gedanken darüber gemacht, was mit Lena geschah. Lena setzte
sich lächelnd neben sie und nickte beruhigend mit dem Kopf. Kristian
sah den beiden an, dass sie sich nicht wohlfühlten, und fragte sie,
ob sie zurückwollten? Erleichtertes Nicken war die Antwort. Cyro
leitete die Landung ein. Der Bildschirm wurde heller und bald lag
die Sportarena in voller Helligkeit unter ihnen. Erst als die
Stelzen ausfuhren, sah man ein befreites Aufatmen auf den Gesichtern
ihrer Gäste. Sie würden als Helden gefeiert werden, und ihre
Wiederwahl war gesichert. Die Tür öffnete sich und sie hörten ein
von der Spannung befreites Jubeln. Mutig geworden, stürmten jetzt
vereinzelt Leute auf den Platz. Wenn das so weiterging, kamen sie
nicht mehr hoch. Ihre Gäste hatten zum Glück das Schiff schon
verlassen. Plötzlich bildete sich in einem Radius von einhundert
Metern ein flimmerndes Kraftfeld wie eine Kuppel um das Schiff.
Gerade noch rechtzeitig, nachdem ihre Gäste den Kreis verlassen
hatten. Es sah lustig aus, wie sich die Menschen gegen das Kraftfeld
lehnten und ohne umzufallen, ihre Nasen gegen das Kraftfeld
drückten. Sie gingen ins Schiff, und als es abhob, sahen sie, wie
die Menschen in der vorderen Reihe nach vorne übereinander
purzelten, nachdem das Kraftfeld abgeschaltet war. Kristian schaute
schnell Cyro an, ob er das auch lustig fand. Er fand es. Sie stiegen
hoch, und ehe er sich versah, setzte Cyro schon wieder zur Landung
an. Die Tür ging auf. Kristian wartete draußen auf Systra und Cyro
und hielt ihnen seine Handfläche entgegen, worauf sie ihre dagegen
drückten.
»Ich
danke euch, dass ihr mich mitgenommen habt und ich würde mich
freuen, wenn wir uns wiedersehen.«
»Wir
danken dir, dass du uns erlaubt hast, deine Denkweise zu studieren.
Wir nehmen dich gerne ein andermal wieder mit.«
Seite
Seite 328
Schon machten sich die nächsten Ritter bereit. Schwarz wie das Pferd
war auch der Ritter. Ein Rabe zierte seinen Helm. Da brauchte man
nicht lange raten, wer der Ritter war. Der Gegner, kleiner, saß
ebenfalls auf einem rabenschwarzen Pferd. Die Bewegungen dieses
Pferdes waren um ein Vielfaches schöner, der Kopf erhabener als das
Pferd des schwarzen Ritters. Rudolf saß auf seinem besten Pferd und
es wurmte ihn sicher, nicht auch solch ein Pferd zu haben. Er war
auf dem Weg zur anderen Seite, als er sein Pferd in der Mitte des
Turnierplatzes anhielt. »Ihr seid bestimmt ein mutiger Ritter«,
sagte er laut, damit es auch alle hörten, zu seinem Gegner. Auf
einmal wurde es still. Alle waren gespannt, auf das, was jetzt
folgen würde.
»Wir
sollten mit der Spielerei aufhören«, sagte der schwarze Ritter,
»lasst uns kämpfen, wie es sich für einen Ritter gehört, oder habt
ihr Angst?«
»Er
will das Pferd«, sagte jemand hinter ihnen.
»Er
provoziert seinen Gegner, der, wenn er sein Gesicht nicht verlieren
will, das Angebot annehmen muss.« So war es auch. Der kleine Ritter
nickte. Die Reiter begaben sich in die Ausgangsposition. Dann kam
das Zeichen. Als wenn die Pferde darauf gewartet hätten, rannten sie
los. Beide Reiter trafen ihren Gegner. Der kleine Ritter nahm dem
Stoß des Gegners durch eine Drehung seines Oberkörpers die Wucht.
Die Lanze rutschte am Brustpanzer ab. Rudolf, der die ganze Kraft in
diesen Stoß gelegt hatte, wurde nach vorne geworfen, die Lanze
neigte sich, bekam Bodenkontakt und katapultierte den Reiter aus dem
Sattel.
Es wurde still, dann applaudierten sie dem kleinen Ritter zu. Der
Rabe auf Rudolfs Helm hatte arg gelitten und würde jeden Moment
herunter fallen. Wutentbrannt griff Rudolf nach oben, riss das
traurige Gebilde von seinem Helm und warf es dem kleinen Ritter
entgegen. »Komm herunter du Zwerg, der Kampf ist noch nicht zu
Ende.« Eigentlich war der Kampf schon entschieden, ein Ritter auf
dem Boden konnte gegen einen berittenen Lanzenträger nicht bestehen.
Lass dich nicht darauf ein, dachte Kristian. Er wusste nicht, wem
der kleine Ritter etwas beweisen wollte, auf jeden Fall stieg er von
seinem Ross. Wieder wurde zum Ärger von Rudolf applaudiert. Die
ersten Schläge wurden ausgetauscht. Rudolf, durch sein Visier
behindert, riss seinen Helm herunter. Als wenn Kristian es geahnt
hätte, kraftmäßig war der kleine Ritter unterlegen. Trotzdem
parierte er Rudolfs Schläge mit Bravour, bis er aus dem
Gleichgewicht kam und stürzte. Rudolf, der seine Gelegenheit sah,
schlug sein Schwert gegen den Kopf des Gegners. Der kleine Ritter
ging zu Boden und rührte sich nicht mehr. In Siegespose das Schwert
nach oben gestreckt, stolzierte Rudolf um seinen Gegner.
Dieses Mal folgte kein Applaus. Seinen Bediensteten gab Rudolf einen
Befehl, worauf diese das Pferd des Besiegten abführten. Hanna als
Heilerin, rannte mit anderen zum Besiegten. Der Helm hatte eine
Delle, Blut floss aus der Wunde. Zum Glück war es nicht so schlimm,
wie es aussah, nachdem man den Helm entfernt hatte. Langsam kam er
zu sich. »Mein Pferd?«
»Rabenfels«,
murmelte einer. Kristian sah sich um. Johannes stand bei seiner
Angebeteten. Kristian ging zu ihm. »Johannes, was soll das bedeuten,
wieso bekommt Rudolf das Pferd des Besiegten?«
»Bei
den großen Turnieren bekommt der Sieger die Rüstung und das Pferd
des Besiegten. Der kleine Ritter hat sich darauf eingelassen, aber
nicht jeder Ritter macht von seinem Recht Gebrauch.«
»Darf ich gegen Rudolf antreten«? fragte er.
»Wenn
du ihn beleidigst.« Kristian ging zur Seite und holte seinen Stock.
Damit betrat er den Turnierplatz.
»Rudolf,
Graf von Rabenfels, ihr seid nicht würdig, Ritter genannt zu
werden.« Wieder wurde es still. Die Leute reckten ihre Hälse.
»Traut
ihr euch, gegen mich anzutreten?« Das konnte er nicht auf sich
sitzen lassen.
»Was
wollt ihr, Mann unbekannter Herkunft.«
»Da
wo ich herkomme, beachtet man die Regeln«, schleuderte Kristian ihm
entgegen. Rudolf kam, die Rüstung hatte er schon abgelegt.
»Muss
ich Angst vor euch haben, weil ihr einen Stock habt?«
»Wir
spielen zu meinen Regeln«, sagte Kristian. »Solltet ihr besiegt
werden, bekomme ich euer Pferd, eure Rüstung und das Pferd, welches
ihr euch so eben ergaunert habt.«
»Und
was wollt ihr dagegen setzen?«
»Solltet
ihr gewinnen, lass ich alle eure Fenster verglasen.« Das war ein
Einsatz, der mehr Wert war, als zwei Pferde und Rüstung.
»Ihr
habt schon verloren«, sagte er siegessicher.
»Ihr
seid ein Prahlhans«, entgegnete Kristian, »macht vorher euren
Frieden mit Gott.«
»Um
mit euch fertig zu werden, brauche ich keinen Gott«, konterte er. Er
näherte sich Kristian langsam mit ausgestrecktem Schwert, um dann
plötzlich eine Drehbewegung um die eigene Achse zu machen. Kristian
leitete den Hieb mit dem Stock ab. Rudolf machte Ausfallschritte und
hieb mit dem Schwert durch die Luft, als wollte er sie in Scheiben
schneiden. Kristian wehrte einzelne Schläge ab, wich zurück, was
Rudolf dazu verleitete, unvorsichtig zu werden. Kristian reizte ihn.
»Was ist, seid ihr schon müde, ihr schnauft, als wenn euch eure
Kraft verlassen hat.« Darauf erhöhte Rudolf sein Tempo.
»Wenn
ihr so weiter macht, geht euch die Puste aus.« Jetzt gab Kristian
das Tempo vor und zwang ihn zum Rückzug. Ein Schlag gegen das
Schienbein ließ ihn stolpern, Kristian setzte nach und traf ihn am
Kopf. Die nächsten Schläge trafen ihn mal mit der einen, dann wieder
mit der anderen Seite seines Stocks. Kristian nahm keine Rücksicht,
seine Schläge trafen ihn mit voller Wucht. Eine Drehung um sich
selbst und Kristian rammte ihm sein Stockende gegen die Brust. Das
nahm Rudolf seine Luft und seine Gegenwehr. Er fiel auf die Knie und
war zu keiner Gegenwehr mehr fähig. »Gebt ihr euch geschlagen«?
fragte Kristian und hielt das eine Stockende auf ihn gerichtet?
Rudolf wusste, wenn Kristian jetzt zuschlug, konnte es sein Ende
bedeuten. Er ließ sein Schwert fallen. Dann setzte der Applaus ein.
Johannes kam und klopfte Kristian auf die Schulter. »Johannes,
kannst du jemand losschicken, der sich um meinen Gewinn kümmert? Wo
ist mein Vorkämpfer«?
fragte er.
»Er
ist in seinem Zelt«, und er zeigte darauf. Kristian hätte es auch so
gefunden, da Hanna es gerade verließ.
»Hallo
Kristian, du hast gewonnen?« Er nickte.
»Wie
geht es ihm?« Schon besser. Auf einer Liege lag der kleine Ritter.
»Ich
bin Kristian.«
»Ich
heiße Bernhard.«
»Bernhard,
ich habe eben euren Widersacher geschlagen und euer Pferd für euch
zurückgeholt«, sagte er.
»Wie
meint ihr das«? fragte der Ritter.
»Dass
das Pferd wieder euch gehört.«
»Das
geht nicht. Ich habe es rechtmäßig verloren.«
»Rechtmäßig
hattet ihr den Kampf schon vorher gewonnen.«
»Das
mag stimmen.«
»Also
abgemacht, ihr nehmt euer Pferd zurück, wendet euch an Johannes den
Sohn des Grafen.«
»Ich
danke euch, kommt uns mal besuchen.«
»Das
werden wir«, sagte Kristian und verließ das Zelt. »Das Turnier war
abgebrochen worden, nach diesem Zwischenfall wollte keiner mehr
kämpfen. Dafür gab es Gesprächsstoff genug. Hera, wo war er
geblieben? Er fand ihn auf einen Gatterzaun sitzend, wie er das
Treiben beobachtete.
»Kristian,
warum hast du gegen Rudolf gekämpft?«
»Weil
ich ihn nicht mag und der kleine Ritter mir leidtat.« »Was ist mit
ihm?«
»Er
wird schon wieder. Komm, wir schauen mal, wo die Anderen sind.« Das
Hochzeitspaar und Hanna saßen an einen der langen Tische. »Kristian,
Hera, setzt euch zu uns.«
»Toller
Kampf«, sagte Ludwig, »wir sollten unsere Schwerter beiseitelegen
und mit dem Stock kämpfen. Nimm dich vor Rudolf in acht, diese
Niederlage vor allen Gästen, wird er dir niemals verzeihen. Was hast
du mit deinen gewonnenen Pferden vor?«
»Es ist nur noch eins, eins habe ich schon verschenkt.«
»Darf
man wissen an wen?«
»An
seinen rechtmäßigen Besitzer, Ritter Bernhard.«
»Er
hat dir leidgetan«? stellte Isabel fest. Er nickte.
»Und
das Pferd von Rudolf?«
»Ich könnte es euch schenken, aber damit würde ich seinen Zorn auf
euch lenken.«
Ihm fiel ein, dass der Spender des Essens hier immer noch herumlief.
»Habt ihr ihn gesehen?« Auf ihre fragende Blicke sagte Kristian,
»den Spender des Essens.« Allgemeines Kopfschütteln.
»Dann
werde ich ihn wohl suchen müssen.« »Hera entschuldige mich einen
Augenblick, ich muss den Mann suchen.« Johannes hatte ihn gesehen
und gab ihm den entscheidenden Hinweis. Der Mann saß beim Ausschank
des Bieres und hatte mehr getrunken, als im guttat. »Ich bringe sie
zurück«, sagte Kristian, und ehe er protestieren konnte, war er
Zuhause. Morgen früh würde er annehmen, dass er alles nur geträumt
hatte. Zurück suchte er Silke und Jessika. Umgeben von Männern
ließen sie sich den Hof machen. Da wollte er nicht stören und ging
durch eine Reihe abgestellter Wagen, auf denen die Zelte
herbeigeschafft waren. Ein Geräusch hinter ihm, noch im Drehen sah
er etwas auf sich zukommen, dann wurde es dunkel. Als er wieder zu
sich kam, wusste er nicht, was geschehen war. Er lag in einem Wagen,
von Dunkelheit umgeben, und fuhr einem unbekannten Ziel entgegen.
Seine Hände waren hinter dem Rücken zusammengebunden. Auf ihm lag
eine Last, die ihn fast erdrückte. Hilfe konnte er nicht erwarten
und er spürte sein Medaillon nicht. Der Gedankenleser war sicher
auch weg. Auch wenn der Entführer nicht wusste, was es mit den
Sachen auf sich hatte, er wollte auf Nummer sicher gehen und hatte
ihm die Sachen abgenommen. Irgendwann, er hatte das Zeitgefühl
verloren, blieb der Wagen stehen, fuhr dann wieder an. Dieses Mal
klang es so, als würde der Wagen über Holzbohlen fahren. Eine
Zugbrücke kam ihm in den Sinn. Der Wagen hielt wieder. Die Last, die
ihn zu erdrücken drohte, wurde entfernt. Das Erste, was er sah, war
ein hämisch blickender Mann mit einer Augenbinde. Kristian fiel
sofort ein, wo er ihn schon mal gesehen hatte. Dann erkannte er, wo
er war. Er war in der Burg Rabenfels. Zwei kräftige Männer hoben ihn
aus den Wagen und stellten ihn auf die Füße.
»Na,
Elfenfreund, wo sind deine Freunde.«
»Sie
werden kommen,« sagte Kristian. Sie lachten.
»Graf
Rudolf, euer Gastgeber, hat ein schönes Plätzchen für euch
bereitgestellt.«
Sie führten ihn über eine Holztreppe, die nach oben führte in den
Bergfried, und schoben ihn durch eine kleine Tür. Dann ging es
wieder herunter. Der Weg hinab war bedeutend länger wie der Weg
hinauf. Unten angekommen sah er drei mit Gitter getrennte Zellen. In
eine wurde er hineingestoßen. Sie nahmen ihm die Fesseln ab und
schlossen die Tür. Noch war das Verlies durch eine Fackel
beleuchtet. Er sah sich um. Stroh bedeckte den Boden. Ein Eimer
stand in der Ecke. In der äußeren Zelle sah er eine bewegungslose
Gestalt auf dem Stroh liegen. Kristian setzte sich auf den Boden und
lehnte sich gegen die Wand.
Die Schmach musste Rudolf zu dieser Tat verleitet haben. Kristian
dachte an seine Freunde. Was würden sie denken, wo er war? Die
Fackel brannte herunter. Dann, es musste Abend sein, kam jemand die
Treppe herunter, eine Fackel in der einen und zwei Näpfe in der
anderen Hand. »Ich bringe euer Abendessen.« Er schob es unter das
Gitter durch.
»Ist
Rudolf wieder da«? fragte Kristian.
»Nein,«
war die kurze Antwort. Die Fackel wurde in die Halterung gesteckt,
der Mann ging nach oben. Jetzt erst regte sich sein Mithäftling. Er
schaufelte sein Essen in sich hinein.
»Wer seid ihr«? fragte Kristian.
»Ich
bin ein Händler und Jude, David ist mein Name. Ich kam auf die Burg,
um meine Waren anzubieten. Graf Rudolf wollte nur die Hälfte des
Wertes bezahlen. Als ich nicht darauf einging, verwies er mich aus
seine Burg, um mich, als ich außer Sicht war, wieder einzufangen und
nach hier unten bringen. Er hofft, aus mir ein Lösegeld pressen zu
können. Ich bin aber nicht bereit, eine Lösegeldforderung zu
unterschreiben.«
»Wie
lange seid ihr schon hier?«
»Ich
habe die Tage nicht gezählt.«
»Ich
bin Kristian und habe Rudolf im Zweikampf besiegt. Von mir will er
kein Lösegeld, seine Rache ist ihm wichtiger. Er will mich hier
verfaulen lassen. Euch kann er jetzt auch nicht mehr laufen lassen,
ihr könntet erzählen, wo ihr mich getroffen habt.«
Am nächsten Morgen kam Rudolf persönlich zu ihnen herunter. »Ihr
habt es aber gemütlich hier, den ganzen Tag auf der faulen Haut
liegen.« Als er keine Antwort bekam, zog er etwas aus seine Tasche.
»Ich habe euch etwas mitgebracht.« Es war Kristians Medaillon und
der Gedankenleser. Er suchte und fand einen Haken gegenüber
Kristians Zelle und hing das Medaillon daran. Den Gedankenleser
legte er auf einen vorstehenden Stein an der Wand.
»Ich
bin mir nicht sicher, ob diese Sachen einen magischen Zweck
erfüllen. Deshalb bleiben sie besser außerhalb eurer Reichweite.«
»Jetzt
habt ihr schon Angst vor meinem Medaillon. Ihr habt doch auch eine
Kette um, sind diese auch magisch?«
Ȇber
euch gibt es zu viele Geschichten, da kann man nicht vorsichtig
genug sein.«
»Ihr
wisst, dass ihr eines Tages dafür bezahlen müsst«? fragte er. Obwohl
Rudolf nicht wusste, dass er ein Ortungsgerät in sich hatte, tat er
das einzig richtige. Er versteckte ihn tief unter der Erde und
Steinen. Kristian machte sich keine Illusionen, hier würde ihn kein
Ortungsgerät erreichen. Sein Blick fiel auf das Medaillon. Rudolf
hatte es gesehen und sah sich in seiner Annahme gestärkt, dass das
Medaillon wichtig für Kristian war. Kristian versuchte, nicht mehr
hinzuschauen.
Seite
375
Er fühlte sich beobachtet. Sein Blick streifte alle Anwesenden. Es
gab sich keiner zu erkennen. Schließlich erfasste sein Blick eine
Frau. Sie schaute nicht in seine Richtung. Trotzdem hielt Kristian
sie für die, die Interesse an ihn bekundete. Sie fühlte sicher
seinen Blick auf sich ruhen. Die Frau war nicht sehr groß, ihre
Haare, die ihr über ihre Schultern hingen, waren eher blond wie
silberfarben. Sie musste ein Mischwesen sein, ihr Mund und Nase war
schmal, ihre Augen fast schwarz nur etwas größer wie seine. Dann
trafen sich ihre Blicke. Ihr Blick schien durch ihn hindurchzugehen.
Keiner gab seine Gedanken preis. Das ging eine Weile so. Sie machte
den Anfang.
»Ich
bin Eurone, bist du bereit?«
»Wozu
soll ich bereit sein«? dachte er.
»Wenn
du durch die Tür hinter dir gehst, werde ich da sein.« Er drehte
sich um und sah die Tür.
»Was
ist«? fragte Jessika.
»Jemand
will mich sprechen, ich bin gleich wieder da.« Er ging durch die
Tür, ohne dass es jemand zu interessieren schien. Sie stand vor ihm.
»Ich beobachte dich schon über eine längere Zeit«, sagte sie. Er
wusste nicht, was sie damit meinte, »hat Cyro von mir erzählt?« Sie
gab darauf keine Antwort.
»Komm«,
sagte sie, berührte ihn und sie kamen in einen Raum an, der ein
wenig steril wirkte.
»Sieht
es bei euch anders aus«? fragte sie.
»Ja,
persönlicher.«
»Was
bedeutet persönlicher?«
»Wir
haben Bilder an den Wänden, die uns etwas bedeuten, oder einfach nur
schön sind.«
»Stelle
es dir vor«, sagte sie. In Gedanken ging er um sein Haus, durch die
Zimmer. Dann ein Bild von Jessika.
»Reicht
dir das«? fragte er.
»Ja,
deine Welt ist noch in Ordnung, die Frage ist nur, wie lange noch?
Ich weiß jetzt, was du mit persönlich meinst.« Sie trat auf ihn zu.
Er atmete ihren Duft ein. Ob sie den Duft einsetzte, um ihn
willenlos zu machen oder nicht, ihm war es egal.
Er dachte an Jessika.
»Sie
muss es nicht erfahren«, sagte Eurone. Ohne dass er dagegen etwas
machen konnte oder wollte, begehrte er sie plötzlich. Ihre schwarzen
Augen waren wie ein tiefer Abgrund, in den man sich verlor.
Sie machte eine Bewegung und das Kleid rutschte ihr über die
Schultern. »Willst du, dass ich dich so sehe, oder siehst du
wirklich so aus«? fragte er.
»Ich
bin, was du siehst.« Ihr Körper war schön.
Alles, was eine Frau ausmachte, stand vor ihm. »Ich möchte ein Kind
von dir. Wenn du es nicht willst, bringe ich dich zurück.« Er wollte
schon, sie war eine schöne Frau.
»Warum
ich?«
»Weil
ich auf diese Gelegenheit hingearbeitet habe. Ich habe dich
beobachtet, seitdem du mit uns in Kontakt tratest.«
»Bekomme
ich mein Kind zu sehen, wenn es geboren ist?«
»Das
verspreche ich.« Sie deutete auf ihr Bett. Wie liebt man eine Frau
von einem anderen Stern?
»Ich
möchte so geliebt werden, wie es Liebende bei euch tun.« Ihm ging so
viel durch den Kopf, die richtige Stimmung wollte nicht aufkommen.
»Ich
werde dir helfen«, sagte sie und plötzlich war nur sie noch in
seinen Gedanken. Er streichelte ihre Haut und merkte, wie sie dieses
genoss. »Willst du, dass ich dich küsse?«
»Wenn
das bei euch so üblich ist.« Er hob sie hoch und legte sie auf ihr
Bett, küsste ihren Körper. »Kann es sein, dass ihr euren Nachwuchs
so nicht erzeugt?«
»Du
hast recht, ich könnte mich aber daran gewöhnen.« Er wusste nicht
wie viel Zeit vergangen war.
»Komm«,
sagte sie und ging mit ihm in eine Kabine. Es summte und alle
Feuchtigkeit fiel von ihnen ab, der Körper fühlte sich frisch an.
»Sehen
wir uns wieder«? fragte er.
»Vielleicht.«
Kristian versuchte, so unbefangen wie möglich an seinen Platz
zurückzukommen. »Was war«? fragte Jessika.
»Jetzt
nicht«, versuchte er sie hinzuhalten.
Seiten:
352
Absätze:
3544
Zeilen:
10738
Wörter:
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Die
Tore der Atlanter 2.Buch
Buch:2
von 4
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Leseprobe 3
Leseprobe 4
Leseprobe 5
Kristian und Jessika kamen von einem Besuch auf dem Heimatplaneten
der Alien zurück. Dort hatte Kristian Eurone eine Wissenschaftlerin,
welche ein Mischwesen der Alien war, kennengelernt.
Zuhause erwartete sie eine Überraschung. Als sie so plötzlich in der
Halle erschienen, kam ihnen Aron bellend entgegen. »Was ist denn
jetzt schon wieder los«? fragte eine Stimme. Kristian und Jessika
schauten sich an.
»Mutter«,
stellte Jessika fest.
»Mama,
wir sind zuhause.«
»Das
gibt auch langsam Zeit. Wir kamen nicht mal in unser eigenes Haus.
Das Monster von Hund hat uns nicht hereingelassen.«
»Braver
Hund«, sagte Kristian leise und erntete einen bösen Blick von
Jessika.
»Das
Schönste war, Großvater stand hinter den Sträuchern und hatte seinen
Spaß.« Mama kam aus der Küche.
»Hallo
Kristian.«
»Guten
Tag Frau Sanders.«
»Wo
ist Papa«? fragte Jessika. »Der schaut sich mal um.« Kristian suchte
Blickkontakt mit Maria, sie sah ihn an und schüttelte den Kopf. Sie
waren also noch ahnungslos.
»Hier
hat sich ja einiges geändert.«
»Ja
Mama, Kristian schläft bei mir.«
»So,
kann mir mal einer sagen, warum Großvater immer vor sich her
grinst?«
»Das
ist uns noch gar nicht aufgefallen Mama.«
»Papa.«
Jessika nahm ihren Vater stürmisch in den Arm.
»Hallo
Kristian.«
»Guten
Tag Herr Sanders.«
»Was
sollte die Buddelei im Turm?«
»Wir
haben einen Tunnel freigelegt.«
»Und
was ist damit?«
»Der
führt in die Halle.«
»In
die Halle, was soll der Quatsch?«
»Wir
zeigen ihn euch später.«
»Wie
seid ihr darauf gekommen?«
»Ein
Freund gab uns den Tipp«, dabei mussten sie lachen. »Wolltet ihr
nach dem Rechten sehen, oder warum seid ihr gekommen«? fragte
Jessika.
»Man
fühlt sich seines Lebens nicht mehr sicher, überall hört man von
UFOs und Alien.«
»Hast
ja so recht Mama«, lachte Jessika.
»Du
brauchst deine Mutter gar nicht auslachen.«
»Wo
kommt eigentlich die zweite Rüstung her«? fragte Papa. Jessika
schaute Kristian an, dieser zog seine Schultern hoch. »Ja, das ist
eine von vielen Sachen, die wir euch noch erklären müssen.«
»Kind,
was ist mit dir passiert, ich habe dich ganz anders in Erinnerung
und dich auch Kristian.«
»Da
sind bestimmt die UFOs dran schuld«, sagte Jessika lachend. »Mach
dich nur über deine Mutter lustig.«
»Hallo
Kinder«, sagte Großvater, als er von draußen herein kam. »Wie geht
es Graf Falkenhorst?«
»Wir
waren nicht auf Falkenhorst.«
»Ihr
ward mit, wie heißt er noch mal?«
»Cyro,
Großvater.«
»Also
mit Cyro unterwegs?«
»Ja.«
»Was
redet ihr für einen Unsinn daher«? fragte Jessikas Vater. »Papa,
habt ihr im Urlaub eigentlich keine Zeitung gelesen?«
»Ja
sicher, ich konnte es nicht mehr hören und sehen, Burg Falkenhorst
im Mittelalter, so ein Quatsch, für wie dumm halten uns die Leute
eigentlich.«
»Der
Wildbratenspieß auf Burg Falkenhorst war nicht zu verachten«, sagte
Großvater vergnügt, »und der Waffenmeister kann einiges vertragen.«
»Sind
denn hier alle verrückt geworden?«
»Du
musst es deinen Eltern sagen«, sagte Kristian, »wir zeigen ihnen die
Burg.«
»Wir
wissen, wie die Burg aussieht, schließlich wohnen wir schon lange
hier«, meinte die Mutter.
»Kommt
trotzdem mit, es ist ja nicht weit.«
»Das
will ich sehen«, freute sich Großvater.
»Kommt
gar nicht infrage«, sagte Jessikas Mutter. Der Vater hielt sich
zurück, vielleicht ahnte er langsam das Ausmaß der Geschichte.
»Fasst
euch an und lasst auf keinen Fall los«, sagte Kristian. »Kinder, was
macht ihr mit uns«, jammerte Mama, »ich habe Angst.« Der erste
Sprung brachte sie vor die Burgruine. Dass sie so schnell vor der
Burgruine standen, war der Mutter weit weniger wichtig, als die
Tatsache, dass sie recht hatte und die Burg das war, was sie schon
seit Jahrhunderten war, eine Ruine. Die Ruine noch vor Augen,
änderte sich das Bild plötzlich. Sie standen jetzt vor der Vorburg,
die Hauptburg im Hintergrund.
»Kinder,
was macht ihr nur mit uns?«
»Es
stimmt was die Zeitungen schreiben«? fragte der Vater. Kristian
nickte.
»Und
was habt ihr damit zu tun?«
»Kristian
hat ein Tor ins Mittelalter gefunden.«
»Und
da seid ihr durchgegangen?«
»Mich hatte er anfangs nicht eingeweiht, aber Großvater wusste
Bescheid.
»Und
ich weiß jetzt auch, wo das Tor ist«, sagte Jessika stolz. »Die
Familie Falkenhorst sind unsere Freunde, und die Tochter wohnt in
unserem Haus.«
Das war zu viel für die Mutter, »Kinder, ich will nach Hause.« Kaum
ausgesprochen standen sie wieder in der Halle.
»Ich
muss mich auf den Schrecken ausruhen«, sagte Mama.
Sie saßen dann in der Küche zusammen.
»Maria,
du weißt von alledem Bescheid?«
»Ja
Herr Sanders.«
»War
das alles oder gibt es noch mehr, dass ich wissen muss?« Jessika
nickte Kristian zu.
»Da
wäre noch die Sache mit den UFOs.«
»Was
ist damit, Kristian?«
»Daran
sind wir auch beteiligt.«
»Ihr
meint, ihr wisst wer die Alien sind?« Kristian nickte.
Jessika holte eine Zeitung, in der das UFO im Stadion abgebildet
war. »Hier, dieser Alien ist Kristian.«
»Wie
kann denn Kristian ein Alien sein?«
»Er
kann seine Gestalt verändern.«
»Wieso
kann er seine Gestalt verändern?«
»Weil
er dem Elfenkönig das Leben gerettet hat.«
»Dem
Elfenkönig, ich verstehe.« Dass das nicht der Fall war, sah
man ihm an.
»Wenn
sie wollen, führe ich es vor, darf ich?« Er schaute Jessikas
Vater an und nickte Jessika zu, die sich darauf hinter ihren Vater
stellte, ihre Hände auf dessen Schulter legte und nickte. Es
erschreckte ihn sehr, sein Gesicht wurde blass. Kristian wechselte
schnell in seine Gestalt zurück. Der Vater stand auf, »ich
gehe zu Mutter.«
»Ich
besuche Lena«, sagte Kristian und verschwand. Sie war noch in
der Redaktion. »Huch«, sagte sie erschrocken. »Mensch
Kristian, du sollst mich nicht immer so erschrecken. Warum kommst du
nicht ganz einfach hinten durch die Tür?«
Er stellte
den Behälter mit dem Heilmittel von den Alien vor ihr hin. »Ich
möchte, dass du das hier in kleine Portionen packst und an möglichst
viele Kliniken schickst. Dazu eine Auflistung der Bestandteile,
damit keiner das große Geld damit macht.« Er war sich nicht
sicher, ob die Übersetzung der Liste ohne Probleme hinhauen würde.
Fragend schaute sie ihn an? »Das ist ein Wundermittel, es
schließt Wunden ohne Narben.«
»Wo
du es herhast, brauche ich wohl nicht zu fragen, aber warum geben
sie es dir?«
»Weil
sie meine Freunde sind und wir bei ihnen eingeladen waren.«
»Wie
eingeladen?«
»Wir
waren auf ihrem Planeten.«
»Du
weißt auf welchen?«
»Nein,
weiß ich nicht und will es auch gar nicht wissen.«
»Wenn
du meinst. Ich kümmere mich um die Verteilung«,
versprach sie. »Es spricht nichts dagegen, wenn du die Liste
veröffentlichst.«
»Das
Neuste weist du noch nicht, Jessikas Eltern sind zurück. Wir haben
sie vorsichtig eingeweiht.«
»Kristian,
die letzte Geschichte mit den Astronauten, kannst du mir darüber
nicht mehr erzählen?« Er erzählte von der Nachricht im Radio
bis zur Rettung, und auch was Cyro dazu gesagt hatte, dass sie uns
zwar beobachten, aber nicht eingreifen.
»Dann
hätten sie ohne dich die Besatzung nicht gerettet?«
»Ich
fürchte nein.«
»Darf
ich darüber berichten?« »Sicher. Worüber du nicht
berichten darfst, ist, dass ich dort eine Frau kennengelernt habe,
ein Mischwesen und eine schöne Frau.«
»Du
planst nicht zufällig irgendwas Neues?«
»Daran
gedacht habe ich schon.«
Seite 40
»Hat
euch mein Geschenk gefallen?« fragte Eurone die Alienfrau.
»Ja,
danke.« »Für wen habt ihr das geschaffen?«
»Wir
brauchen es für die Forschung.«
»Du
meinst, ihr macht damit entführte Menschen willig für eure
Experimente?« In keinster Weise beleidigt, sagte sie, »ja,
du hast es treffend ausgedrückt.«
»Weswegen
wolltest du, dass ich komme?«
»Du
hast uns sehr geholfen, z. B. hast du unsere verlorenen Kinder
zurückgeführt. Obwohl inzwischen ein Freund, bist du gleichzeitig
ein Studierobjekt. Du solltest dich nicht als solches fühlen und
brauchst auch nicht zu fürchten, dass wir an dir Experimente
durchführen. Als einziger Erdbewohner, außer deiner Frau, bist du
bis hier vorgedrungen und hast Sachen gesehen, wie kein anderer vor
dir. Ich möchte dich heute vertraut machen mit der Gabe des Heilens,
wie es nur wenige Menschen beherrschen. Das Wissen schlummert in
dir, ich werde es nur erwecken. Bist du damit einverstanden?«
Er nickte.
»Dann
setze dich.« Eurone trat hinter ihn und legte ihre Hände auf
seinen Kopf. Immer deutlicher spürte er Wärme in sich hochsteigen.
Er schloss die Augen, die Wärme erreichte alle Körperteile. Er
musste wohl eingeschlafen sein. Mit einem Ruck wurde er wach. Eurone
saß jetzt vor ihm und schaute ihn an. »Habe ich lange
geschlafen?«
»Nein.«
»Und
hast du es erweckt?«
»Ja.«
»Was
muss ich jetzt machen?«
»Nichts,
du musst nur an deine Kraft glauben.«
»Wenn
du willst, zeige ich dir meine Arbeit.«
Sie
standen plötzlich in eine Art Labor. Unzählige Glasbehälter in Reihe
und Glied, in ihnen Fötus in unterschiedlichen Entwicklungsstadien.
Menschliche wie auch ihm Fremde.
Eine Tür
weiter erblickte er eine Schar Kinder. Überwiegend menschenähnlich,
aber auch welche mit reinen Genen der Alien. Ein etwa zwölf Jahre
altes Mädchen kam auf ihn zu. Ihr Aussehen entsprach etwa dem von
Eurone.
»Wer
bist du«? empfing er ihre Signale.
»Ein
Freund.«
»Von
der Erde?«
»Ja.«
»Du bist nicht so wie wir?«
»Nein,
ich bin ein normaler Erdbewohner.« Sie nahm seine Hand und
blickte ihn an.
»Wirst
du wiederkommen?«
»Ich
glaube ja.«
»Ich
freue mich.« Ihre Spielkameraden starrten sie an, ohne dass
er ein Signal von Ihnen empfing. »Nimmst du mich mal mit zur
Erde?« Kristian schaute Eurone an.
»Wir
werden darüber nachdenken«, sagte sie. »Lana, lass
Kristian los, wir wollen gehen.« Er wusste nicht, ob man
Liebe spüren kann, aber von Lana kam so viel Liebe und Zuneigung
rüber, dass er sie spüren konnte. Auch Eurone hatte sie gespürt und
schien davon überrascht.
»Ich
werde dich besuchen, wenn ich das nächste Mal wiederkomme.«
Widerstrebend mit Blick auf Eurone, ließ Lana seine Hand los. Eurone
machte dem ein Ende und sprang mit ihm in ihren Wohnraum. »So
viel Zuneigung hat sie noch keinem gezeigt,« erklärte Eurone.
»Was
hältst du davon, wenn ich ihr die Erde zeige, den Ursprung ihrer
Gene? Ich zeige ihr unsere Lebensweise.« Trotzdem hatte er
Bedenken, Eurone sah sie, denn sie beruhigte ihn, »sie kann
ihr Äußeres anpassen.« Kristian freute sich auf das Gesicht
von Jessika.
»Was
ist mit ihrer Verpflegung?«
»Sie
wird sie von hier mitnehmen.«
»Ist
es schädlich für sie, wenn sie unser Essen probiert?«
»Nein.«
»Dann
hole sie.« Er wusste nicht wie, aber plötzlich stand Lana vor
ihm und ergriff seine Hand.
»Ich
danke dir«, sagte sie.
»Ich
werde euch zurückbringen lassen«, sagte Eurone, »und
pass auf meine Tochter auf.« Sie standen vor einem
Raumschiff, ähnlich dem von Cyro. »Geht hinein, es wird euch
zu unserem gemeinsamen Stützpunkt bringen.« Vom Stützpunkt
aus sprangen sie direkt zu Jessika. Hier war die Überraschung groß.
»Darf ich vorstellen, Lana die Tochter von Eurone.«
Seite 46
»Ich
glaube nicht, dass das meine Mutter erlaubt.«
»Sei
nicht traurig, du bist ja gerade erst hier.« Sie nahmen sie
zwischen sich und gingen in den Stadtpark.
»Schaut
mal das Mädchen«, sagte Lana. Sie wussten nicht, was sie
meinte. »Dort auf der Bank mit ihrer Mutter.« Jetzt
sahen sie, wen sie meinte.
»Das
Mädchen ist krank und muss bald sterben.« Kristian dachte an
seine erweckten Heilungskräfte und schaute sich das Mädchen noch
genauer an. Um ihren Körper sah er einen Strahlenkranz, der ihren
Konturen folgte. Den Tod sah er nicht. Lana bemerkte seine
Bemühungen.
»Sieh
genauer hin, die Strahlen die du siehst, hängen nach unten.«
Bewusst hatte er noch nie Strahlen an einem Menschen wahrgenommen.
Er schaute auf Jessika, die plötzlich auch von einem Strahlenkranz
umgeben war. Ihre Strahlen hingegen hingen nicht herab. Ihm fiel
ein, dass er schon von den Strahlen gelesen hatte, man nannte sie
Aura. Anscheinend hatte Eurone auch sein Gedächtnis erweckt.
Ein
Zeitungsartikel erschien vor seinen Augen. Bei der Aura sprach man
von der Gesundheitsaura mit den Gesundheitsstrahlen. Diese gaben
Auskunft über den Gesundheitszustand. Bei dem Mädchen hingen die
Gesundheitsstrahlen herab. Es musste ihr sehr schlecht gehen. »Kommt,
wir wollen nicht stören«, sagte er und versuchte Lana
wegzuziehen. »Aber ich kann helfen«, protestierte sie.
»Du
meinst sie heilen?« Sie fielen schon auf, die Mutter schaute
zu ihnen herüber. »Kommt, wir gehen zu ihr. Entschuldigung,
wir wissen um euer Leid.« Das Mädchen hatte eine Mütze auf,
kein Haar war zu sehen. Sie war vielleicht zehn Jahre alt. »Mama
meint, ich sollte noch einmal die Sonnenstrahlen spüren. Ich werde
bald sterben.« Die Mutter schluchzte. Zu dem Mädchen sagte
Kristian, »wenn du so genau über deine Krankheit Bescheid
weist, dann hast du sicher nichts dagegen, wenn Lana versucht, dir
zu helfen?« Die Mutter schaute auf. Zu viele Hoffnungen waren
zerschlagen worden. Der Tod ihrer Tochter war eine unabwendbare
Tatsache. »Wie wollt ihr meiner Tochter helfen?«
»Lana
sagt, sie hat heilende Kräfte, die eurer Tochter helfen können.«
Die Mutter
schaute Lana an. Was soll's dachte sie, schaden konnte sie ihrer
Tochter nicht mehr zufügen. Die Mutter nickte. »Wir haben
eine Bitte, sie dürfen keinem von uns erzählen. Können sie das
versprechen, auch im Namen ihrer Tochter?« Ein Nicken war die
Antwort. Er gab Lana ein Zeichen, die sich darauf hinter dem Mädchen
stellte. Zum Glück war der Park nicht gut besucht. Lana legte ihre
Hände beidseitig an den Kopf des Mädchens und schloss ihre Augen.
Jessika
und er schauten sich an. Falls sie etwas Spektakuläres erwartet
hatten, so wurden sie enttäuscht. Anscheinend erging es der Mutter
ähnlich. Lana trat hinter der Bank hervor. »Ich muss es noch
einmal machen, morgen?«
Er
übersetzte. Die Mutter nickte. »Wir kommen morgen um die
gleiche Zeit wieder.« Als sie außer Hörweite waren, fragte er
Lana, »was hast du gemacht?«
»Ich habe
den Heilungsprozess eingeleitet und die Lebenskraft gesteigert.
Morgen kann ich sie endgültig heilen.«
»Du
scheinst dir deiner Sache sehr sicher zu sein. Nach den Worten von
Eurone sollte ich so etwas auch können«, sagte er.
»Du
wirst es können«, sagte Lana.
»Habe
ich gerade etwas verpasst«? fragte Jessika.
»Lana
sagt, dass ich das auch kann.« Auf Jessikas fragenden Blick
hin sagte er, »Eurone hat meine Heilungskräfte geweckt. Ich
weiß, ich hätte es dir schon noch gesagt.«
Die
Stimmung war irgendwie dahin.
»Fahren
wir nach Hause?« Keine Antwort.
»Dann
kommt.« Zuhause herrschte eine trübe Stimmung. »Was
ist passiert«? fragte Großvater?
»Lena
will ein todkrankes Mädchen heilen, und Kristian sagt, er würde das
auch können.«
Seite 53
»Kommt,
es ist Zeit.« Sie sahen schon von Weitem, dass die Bank im
Park nicht besetzt war.
»Lana
weißt du, was passiert sein kann?«
»Vielleicht
denken sie, dass sie meine Hilfe nicht mehr benötigen.«
»Dort
drüben ist das Krankenhaus«, sagte er, »lass uns dort
suchen.« Sie kannten nicht mal ihren Namen und wussten
deshalb nicht, wo sie anfangen sollten zu suchen. Er fragte nach der
Station für Krebskranke.
Durch
Zufall ging eine Tür auf und ein Arzt kam heraus. Im Hintergrund
blickte ihnen die Frau von gestern entgegen. Bevor sie etwas sagen
konnte, winkte Kristian ab. Sie kam ihnen aus dem Zimmer entgegen,
ihre roten Augen ließen Schlimmes erahnen. »Was ist passiert«?
fragte er.
»Die
Schwester hat heute Morgen gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Seit
dem zweifeln sie ihre eigenen Untersuchungsergebnisse an.«
Das konnte ja nur bedeuten, dass es dem Mädchen besser ging.
»Die
Heilung ist noch nicht abgeschlossen, Lana muss noch mal zu ihrer
Tochter. Falls jemand fragt, sagen sie, sie ist eine Freundin.«
Er nickte ihr zu, Lana ging hinter ihr her ins Zimmer. Das Mädchen
schaute ihr entgegen.
»Ich
muss noch einmal deine Lebensenergie stärken.« Das Mädchen
nickte, wunderte sich nicht, dass sie die stumme Botschaft
verstanden hatte. Lana setzte sich auf den Rand des Bettes und legte
ihre Hände auf die Schultern des Mädchens und die Übertragung
begann. Lana zuckte nur kurz zusammen, als jemand von draußen
versuchte, ins Zimmer zu kommen. Die Tür war schon einen Spalt weit
auf, als die Tür mit großer Wucht wieder zuknallte. Sie sahen vom
Flur aus, wie der Arzt an seinen Kopf packte und vergeblich
versuchte, ins Zimmer zu kommen.
Eine
Ärztin stand in der Tür zum Schwesternzimmer und schaute von den
vergeblichen Versuchen des Arztes zu ihnen. Kristian wusste nicht,
was der Arzt vermutete, auf jeden Fall schrie er laut, »macht
die Tür auf.« Lana verließ das Bett.
»Ihr
habt versprochen, nichts zu sagen?« Die Mutter nickte und war
erschrocken, weil sie nicht sah, dass sich Lanas Mund bewegt hatte.
»Alles
wird gut.« Sie verschwand, die Tür ließ sich öffnen und der
Arzt stolperte herein. Lana stand plötzlich wieder bei ihnen.
Kristian blickte zu der Ärztin rüber. Man sah ihr nicht an, ob sie
was mitbekommen hatte. So etwas gibt es nicht, las er in ihren
Gedanken. Die Tür stand auf und man sah, dass die Mutter einen
Schock erlitten hatte. Wie kann sich ein Mensch so plötzlich in Luft
auflösen? Dann sah sie Lana und Kristian, dieses Mal schickte er ihr
lautlos „alles wird gut“, rüber. Lana hob ihre Hand und wartete, bis
die Mutter diesen Gruß zögernd erwiderte. Die Ärztin kam, sah von
ihnen in das Krankenzimmer, wo die Mutter noch erstarrt stand.
»Was
geht hier vor«? fragte sie Kristian? Er wollte es eigentlich
nicht, trotzdem sagte er lautlos „alles wird gut“ zu ihr. Das schien
sie hart getroffen zu haben, leichenblass starrte sie ihn an.
Vielleicht wurde sie daran erinnert, was geschah, als Isabel
die Tochter des Grafen hier im
Krankenhaus lag. Sie gingen zum Ausgang und wären fasst mit Lena
zusammengestoßen.
Seite 62
In der
Woche darauf rief Lena morgens um zehn Uhr aus einer Telefonzelle
an. »Kristian, ich habe einen seltsamen Anruf erhalten.
Jemand von der Bundeswehr möchte mit dir sprechen. Er hat mir
gedroht, für den Fall, falls ich Nachforschungen anstelle. Für dich
hat er eine Telefonnummer hinterlassen mit der Bitte, möglichst
sofort zurückzurufen.« Kristian lobte Lenas Vorsicht. Wenn
man ihn so dringend sprechen wollte, würde man auch versuchen seinen
Standort zu ermitteln. Deshalb musste er zum Telefonieren in die
Stadt.
Er
erklärte Jessika, worum es ging und fuhr los zur nächsten
Telefonzelle. Nachdem er die Nummer eingetippt hatte, passierte
zunächst nicht viel. Erst nach dem sechsten Ruf nahm jemand den
Hörer ab.
»Ja?«
»Ja,
hier auch,« sagte er.
»Generalleutnant
Unger.«
»Edra
hier.«
»Danke
für den schnellen Rückruf. Wir haben ein Problem und die Amerikaner
gaben uns den Tipp, dass sie der richtige Mann, äh, ich meine der
Richtige sind für dieses Problem. Ich kann ihnen am Telefon nicht
sagen, worum es geht. Wenn sie damit einverstanden sind, würden wir
sie gerne sofort abholen.«
»Wie
und wann.« »Wir würden einen Hubschrauber schicken.
Der ist in einer Stunde da. Gibt es einen Ort in ihrer Nähe, wo wir
landen können?«
»Ja,
mitten im Stadion.«
»Das
ist gut, jetzt brauche ich nur noch ihre Größe.« Er gab sie
ihm und damit schien wohl alles geklärt zu sein.
»Bis
dann.« Er fuhr zurück. Jessika war es gar nicht recht, auf
was er sich da einlassen wollte.
»Ich
gehe mal davon aus, dass ich ein paar Tage unterwegs sein werde.«
Die Stunde war fasst verstrichen.
»Ich
muss«, sagte er.
»Pass
auf dich auf«, sagte Jessika. Der Sprung brachte ihn direkt
ins Stadion. Der Hubschrauber wartete schon und stand in Richtung
Eingangstor. Da die Insassen nach vorne schauten, konnten sie ihn
nicht sehen. Vorne saß der Pilot, hinten ein höherer
Bundeswehrdienstgrad. Kristian sprang, ohne dass es
Gewichtsschwankungen gab, auf den freien Platz hinter dem Piloten
und blieb erst einmal unsichtbar. »Was meinen sie, ob er
kommt, schickte er ihnen lautlos rüber. Zunächst verblüfftes
Schweigen, dann fragte der Pilot, »haben sie was gesagt Herr
Generalleutnant?«
»Ich
habe nichts gesagt.« Der Generalleutnant zuckte merklich
zusammen, als er Kristian so plötzlich vor sich sah.
»Fliegen
sie«, sagte er zum Piloten, unser Gast ist anwesend.«
Danach stellte er sich als Generalleutnant Unger vor. Wie mag er
aussehen, ging ihm durch den Kopf.
»Wollen
sie das wirklich wissen«? fragte er ihn.
»Nein,
nein, war nur so ein Gedanke.« Dann deutete er auf einen Helm
mit Mikrofon, den Kristian sich aufsetzte. Die Geräuschkulisse sank
auf ein verträgliches Maß.
»Weswegen
wir um ihre Hilfe gebeten haben«, fing er an. »Zwei
KSK-Gruppen bestehend aus je vier Mann, sind im Hinterland
Afghanistans in eine Falle geraten. Sie konnten noch durchgeben,
dass sie vor der Wahl standen getötet zu werden, oder in
Gefangenschaft zu geraten. Danach brach die Verbindung ab.
Die
Amerikaner hatten derzeit damit begonnen, neuartige Bomben über
Höhlenkomplexe in den Bergen abzuwerfen. Mittels Hitzeentwicklung
wird der Abwurfstelle der Sauerstoff entzogen. Die Taliban haben
sich gemeldet und drohen, unsere Leute vor die Höhlen zu stellen,
wenn die Amerikaner ihre Bomben abwerfen. Auf unsere Bitte haben die
Amerikaner ihre Bombenabwürfe zunächst eingestellt. Wir erhoffen uns
durch sie und ihren Fähigkeiten, dass sie eine Möglichkeit finden,
unsere Jungs da raus zu holen.«
»Wie
soll das ablaufen?«
»Wir
bringen sie so nah wie möglich in die Nähe ihres letzten Einsatzes,
zwei KSK-Gruppen, die hier auf Heimaturlaub sind, werden sie
begleiten.« Er sah Kristians fragenden Blick. »KSK
bedeutet Kommando Spezialkräfte. Wir sind gleich in Köln-Wahn, dort
wartet schon eine Transportmaschine und die KSK-Gruppen auf sie. In
der Maschine werden sie neu eingekleidet. Das wäre im Groben
eigentlich schon alles.«
Der
Generalleutnant druckste herum. »Sie wollen wissen, ob es
noch mehr von meiner Sorte gibt«? fragte er.
»Nein,
ich bin der Einzige, stehe aber immer mit meinen Leuten in
Verbindung«, und dachte dabei an Cyro. Kurz darauf schwebten
sie über die Landebahn in die Nähe einer Transportmaschine. Sie
stiegen aus und gingen zum Flugzeug. Hier hatten sich acht Soldaten
aufgestellt und blickten ihnen entgegen. Der Generalleutnant stellte
einander vor. Er nannte nur die Vornahmen der Männer. »Und
das ist Edra. Sie kennen ihren Auftrag«,
sagte er zu Markus, »viel Glück.« Sie stiegen in das Flugzeug
und kurz darauf wurden die Motoren angelassen.
»Unser
Vogel ist nicht der schnellste«, sagte Markus. »Wir
werden einen Tag unterwegs sein und auf dem Flugplatz in Bagram
landen. Dort sind deine Sachen«, er deutete nach hinten, »du
kannst dich dort umziehen.«
In dem
Flugzeug waren nur zehn Sitze aufgestellt. Der dadurch eingesparte
Platz war mit Kisten vollgestellt. Kristian wollte sich nicht vor
acht Augenpaaren umziehen und nahm einen der drei Packen, die seiner
Größe entsprach mit nach hinten. Er hatte den richtigen Griff getan,
seine kleine Digitalkamera steckte er in eine Seitentasche, ging
umgezogen zu seinen Aufpassern zurück und setzte sich.
»Was
wisst ihr über mich«? fragte er.
»Zu
wenig. Wir sollen dich in die Nähe unserer gefangenen Kameraden
bringen.«
»Und
was meint ihr zeichnet mich aus, dass ich eure Arbeit machen soll?«
»Das
würden wir auch gerne wissen«, sagte Markus.
»Ihr
habt sicher schon Feindkontakt gehabt und Taliban erschossen, habt
ihr Probleme damit?«
»Anfangs
schon«, sagte Bernd, der zweite Gruppenführer.
»Und
was ist mit dir«? fragte er.
»Also,
ich habe noch keinen getötet, wenn ihr das meint, und ich habe auch
nicht vor, damit anzufangen.«
»Wir
wussten nicht, ob du eine Waffe willst«? sagte Markus, »dort
liegt eine Pistole und Munition für dich.«
»Ist
wohl besser, wenn ich eine bei mir habe, für alle Fälle.«
Es war ein
gutes Gefühl, das kalte Stück Stahl in der Hand zu spüren und er
steckte die Pistole ins Futteral zurück.
»Ich
muss dir noch die Sprechgarnitur erklären«, sagte Markus. »Mit den
Lippen schaltest du das Mikrofon ein.«
Er nickte.
»Du
heißt Roland«? fragte er einen Soldaten.
»Ja.«
»Du
kannst beruhigt sein, ich kann damit umgehen.« Sprachlos
schaute Roland ihn an, »woher weist du«? er beendete
den Satz nicht.
Seine
Kameraden wurden aufmerksam, wussten aber nicht, worum es ging. Eine
Weile hörte er ihnen zu, bis ihm die Augen zufielen. Nach ein paar
Stunden wurde er wach. Der Blick auf seine Uhr sagte ihm, dass er
drei Stunden geschlafen hatte. »Wenn du Hunger hast, dort
sind belegte Brötchen und heißer Kaffee«, sagte Markus.
Seite
104
»Hallo
Kristian,« Jessika fuchtelte mit ihren Händen vor seinem
Gesicht herum. »Ja, ist schon gut, ich habe gerade den
Weltraum unsicher gemacht.«
»Eine
Steigerung deiner Wünsche kann es dann ja wohl nicht mehr geben?«
»Wer
weiß, das habe ich vorher auch immer gedacht.«
Am
nächsten Tag sprang er zur Mittagszeit zur Station. Die Rampe von
Cyro`s Raumgleiter war ausgefahren. Nur Cyro war anwesend. Sie
begrüßten sich auf Alienart. Cyro saß auf Systra`s Sitz. Anstelle
seines vorherigen Sitzes gab es jetzt einen Sitz für Kristians
Größe. »Nicht schlecht«, er zwängte sich an Cyro
vorbei in seinen Sitz.
»Du
fängst am Besten sofort an, sage mir aber vorher, was du vorhast.«
Vor ihm war eine glatte Bedienungsfläche. Verschiedene
Funktionsflächen waren darin integriert. Er hatte Cyro schon früher
beobachtet, mechanische Schalter gab es nicht. Mit Finger oder
Handflächen wurden die einzelnen Funktionsflächen aktiviert. »Rampe
zu«, sagte er. Cyro zeigte auf eine Fläche. Kristian legte
seinen Finger darauf. Fast lautlos schloss sich die Rampe.
Dann
erklärte Cyro ihm die anderen Funktionen. Es war für ihn nicht
leicht, sich alles zu merken, da er die Symbole oder Schriftzeichen
nicht kannte. Unermüdlich gingen sie immer wieder alles durch. Dann
folgten die Flächen, die eine Warnfunktion hatten. Er nahm sich vor,
die Felder mit eigenen Aufklebern, als Gedächtnisstütze, zu
versehen.
Auf dem
Bildschirm konnte man Landkarten aller Länder darstellen. Tippte man
auf einen Punkt, erschien eine Karte mit größerem Maßstab. Zeigte
der Finger auf einen Ort, war die Flugroute programmiert. Cyro
zeigte ihm fest vorprogrammierte Ziele wie den Stützpunkt, das
Mittelalter und seinen Wohnort. Schnell lernte er, eigene
Programmierungen vorzunehmen. Außer den Zielpunkten nach Eurone, gab
es noch etliche andere. Cyro sagte, dass er diese nicht ansteuern
dürfte.
Über den
Treibstoff sagte er auch nicht viel, nur, dass er ihn im Stützpunkt
nachfüllen lassen musste. Gewartet würde sein Raumgleiter im
Stützpunkt von Cyro`s Leuten.
Über
mehrere Tage verteilt, wurde er geschult. Das Bedienfeld war
inzwischen mit seinen Aufklebern bestückt. Cyro versuchte, es
herunterzuspielen, als er begann, ihn mit Störungen und Notmaßnahmen
bekanntmachte. Zum Schluss erfuhr Kristian, was der Gleiter an
Verteidigungswaffen an Bord hatte. Dazu gehörte auch der unsichtbare
Schirm, den er schon kennen gelernt hatte. Dann durfte er zum ersten
Mal vom Boden abheben. Die Ansteuerung zu einem Ort geschah in der
Regel durch aneinandergereihte Sprünge.
Sie saßen am Frühstückstisch. Kristian hatte jetzt eine Woche lang
Unterricht hinter sich und immer noch nicht die Verbindung nach Lena
geprüft. Er sagte nichts, als er einen Ruf nach Lena schickte. »Guten
Morgen Lena.« »Mensch Kristian, ich habe vor Schreck
beinah meine Tasse fallen lassen, als ich im Kopf deine Stimme
hörte.«
»Beende
das Gespräch, und ruf mich in fünf Minuten zurück.« Als er
nach zehn Minuten immer noch nichts von Lena hörte, rief er sie.
»Lena, was ist los bei dir?«
»Ich
habe dich gerufen, aber du antwortest nicht.«
»Bei
mir ist nichts angekommen. Du machst irgendwas falsch. Wenn du
intensiv an mich denkst, und mich vor deinen Augen siehst, dann rufe
mich. Versuche es noch einmal.« Kurz darauf hörte er sie.
»Jetzt war es richtig«, sagte er zu ihr.
»Lena
bis bald«, beendete er seinen Versuch.
»Kann
es sein, dass du mit deinen Gedanken wo anders bist«? fragte
Jessika«
»Ich
habe mich mit Lena unterhalten.«
»Aha,
was hattest du ihr denn Wichtiges zu sagen?«
»Gar
nichts, ich habe nur die Verbindung geprüft. Ihr dürft mir übrigens
gratulieren. Ich bin jetzt Pilot einer außerirdischen Macht.«
Jessika schaltete schnell.
»Wo
fliegen wir als Erstes hin?«
»Das
weiß ich noch nicht, aber ich könnte mir schon was vorstellen.«
»Erzähle
schon.«
»Ich
würde gerne noch mal die Raumstation besuchen.«
»Und
was hindert dich daran?«
»Natürlich
nichts.«
»Ja
dann komm.« Sie erreichten die Station. Sein Raumgleiter
stand an seiner gewohnten Stelle. Kraft seiner Vorstellung öffnete
sich die Rampe. Sie gingen hinein. Wau sagte Jessika erstaunt,
anständige Sitze. Sie setzten sich, er schloss die Rampe und
überprüfte die Systeme.
»Und
was muss ich machen«? fragte Jessika.
»Erst
mal nichts, lehn dich zurück und genieße.« Sie hoben ab, und
er benutze den programmierten Flug in ihre Welt. Von hier aus ließen
sie die Erde hinter sich. »Ist das schön«, schwärmte
Jessika. Kristian wusste nicht, wo die Raumstation um diese Zeit
stand und umkreiste deshalb die Erde mit mehreren Sprüngen.
»Da
ist sie«, schrie Jessika aufgeregt und deutete auf ein
Fenster. Ja, da war sie. Cyro hatte ihm gezeigt, auf was für eine
Frequenz die Raumstation mit der Bodenstation Verbindung aufnahm.
Sie hatten sie noch nicht bemerkt. Man sollte annehmen, dass die
Besatzung etwas anderes zu tun hatte, als ewig durch ein Fenster zu
sehen. Anderseits war es zu verstehen, wenn man ab und zu einen
Blick auf die Heimat warf.
»Wir
haben Besuch«, hörten sie im Lautsprecher. Kristian machte
Jessika noch einmal klar, dass sie auf keinen Fall ihr Gesicht am
Fenster zeigen durfte. Langsam umrundete er die Station, dessen
Fenster jetzt besetzt waren. Er hatte seinem Raumgleiter noch keinen
Namen gegeben. Ihm fiel auf die Schnelle keiner ein. Deshalb
schickte er seine Gedanken rüber.
»Edra
grüßt die Erdlinge.«
»An
Bodenstation, seht ihr was wir sehen?« Eine Kamera war durch
ein Fenster auf sie gerichtet.
»Wir
sehen es.«
»Hat
er gesagt, was er will?«
»Nein,
wir glauben, dass er uns nur einen Freundschafsbesuch abstatten
will.« Kristian hielt sein Aliengesicht vor ein Fenster.
»Wir
sehen einen Alien.«
»Darf
ich an Bord kommen«? fragte er. »Er will uns einen
Besuch abstatten«, funkten sie zur Erde.
»Ihr
werdet ihn wohl kaum davon abhalten können«, kam die Antwort
zurück, »also lasst ihn.« Dann hörten sie, wie sie
sagten, »Edra, du bist willkommen.« Er sprang in
Aliengestalt zu ihnen. Abwartend musterten sie ihn. Er hielt ihnen
seine Handflächen zum Gruß entgegen. Fragend schauten sie sich, und
dann ihn an. Erst als er ihnen ein Bild übertrug mit zwei
aufeinandergelegten Handflächen kapierten sie. Froh, dass sie ihn
auf Alienart begrüßen konnten, wollte jeder seine Handfläche
berühren. Ein Besatzungsmitglied erkannte er wieder. »Hat
deine Tochter keine Angst, wenn du so weit weg von zuhause bist?«
Erfreut, dass er sich an sie erinnerte, sagte sie, »meine
Tochter sagt, du würdest auf uns aufpassen.«
»Wenn
das deine Tochter beruhigt, dann sei es so.«
»Hier
Bodenstation, was ist bei euch los, wir hören nichts mehr von euch.«
»Das ist richtig, Edra redet lautlos mit uns.« Um der
Rolle eines Alien gerecht zu werden, sagte er, »bei uns kennt
man das gesprochene Wort nicht.«
»Aber
du kannst eine andere Gestalt annehmen und dann mit uns reden?«
»Ja,
das stimmt, bei uns sagt man, dass ich anders bin. Meine Aufgabe ist
es, die Menschen an unsere Existenz zu gewöhnen. Viele von euch sind
meine Freunde geworden. Mein wirkliches Aussehen verwirrt die
Menschen. Dann nehme ich eine andere Gestalt an. Ich lebe unter euch
und ihr merkt es nicht.«
»Halte
ich euch von euerer Arbeit ab?«
»Nein,
wir freuen uns über deinen Besuch«, sagte die Frau. »Trotzdem
muss ich euch jetzt verlassen. Wir sehen uns sicher mal wieder.«
Er sprang zurück.
»Und
jetzt«? fragte Jessika.
»Nach
Hause.«
Seite
140
Die
Jagdgesellschaft hielt an, schon eilten Leute herbei, um die Pferde
zu halten und der Fürstin den Falken abzunehmen. Die Männer waren
schon abgestiegen, die Frauen rafften noch ihre Kleider zusammen, um
dann mit einem Schwung das rechte Bein über den Sattel zu schwingen
und abzusteigen. Die Jagdgesellschaft bestand noch aus zwei weiteren
bewaffneten Männern.
Fürst
Leonard schätzte er auf fünfzig Jahre, sein Bart war schon leicht
ergraut. Die Fürstin, die jetzt neben ihren Mann stand, hatte ebenso
wie ihre Töchter, ein bodenlanges Kleid an. Um ihre Taille lag lose
ein geschmückter Gürtel. Ihre Töchter mochten fünfzehn und siebzehn
Jahre alt sein und ebenso schön wie die Mutter. Als Kristian sie so
in Gedanken betrachtete, spürten sie seinen Blick, worauf sie ihre
Köpfe zusammensteckten und kicherten. Graf Lothar trat auf sie zu
und stellte sie vor. Das figurbetonte Äußere von Jessika und Silke
verfehlte seine Wirkung nicht. Auch der Fürst konnte sich nur schwer
von dem Anblick trennen. »Setzt euch bitte«, sagte
Bernhard. Sie saßen dem Grafen und der Fürstenfamilie gegenüber. Die
beiden Ritter und beide Knappen saßen auf Kristians Seite. »Was
treibt euch so weit hierher«? fing der Fürst die Unterhaltung
an.
»Wir
wollten nur unseren Freund Ritter Bernhard besuchen.«
»Und
so ganz nebenbei sprecht ihr Recht in meinem Dorf?«
Als
Kristian ihn erstaunt ansah, fuhr er fort, »Graf Lothar hat
euch nach der Beschreibung erkannt.«
»Haben wir
falsch gerichtet? Ohne unser Eingreifen wäre die Frau jetzt tot.«
»Nein,
das sollte kein Vorwurf sein, besser hätte ich auch nicht richten
können. Wir haben schon so viel Gutes über euch gehört, dass wir es
fast nicht glauben konnten.«
»Sicher
hat Graf Lothar ein wenig übertrieben«, schwächte Kristian
ab.
»Wer
der Freund der Elfen ist, muss ohne Tadel sein«, übernahm die
Fürstin das Wort. Inzwischen wurden die Becher gefüllt. »Das
mit den Elfen war reiner Zufall«, sagte Kristian, »so
wie ich geholfen habe, hätte das ein anderer auch getan.«
»Ihr
müsst nicht so bescheiden sein«, sagte Tochter Maria, »keiner
von uns hat je einen Elfen zu Gesicht bekommen.«
»Das
muss nicht bedeuten, dass sie euch nicht gesehen haben«,
sagte er, »ihr wisst sicher, dass sie ein großartiges Volk
sind und über außerordentliche Macht verfügen.«
»Graf
Lothar sagt, dass diese Macht, die auf euch übertragen wurde, seine
Burg vor der Erstürmung gerettet hat.«
»Ja,
das mag stimmen.«
»Könnt
ihr uns ein Beispiel eurer Macht zeigen«? fragte Tochter
Anna.
»Ihr
glaubt hoffentlich nicht an Geister und Hexen?«
»Natürlich
nicht«, sagte Anna zögernd.
»Ihr
seid euch nicht sicher?« Gerade als Anna nach ihrem Becher
greifen wollte, ließ er ihn außer ihrer Reichweite schweben, was die
Fürstenfamilie und auch die Ritter sehr verwirrte. Er ließ den
Becher wieder zurückschweben. Anna wagte nicht mehr, danach zu
greifen. Noch gefangen von dem Erlebnis, wurde es still. Diese
Stille wurde unterbrochen, durch das Auftragen der Speisen.
Das
Schwein lag in kleine Stücke zerteilt auf große Holzbretter.
Schüsseln mit Soße, Butter und Brot wurden aufgetragen. Demonstrativ
nahm Kristian die Gabel, spießte damit ein Stück Fleisch auf,
schnitt mit dem Messer ein mundgerechtes Stück ab und steckte es
sich in den Mund. Die Fürstin hatte ihm zugeschaut und machte es ihm
nach. »Kristian, eure Essgewohnheit gefällt mir, jetzt muss
man sich nicht mehr die Hände beschmutzen.«
Als
Bernhards Frau beim Auftragen der Speisen in die Nähe der Fürstin
kam, schnupperte diese mit erhobener Nase. »Liebe Adelheid,
sagt mir, wieso ihr so gut riecht, wie macht ihr das?«
Sichtlich stolz beugte sich Adelheid zur Fürstin runter und sagte,
»das ist ein Geschenk von Kristian.«
»Ich
sehe schon«, sagte die Fürstin zu ihm, »ihr versteht
es, die Frauen auf eure Seite zu ziehen.« Die Töchter
steckten ihre Köpfe zusammen und kicherten. Dann fragte Maria
Jessika, »sehen alle Frauen so aus wie ihr?«
»Du
meinst sicher unsere Hosen?« Maria nickte.
»Nein,
dieses sind Reithosen. Bei uns gibt es für jeden Anlass lange und
kurze Kleider.«
»Wie
kurz?« Jessika stand auf und zeigte mit den Fingern, wie weit
über dem Knie. Das konnte sich die Fürstin und ihre Töchter nicht
vorstellen. »Gilt das bei euch nicht als unschicklich?«
»Nein.«
»Seid
ihr einander versprochen du und Kristian«? bohrte Maria nach.
»Nein,
wir sind zusammen, bei uns sucht sich jeder den Partner, den er
möchte.«
»Bernhard,
euer Brot ist euch gelungen«, sagte der Fürst. »Das
Brot hat Kristian mitgebracht.« Der Fürst blickte Kristian
an, er nickte. Nach dem alle gesättigt waren, wurden die Speisen
abgetragen, jetzt durften die einfachen Leute des Fürsten und
Bernhards davon essen. Silke ging wie zufällig sich ein wenig die
Beine vertreten, und bald darauf folgte ihr Albert. Die Fürstin und
ihre Töchter gingen mit Adelheid ins Haus. Sicher würden jetzt ihre
Geschenke vorgezeigt. Kurze Zeit später kamen die Töchter angerannt,
jede wollte die Erste sein.
»Kristian,
das Duftwasser, könntet ihr es uns auch besorgen?« Der Fürst
zog seine Stirn kraus, »habt ihr nicht gelernt, euch zu
benehmen?« »Vater, stellt euch vor, wie man uns
beneiden würde.«
»Ist
schon gut«? sagte Kristian, »bei der nächsten
Gelegenheit werden wir euch besuchen, wenn wir dürfen?«
»Vater,
kannst du Kristian nicht zu uns einladen?«
»Also
gut, Kristian, nehmt ihr meine Einladung an?«
Gespannt
hingen die Augen der Töchter an Kristians Lippen. Dieser tat so als
müsste er überlegen, nach einer längeren Pause sagte er, »ja
doch, das lässt sich einrichten.« Die Töchter rafften ihre
Kleider hoch und rannten wieder ins Haus. »Ihr müsst sie
entschuldigen,« sagte der Fürst, »ich erkenne meine
Töchter nicht wieder.«
»Fürst
Leonard, dürfen wir unseren Großvater und eine Freundin mitbringen?«
»Bringt so viel mit, wie ihr wollt.« Die Fürstin kam
aus dem Haus und setzte sich zu ihrem Mann. Ihrem Gesichtsausdruck
nach bedrückte sie was. «Kristian, ich weiß nicht, wie ich es
sagen soll«, sie stockte, »ihr habt Adelheid so reich
beschenkt.«
»Es
hat euch gefallen?«
»Oh
ja, der Nähkasten, wie hoch ist der Preis dafür?«
»Geschenke
haben keinen Preis«, sagte er.
»Aber
ich kann von euch doch nicht verlangen, dass ihr mir auch einen
schenkt.«
»Nein,
das braucht ihr nicht, es wäre mir eine Ehre, wenn ich euch auch
einen schenken darf.«
»Und
mir ist es eine Ehre, wenn ich euch als meine Gäste begrüßen darf.
Graf Lothar sagte uns, ihr kommt aus einer anderen Welt?«
»Ja das stimmt.«
»Wie
kommt ihr dann zu uns?« »Vor vielen Jahrhunderten
haben Elfen ein Tor geschaffen, als es die Burg Falkenhorst noch
nicht gab. Als die Burg gebaut wurde, ahnte keiner etwas von dem
Tor, denn es war ja unsichtbar. Durch Zufall habe ich das Tor in
meine Welt geöffnet. Für mich war es ein Abenteuer, da ich nicht
wusste, was mich hinter dem Tor erwartete. Die andere Seite des Tors
endete im Stall des Grafen. Ich bin nachts durch das Tor gekommen,
kam aber nicht weiter, da die Zugbrücke hochgezogen war. Johannes
der Sohn des Grafen, hat mir dann geholfen die Burg für weitere
Erkundungen zu verlassen und um wieder hineinzukommen. Bei meinem
ersten Besuch außerhalb der Burg, habe ich Hanna die Heilerin kennen
gelernt, die eine gute Freundin der Elfen ist, aber das wusste ich
da noch nicht.«
»Das
ist ja interessant, der Graf hat uns davon noch nichts erzählt«,
sagte der Fürst.
»Graf
Lothar, könnt ihr uns mit der Heilerin bekannt machen?«
»Ja,
das lässt sich machen.«
»Erzählt
weiter«, bat die Fürstin. »Als ich die Heilerin
verlassen hatte, um wieder über die Burg in meine Welt
zurückzukehren, habe ich einem Elfen aus einer misslichen Lage
befreien können. Ich wusste nicht, dass er der König der Elfen war
und er verschwand nach der Rettung vor meinen Augen. Bei einem
weiteren Besuch bei Hanna, wurde bei Hanna ein Fest ausgerichtet und
wir erfuhren, wen ich gerettet hatte. Ich wurde reichlich beschenkt.«
»Was
war es«? fragte die Fürstin aufgeregt. Er hatte sein
Medaillon noch um, obwohl es keine Funktion mehr hatte, und zeigte
es.
»Und
ist es wertvoll?«
»Ja,
sehr wertvoll, ich kann mit seiner Hilfe von einem Ort zum anderen
springen, ohne dass die Zeit vergeht.«
»Davon hat
Graf Lothar erzählt, für uns war es schwer zu glauben.«
»Wenn
ihr wollt, hole ich die Heilerin hierher?«
»Wird
das nicht zu spät«, meinte der Fürst, »wir wollten
gegen Abend zurückreiten.«
»Gebt
mir ein wenig Zeit, ich werde sie holen.« Kristian sah nicht,
wie sie erschraken, als er vor ihren Augen verschwand. Hanna machte
große Augen, als er sie in der Vorburg bei ihren Kräutern fand. »Kristian,
schön dich zu sehen.«
»Die
Fürstin möchte dich kennenlernen.«
»Wo
ist sie?«
»Bei
Bernhard.«
»Der
Graf und Albert auch?« Er nickte.
»Ich
muss mich aber vorher umziehen.«
»Dann
komm.« Hanna eilte in ihr Gemach und zog sich um, ihren
Schmuck nicht vergessend.
»Ist
das Graf Lothar auch recht«? fragte sie unsicher.
»Wenn
es der Fürstin recht ist, ist es ihm auch recht. Dann komm.«
Die
Fürstin schrie auf, als sie kamen. »Darf ich vorstellen, die
Heilerin Hanna.«
Seite 170
Jeanette ist die Neue in ihrem Bund.
Es war
nicht viel Verkehr. Ein Motorrad überholte ihn. Es überholte mehrere
Autos und schwenkte wieder ein, wenn Gegenverkehr kam. Vor einer
Rechtskurve setzte der Motorradfahrer wieder zum Überholen an, was
dem Autofahrer vor dem Motorradfahrer gar nicht gefiel. Er passte
seine Geschwindigkeit dem des Motorradfahrers an und verhinderte so,
dass der Motorradfahrer an ihm vorbeifahren konnte.
Kristian
hatte ein ungutes Gefühl und mochte nicht daran denken, wenn jetzt
von vorne Gegenverkehr kam. Anscheinend sah der Motorradfahrer mehr,
er versuchte zu bremsen, um den Überholvorgang abzubrechen. Kristian
ahnte nicht, was in den Autofahrer gefahren war, als der ebenfalls
seine Geschwindigkeit drosselte. Die Kurve war durchfahren, der
Gegenverkehr wurde sichtbar. Der Autofahrer, der mehr in den
Rückspiegel und zur Seite geschaut hatte, erkannte die Gefahr zu
spät. Der Motorradfahrer hatte die Wahl, mit dem Gegenverkehr
zusammenzustoßen, oder links über den Grünstreifen in den Graben zu
fahren. Letzteres zog er im Bruchteil von Millisekunden vor. Das
Motorrad fing an zu schlingern, es musste ein entsetzliches Gefühl
sein, den Graben auf sich zukommen zu sehen und daran nichts mehr
ändern zu können.
Das
Motorrad erreichte den Graben und schleuderte den Fahrer über den
Graben ins angrenzende Feld. Aus Kristians Sicht sah das harmlos
aus, da kein Baum den Flug behinderte. Kristian schaffte es, rechts
auf den Grünstreifen zu halten, ohne dass sein Hintermann auffuhr.
Ein paar wertvolle Sekunden dauerte es, ehe er es schaffte, auf die
andere Straßenseite zu kommen. Autos fuhren an der Unfallstelle
vorbei, obwohl neugierig, wollten sie mit dem Unfall nichts zu tun
haben. Er war als Erster beim Motorradfahrer. Er lag auf dem Rücken
und regte sich nicht. Er schob das Visier nach oben und sah, dass es
eine junge Frau war. Ihre Augen waren geschlossen und man konnte
nicht sehen, wo sie verletzt war. Kristian zog an den Reisverschluss
ihrer Motorradjacke und sah, wie ein steter Strom Blut seitlich am
Hals herunterlief. Jede Sekunde war kostbar. Sein Handy aus der
Tasche nehmen und den Notruf wählen, war eins. Er gab an, wo sie
waren. Inzwischen hatten sich andere Autofahrer herangewagt.
Unschlüssig, wie sie helfen konnten, standen sie herum. Er bat
einen, der Frau den Helm abzunehmen. Vorsichtig stützte er ihren
Nacken und Kopf, während der Helm entfernt wurde. Dort wo die
Halsschlagader sitzen musste, quoll ein stetiger Strom Blut aus
einer Schnittwunde. Er erinnerte sich, dass das Motorrad eine große
Windschutzscheibe hatte. Sicher war diese für den Schnitt
verantwortlich. Verbandstoff war nicht zur Hand und er hatte
Zweifel, ob dieser die Blutung hätte stoppen können. Kristian
erinnerte sich an seine Heilkraft. Schaden konnte sie nicht. Ein
Finger auf die Wunde, stoppte den Fluss des Blutes. Die andere Hand
lag am Kopf. Er fühlte, wie Energien von seinen in ihren Körper
flossen, und hatte nicht bemerkt, wie die Frau ihre Augen öffnete.
Sie schaute ihn an, ohne etwas zu sagen. Dann fragte sie, »was
ist passiert?«
»Erinnerst
du dich nicht?«
»Ein
Unfall, wie stets um mich, noch alles dran?«
»Scheint
so«, sagte er, »hast Glück gehabt.« Er lächelte
sie zuversichtlich an und erklärte ihr, warum sich seine Hand an
ihrem Hals befand. Er hatte jetzt Zeit festzustellen, dass die Frau
sehr jung und auch sehr schön war. »Sehen wir uns wieder«?
fragte sie.
»Du
hast Sorgen, werde erst einmal gesund.«
»Verspreche
es mir«, ließ sie nicht locker.
»Ja,
ich verspreche es.« Von Weitem hörte man den Unfallwagen
kommen. Kurz darauf kamen sie mit dem Arzt und einer Trage. Der
Unfallarzt erkannte sofort an seiner blutigen Hand, was Sache war.
Er bat ihn noch eine Weile zu bleiben, während er die Frau abtastete
und die Reflexe von Arme und Beine überprüfte. Als Kristian den
Finger von der Wunde nahm, schoss das Blut nicht mehr ganz so stark
heraus. Der Arzt versorgte die Wunde. Kristian blieb noch, bis sie
in den Unfallwagen geschoben wurde. Sie hob die Hand, wohl als Dank,
dann schloss sich die Tür.
Seite 253 besuch beim
Fürsten
»Bei
uns ist nie was los«, klagte Maria, »unsere Mutter
drängt uns, dass wir für unsere Aussteuer arbeiten sollen.«
»Ja
und, was ist daran verkehrt?«
»Kristian«,
sagte die Fürstin, »ich bitte nicht gerne darum, ihr habt
gesagt, wenn wir einen Wunsch haben, sollten wir ihn äußern.«
»Ja,
nun sagt schon.«
»Könnt
ihr uns buntes Garn zum Sticken mitbringen?«
»Ja
sicher, das ist für mich kein Problem.«
»Kristian,
unsere Freundin Margaret kommt uns heute besuchen. Du wirst dich
wundern, sie ist anders wie wir.«
»Ihr
macht mich neugierig.«
»Du
wirst sehen, sie wird dir gefallen.«
»Ich
kann es kaum erwarten.«
»Wie
geht es Jessika«? fragte Anna.
»Gut,
sie hat eine neue Freundin.«
»Lernen
wir sie kennen?«
»Wenn
ihr wollt?« Die Zeit zog dahin, er wollte wenigstens so lange
warten, bis er Margaret kennengelernt hatte.
»Was
ist mit Margaret, kommt sie alleine, oder wird sie begleitet?«
»Sie
würde alleine kommen, aber ihr Vater gibt ihr einen Begleiter mit.«
»Wenn sie
alleine kommen möchte, dann ist sie sicher furchteinflößend?«
Maria und
Anna lachten und hatten Spaß.
»Nein,
ist sie nicht, sie weiß sich zu wehren und ist eine gute
Bogenschützin.«
»Kristian«,
bemerkte der Fürst, »ich sehe, dass ihr es nicht abwarten
könnt, Margaret kennenzulernen, wie wäre es, wenn wir eine Partie
Schach spielen würden?«
»Ja
sicher, das lässt sich machen.«
Der Fürst
hatte die erste Partie gewonnen, als Maria zum Fenster rannte. »Fürst
ihr gestattet doch, dass ich einen Blick nach draußen werfe?«
»Geht
nur.« Über den Burghof sah er zwei Reiter kommen.
Unzweifelhaft sah man, dass ein Reiter zarter gebaut war. Maria und
Anna hatten es plötzlich eilig nach unten zu kommen. »Ihr
müsst sie entschuldigen«, bemerkte die Fürstin, »manchmal
sind sie noch wie Kinder.« Er konnte es auch nicht abwarten,
Margaret kennenzulernen. Unten führten die drei Frauen ein erregtes
Gespräch. Mehr als erstaunt war er, als Margaret in der Tür stand.
Sie warf ihm einen Blick zu und begrüßte dann den Fürst und die
Fürstin. Maria übernahm es, sie einander vorzustellen. Margaret
schien aus einer anderen Welt zu kommen.
Lange
Kleider bis zum Boden schien sie nicht zu kennen. Sie hatte eine eng
anliegende Hose aus Leder an, ihre Füße steckten in kreuzweise
geschnürten Stiefeln. Um die allzu offen gezeigte Figur zu mildern,
trug sie einen Überwurf, der bis eine Handbreit unter dem Knie
reichte. Der an den Seiten offene Überwurf, wurde durch einen
verzierten Gürtel zusammengehalten. Das Schwert an der linken
Seite, ein voller Köcher mit Pfeilen und ein Bogen über ihre
Schulter, vervollständigten das Bild. Ihr Haar würde sicher bis zur
Schulter reichen, ein grobmaschiges Netz hielt das Haar im Nacken
fest. Beide waren sie so damit beschäftigt den Anderen zu
begutachten, dass sie erst voneinander ließen, als ein Hüsteln der
Fürstin ihren Blickkontakt unterbrach. Anna und Maria lachten in
verhohlener Hand. »Ihr seht mich erstaunt«, sagte
Kristian, »ich hatte nicht erwartet, eine so wehrhafte Frau
hier anzutreffen.«
»Sind
in deinem Land die Frauen anders?«
»In
meinem Land sind die Frauen gleichberechtigt, das heißt, sie machen
das Gleiche wie die Männer, und wenn es nötig ist, ziehen sie auch
mit in den Krieg.«
»Dein
Land würde mir gefallen. Es sind viele Geschichten über euch erzählt
worden«, sagte Margaret, »ich bin froh, euch
kennenzulernen.«
»Das
Gleiche gilt für mich.
Kommt eure
Familie damit klar, dass ihr so wehrhaft seid?«
»Mein
Vater ist ein Ritter, er sagt, dass eine Frau sich selber
verteidigen können muss.«
»Margaret
ist eine gute Jägerin, ihr Pfeil trifft meistens ihr Ziel«,
sagte Maria.
Schon
wieder war von einem Pfeil die Rede, er kam seinem Traum immer
näher.
»Wenn
ihr wollt, könnt ihr mich auf der Jagd begleiten.« Margaret
schaute ihn herausfordernd an. »Ist es denn schicklich, wenn
ihr alleine mit einem fremden Mann ausreitet?«
»Ihr
seid Gast dieses Hauses, das ist Sicherheit genug.«
»Ich
würde gerne mit euch auf die Jagd gehen.«
»Also
gut, gegen Mittag reiten wir los.«
»Und
was ist mit euch«? fragte er Maria und Anna.
»Das
würde unsere Mutter nicht erlauben.«
»Es
wäre schön, wenn ihr Jagdbeute mitbringen würdet«, sagte der
Fürst, »unsere Vorräte sind bedenklich geschrumpft.«
»Womit
geht ihr bei euch auf Jagd«? fragte Margaret.
»Bei
uns geht man mit einer Büchse auf Jagd.« Kristian wusste,
dass um zwölfhundertfünfzig die ersten Kanonen und Büchsen von sich
reden machten. Die Büchse war eine Hakenbüchse. Diese wurde so
genannt, weil sie einen Haken zum Einhaken hatte, um damit den
enormen Rückstoß abzufangen. »Wir haben keine Büchse, für die
Jagd wäre sie ungeeignet«, sagte Margaret.
Die
Fürstin ließ Suppe auftragen. Zu der Suppe wurde Brot gereicht, das
in die Suppe getaucht wurde. Margaret, die ihm gegenübersaß, sah ihn
über ihren zum Mund geführten Löffel an. Ihre Augen lächelten nicht,
es war ein abschätzender Blick. Er folgte ihren Gedanken. An einem
Rastplatz sah sie sich von ihm in den Arm genommen, und sie küssten
sich. Er lächelte sie an und schüttelte leicht den Kopf. Als wenn
sie die Geste verstanden hatte und so deutete, als wenn er ihre
Gedanken gelesen hätte, verschluckte sie sich prompt, bis ihr die
Tränen kamen.
»An
was habt ihr gerade gedacht«? fragte er.
»Ich,
ich habe an nichts gedacht.«
»Kristian«,
sagte die Fürstin, »was haben die Leute gesagt, als sie
erfuhren, woher ich kam?«
»Ihr
werdet das Gefühl kennen Fürstin, es ist einfach unbegreiflich.«
»Ihr
habt recht, Kristian, manchmal denke ich, dass ich alles wirklich
nur geträumt habe.«
»Wie
denken eure Freunde darüber«? fragte er.
»Wir
haben es keinem erzählt, sie würden es für Teufelswerk halten.
Unsere Kirchenführung spasst mit solchen Dingen nicht lange.«
Margaret
hörte auf zu kauen, ihr Löffel verharrte vor ihrem Mund. »Was
für Teufelswerk flüsterte sie?«
»Kind«,
sagte die Fürstin, »wir wollten es keinem erzählen, ich
hoffe, dass deine Lippen versiegelt bleiben.«
»Aber
ich weiß doch gar nicht, worum es geht.«
»Ich
habe Kristian in seine Welt begleitet.« Sie mussten alle über
das verdutzte Gesicht von Margaret lachen.
»Was
habt ihr erlebt«? flüsterte sie.
»Ich
bin eigentlich nicht weit gereist, ich habe meine Nachfahren
kannengelernt.«
»Das
verstehe ich nicht, hier in dieser Burg?«
»Ja.«
»Das
ist unheimlich.«
»Ja,
du hast recht«, sagte Anna, »deshalb ist auch keiner
von uns mitgekommen.«
»Und
die Menschen sind wie Kristian?«
»Ja.«
»Wenn
ihr mehr Menschen aus meiner Welt kennenlernen wollt, bringe ich
zwei Freundinnen mit.« Margaret schaute von der Fürstin zu
ihm, »wenn das möglich ist, möchte ich sie kennenlernen.«
»Ihr
habt zwei Frauen, um die ihr werbt?«
»Werben
ist nicht der richtige Ausdruck, bei uns geht man miteinander und
lebt zusammen, so als wäre man verheiratet. Man prüft, ob man
zusammenpasst, dann heiratet man oder auch nicht. Die zweite Frau
ist die Freundin meiner Freundin Jessika und heißt Jeanette. Ich
werde sie euch vorstellen, wenn sich die Gelegenheit ergibt.«
------------------------Von vorne
kam ihnen ein Trupp Reiter entgegen. Ihm fiel seine Kamera ein, er
holte sie hervor und richtete sie auf die Reiter, die nebeneinander
ritten, als wollten sie ihnen den Weg versperren. Sie waren noch zu
weit entfernt, als dass man die genaue Zahl bestimmen konnte. Er
zoomte sie heran. Fünf oder sechs waren es. »Freund oder
Feind«? fragte er Margaret.
»Das
werden wir noch schnell genug erfahren.«
Bald
erkannte man die ersten Gesichter.
»Freunde
sind es nicht«, sagte er, nachdem er den Einäugigen erkannt
hatte.
»Ich
habe auch jemand erkannt«, meldete sich Margaret.
»Der
Mann mit der Augenklappe?« Margaret nickte. Sie sahen, wie
ein Mann seine Armbrust spannte und einen Pfeil einlegte. Kristian
fiel sein Traum ein. Er sollte jetzt nicht hier sein.
»Es
sind zu viele«, stellte Margaret fest.
Sie waren
noch auf freiem Gelände. Einhundert Meter vor ihnen fing der Wald
an.
»Folgt
mir.«
Die Kamera
nach vorne richtend, folgte er ihr. Die Pferde sprangen erschreckt
hoch, als sie ihre Fersen in ihre Seiten drückten. Für die Reiter
musste es so aussehen, als würden sie auf sie zureiten. Raum
gewinnend preschten sie auf den Wald zu. Sie wollten die Reiter
links liegen lassen und den Wald zwischen sich bringen. Er sah
gerade noch, wie auch die Reiter ihre Pferde antrieben.
Der Wald
war zu dicht, als dass sie durch ihn hindurch reiten und ihnen den
Weg abschneiden konnten. Die Reiter mussten den gleichen Weg nehmen
wie sie. Bis dahin hatten sie einen Vorsprung gewonnen. Margaret
lenkte ihr Pferd in eine Lichtung, er hinterher. Sie sprangen von
den Pferden, Margaret reicht ihm ihre Zügel und deutete in den Wald.
Beide Pferde am Zügel, versuchte er, bessere Deckung zu finden.
Mit
laufender Kamera band er die Zügel an einen Busch und suchte
Margaret. Sie stand mit dem Rücken gegen einen Baum gelehnt. Schon
preschten vier Reiter an ihnen vorbei. Ehe er begriff, trat Margaret
aus ihrer Deckung und schoss einen Pfeil auf den letzten Reiter ab.
Mit laufender Kamera rannte er zu ihr, ein Auge auf das Display
gerichtet. Der Pfeil durchbohrte den Reiter. Als Erstes ließ er
seine gespannte Armbrust los und versuchte, sich im Sattel zu
halten. Dann fiel er vom Pferd, ohne dass die anderen Reiter etwas
davon mitbekamen. Margaret legte den nächsten Pfeil an, erkannte
aber, dass die Reiter schon zu weit weg waren. Kristian sah, dass
hinter ihr der sechste Reiter angebraust kam. »Margaret,
Achtung hinter dir!« schrie er. Der Reiter kam mit gezogenem
Schwert auf sie zu. Margaret, den Bogen noch gespannt, drehte sich
um und zielte auf den Reiter. Dieser erkannte die Gefahr und
versuchte sein Pferd herumzureißen. Zu spät. Der Pfeil bohrte sich
in seine Brust. Auf dem Display sah er noch den erstaunten Ausdruck
auf seinem Gesicht, dann kippte er aus dem Sattel. »Holt die
Pferde«, bat Margaret. Mit den Pferden am Zügel kam er
zurück. Margaret kniete vor dem Reiter und schnitt ihm seinen
Geldbeutel ab. »Den braucht er nicht mehr«, sagte sie.
»Bindet sein Pferd bei euch an.« Zu Fuß gingen sie zu
dem getroffenen Armbrustschützen. Eindeutig tot. Margaret stellte
ihren Fuß auf den toten Körper, zog den Pfeil heraus, wischte ihn am
Toten sauber und steckte ihn in ihren Köcher zurück. So brutal das
auch aussah, den Fernsehzuschauern würden die Haare zu Berge stehen.
Wieder ein Schnitt und sie hielt den zweiten Geldbeutel in ihre
Hand.
Nicht weit
entfernt graste das zweite Pferd. Margaret nahm die Zügel und ging
damit zu ihrem Pferd. Er nahm das Schwert auf und steckte es hinter
seinen Gürtel. Wer weis was sie noch erwartete. Sie saßen auf. Da
der Armbrustschütze tot war, brauchten sie die Wegelagerer nicht
mehr zu fürchten, dachten sie.
Sie ritten
auf den Weg zurück, den sie ursprünglich nehmen wollten. Er deutete
auf die Geldbeutel, »ist das eure Beute?«
»Ja,
sicher, sie hätten das Gleiche gemacht.«
»Wir
hätten wohl besser die Armbrust mitnehmen oder die Sehne
durchschneiden sollen,« meinte er.
»Ja,
ihr habt recht.« Zügig ritten sie auf ihr Ziel zu. Margarets
Gesichtszüge wirkten angespannt.
»Was
ist, rechnet ihr noch mit einem Angriff?«
»Nur
wenn sie das Letzte aus ihren Pferden herausholen.«
Margarets Augen zuckten nervös. Als wenn er es geahnt hatte. Vier
Reiter stellten sich ihnen in den Weg, ihre Pferde dampften. Der
Einäugige hielt die Armbrust des vom Pferd gefallenen auf sie
gerichtet. Noch waren sie nicht auf Schussweite an sie
herangekommen. Margaret griff nach einem Pfeil und spannte den
Bogen. Kristian schaltete die Kamera aus, jetzt musste er beide
Hände freihaben und griff nach dem erbeuteten Schwert. Langsam
ritten sie ihnen entgegen. Obwohl noch zu weit entfernt, schickte
Margaret den ersten Pfeil in ihre Richtung. Der Pfeil erreichte sein
Ziel nicht, immerhin traf er ein Pferd in die Brust, was dazu
führte, dass es seinen Reiter abwarf. Ihr nächster Pfeil hätte sein
Ziel erreicht, wenn der Einäugige sich nicht rechtzeitig geduckt
hätte. Kristian zog das Beutepferd näher an seine Seite. Jetzt ging
es um die Wurst.
Eins
musste man dem Einäugigen lassen, kaltblütig wartete er auf eine
passende Gelegenheit. Er wusste, dass er für einen zweiten Schuss
keine Zeit mehr haben würde. Bis jetzt hatte Kristian sich noch
keine Gedanken um seine Sicherheit gemacht. Erst wenn sie Margaret
ausgeschaltet hatten, wäre er in Gefahr. Margaret spannte ihren
Bogen und der Pfeil flog auf den Einäugigen zu. Dieser versuchte
wieder dem Pfeil auszuweichen, was ihm aber nicht gelang, da auf
beide Seiten von ihm seine Kumpane Pferd an Pferd ritten. Er duckte
sich und schoss gleichzeitig.
Es war
mehr eine Ahnung, als dass Kristian den Pfeil kommen sah. Er suchte
Deckung hinter dem Hals seines Pferdes. Gleichzeitig dachte er an
seinen Traum. Würde er hier in Erfüllung gehen? Dann der Schmerz, er
schaute auf seinen Arm, an dem das Blut herunter lief. Da er den
Pfeil nicht sah, wusste er, dass er ihn nur gestreift hatte. Mehr
Zeit zum Überlegen blieb ihm nicht.
Mittlerweile waren sie auf Schwertlänge herangekommen. Margaret
schlug auf den Einäugigen ein. Gerade noch Zeit, den Hieb eines
anderen abzufangen, blickte Kristian in ein grimmiges von einer
Narbe entstelltes Gesicht.
In den
Steigbügeln stehend, holte er aus und schlug über das Beutepferd
hinweg auf den Mann ein. Der hatte Mühe sich im Sattel zu halten.
Kristians Schwert traf ihn am Arm, das Schwert löste sich aus seiner
Hand. Im nu färbte sich sein Ärmel rot. Jetzt hatte Kristian Zeit
nach Margaret zu schauen. Sie musste sich auf beide Seiten
verteidigen. Kristian trieb sein Pferd auf den Einäugigen zu. Dieser
ließ von Margaret ab. Seinem Schlag ausweichend, schlug er auf
Kristian ein. Dieser riskierte einen kurzen Blick nach Margaret. Ihr
Gegner hatte einen abwesenden Blick. Sein Kopf war bis zur
Nasenwurzel gespalten. Schade, dass er seine Kamera nicht
eingeschaltet hatte, sie baumelte vor seiner Brust. Margaret kam ihm
zu Hilfe. Von zwei Seiten hieben sie auf den Einäugigen ein, was
seinerseits mit Zurückhaltung geschah. Jemand zu töten, war nicht
sein Ding. Dafür schlug Margaret umso fester zu. Kristians Hiebe
lenkten ihn genügend ab, sodass Margaret einen Hieb platzieren
konnte, der ihn am Hals traf.
Ein Strom
von Blut quoll aus der Wunde hervor. Kristian hörte auf zu kämpfen,
hatte Zeit, die Kamera einzuschalten. Der Einäugige starrte sie mit
schreckgeweiteten Augen an. Kristian zoomte ihn heran, sodass sein
Gesicht das Display füllte. Kristian wusste nicht, ob der Mann noch
mitbekam, dass er tödlich getroffen war. Im Zeitlupentempo kippte er
aus dem Sattel. Sie sahen sich um. Die Beiden zuvor ausgeschiedenen
Räuber standen am Wegrand. Der eine humpelte, der andere hielt
seinen Arm umklammert. Als sie ihre Pferde in die Richtung der
Männer lenkten, versuchte der humpelnde Mann wegzulaufen.
Margaret
trieb ihr Pferd an. Der Mann winselte um Gnade. Margaret holte aus
und spaltete ihm seinen Schädel. Der am Wegrand verbliebene Mann
wusste, was ihn erwartete. Mit Mühe zog er sich auf das nächste
Pferd und trieb es von sie weg. Margaret machte keine Anstalten ihm
zu folgen. Stattdessen stieg sie vom Pferd und sammelte die
Geldbeutel ein.
»Wollt
ihr sie hier liegen lassen«? fragte Kristian, die Kamera auf
sie richtend.
»Es
wird sich schon jemand um sie kümmern, ihre Kleidung wird bald ein
anderer tragen, den Rest werden sich die Raben teilen.« »Wenn
ihr nichts dagegen habt, nehme ich mir ihre Schwerter.« Er
stieg ab und sammelte sie ein. Mit einem Riemen, den ein Räuber um
seine Hüfte trug, band er sie zusammen und hängte sie an seinen
Sattel. Jetzt erst wurde ihm bewusst, wie leichtsinnig er gewesen
war. Im Eifer des Gefechts hatte er nicht an die Elfenkraft gedacht.
Der Kampf hätte nicht so blutig enden müssen.
Jetzt
hatten sie fünf Beutepferde. Drei führte Margaret, zwei er am Zügel
mit. »Ihr habt euch gut geschlagen«, sagte Margaret.
»Mir
blieb doch nichts anderes übrig.«
»Da
habt ihr sicher recht. Wir sind gleich da.« Nachdem sie durch
eine Senke geritten waren, sah er Gebäude. Die Kamera ließ er
laufen. Ein Turm, Wohnhaus und Stallungen. Das Tor stand zwischen
hohen Mauern aus Steinen. Die Rückseite des Wohnhauses war eine
Wehrmauer. Außerhalb des geschützten Bereichs standen Holzhäuser.
Sie ritten durch das offen stehende Tor. Im Hof eilten zwei Männer
auf sie zu und nahmen sich der Pferde an.
»Margaret,
was hast du denn jetzt schon wieder angestellt?« »Vater,
ich möchte dir Kristian vorstellen, er ist beim Fürsten zu Gast.«
Seite 291
»Hallo
Kristian«, erschreckt zuckte er zusammen.
»Schläfst
du immer mit offenen Augen«? fragte Jessika.
»Ich habe
von dem Tor geträumt, immer wieder. Das hat was zu bedeuten.«
»Hast du
nicht mal gesagt, dass es noch mehr Tore geben soll«? fragte
Jessika.
»Du hast
recht, Hera der Bruder der Elfenkönigin hat mal so etwas gesagt. Was
ist, wenn unser Tor der Zugang zu anderen Toren ist?«
»Das ist
mir zu hoch«, sagte Jessika, »komm lass uns aufstehen.« Wehrend
Jessika aufstand, grübelte er über die Möglichkeiten nach. Das Tor
war immer das Gleiche. Wenn er hindurchging, dachte er an die Burg
und kam automatisch dort an. Woran sollte er denken, wenn er durch
ein anderes Tor wollte. Er hörte das Rauschen der Dusche im Bad und
klammerte die Burg aus seinen Gedanken aus, zumindest versuchte er
es. Das Tor, ein anderes Ziel. Als Jessika aus dem Badezimmer kam,
war er nicht mehr da.
Kristian
stand im Schlafanzug vor eine Schale mit Wasser, in der Blumen
schwammen. Die Schale stand auf ein Podest, über ihm ein Dach aus
Schilf, ebenso die Wände. Schmale, schießschartenartige Öffnungen in
den Wänden ließ Licht in den Raum. Ein offener Durchgang ohne Tür
führte nach draußen. Vorsichtig schaute er durch eine Öffnung. Unter
ihm sah er acht lang gestreckte Hütten, die um einen Dorfplatz
gruppiert waren. Sie waren doppelt so lang, wie sie breit waren und
in der gleichen Art gebaut, wie das, in dem er jetzt stand. Noch gab
es keinen Hinweis, in was für einem Zeitalter er hineingestolpert
war. Kinder rennen über den Platz. Eine Frau mit langem Gewand,
einen Korb im Arm, kommt zu ihm hoch. Platz zum Verstecken gab es
nicht.
Wir werden
uns bestimmt wiedersehen dachte er, aber nicht in einem Schlafanzug.
Jessika
schrie auf, »musst du mich so erschrecken, wo warst du?« »Auf
Entdeckungstour.«
»Und du
hast vor, gleich wieder zu gehen?«
»Vorher
ziehe ich mich an, und Frühstücken möchte ich auch noch.«
»Pass auf
dich auf«, sagte Jessika, nachdem sie mit dem Frühstück fertig
waren.
»Bis
bald.«
Wieder kam
er an der gleichen Stelle an. Vertieft in seinen Gedanken, nahm er
nicht wahr, dass die Frau zurückgekommen war. Ein Geräusch in seinen
Rücken ließ ihn herumfahren. Mit vor Schreck geweiteten Augen sah
sie ihn an, nicht wissend, ob sie die Flucht ergreifen sollte. Er
hob beschwichtigend seine offenen Hände und bewegte sich nicht. »Ich
bin ein Freund«, sagte er. Wie erwartet, waren das für sie fremde
Worte. Sie antwortete ebenfalls mit Worten, die er nicht verstand
und er schüttelte den Kopf. Dann kamen lateinische Wörter. Latein
hatte er in der Schule nicht gehabt. Mittlerweile hatte die Frau wohl
erkannt, dass er keine Gefahr für sie bedeutete. Sie winkte ihm zu,
dass er ihr folgen sollte. Noch zögernd folgte er ihr nach draußen.
Sie hatten die Hälfte des Weges geschafft, als man unten auf sie
aufmerksam wurde. Erwartungsvoll schaute man ihnen entgegen. Die
Kinder suchten hinter ihren Eltern Schutz. Sie standen sich bald
gegenüber. Feindliches Gebaren konnte er nicht erkennen. Die Frau
erzählte ihnen, wo sie ihn gefunden hatte. Dann zog sie ihn zum
größten und längsten Haus. Sie gingen hinein. Innen sah er Ställe,
die zwei Drittel des Raumes ausmachten. Der Rest war wohl der
Wohnraum. Ein langer Tisch mit Bänken davor. Schlafgelegenheiten,
doppelstöckig an den Außenwänden, und eine Feuerstelle. Anders wie
im Mittelalter befand sich der Abzug nicht direkt darüber. Er sah
zwei Abzugsöffnungen rechts und links im Strohdach. Einige der
Dorfbewohner waren ihnen gefolgt. Die Frau gab Kristian zu
verstehen, dass er sich an den Tisch setzen sollte. Sie stellte
einen Becher vor ihm hin. Aus Höflichkeit trank er einen Schluck.
Von
draußen drang Lärm herein. Kurz darauf wurde die Tür aufgestoßen und
eine Gruppe Männer strömte herein. Wer der Anführer war, war
schwerlich zu übersehen. Nicht nur die Kleidung, auch sein Auftreten
wies ihn aus. Sein Blick ging abwechselnd von Kristian zu der Frau.
Diese erklärte, woher er kam. Kristian war aufgestanden, jeder
schien den Anderen mit Blicken durchleuchten zu wollen. Langsam
wurde es peinlich. Sich anblicken und lächeln konnte nicht ewig so
weitergehen. Wenigstens vorstellen wollte er sich. Er deutete auf
sich und sagte, »Kristian.«
Seite307
Gegen
Mittag begegneten ihnen die ersten Römer, dann sahen sie das
Kastell. Es lag auf eine Anhöhe, umgeben von Wiesen und
Anbauflächen. Lena drückte fleißig auf den Auslöser. Fast im Quadrat,
war das Kastell ca. einhundertfünfzig Meter breit, in der Länge
etwas mehr. Auf jede Seite gab es Tore mit seitlichen Türmen. Stämme
bildeten die Schutzmauer. In den abgerundeten Ecken je ein Turm. Ein
Schutzgraben von fünf bis sechs Meter Breite, und wohl zwei Meter
tief, umgab das Lager. Die ausgehobene Erde war innen gegen die
Stämme aufgeschüttet worden. Oben abgeflacht diente die Erde als
Wehrgang. »In dem Gebäude, dort in der Mitte, wohnt der Tribun
Quintus«, erklärte Godwin.
»Sie haben
hier eine Kohorte stationiert, das sind ungefähr fünfhundertfünfzig
Legionäre. Diese werden von sechs Centurien befehligt. Rechts und
links neben dem Tor, durch welches wir gleich reiten, stehen sechs
Mannschaftsquartiere, weiter oben noch mal zwei. Es waren drei
Baracken auf jede Seite der Straße. In jede Baracke gibt es zehn
Doppelräume, vorne der Wohnraum mit Ofen, hinten die Schlafräume für
insgesamt achtzig Legionäre. Dort drüben sind die Ställe der Pferde,
Kornspeicher und das Lazarett. Dort die Wohnung der Centurien.« Sie
erregten keine besondere Aufmerksamkeit, als sie durch das Tor
ritten. Die Wachen nahmen sie wahr, mehr aber auch nicht.
Bei Lena
verweilten ihre Blicke länger, wohl, weil sie die Kamera vor sich
hielt und das Display beobachtete. Sie ritten bis vor das Gebäude
des Tribuns und banden ihre Pferde an. Ihnen begegneten Soldaten.
»Die mit
den quergestellten Besen auf den Helmen, das sind die Centurien«,
erklärte Godwin. Seine Männer blieben bei den Pferden. Godwin voran,
gingen sie in das Gebäude des Tribuns. Außer dem Tribun waren noch
zwei Centurien im Raum. »Godwin sei gegrüßt«, wurden sie empfangen.
»Tribun Quintus, sei auch du gegrüßt. Das sind meine Freunde
Kristian und seine Begleiterin Lena.«
»Godwin«,
fing der Tribun an, »wir alle wissen, warum wir hier
zusammengekommen sind. Drei meiner Legionäre sind von deinen Leuten
getötet worden.«
»Ich habe
gehofft«, fing Godwin an, »dass wir darüber verhandeln könnten?«
»Zum
Verhandeln gibt es keinen Grund mehr, alle Dorfbewohner wurden mit
dem Tod bestraft, ihr Dorf abgebrannt.«
»Aber
warum bin ich dann hier«? fragte Godwin.
»Du sollst
deine Leute warnen, dass ihnen das Gleiche passiert.« »Tribun
Quintus, du weißt selber, wie schlecht die Ernte ausgefallen ist,
wenn du meinen Leuten auch noch ihr Vieh nimmst, kommen sie nicht
durch den Winter.«
»Godwin,
ich verstehe deine Lage, nur musst du auch meine verstehen. Ich habe
über fünfhundert Legionäre zu versorgen, die muss ich auch durch den
Winter bringen. Es bleibt dabei, wer seine Abgaben nicht leisten
kann, der muss mit Vieh bezahlen.«
»Hoffentlich weißt du, dass ich Mühe habe, meine Männer
zurückzuhalten, sie wollen den Krieg«, sagte Godwin.
»Ja, das
weiß ich, aber du weißt auch, dass sie ihn nicht gewinnen können.«
»Ja, das
weiß ich, meine Männer aber nicht.«
»Ich
glaube«, der Tribun schaute in die Runde, »wir haben alles
besprochen.«
»Und nun
zu Godwins Freunde. Wie lange kennt ihr Godwin schon?« »Schon eine
Weile.«
»Ihr
beherrscht ausgezeichnet unsere Sprache.«
»Das
bringen meine Reisen so mit sich.«
»Was macht
die Frau da, mit ihrem Kästchen?«
»Tribun,
wir kommen aus einem Land, das Dinge kann, die ihr euch nicht
vorstellen könnt. Darf ich die Frage über das Kästchen beantworten,
wenn ich euch das nächste Mal besuche, vorausgesetzt ihr habt nichts
dagegen? Ich zeige euch dann, was das Kästchen kann. Wie ich meine
Frauen kenne, wollen sie euch und das Lager auch kennen lernen. Darf
ich sie mitbringen?«
»Wie viele
Frauen habt ihr denn?« »Nur eine. Die Freundinnen meiner Frau sind
so neugierig, dass sie nicht eher Ruhe geben, bis sie euch und alles
andere kennen gelernt haben.«
»Wir
würden uns freuen.« Einer der Centurien stand auf. Mein Name ist
Lucius Marcius Phillipus, meine Freunde sagen Phillipus zu mir. Wir
können es nicht erwarten eure Frauen kennen zu lernen.«
»Lena hast
du alle aufgenommen«, fragte er in seiner Sprache?« Sie nickte.
»Tribun
habt ihr etwas dagegen, wenn man uns durch euer Lager führt?« Die
Antwort des Tribuns nicht abwartend, trat der andere Centurio vor.
»Ich bin Marcus Valerius Rufus, man nennt mich Rufus den Roten.«
Das traf
zumindest auf seine roten Haare zu.
»Ich werde
euch durch das Lager führen.«
»Tribun,
es war uns eine Ehre, euch kennengelernt zu haben.« Sie gingen nach
draußen, Rufus der Rote voran.
»Was wollt
ihr sehen?«
»Alles«,
sagte Lena.
»Dann
fangen wir mit dem Lazarett an.« Wie alle Bauten war auch dieses aus
Holz. Ein langer Raum, auf beiden Seiten standen die Betten,
allesamt leer. Hinten war noch ein kleiner Raum. Daraus kam ihnen
ein Mann entgegen. »Das ist unser Arzt Tiberius«, stellte Rufus ihn
vor.
»Welch
seltener Besuch«, sagte dieser. »Tiberius, wenn ihr wollt, bringe
ich das nächste Mal meine Ärztin mit, sie kann sicher noch viel von
euch lernen.« Das war dick aufgetragen, aber was soll's.
»Ich würde
mich freuen«, sagte er.
»Also bis
dann.«
»Bei den
Germanen rumort es«, meinte der rote Rufus, sie können jederzeit
losschlagen.«
»Macht
euch das Sorgen?« fragte Kristian.
»Nein,
gegen einen kleinen Kampf habe ich nichts einzuwenden.« »Das nächste
wichtige Gebäude ist das Principium, mit seiner Versammlungshalle,
Gerichtsraum, Schreibstube der Verwaltung, Lagerkasse und unser
Fahnenheiligtum mit den Feldzeichen.« Das wollte Lena unbedingt
sehen. Der rote Rufus war in seinem Element.
»Der
Feldzeichenträger steht im Kampf neben dem Centurio, ebenso der
Hornbläser.« Das Feldzeichen hatte die Grundform eines Speeres,
darunter eine Tafel mit den Namen der Einheit und ihren
Auszeichnungen. Auf beide Seiten der Tafel hängen metallbeschlagende
Lederbänder herab. Weiter ging es zu den Mannschaftsbaracken.
Neugierig schauten sie hinein. Die Räume waren unterteilt in
Wohnraum mit Ofen und Schlafraum mit den doppelstöckigen Betten.
»Wie viel Männer leben hier«? fragte Lena. »Je acht Legionäre«, was
eine Belegung von achtzig Mann pro Baracke ausmachte.
Sie gingen
zum Getreidespeicher und kamen an den Ställen vorbei. Godwin folgte
ihnen schweigend. »Wann werdet ihr wiederkommen«? fragte der rote
Rufus.
»Bald.«
Die
Legionäre, die sie trafen, schauten neugierig hinter ihnen her. »Ich
habe Frauen in eurem Lager gesehen«, sagte Kristian, »wohin gehören
sie?«
»Einige
Legionäre haben ihre Frauen hier und ihre Kinder. Es gibt aber auch
Frauen hier, die sich verkaufen. Dort, hinter der Baracke, gibt es
einige Händler.«
»Dürfen
wir uns das ansehen?«
»Kommt.«
Die Frau hinter ihrem Stand witterte ein Geschäft. Er sah einige
Fibeln, Messer, Kämme, Schmuck, Elfenbein, Kristalle und Bernstein.
Diese nahm er in die Hand. In zwei waren Einschlüsse, ein Käfer und
ein Blatt. »Was sollen diese beiden kosten«? fragte er die Frau. Die
Frau war sich nicht sicher, schaute sie nacheinander an und schien
zu überlegen, ob er gut bei Kasse war. »Zwei Denar«,
sagte sie schließlich.
»Das ist
ein unverschämter Preis«, ereiferte sich der rote Rufus.
»fünf
Sesterze,« sagte sie schließlich. Rufus wollte schon wieder
loslegen, als Kristian abwinkte. Kristian hatte kein römisches Geld.
»Kannst du mir aushelfen«? fragte er Godwin.
»Ich mach
das schon«, sagte der rote Rufus und gab der Frau das Geld.
»Was ist
dort«? fragte Lena.
»Das ist
die Latrine.«
»Dürfen
wir einen Blick darauf werfen?«
»Wenn ihr
wollt?« Es gab zehn Sitzplätze in einer Reihe. An jedem Platz stand
ein Holzeimer mit Wasser, darin ein Schwamm an einen Holzstiel.
»Ganz
schön fortschrittlich«, meinte Lena. »Was meinst du, wofür der
Schwamm ist?«
»Eine
Klobürste, was sonst.«
Ȇberleg
doch mal, das sind Plumpsklos, dafür braucht man keine Bürste,
normalerweise«, fügte er noch hinzu. Der rote Rufus verstand kein
Wort von dem, was sie sagten. »Putzt ihr euch damit euren Hintern
ab?«
»Ja
sicher, habt ihr eine bessere Methode?«
»Wir
machen das ähnlich«, würgte Kristian das Thema ab.
»Roter
Rufus, wir danken dir für deine Führung, wir werden mit Godwin jetzt
zurückreiten.« Godwins Begleitung saß noch bei den Pferden. »Godwin
sollen wir erst etwas essen?«
»Wir haben
nichts dabei.«
Seite 318
Im gleichen
Augenblick erschallte ein Horn.
»Die
Germanen greifen an.« Rufus rannte nach draußen, Kristian hinterher.
Er wollte nicht als Zielscheibe dienen, deshalb folgte er ihm nicht
auf den Wehrgang. Durch einen Schlitz im Tor sah er sie kommen. Auf
Pferden und zu Fuß. Für die Kamera war der Schlitz nicht weitgenug.
Er schaute hoch. Solange keine Pfeile flogen, konnte er ruhig nach
oben gehen. Es war schon ein schön schauriger Anblick, der sich ihm
bot. So weit er sehen konnte, war das ganze Lager eingeschlossen.
Die Hütten der Händler wurden geplündert. Noch standen sie außer
Reichweite der Pfeile. Wie auf ein Kommando schlugen die Germanen
mit ihren Waffen gegen ihre Schilde. Dann folgte die erste
Angriffswelle. Kristian brachte sich in Sicherheit. Die Pfeile und
Speere forderten auf beide Seiten ihren Tribut. Da es vor den Toren
keinen Graben gab, rannten die Meisten todesmutig auf das Tor zu.
Ihre Schilde waren nicht so groß, dass sie ihren ganzen Körper
dahinter verstecken konnten. Schon bald häuften sich dort die Toten
und Verletzten. Von den Wällen purzelten die Legionäre. In den
Gräben lagen die Germanen, die von den Wurfspeeren gestoppt worden
waren. Dann zogen sich die Germanen zurück. Kristian trieb es wieder
auf den Wehrgang. Er wusste nicht, für wen er mehr Mitleid empfinden
sollte, für die Römer oder die Germanen. Die Tore wurden geöffnet.
Die verwundeten Germanen, die den Weg zurück nicht geschafft hatten,
wurden ohne Gnade abgeschlachtet. Obwohl sich sein Magen umdrehte,
hielt Kristian die Kamera darauf. Die Pfeile, Speere und Schwerter
wurden eingesammelt, die verwundeten Legionäre ins Lazarett
getragen. Er folgte ihnen. »Kristian«, Kristel kam auf ihn
zugelaufen. »Ich habe kein Verbandsstoff, Schmerz und
Betäubungsmittel mehr.«
»Und was
willst du mir damit sagen?«
»Wir
müssen zurück ins Krankenhaus und holen, was wir brauchen.« »Komm
mit ins Arztzimmer.« Von dort aus sprangen sie ins Krankenhaus. Da
er nicht genau wusste, wo sie hin wollte, kamen sie im Flur an. Ehe
Kristel ihn in ein Zimmer ziehen konnte, sah er, wie sie eine
Schwester mit vor Schreck geweiteten Augen, anblickte. Er sah auf
Kristel und bemerkte die Blutflecken auf ihrem Gewand. Er wollte
Kristel auf die Schwester aufmerksam machen, »lass sie«, sagte sie,
»sie wird sich schon erholen.« In diesem Krankenhaus war es schon
öfter zu ungewohnten Begegnungen seinerseits gekommen. Kristel
entnahm dem Medikamentenschrank, was sie benötigte. Einen
Plastiksack füllte sie mit Verbandsmaterial. Einem anderen Schrank
entnahm sie Operationsbesteck. Auf einen Zettel schrieb sie, was sie
mitgenommen hatte.
»So, wir
können.« Sie kamen am Ausgangspunkt an. »Wo wart ihr«? empfing sie
Jessika.«
»Wir haben
Nachschub geholt.« Kristel ging an die Betten vorbei und nahm sich
der schweren Fälle zuerst an. Er schoss ein paar Fotos. Auch von
Jeanette, die bei einem Verwundeten kniete und Trost spendete. Er
ging wieder auf den Wehrgang. Es tat richtig weh, die Toten da
liegen zu sehen. Es wurde Abend. »Kristel, wie sieht's aus?«
»Es sind
alle versorgt.« »Dann sammel deine Sachen ein, wir verschwinden von
hier.« Ihre Pferde standen noch an derselben Stelle, Eimer deuteten
darauf hin, dass man ihre Pferde nicht vergessen hatte. Sie stiegen
auf, keiner achtete darauf, wie sie verschwanden und bei Godwin
ankamen. Alrun machte erstaunt die Tür auf. »Ist Godwin hier?« Sie
nickte. Sie traten ein.
»Godwin,
wir kommen aus dem Lager, euer Angriff ist fehlgeschlagen. Das ist
unsere Ärztin, wenn du uns zu euren Männern begleitest, wird sie
sich um die Verwundeten kümmern.« »Kommt, ich bringe euch zu ihnen.«
Die Angriffsstelle lag einen halben Tagesritt entfernt, so lange
wollte Kristian nicht warten.
Godwin
wollte schon losreiten, »halt«, rief er.
»Komm, und
stelle dich zu unseren Pferden und erschrecke nicht.« Den Sprung
bekam er nicht mit. Sie waren ein paar Hundert Meter vom Lager
entfernt. Ehe Godwin was sagen konnte, waren sie von Germanen
umringt. Godwin erklärte ihnen, warum sie hier waren. Die Pferde und
sie wurden weiter in den Wald geführt. Das Lager war erhellt durch
viele Lagerfeuer. Ein Hüne von Mann kam auf sie zu. Er musterte sie.
»Ihr seid
im Lager der Römer gewesen, wir haben nicht gesehen, wie ihr es
verlassen habt?«
»Wir haben
es in der Dunkelheit verlassen«, antwortete Kristian.
»Ihr habt
den Römern als Arzt gedient?«
»Genau so
wollen wir auch euch unsere Hilfe anbieten.«
»Kommt.«
Die Verwundeten lagen zwischen den Feuern. Teilweise steckten noch
Pfeile in ihren Körpern. Kristel kniete sich neben einen Verletzten,
ein abgebrochener Pfeil steckte in seine Schulter. Jessika und
Jeanette knieten auf der anderen Seite und bereiteten das
Operationsfeld vor. Die Augen des Verletzten waren auf Kristel
geheftet, diese lächelte beruhigend. Kristel betäubte die Schulter,
wartete die Wirkung ab und zog den Pfeil vorsichtig heraus. Der
Verwundete schaute dabei zu und war sicher erstaunt, dass er keine
Schmerzen verspürte. Kristel versorgte die Wunde und nähte sie mit
zwei Stichen zu. Jessika deckte die Wunde mit Pflaster ab.
Als
Kristel wieder einmal ein Betäubungsmittel spritzte, und die
Germanen sahen, wie sich das schmerzverzerrte Gesicht entspannte und
der Mann dann wie tot da lag, griffen die umherstehenden Krieger zu
ihren Schwertern.
Kristian
beruhigte sie und sagte, dass der Mann nur schläft. Zum Glück hatte
Kristel ausreichend Penizillin mitgenommen, obwohl er Zweifel hatte,
dass es reichen würde. Schon bald fehlte es an allem. Kristel
verbrauchte das letzte Stück Pflaster. »Kristian, wir müssen noch
mal ins Krankenhaus.«
Das sah er
ein. Nur wie wollten sie hier verschwinden, wo sie zig Augenpaare
beobachteten.
Er winkte
Godwin herbei und erklärte ihm die Sache. »Deine Leute würden uns
für Teufel halten, wenn wir uns von hier aus in Luft auflösen.«
»Geht in
den Wald, bis ihr außer Sicht seid.« Die Germanen ließen sie gehen,
zumal zwei Frauen bei ihnen zurück blieben. Im Krankenhaus war alles
ruhig. Die Nachtschwester war unterwegs. Kristel deckte sich erneut
ein und hinterließ am Platz der Nachtschwester einen weiteren
Hinweis über die entnommenen Sachen. Im gleichen Augenblick ging die
Tür auf und die Nachtschwester schaute sie an. »Frau Doktor«, fing
sie an. »Schon gut«, blockte Kristel ab, »ich habe einige Sachen
geholt, sorge dafür, dass der Direktor die Liste bekommt.«
Vor ihren
Augen sprangen sie zurück in den Wald. Jessika und Jeanette atmeten
auf, als sie sie sahen. Es wurde hell, als der letzte Mann versorgt
war. »Wie geht es hier weiter?« fragte er Godwin. »Die Verwundeten
müssen von hier fortgebracht werden.«
»Wir
mussten mit ansehen, was die Römer mit euren Verwundeten gemacht
haben.«
»Gerwin
hat den Kampf abgebrochen, seine Männer ziehen sich zurück«,
erklärte Godwin. Kristian machte noch ein paar Fotos, und sie gingen
zu ihren Pferden. Gerwin kam und dankte ihnen. »Gerwin, ist der Weg
zum Römerlager frei, können wir ohne Gefahr in ihr Lager reiten?«
»Der Weg
ist frei, wir ziehen ab.«
»Dann lass
uns ins Lager reiten und nach den Verwundeten sehen.«
»Gerwin,
was ist mit deinen toten Männern, wollt ihr sie von den Römern
verscharren lassen?«
»Wir
würden sie holen, wenn die Römer es zuließen.«
»Dann
wartet, wir werden mit den Römern verhandeln.«
Schon bald
ritten sie aus dem Wald auf das Lager zu. Wüst sah es dort aus mit
den unzähligen übereinander liegenden Toten. Das Tor wurde geöffnet
und sofort hinter ihnen wieder geschlossen. Kristian konnte keine
Hektik erkennen, anscheinend fühlten sie sich sicher. Der rote Rufus
empfing sie.
»Was habt
ihr gemacht, dass die Germanen euer Leben verschont haben?«
»Wir haben
ihre Verwundeten versorgt, Rufus, bring mich zum Tribun.«
»Tribun,
die Germanen ziehen sich zurück, erlaubt ihr, dass sie ihre Toten
mitnehmen.« Er nickte. »Rufus kläre das.« Kristian ging hinter ihm
her. »Macht das Tor auf.« Sie gingen beide hindurch, er ließ das Tor
hinter sie schließen.
»Vertraust
du den Germanen«? fragte Rufus. »Du nicht, warum stehst du dann
hier?« Kristian schwenkte seine Arme. Zunächst geschah nichts. Dann
kam Gerwin als Erster aus dem Wald geritten, bis kurz vor dem Tor.
Nachdem er sich ein Bild gemacht hatte, drehte er sich um und gab
seinen Leuten ein Zeichen.
Nacheinander kamen sie auf ihren Pferden aus dem Wald. Gerwin hatte
sich einen Krieger gepackt und über den Sattel gelegt. Er schaute
Kristian kurz an und führte dann sein Pferd zurück. Kristian hatte
ununterbrochen Fotos gemacht. Es war ein trauriges Bild, wie sie
abzogen. »Das hat uns eine Menge Arbeit erspart«, sagte Rufus. Sie
gingen zurück. Kristel saß wie erschlagen auf einen Hocker.
»Kristian, ich möchte nach Hause, ich kann nicht mehr.«
«Dann
kommt.« Der rote Rufus begleitete sie zu den Pferden.« »Eigentlich
waren wir gekommen, um mit euch Handel zu treiben, das holen wir
später nach.«
Aus seiner Satteltasche fischte er einen Spiegel und gab ihn Rufus.
»Bis später.« Man öffnete das Tor, sie ritten hinaus. Vom Wald aus
sprangen sie in Godwins Dorf. »Wir kommen wieder, verabschiedeten
sie sich von Godwin.« Kristian nahm einen weiteren Spiegel und gab
ihn Godwin. »Für deine Frau.«
Sie kamen
zuhause an. Die Frauen zogen sich um. Kristel und Jeanette
verabschiedeten sich.
»Kristel,
die Rechnung vom Krankenhaus übernehme ich.« Sie nickte nur.
Großvater sah, dass sie müde waren, sicher hatte er sich über das
Blut an ihren Gewändern seine Gedanken gemacht, er stellte keine
Fragen.
Sie frühstückten, duschten
und gingen dann den Schlaf nachholen.
Seite 346
Ein
Centurio trat aus einem Haus und brachte seine Kleidung in Ordnung.
Dieses Schwein. »Was ist hier los«, fragte der Centurio.
»Das frage
ich euch. Wisst ihr, dass dieses Dorf zu Godwin gehört?«
»Kann
schon sein.«
»Wie ist
dein Name?«
»Ich bin
Marcus Calparius Bibulus.« »Wer ich bin, weist du?« fragte Kristian.
»Ja.«
»Der
Tribun gab mir sein Wort, dass Godwins Dörfer sicher sind, kann es
sein, dass du gegen seinen Befehl handelst? Oder ging es dir nur
darum, eine germanische Frau zu bespringen? Du bist ein Schwein.«
Die Legionäre schauten ihrem Wortwechsel interessiert zu.
Wütend kam
der Centurio näher. »Du nimmst deinen Mund ziemlich voll, der Tribun
ist nicht hier, er kann dich nicht beschützen.«
»Meinst
du, dass ich seinen Schutz brauche?«
»Ich kann
dich töten, und keiner würde es erfahren«, sagte er. »Du solltest
dir nicht so sicher sein. Sicher gibt es genug Legionäre, die nicht
gut auf dich zu sprechen sind.«
Mit Schrecken dachte er daran, dass er alle Dorfbewohner als lästige
Zeugen töten lassen könnte.
Der
Centurio schaute seine Männer an. »Was ist, kann ich mich auf eure
Verschwiegenheit verlassen?« Betretenes Schweigen. »Ich glaube, dass
sie mehr Angst vor mir haben, du weißt, für was man mich hält?«
»Ja, für
einen Zauberer.«
»Und was
ist mit dir«? fragte er.
»Du bist
aus Fleisch und Blut, genau wie wir, mein Schwert würde keinen
Unterschied merken.«
»Du meinst
also, du könntest mich töten?«
»Steig
endlich von deinem Pferd, damit wir die Sache zu Ende bringen.«
»Ich
könnte einfach wegreiten«, sagte Kristian, »keiner deiner Legionäre
würde mich aufhalten.« Das sah er wohl ein. Mit gezogenem Schwert
kam er auf Kristian zu. Dieser ließ sein Pferd rückwärtsgehen. Ein
Blick hinter ihm zeigte, dass er nicht viel weiter zurück konnte.
Hinter ihm lag ein toter Dorfbewohner. Neben ihm lag eine
Stechlanze, wohl zwei Meter lang. Ein Sprung vom Pferd brachte ihn
neben sie. Er nahm sie in die Hand. Ein Klaps auf sein Pferd brachte
es dazu, auf den Centurio zuzurennen, der sich mit einem Sprung in
Sicherheit brachte. Kristian hielt den Speer waagerecht in beide
Hände vor sich. Grinsend kam der Centurio auf ihn zu.
»Stopp.«
Tatsächlich blieb er stehen. »Wenn ich gewinne, ziehst du dich ohne
Folgen für das Dorf zurück?«
»Das kann
ich dir versprechen.«
»Legionäre, ihr habt es gehört, hoffentlich kann ich mich auf euch
verlassen«? sagte er zu ihnen. Einige nickten. Ohne Vorwarnung
schlug er dem überraschten Centurio das stumpfe Ende des Speeres
gegen seinen Helm. Es schepperte laut. Mit Freude sah er, dass der
Helm eine Beule hatte. Er war noch geschockt, als Kristian erneut
wieder seinen Kopf traf. Er vermied es, ihn mit der Spitze zu
treffen. Die ganze Kraft hatte er in den Schlag gelegt. Das Blut,
das er sah, kam wahrscheinlich aus seinem Ohr und lief den Hals
herunter. Sicher sah er jetzt Sterne. Benommen schaute er Kristian
an. Ohne Gnade, jeden Vorteil nutzend, sprang Kristian vor, um die
stumpfe Seite des Speeres wie ein Rammbock gegen seinen Brustpanzer
zu stoßen. Wieder halbwegs erholt wehrte er mit seinem Schwert den
Stoß ab. Vorsichtig, sich mittlerweile der Gefährlichkeit des
Speeres bewusst, kam der Centurio näher. Mit Scheinangriffen drängte
Kristian ihn zurück. Ausholend stürmte der Mann auf ihn zu. Kristian
konnte es nicht riskieren, seinen direkten Schlag mit dem Speer
abzufangen. Er könnte brechen. Abfedernd, nahm er dem Schlag die
Kraft, duckte sich, drehte sich um die eigene Achse und schlug den
Schaft mit Wucht gegen sein Schienbein. Es knallte laut, als der
Schaft seinen Schienbeinpanzer traf. Augenblicklich ging er zu
Boden, sein Schwert entfiel seiner Hand. Kristian stand jetzt über
ihm, die Spitze des Speeres zeigte auf seinen Hals.
»Was ist,
gibst du dich geschlagen?« Hasserfüllt starrte er Kristian an.
Langsam drückte dieser die Speerspitze tiefer gegen seinen Hals.
Blut sickerte aus der Wunde. Noch immer nicht gab er sich
geschlagen.
»Ganz wie
du willst, du wirst jetzt vor deinen Gott treten, grüße ihn von mir.
Er tat als wollte er zustechen.
»Halt, ich
ergebe mich.«
«Das war
doch nicht so schwer.« Die Spitze von seinem Hals nehmend, holte er
aus und schlug das Speerende auf seinen Kopf, der Schaft zerbrach.
Der Besen auf seinem Helm knickte mitten durch. Der Centurio zog
sich ins Land der Träume zurück. Es ist wirklich nicht leicht,
jemand auf den Kopf zu schlagen. Innerlich scheut man davor zurück.
Kristian hatte in letzter Zeit so viel Gewalt gesehen, dass seine
Hemmschwelle ihm keine Zurückhaltung auferlegte.
»Ihr habt
es gehört«, sagte er zu den Legionären, «geht in euer Lager zurück.«
Die Dorfbewohner konnten ihr Glück nicht fassen. Langsam löste sich
der Kreis der Legionäre auf, formierten sich. Einige bewegten sich
auf den Centurio zu. »Halt, um den kümmere ich mich.« Nur zögernd
zogen sie ab. Die Dorfbewohner kümmerten sich um das Feuer. Ein
Junge brachte ihm sein Pferd. Er stieg auf und gab mit
Zeichensprache zu verstehen, dass sie den Centurio hinter seinen
Sattel legen sollten. Sein Blick fiel auf das Schwert am Boden und
auf die Schwertscheide, die noch an der Seite des Centurios hing. Er
deutete darauf und gab zu verstehen, dass sie beides bei Godwin
hinterlegen sollten. Jetzt konnte er es nicht mitnehmen, er wollte
es als Kriegsbeute behalten. Dann ritt er aus dem Dorf. Ein Sprung
brachte ihn in die Nähe des Kastells. Langsam ritt er durch das Tor.
Legionäre auf den Wällen machten Meldung, der Tribun und auch Rufus
kamen ihm entgegen. »Was ist passiert?«
»Tribun
ist es richtig, dass ihr den Befehl gegeben habt, eines von Godwins
Dörfern zu überfallen?«
»Ich habe
keinen solchen Befehl gegeben.«
»Ich habe
den Centurio auf seinen Fehler hingewiesen, daraufhin wollte er
mich töten. Eure Männer werden es bestätigen. Der Centurio bewegte
sich. Kristian gab ihm einen Schups und er rutschte vom Pferd. Von
einem stolzen Römer war nicht viel übrig geblieben. »Tribun, ich
muss zurück.« Er wendete sein Pferd und preschte aus dem Lager, ehe
sie weitere Fragen stellen konnten. Jessika und die anderen waren
froh, ihn heil wiederzusehen. Er erklärte, was vorgefallen war.
Godwin war nicht mehr zu halten, er wollte in sein Dorf reiten.
»Godwin, das Schwert des Centurio, bringe es mir bitte mit, ich
möchte es behalten. So, wie weit seid ihr hier?«
Die Tore der Atlanter 3.Buch
Seiten: 388
Absätze: 6923
Zeilen: 11749
Wörter: 105420
Zeichen ohne: 494841
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Die Tore der
Atlanter.
Buch
3
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Leseprobe 5
Seite 34
Am Morgen
waren sie bereit. Lena saß auf Kristians Pferd, er hielt die Zügel.
Sie kamen am Waldrand an. Vor ihnen Zelte, dahinter das Kastell. Sie
mussten sich sehr sicher fühlen, weil sie keinen Schutz um ihr
Zeltlager gebaut hatten. Kristian dachte an den letzten Angriff der
Germanen, den sie hautnah miterlebt hatten. Lediglich ein paar
Legionäre hielten Wache. Sie hatten sie entdeckt. Lena machte ihre
Fotos. Langsam gingen sie auf die Zelte zu. Es war still. Abwartend
beobachteten die Wachen sie.
Es
schienen fremde Römer zu sein, nicht die, die sie schon kannten.
Sicher hatten diese schon von ihnen gehört. In den Augen der Männer
glomm Verlangen auf, als sie die Frauen erblickten. Aus den Zelten
kamen mehr Männer hervor. Bald bildete sich ein Spalier, durch das
sie schritten. Vorne am Tor hatten sich Offiziere eingefunden. Rufus
der Rote, ein Centurio, kam ihnen entgegen. Eurone das Mischwesen
hatte ihnen, das heißt Lena, Jessika und ihm auf ihrem Planeten
mittels einer Apparatur die römische Sprache beigebracht. Deswegen
gab es keine Sprachschwierigkeiten. Jeanette, die später zu ihnen
stieß, musste sehen, wie sie mit ihrem Schullatein zurechtkam.
»Es ist
uns eine Freude, euch zu sehen«, empfing sie Rufus, der Rote. »Du
meinst bestimmt meine Frauen?«
»Du bist
natürlich auch willkommen.« Es entstand ein Tumult,
als
Gallus, ein einfacher Legionär, sich zu ihnen durcharbeitete.
Zögernd blieb er vor ihnen stehen, als wäre er sich nicht sicher, ob
sie sich seiner erinnern wollten. »Gallus alter Freund, viel Betrieb
hier.«
»Ja, es
ist eng geworden.«
»Kristian
komm«, drängte Rufus, »der Tribun wird euch sehen wollen.« Der rote
Rufus gab einen Befehl und man kümmerte sich um ihre Pferde.
Lena
drehte sich im Kreis und machte Fotos von den schmachtenden
Legionärsgesichtern. Rufus ging voraus, eine Gasse öffnete sich. Das
Zimmer des Tribuns Quintus füllte sich. Viele der Gesichter kannte
Kristian nicht.
»Kristian,
schön, dass ihr kommt, der Anblick deiner Frauen lässt uns unser
eintöniges Leben hier ein wenig vergessen.« Er geleitete die Frauen
zu Sitzgelegenheiten, die von den Männern schnell frei gegeben
wurden. Ein Sklave kam mit einem Tablett, auf dem mit Wein gefüllte
Gläser standen. Sie bedienten sich. »Lasst uns das Glas erheben auf
unsere Freunde«, sagte der Tribun. »Viele von uns kennen euch noch
nicht, haben aber sicher inzwischen von euch gehört.
Die
Schönheit unserer weiblichen Gäste wird an den Lagerfeuern sicher
bald genug Gesprächsstoff liefern.« »Tribun, genug des Lobes, sagt
mir, ob ihr Verstärkung erhalten habt?«
»Nein,
darf ich euch den Centurio Gaius Octavius vorstellen.« Der Tribun
schaute einen Mann an. Dieser war Kristian schon aufgefallen. Er war
von kräftiger Gestalt mit ausgeprägten Muskeln. Ihm möchte man als
Gegner nicht gegenüberstehen. Sie reichten sich die Hand.
Octavius
ließ sie nicht los und zog Kristian zum Ende des Raumes. »Ich habe
schon viel über euch gehört.«
»Und was
zum Beispiel?«
»Ihr sollt
ein guter Kämpfer sein.«
»Ihr meint
sicher die Geschichte mit Bibulus, er ist ein falscher Hund, der
seine Macht an Schwächere austobt. Ich kann mit einem Schwert nicht
umgehen.«
»Trotzdem
habt ihr Bibulus besiegt.«
»Ja, mit
einem Stock, er hat mir dieses noch nicht verziehen. Sein Schwert
habe ich als Trophäe behalten. Wie soll ich dich nennen?«
»Sag
Octavius zu mir.«
»Octavius,
was machst du hier?«
»Ich habe
einen Konsul in Colenia abgeliefert, wir sind jetzt auf dem Rückweg.
»Da seid
ihr aber noch eine Weile unterwegs.«
»Du sagst
es. Wir könnten unser Ziel schneller erreichen, unsere
Begleitfahrzeuge lassen das aber nicht zu. Diese waren Kristian
schon aufgefallen, denn sie nahmen einen Großteil des Platzes vor
dem Kastell in Anspruch. Nicht nur die Verpflegung für die Menschen,
auch die Pferde brauchten ihr Futter. Dazu kamen die Zelte. Auch
Händler nutzten den Schutz der Soldaten.
»Hast du
Familie«? fragte Kristian.
»Ja, unser
Gut liegt in Florenz. Unser Rückweg führt daran vorbei, wir machen
dort Rast.«
»Ich würde
dich gerne begleiten, aber so viel Zeit habe ich nicht.«
Er gab Lena ein Zeichen.
»Lena
würdest du ein Foto von Octavius und mir mit der Sofortbildkamera
machen?« Lena nickte. Das Blitzlicht ließ alle erschreckt in ihre
Richtung blicken. Staunend blickte Octavius auf das Foto, das aus
der Kamera kam und zu einem Bild wurde. »Der Tribun hat mir von
euren magischen Kräften erzählt, ich wollte es nicht glauben.« Dann
nahm er das Foto von Lena entgegen. »Sehe ich so aus«? fragte er
zweifelnd.
»Ja, ich
kann keinen Unterschied erkennen. Oder sehe ich auf dem Bild anders
aus«? fragte Kristian.
»Das ist
ein mächtiger Zauber.« Jetzt kamen die anderen und wollten das Bild
sehen. »Lena mache ein Foto von ihnen.« So abgelenkt, standen sie
bald wieder alleine da.
»Octavius,
was hältst du davon, wenn ich dich ein Stück begleite?«
»Das würde
mich freuen.«
»Ich
könnte, wenn du mir einen Führer mitgibst, vorausreiten und deiner
Frau dieses Bild von uns bringen.«
»Das würde
sie sicher erfreuen, aber meinst du, dass es etwas bringt, wenn du
ein paar Tage vor mir dort bist?«
»Lass dich
überraschen, gib mir einen Mann mit, der den Weg genau kennt und vor
magischen Kräften, wie du es nennst, keine Angst hat.«
»Was hast
du vor?« »Ich werde mir in Ruhe dein Land anschauen.« Jessika kam zu
ihnen, um zu sagen, dass sie zu den Händlern vor das Kastell
wollten.
»Was ist
mit dir Octavius, gehst du mit?«
»Ja, dann
zeige ich dir den Mann, der dich begleiten wird.« Einer Prozession
gleich, folgten die Männer den Frauen nach draußen. Der rote Rufus
hatte die Führung übernommen. Die Prozession wurde immer länger.
Alle wollten einen Blick auf die Frauen in ihren engen Reithosen
werfen.
Unterwegs
gab Octavius einem Mann ein Zeichen. Der bahnte sich einen Weg zu
ihnen durch. »Decimus, ich habe einen Auftrag für dich.«
Decimus
war auch keine halbe Portion und kein einfacher Soldat. »Decimus,
mein Freund Kristian möchte morgen vor uns herreiten. Bringe ihn
sicher zu meiner Frau. Du wartest dort auf uns.« Abschätzend
musterte Decimus Kristian.
»Er hat
nicht mal ein Schwert.«
»Ja, ich
weiß, er wird einen Stock mitnehmen.«
»Einen
Stock?«
»Ja,
Kristian ist ein Stockkämpfer, lass dir die Geschichte von Bibulus
erzählen. Du kannst dich auf ihn verlassen. So, jetzt lass uns zu
den Händlern gehen.« Diese witterten ein großes Geschäft, nicht
wissend, warum hier so ein großer Andrang herrschte. Lena war auf
eine Karre geklettert, was von dem Händler mit Argwohn beobachtet
wurde. Sie winkte ihnen zu und machte weiter ihre Aufnahmen mit
einer anderen Kamera.
»Legst du
dich mit allen Frauen auf dein Lager«? fragte Octavius.
»Nein, nur
mit einer.« »Du bist ein Mann, möchtest du nicht mit allen dein
Lager teilen?«
»Du hast
recht, das Verlangen ist schon da, ich will aber nicht unsere
Freundschaft auf Spiel setzen.«
»Ein
weiser Spruch, auch ich vermeide es, mich zu anderen Frauen zu
legen. Aber manchmal lässt es sich nicht vermeiden, du weißt schon,
das Fleisch ist schwach.«
Es war
nicht leicht, zu den Händlern durchzukommen. Lediglich Octavius
Autorität verschaffte ihnen Platz. Am Stand des dritten Händlers
fanden sie die Frauen. Jeanette versuchte, den Händler abzuwehren,
der ihr eine Kette aufschwatzen wollte. Kristian sah schöne
Weinkelche und verzierte Teller. Bei ihm waren diese unbezahlbar. Er
wollte sie alle.
»Hast du
deiner Frau schon ein Geschenk gekauft«? fragte er Octavius. »Ja,
einen Ballen Stoff.«
»Und
sonst?«
»Was und
sonst?«
»Ein
Schmuckstück zum Beispiel.«
»Du hast
recht, vielleicht finde ich hier was Passendes.« Kristian sah
Keramik und viele Teile aus Glas, Schreibmaterialien, Wachstafeln,
Papyrus, Schmuck aus Bronze und Silber und römische Spiele. Gallus
hatte es geschafft, sich zu ihm durchzuarbeiten.
»Gallus,
ich habe eine Aufgabe für dich.« Er erzählte ihm, worauf es ihm
ankam.
»Versuche
die Ware für mich günstig einzukaufen, und lass sie gleich
einpacken.« Er griff in seinen Geldbeutel und kam mit einer Hand
voll Denare wieder heraus. »Öffne deinen Geldbeutel.« Ohne
nachzuzählen, ließ Kristian das Geld in Gallus Beutel gleiten. »Wenn
du nicht auskommst, melde dich bei mir.« Octavius hatte sie
beobachtet.
»Du
vertraust einem einfachen Legionär?«
»Wir
kennen uns schon länger und ich habe festgestellt, dass man ihm
vertrauen kann.«
Jessika
hielt drei Bernsteine in der Hand. Der Händler nannte einen Preis.
Jessika schüttelte den Kopf. Der Händler wollte vier Denare haben,
Jessika aber nur zwei geben. Es war eine Freude sie beim Handeln zu
beobachten. Schließlich einigten sie sich auf drei Denare und einen
Sesterzen. Lena war noch nicht dem Kaufrausch verfallen. Jeanette
zeigte Interesse an den Schmuck. Octavius kaufte eine Silberkette
mit passenden Ohrringen. Kristian hörte, wie Gallus dem Händler
fünfzig Denare für alle Glaswaren anbot. Der Händler lief vor Wut
rot an. »Du unverschämter kleiner Legionär, du hast noch nicht
einmal fünfzig Denare auf einen Haufen gesehen und erdreistest dich,
mir so ein Angebot zu machen.«
»Was
meinst du, was ich hier in meinen Beutel habe, wie Steine hört sich
das nicht an«,
sagte Gallus. Die Umherstehenden fanden Gefallen an dem Schauspiel.
»Sage mir
deinen Preis«, forderte Gallus den Händler auf.
»Du meinst
es wirklich ernst. Für einhundertfünfzig kannst du alles haben.«
»Ich sehe
schon«, sagte Gallus, ich muss zu deinem Nachbar gehen, der lässt
sicher mit sich handeln.« Er drehte sich um und wollte den Stand
verlassen.
»Halt, wir
werden uns schon noch einig.«
»Nenn
einen vernünftigen Preis, wenn er mir nicht gefällt, gehe ich.« Nach
einer Weile kamen zögernd einhundertfünfundzwanzig Denare über die
Lippen des Händlers. Ohne ein Wort drehte sich Gallus um als wollte
er gehen. »Einhundertzehn«, schrie der Händler. Gallus schaute zu
Kristian rüber, dieser nickte. »Abgemacht, und pack die Sachen
ordentlich ein.«
In
Kristian reifte ein Plan. Die Handelsware war hier so billig, bei
ihm so teuer, warum nicht damit handeln? Nur schade, dass ihm nicht
viel Zeit blieb, die Ware in aller Ruhe auszusuchen. Morgen würden
sie weiterreisen. In Gedanken überlegte er schon, wo der
Verkaufsraum sein sollte. Zu weit sollte er nicht entfernt sein, da
er den Verkauf selber überwachen wollte. Als Käufer kamen Museen und
Sammler infrage. Diese mussten sich bis jetzt mit Bodenfunde
zufriedengeben. Entsprechend sahen sie aus.
»Hallo
Kristian, kann es sein, dass du träumst?« Erschrocken zuckte er
zusammen.
Seite 57
Ihre
Aufmerksamkeit wurde auf das Podest gelenkt. Ein Mann führte einen
Sklaven hinauf. Dieser hatte ein Schild um den Hals, auf dem sein
Alter und Geburtsort stand. Das Feilschen wollte nicht so recht in
Gang kommen. Der Händler forderte dreihundert Denare, das höchste
Gebot lag bei zweihundert Denaren. Der Sklavenhändler wurde wütend
und fing an, die Qualitäten des Sklaven aufzuzählen. Möglichst
unauffällig machte Kristian Fotos. Aus dem Verkauf wurde nichts, der
Sklave wurde zurückgeführt. Von der anderen Seite wurde eine Frau
mit ihrer Tochter heraufgeführt. Sofort wurde es still. Der
Geburtsort auf ihrem Schild sagte ihm nichts. Sie war hochgewachsen,
von erhabener Schönheit. Auf jeden Fall kam sie von weit her. Ihre
Kleidung war verschmutzt und eingerissen. Stolz stand sie da, einen
Arm um ihre Tochter gelegt. Diese hatte die Schönheit der Mutter
geerbt. Das Mädchen war vielleicht zwölf Jahre alt.
Fünfhundert Dinare kam das erste Gebot von einem kleinen fetten
Mann. Mit sechshundert Denaren wurde er überboten. Als kein höheres
Angebot kam, sagte der Händler, sechshundert nur für die Frau.
Gewaltsam wurden Mutter und Kind getrennt. »Decimus, stell jetzt
keine Fragen, hole die Pferde und reite aus dem Ort. Dort wartest du
auf mich.« Er wollte was sagen, Kristian hob die Augenbrauen und
schaute ihn an.
»Schon
gut, ich gehe ja schon.«
Kristian stellte sich in die hinterste Reihe. Der Händler zerrte an
der Kleidung der Frau, bis jeder einen Blick auf ihre nackte Haut
werfen konnte. Ein Raunen ging durch die Zuschauer. Das Mädchen
weinte und streckte ihre Arme in Richtung der Mutter aus.
Sechshundertfünfzig wurden von dem kleinen fetten Mann geboten.
»Achthundert Denare«, alle drehten sich zu dem Mann um, dem man
ansah, dass er reich war. Dem Händler sah man seine Freude an. Die
Tochter konnte sich losreißen und rannte zu ihrer Mutter zurück.
Jetzt wurde es Zeit einzugreifen. Einfach mit beiden Frauen
verschwinden, wollte Kristian nicht. Er nahm die Gestalt eines alten
Mannes mit langen weißen Haaren an. In der Hand hielt er einen
Wanderstab. So schlurfte er auf das Podest zu.
»Hat die
Gier eure Augen vernebelt«, rief Kristian, »seht ihr nicht, dass der
Teufel in ihr steckt. Ihr würdet den ersten Beischlaf nicht
überleben.« Der Händler wurde wütend. »Alter Mann verschwinde.« Der
Frau schickte Kristian die Botschaft rüber, »erschrecke nicht, ich
werde euch in Sicherheit bringen.« Als sie keine Reaktion zeigte,
rief er, »seht ihr nicht das Feuer in ihr, es würde euch
verbrennen.« Kristian ließ sie und das Kind fünfzig Zentimeter höher
schweben. Die beiden Frauen waren genauso erschrocken wie die
Menschenmenge. Einige Zuschauer rannten panikartig fort. Selbst der
Händler mit seiner großen Klappe hatte Angst. Kristian stieg auf das
Podest. Mit nach vorne gestreckten Armen machte er beschwörende
Bewegungen.
»Weiche
von uns, verschone uns, kehre in dein Reich zurück.«
Er berührte sie und schrie, »oh, ich sehe sie in ihrem feurigen
Heim, hört ihr nicht die Schreie der Verdammten? Sie versucht, mich
in ihr Reich zu ziehen, rettet euch.« Jetzt gab es kein Halten mehr,
die Menge stob schreiend auseinander.
Dann
wurden sie unsichtbar, er sprang mit ihnen zum Rand des Dorfes, wo
hoffentlich Decimus wartete. Dieser musterte sie. »Ich habe so etwas
Ähnliches schon fast erwartet. Du musst mir erzählen, was du dort
angestellt hast. Hast du für die Frau bezahlt?« Kristian grinste ihn
an.
»Sie waren
froh, dass sie sie los waren. Ich musste eingreifen, man wollte
Mutter und Tochter getrennt verkaufen.«
Mutter und
Tochter hatten noch keinen Ton gesagt. »Entschuldige das Theater,
das ich gemacht habe«, sagte Kristian zu ihr. »Du bist frei und
kannst hingehen, wohin du willst.« Als sie nichts sagte, schlug er
vor, »es ist wohl besser, du reitest mit uns zu Freunden, dann sehen
wir weiter, einverstanden?« Beide nickten. »Ich heiße Kristian, der
dort ist Decimus.«
»Mein Name
ist Riga, meine Tochter heißt Elana.« Ihre Stimme klang gebildet.
»Wir danken dir, obwohl wir nicht wissen, was eben passiert ist.«
Decimus lachte.
»Daran
Frau, wirst du dich gewöhnen müssen.«
»Wir
sollten machen, dass wir von hier wegkommen. Wenn uns hier jemand
sieht, werden sie uns folgen. Ihr könnt hoffentlich reiten?« Sie
stiegen auf die Pferde. Gegen Abend erreichten sie das Kastell.
Davor hatte sich ein Dorf gebildet. Es gab auch einen Markt.
»Decimus suchst du für uns ein Nachtlager?«
»Ich war
schon einmal hier, folge mir.« Hinter dem Dorf gab es eine Koppel
und ein Gasthaus. Sie besichtigten zwei Schlafräume, gingen dann in
den Gastraum und bestellten Essen. Jetzt zeigte sich, wie hungrig
beide Frauen waren. »Riga, wir wollen gleich ins Kastell, du
brauchst doch bestimmt ein paar persönliche Sachen? Hier hast du ein
paar Denare.« Zögernd hielt sie ihre Hand auf.
»Warum
tust du das?« fragte sie.
»Du hast
sicher festgestellt, dass ich kein Römer bin. Ich weis, dass die
meisten Römer kein Mitleid mit ihren Sklaven haben.« Decimus
grinste.
»Ich kann
dich nicht in deine Heimat zurückbringen, aber ich kann dir helfen,
dass du dich in deine neue Heimat zurechtfindest.«
»Können
wir endlich«, drängte Decimus. »Vorher müssen wir unser Gepäck in
die Zimmer bringen«, schlug Kristian vor. Decimus willst du nicht
zwei Pferde verkaufen?«
»Du hast
recht, sie behindern uns nur.« Sie fanden auch schnell einen
Händler, der ihnen zwei Pferde für je zweihundertfünfzig Denare
abkaufte.
»Hier nimm
deine Hälfte«, sagte Decimus. »Wenn es dir recht ist, behalte ich
dafür die zwei anderen Pferde?« Decimus nickte. Die Frauen
zurücklassend, gingen sie ins Kastell. Es war ähnlich gegliedert,
wie das von Rufus. Legionäre wurden gedrillt. Wehrend Kristian
zuschaute, ging Decimus zwei Holzschwerter holen. Sie hatten das
gleiche Gewicht wie ein Echtes. Sie gingen zu einer freien
Rasenfläche und tauschten die echten Schwerter gegen die
Holzschwerter aus. Decimus war ein guter Lehrer. Mehrmals schlug er
Kristian das Schwert aus der Hand, was nicht ohne Schmerzen und
blaue Flecken abging. Kristian lernte schnell und stellte ihm ein
Bein, sodass er stürzte. Seine hölzerne Schwertspitze zeigte auf
seinen Hals. »Legionär, bitte um Gnade, deine Todesstunde ist nahe.«
Lachend rappelte Decimus sich
auf.
Seite 63
Elana war
ganz aufgeregt, anscheinend hatte sie ihre Schuhe schon irgendwo
gesehen, denn sie eilte zielstrebig voraus. »Elana, nicht so
schnell«, rief Riga hinter ihr her. Plötzlich sahen sie Elana nicht
mehr. Ihre lauten Hilferufe wiesen ihnen den Weg. Die Marktbesucher
machten ihnen Platz, als sie angerannt kamen. Kristian sah, wie zwei
Männer versuchten, Elana in eine Seitengasse zu ziehen. »Halt«, rief
er, was einen der Männer veranlasste, stehenzubleiben, während der
Andere weiter an Elana zerrte. Der Mann, der stehen geblieben war,
zog sein Schwert, Kristian ebenfalls. Decimus hatte sich im
Hintergrund gehalten und hielt Riga fest.
Kristian
zeigte, was er gelernt hatte und konnte nur hoffen, dass der Mann
nicht über mehr Erfahrung verfügte. Er versuchte den gleichen Trick,
den er bei Decimus angewendet hatte. Plötzlich lag der Entführer vor
ihm im Staub. Angstvoll waren seine Augen auf Kristian und sein
Schwert gerichtet. »Sage deinem Freund, er soll das Mädchen
loslassen.«
Er schrie
es hinaus. Der Mann ließ Elana los. Währenddessen hatte sich Decimus
hinter den Rücken des Mannes geschlichen, drückte sein Schwert in
dessen Rücken und schob ihn damit zu Kristian. Riga hielt glücklich
ihre Tochter in den Arm. »Was sollen wir mit ihnen machen«? fragte
Kristian.
»Stoße dem
da dein Schwert in die Brust, diesem schlage ich den Kopf ab.« Die
Zuschauer schienen damit einverstanden zu sein und feuerten sie an.
Das war nicht nach Kristians Geschmack. »Legt eure Waffen ab«,
befahl er. Einer der Männer hatte einen schönen verzierten Gürtel um
mit einem verzierten kleinen Dolch. Er nahm den Gürtel und die
Schwerter entgegen.
»Macht ihr
mit ihnen, was ihr wollt«, sagte Kristian zu den Marktbesuchern.
Augenblicklich entlud sich der Zorn der Leute.
Mit dem,
was sie gerade in den Fingern bekommen konnten, schlugen sie auf die
Entführer ein. Keiner hatte Mitleid. »Kommt, wir wollten doch Schuhe
kaufen.«
»Wir
hätten sie töten sollen,« brummelte Decimus vor sich her.»
»Ich kann
so etwas nicht, nur wenn es um mein Leben geht«, sagte Kristian.
Elana hatte ihren Schock überwunden, war vor einem Stand stehen
geblieben und probierte einen Schuh an. »Riga willst du den Gürtel?
Mit dem Dolch kannst du dich notfalls verteidigen.« Ihre Augen
leuchteten auf.
Der Gürtel
war verstellbar und hatte bestimmt vorher einer Frau gehört.
Freiwillig hatte sie sich sicher nicht davon getrennt. Kristian
legte Riga den Gürtel um. Elana hatte unterdessen passende Schuhe
gefunden. Kristian bezahlte sie. Sie kauften noch Obst ein und
machten sich auf den Rückweg. Ein Warnruf hinter ihnen ließ sie
herumfahren. Einer der beiden Entführer zielte mit einem Bogen auf
sie. Fast hätten sie ihn nicht wiedererkannt. Sein Gesicht war
blutig und seine Kleidung zerfetzt. Wie es schien, wollte er sich
wegen der erlittenen Schmach rächen. Kristian wusste nicht, ob man
einem Pfeil ausweichen konnte, wenn man sah, wie er abgeschossen
wurde.
Zu
weiteren Überlegungen kam er nicht. Riga schnellte nach vorne und
fing den Pfeil mit ihrem Körper auf. Nahe ihrem Herzen, drang er in
ihren Körper ein. Ein leiser Schrei war alles, was sie von ihr
hörten, dann sackte sie zusammen. Decimus war nicht mehr zu halten,
er rannte los und stieß dem verblüfften Bogenschützen sein Schwert
in die Brust. Grimmig suchte er nach dem zweiten Mann. Kristian hob
Riga auf und brachte sie in ihr Gasthauszimmer.
»Decimus
kümmere du dich um Elana, ich bringe Riga zu unserem Arzt. Es wird
nicht lange dauern, ich komme ohne sie zurück.«
Auf Elana
konnte er jetzt keine Rücksicht nehmen und verschwand mit Riga vor
ihren Augen. Mit verändertem Aussehen sprang er in das Krankenhaus,
in dem Kristel arbeitete. Kristel, wo bist du? Das Geschrei, das
einsetzte, als er mit einer Frau erschien, in der ein Pfeil steckte,
trieb Patienten und Schwestern und auch Kristel in den Flur. Auch
wenn sie ihn nicht erkannte, ahnte sie, dass es Kristian war. »Was
ist passiert?«
»Das
siehst du doch.« Inzwischen kannte er sich in diesem Krankenhaus aus
und ging gefolgt von Kristel direkt ins Operationszimmer und legte
Riga auf den Tisch. »Du weißt, was sie ist«? fragte er.
»Ist
schwer zu übersehen, sie ist eine Römerin.«
»Falsch,
sie ist oder war bis vor Kurzem noch eine Sklavin. Schirme sie ab.
Sag Lena oder Jessika Bescheid, sie können als Dolmetscher
fungieren. Die Frau heißt Riga und hat eine Tochter, um die ich mich
jetzt kümmern muss.«
Elana
schrie auf, als er ohne ihre Mutter zurückkam. »Keine Angst, deine
Mutter lebt und wird versorgt. In ein paar Tagen werden wir sie
besuchen.«
Seite 97 Besuch bei Klara, der er geholfen hatte, ihre
Krankheit zu besiegen.
»Ja, kann ich machen, und was hast du vor?«
»Ich möchte für Klara ein paar Fotos ausdrucken.«
Als sie gegangen waren, gab er sich mühe, die richtigen Fotos
auszusuchen. Er rief bei ihr an und fragte, ob sie morgen Nachmittag
vorbeikommen dürften?
»Kristian darf meine Freundin auch kommen?«
»Du bist der Gastgeber, du bestimmst, wer kommt.«
»Danke, ich freue mich.« Draußen hörte er Aron bellen, sie kamen aus
dem Krankenhaus zurück. »Na, wie gefällt dir Riga«? fragte Kristian
Kurt. »Sie ist eine schöne Frau, blöd fand ich, dass ich mich nicht
direkt mit ihr unterhalten konnte.«
»Jessika hat doch bestimmt übersetzt?«
»Trotzdem. Ich würde gerne noch bleiben, aber ich muss heute noch
zurück. Sagt mir Bescheid, wann ich mich im Fernsehen bewundern
kann. Mein Schwert darf ich auch nicht vergessen.« Beim Abendessen
erzählte Kristian, dass sie morgen bei Klara eingeladen waren.
Der Briefbote brachte am nächsten Morgen mehr Post wie gewöhnlich.
Jede Menge Einladungen. »Wenn du willst, kannst du mit Jeanette die
Einladungen ruhig annehmen.«
»Du meinst das ernst?«
»Ja, warum nicht, schließlich habt ihr einiges erlebt. Ihr würdet
auf diese Weise die Welt kennenlernen. Man würde euch wie Stars
hofieren.«
»Du machst mir den Mund ganz schön wässerig, willst du uns
loswerden?«
»Nein, aber bis ich mein Geschäft angekurbelt habe, ist noch einiges
zu tun.« Nach dem Mittagessen kam Jeanette. Kristian ahnte, wie sie
sich entscheiden würde.
Jessika brauchte nicht viel Überredungskraft aufbringen, um Jeanette
von der Idee zu begeistern. »Denkt daran, sie wollen euch, ihr
bestimmt, wie es abläuft.«
Es war vierzehn Uhr, als sie nach Klara aufbrachen. Am Haus hatte
man mehrere Tische zusammengeschoben. Nicht nur eine Freundin hatte
Klara eingeladen, er zählte mindestens fünf. Auch Herr Melchior war
anwesend. »Hallo, hier ist ja einiges los.«
»Erinnerst du dich? Ich bin die Gastgeberin«, sagte Klara lachend.
Sie nahm ihn wie selbstverständlich an die Hand und stellte ihn
ihren Freundinnen vor. Diese betrachteten ihn mit Zurückhaltung.
»Ich beiß euch nicht«, sagte er lautlos zu ihnen. Das hätte er wohl
besser nicht sagen sollen, erschrocken sahen sie ihn an, zur
Auflockerung hatte es jedenfalls nicht beigetragen.
Klara rettete die Situation. »Was ist los mit euch, Kristian ist
mein Freund, ihr braucht vor ihm keine Angst zu haben.« Sie gingen
zu Herrn Melchior rüber. »Kristian, wie kann ich euch nur danken?«
»Wofür Dank, ich freue mich, wenn ich helfen konnte. Das ist Jessika
meine Freundin und Jeanette«, stellte er seine Frauen vor.
»Ihr Leben muss aufregend sein?«
»Ja, sie haben Recht, es kann aber auch recht gefährlich sein.«
Er wurde von Klara zur Stirnseite der Tafel bugsiert. Sie setzte
sich rechts neben ihn, dann folgte ihr Vater. Auf der linken Seite
saßen Jessika und Jeanette. Die Haushälterin goss Kaffee ein.
»Wir haben in der Zeitung von ihren Abenteuern im Römischen Reich
gelesen.«
»Ja, es war zeitweise recht aufregend. Klara, wie fandest du das
Mittelalter?«
»Ich kann es immer noch nicht fassen, manchmal denke ich, dass ich
alles nur geträumt habe.«
»Du glaubst das aber nicht wirklich?«
»Nein natürlich nicht, aber hättest du das glauben können, bevor dir
das alles passierte?«
»Du hast recht, für jemand dem das zum ersten Mal passiert, ist das
schwer zu verstehen.« Jessika und Jeanette grinsten und ließen sich
nicht davon abhalten, ein weiteres Stück Kuchen auf ihre Teller zu
legen.
»Was haben sie als Nächstes vor«? fragte Herr Melchior. »Ich muss
eine ehemalige Sklavin zu ihrer Tochter zurückbringen.«
»Was bedeutet das«? fragte Klara. »Riga, eine Sklavin, hat mir das
Leben gerettet, als sie einen Pfeil, der mir galt, mit ihrem Körper
aufgefangen hat, es ist wohl besser ich erzähl die Geschichte von
Anfang an.« Klara war begeistert und löcherte ihn mit Fragen.
»Kristian, was ist in dem braunen Kuvert?«
»Ach, das hätte ich fast vergessen.«
»Ist das für mich?«
»Ja, damit du nicht mehr denkst, du hättest alles nur geträumt.«
Hastig öffnete sie das Kuvert. Die Freundinnen waren aufgestanden
und standen jetzt hinter ihr. Klara genoss sichtlich die
Bewunderung.
»Klara, was ist«, beschwerte sich ihr Vater, »ich würde auch gerne
einen Blick auf die Bilder werfen.«
»Hier Vater, das ist der Fürst und seine Familie.« Die Mädchen
hatten sich wieder gesetzt, die Bilder gingen von Hand zu Hand.
»Klara, wir wollen uns verabschieden, hast du noch einen Wunsch?«
»Was meinst du?«
»Ein Wunsch ist ein Wunsch«, sagte Kristian, »du bist also wunschlos
glücklich, dann können wir ja gehen.«
»Halt, nicht so schnell, darauf war ich nicht vorbereitet«, beeilte
sie sich zu sagen. »Ich habe jetzt einen Wunsch, ich möchte einmal
meinen Fuß auf römischen Boden setzen.«
»Und was ist mit euch«? fragte er die Freundinnen. Diese schauten
erschrocken auf Klara.
»Ihr kommt alle mit«, bestimmte Klara. Es ging noch eine Weile hin
und her, bis alle zögernd zustimmten. »Und jetzt?« fragte Klara.
»Ihr haltet euch fest an die Hand.« Das hörte sich gefährlich an und
der Mut der Mädchen wurde auf die Probe gestellt. Ehe sie es sich
anders überlegen konnten, stand er hinter ihnen. Sie kamen im Wald
an. Vor ihnen das Kastell, Waffengeklirr um sie. Es wurde gekämpft.
Ihm fielen die Germanen ein. Ein Befehl erschallte, der Kampflärm
verstummte. Die Mädchen standen ängstlich zusammen. »Kristian«,
Rufus kam auf sie zu.
»Rufus, das sind«, er zögerte, »das sind meine Freundinnen, sie
wollten unbedingt echte Römer kennenlernen. Die Legionäre, die sich
um sie stellten, grinsten. Ob die Mädchen ihrer Unterhaltung folgen
konnten, war nicht zu erkennen. Der Kreis der Legionäre wurde enger.
»Klara, was meinst du, sind die echt?« Klara faste als erste Mut und
deutete auf ihre Hand, die noch die Hand einer Freundin hielt. Er
nickte. Daraufhin öffnete sie ihre Hand und musterte die Legionäre,
indem sie sich im Kreis drehte.
»Rufus, den Frauen passiert doch nichts?« Rufus schüttelte den Kopf
und gab seinen Männern zu verstehen, dass sie die Mädchen in Ruhe
lassen sollten. Klara hatte sich einen netten Legionär herausgesucht
und ging auf ihn zu. Seine Kameraden machten Platz. Klara ging um
ihn herum und begrapschte seine Rüstung, was die Legionäre zum
Lachen brachte. Klara blickte in ein freundliches Gesicht, was sie
dazu verleitete, mutig auf das Schwert des Legionärs zu deuten. Der
Mann reichte es ihr. Prüfend wog sie es in der Hand. Dann schwang
sie es und stach auf einen unsichtbaren Gegner ein. Die Legionäre
waren nicht mehr zu halten, lautes Gelächter schallte über den
Platz. Klara fand es auch lustig. Es war, als würde alle Anspannung
vergangener Wochen von ihr abfallen. Ehe sie sich versah, kamen vier
Legionäre angelaufen, einen Schild auf ihren Schultern. Kräftige
Hände hievten sie auf den Schild. Noch überrascht, gewöhnte sie sich
an den schaukelnden Gang der Männer, richtete sich auf ihre Knie
auf. Sie hielt sich mit einer Hand fest, schwang das Schwert und
schrie sich die Seele aus dem Leib. Dabei veränderte sich laufend
ihre Mimik. Kristian befürchtete schon, dass sie übergeschnappt sei.
»Klara, es reicht.« Er ging auf die Männer zu, die sich
niederknieten und half Klara von dem Schild herunter. Sie machte
einen erschöpften Eindruck. Sie lachte die Männer an und streckte
das Schwert in die Höhe, worauf die Männer es ihr nachmachten, ihre
Schwerter zogen und schauerliche Kampfschreie von sich gaben. Am
Kastell standen etliche Legionäre, der Tribun war darunter und
blickte in ihre Richtung.
»Kristian ich danke dir«, sagte Rufus. »Wofür?« »Schau dir meine
Männer an, sie haben schon lange keinen solchen Spaß mehr gehabt.«
»Rufus hast du einen Denar bei dir?« Er nickte. »Gibst du ihn ihr,
damit sie sich an diesen Moment erinnern kann, du bekommst ihn
später von mir zurück.«
Rufus ging auf Klara zu und reichte ihr den Denar. »Ich danke dir im
Namen meiner Männer, du hast ihnen viel Spaß bereitet.« Kristian
sah, dass Klara nicht alles verstanden hatte und übersetzte.
»Danke«, sagte sie, zog ihn zu sich herunter und hauchte ihm einen
Kuss auf die Wange.
Jetzt waren die Legionäre nicht mehr zu halten. Sie stürzten herbei
und legten etwas in Klaras ausgestreckte Hand. Klara schaute
Kristian an, dieser nickte. Darauf bekam jeder Soldat einen Kuss auf
die Wange gedrückt. Bald reichte die eine Hand nicht mehr aus, sie
musste ihre zweite Hand zu Hilfe nehmen. Sie standen jetzt in einen
engen Kreis, von Soldaten umgeben, diese hatten nur Augen für die
Mädchen, die in ihren kurzen Röckchen vor ihnen standen.
»Rufus, wir gehen wieder, damit ihr weiter kämpfen könnt.« »Lass
dich mal wieder sehen.« Er versprach es.
Seite 115
Sein
nächster Sprung führte ihn zu der Stelle, die er als Erste erreicht
hatte, als er das Tor in die Römerzeit geöffnet hatte. Der Platz lag
auf einer Anhöhe mit Blick auf das tiefer liegende Dorf von Godwin,
dem Germanen. Es war ein heiliger Ort hier oben. Kristian hatte
schon öfter Geschenke hier abgelegt. Die Sau sollte den Ort nicht
entweihen, deshalb band er sie außerhalb an und hinterlegte das
Mehl. Mit der Sau sprang er auf den Dorfplatz. Alles schien wie
immer zu sein, dreckige Kinder, ein paar Alte saßen vor ihre Hütten.
Die Sau erregte große Aufmerksamkeit und lockte die Bewohner aus
ihren Hütten. Alrun, Godwins Frau, kam als Erste aus ihrem Haus,
dann Godwin. »Kristian.«
»Hallo
Alrun, ich wollte meine Freunde besuchen, bin ich willkommen?«
»Was für
eine Frage.« Er drückte Alrun an sich. »Godwin, wie geht es euch?
Sind die Römer immer noch eine Plage? »Der Römer, der sich Marcus Calparius Bibulus nennt, lässt uns nicht in Ruhe.«
»Habt ihr
eure Abgaben nicht gezahlt?«
»Doch, er
sucht immer nach einem Grund für eine extra Steuer.«
»Weiß der
Tribun darüber Bescheid?«
»Ich
glaube nicht.«
»Dann
werde ich ihm einen Besuch abstatten müssen. Ihr habt doch bestimmt
Hunger, die Sau ist für euch.«
»Kristian,
du bist ein echter Freund.«
»Oben im
Heiligtum steht Mehl für euch, warte, warum sollt ihr euch damit
rumplagen, ich hole es herunter.« Gesagt, getan. Jetzt war die
Freude groß. Die Sau hatte ihren letzten Atemzug bereits getan,
Brennholz wurde aufgeschichtet, die Sau aufgespießt und über zwei
Astgabeln über das Feuer gehängt. Die Frauen kneteten Teig für das
Brot. »Komm Kristian, lass uns ins Haus gehen, das hier dauert noch
eine Weile.«
»Und
sonst, haben sich deine Leute beruhigt?«
»Ganz
beruhigen werden sie sich nie, der Hass schwelt im Untergrund bis
zum nächsten Ausbruch.«
Draußen
ertönte ein Horn.
»Die Römer
sind da«, erklärte Godwin. »Was wollen sie«? fragte Kristian.
»Wir
werden es gleich wissen.« Sie warteten, bis sie in Marschordnung auf
dem Dorfplatz ankamen. Voran, als Einziger auf einem Pferd, Marcus
Calparius Bibulus. Kristian zählte achtzehn Legionäre, ihre Schilde
gaben ihnen Deckung nach allen Seiten.
»Da sind
wir gerade zur rechten Zeit gekommen«, erklärte Bibulus. »Für die
Sau habt ihr keine Steuern entrichtet, die Sau gehört jetzt uns. Die
Frauen sollen uns Brot bringen, die Sau steht ja im Fett.« Godwin
betrat den Dorfplatz.
»Was wollt
ihr hier, die Steuern sind noch lange nicht fällig.«
»Wie ich
sehe, last ihr es euch gut gehen, ihr habt wohl gute Geschäfte
gemacht«, sagte Bibulus.
»Ich bin
euch keine Rechenschaft schuldig«, entgegnete Godwin, »ihr meint
wohl, der Stärkere hat immer Recht.« Nichts konnte Kristian mehr
zurückhalten, dieser feige Arsch ließ seinen Blutdruck
hochschnellen. Er betrat den Platz. »Ihr wollt euch doch wohl nicht
an meine Sau vergreifen, sie gehört mir, und ich habe nicht vor,
dafür Steuern zu entrichten.« Sein Blick fiel auf das Schwert von
Bibulus. Sein Erstes hatte er ihm im Zweikampf schon abgenommen,
wenn Bibulus gekonnt hätte, hätte er Kristian getötet, zu groß hielt
er die Schmach, dass er besiegt worden war. Kristian hätte das Recht
gehabt, ihn zu töten.
»Geht
euerer Wege.«
»Wer will
mich daran hindern, dass ich mir die Sau nehme?« »Ich, wer sonst,
habt ihr vergessen, wie ihr vor mir im Staub lagt.« Kristian wusste,
es bestand die Möglichkeit, dass Bibulus seine Soldaten auf ihn
hetzte, trotzdem musste er ihn reizen und bloßstellen. Sicher würde
er gerne die Gelegenheit wahrnehmen, seine Blamage zu tilgen.
»Auf was
seid ihr aus«? fragte Bibulus.
»Nun, wir
könnten es unter uns ausmachen, falls ihr euch traut? Wie ich sehe,
habt ihr ein neues Schwert, sicher hat es euch eine Menge gekostet,
ich würde es gerne neben das Andere von euch an meine Wand hängen.«
Godwin trat neben ihn. »Kristian, lass es sein, das ist die Sache
nicht wert.«
»Ich hasse
ihn genauso wie er mich, ich muss ihm nur noch ein wenig zusetzen,
dann ist er so weit. Suche mir einen stabilen Speer aus.
Legionäre
hört her, ihr wisst, dass euer Centurio eine feige Sau ist, der sich
gerne an Schwächere vergreift, er ist eine Memme, der eure Achtung
nicht verdient. Wir werden es unter uns austragen. Egal wie der
Kampf ausgeht, werdet ihr nicht mit leerem Magen den Rückweg
antreten müssen. Bibulus sprang von seinem Pferd und ging auf
Kristian zu.
»Bibulus,
ihr wollt doch vor so vielen Augen nicht einen wehrlosen Mann
erschlagen?« Godwin kam zurück, Kristian fing den Speer auf, den er
ihm zu warf.
»Schade um
euren Helm«,
stichelte Kristian, »er wird nachher nicht mehr ohne Beulen sein,
aber was sage ich da, er wird nachher sowieso mir gehören. Ebenso
eueren Brustpanzer. Wenn ihr gewinnt, esst ihr und verlasst das Dorf
ohne Schaden anzurichten?«
Bibulus
nickte. »Männer, ihr habt es gesehen.« Kristian wusste es nicht
genau, aber es schienen die gleichen Männer zu sein, die auch die
letzte Niederlage ihres Centurio miterlebt hatten. Sie würden sich
an die Abmachung halten. Bibulus zog sein Schwert. Kristian hielt
den Speer waagerecht in beide Hände. Er war darauf vorbereitet, dass
Bibulus auf ihn zuspringen, und versuchen würde, ihm sein Schwert in
die Brust zu rammen. Kristian fing seinen Vorstoß mit seinem
Speerschaft ab, hob damit die Spitze des Schwertes nach oben, mit
einer Drehbewegung schlug er den Schaft gegen Bibulus Helm. Es
schepperte laut. Bibulus schwankte, fing sich dann wieder. Es war
still, keiner wollte den Kampf stören. Bibulus täuschte einen Hieb
von oben vor, zog im letzten Augenblick sein Schwert zurück, um es
Kristian in die Brust zu stoßen. Dieser war auf alles gefasst,
sprang zur Seite und hieb den Schaft gegen Bibulus Knieschutz. Das
tat weh. Für einen kurzen Augenblick gewannen die Schmerzen die
Oberhand. Verbissen starrte er Kristian an. Er schien sein nächstes
Vorgehen abzuwägen. Aus der letzten Begegnung hatte er seine Lehren
gezogen, er kam nicht mehr so nah an Kristian heran. Dann täuschte
er einen Angriff vor. Er preschte wieder vor, Kristian konnte seinen
Hieb abschwächen, trotzdem erwischte er ihn am Unterarm. Sein
triumphierendes Gesicht ärgerte Kristian. Er spürte die Wunde kaum,
das Blut rauschte trotzdem in Strömen den Arm hinunter. Für Spiele
hatte Kristian jetzt keine Zeit mehr.
Bibulus
schien sich seines Sieges sicher, was Kristian ausnutzte. Es
schepperte, als er einen Schlag gegen Bibulus Helm ausführte, erst
rechts dann links. Benommen verlor Bibulus die Orientierung.
Eigentlich schade wegen der Beulen. Ein Schlag in die Kniekehle ließ
ihn zu Boden stürzen. Sein Schwert fiel in den Staub. Die
Gelegenheit nutzend, setzte Kristian ihm die Spitze seines Speeres
auf seinen Kehlkopf. Immer noch benommen blickte er zu Kristian
hoch.
»Du hast
verloren, dein Leben liegt in meiner Hand. Gibst du dich
geschlagen?« Die Augen von Bibulus sondierten die Lage rechts und
links von ihm. Er sah sein Schwert nicht weit von seiner Hand
liegen. »Denke nicht daran.« Kristian drückte die Speerspitze etwas
tiefer, Blut rann aus der Wunde. »Also, was ist, wähle Leben oder
Tod,« dabei schaute er besonders grimmig drein. Hoffentlich erkannte
er nicht, dass Kristian es nie fertigbringen würde, zuzustechen.
»Leben«,
sagte er gepresst. »Deine Rüstung gehört mir?« Zögernd nickte er.
Langsam nahm Kristian den Druck von der Speerspitze, immer damit
rechnend, dass Bibulus versuchen würde, noch mal das Blatt zu
wenden. Langsam stand er auf. Kristians Blick heftete sich auf
seinen Brustpanzer. Widerstrebend öffnete er die Schnallen, sodass
der Panzer zu Boden fiel. Dann folgten der Knieschutz und der Helm.
Zum Schluss fiel sein Gürtel mit der Schwertscheide in den Staub.
»Männer«,
wand Kristian sich an die Legionäre. »Ihr habt gesehen, dass es ein
fairer Kampf war, setzt euch ans Feuer, die Sau braucht noch etwas
Zeit. Die Frauen reichten Brot herum. Es war ein friedfertiges Bild,
das jederzeit zerstört werden konnte, wenn Bibulus den Befehl zum
Angriff geben würde. Kristian glaubte, Bibulus ahnte, dass seine
Männer dem Befehl nicht folgen würden. Hoffentlich. Langsam verloren
die Dorfbewohner ihre Scheu vor den Soldaten. »Hättest du gedacht,
dass es so etwas geben könnte«? fragte er Godwin.
»Nein, das
wird es auch nicht wieder geben.«
Es wurde
Zeit, dass er sich um seine Wunde kümmerte. Dem hängenden Arm
entlang, hatte sein Blut den Weg bis zu den Fingerspitzen gefunden.
Von hier aus tropfte es stetig zu Boden. Alrun hielt ihm ein Stück
Stoff entgegen. Steril war das nicht, zumindest würde es die Blutung
halbwegs stoppen.
Seite 127
»Im Hotel,
wo ich Edra traf.«
»Ja, ich
weiß, wo das ist, wann soll ich kommen?«
»Je eher
desto besser.«
»Susan,
sie sind vom FBI, ist es üblich, dass das FBI sich um so etwas
kümmert?«
»Nicht
unbedingt, ich war schon einmal hier, deshalb.«
»Also gut,
ich komme gegen Mittag zu ihnen ins Hotel.«
»Danke
Kristian.«
Großvater
stand in der Tür zur Küche. »Wer war das denn«? fragte er.
»Die
FBI-Frau, mit der ich in den USA war.«
»Und was
will sie?«
»Sie will
mich mitnehmen, weil sich einige bei Edra bedanken möchten.«
»Aber sie
wissen doch nicht, dass du Edra bist.«
»Ich soll
an seiner statt den Dank annehmen.«
»Und gehst
du?«
»Ja, gegen
Mittag.«
»Was soll
ich Jessika sagen, wenn sie anruft?«
»Sag ihr,
dass ich in Amerika bin.« Er ging nach oben. »Tanja, ich muss für
eine Weile fort, du kommst doch klar?« »Bleibst du lange?«
»Ich weiß
noch nicht, ich muss in die USA und werde abgeholt. Großvater kann
dir die Geschichte erzählen, auch wer Edra ist.«
»Du machst
mich neugierig.«
Er packte
seine Reisetasche und sagte Lena Bescheid.
»Sei
vorsichtig«, riet diese ihm.
»Ich passe
schon auf.« Kristian hatte sich einen Spaß für Susan ausgedacht. In
eine leere Filmdose steckte er Watte, auf der er zwei Tropfen von
dem Liebeselexier träufelte, das er von Eurone der Alienfrau
geschenkt bekommen hatte, und steckte es ein.
Um keine
Aufmerksamkeit zu erregen, bestellte er sich ein Taxi, das ihn zum
Hotel brachte. Susan schaute ihm aus dem Fenster entgegen. Ihren
Gedanken entnahm er, dass sie sich ihn anders vorgestellt hat. Er
ging ins Hotel auf ihren Fensterplatz zu. »Enttäuscht? Ich bin
Kristian.«
»Ja, nein,
wieso wussten sie, dass ich es bin?«
»Vergessen? Edra ist mein Freund.« Ihr Blick verweilte auf sein
Medaillon um seinen Hals. »Sie könnten damit nichts anfangen«, sagte
er. Erschrocken blickte sie ihn an.
»War das
so deutlich, ich hatte nur daran gedacht, wie viel Macht da um ihren
Hals hängt.«
»Macht,
nur für mich, und wie geht es jetzt weiter?«
»Draußen
steht ein Auto, das uns zum Flughafen bringt. Von dort aus fliegen
wir nach Washington.«
»Sicher
bequemer, aber nicht so schnell wie ihre letzte Reise.« Erstaunt
blickte sie ihn an.
»Edra hat
mir die Geschichte haarklein erzählt«, erklärte er. »Meine Rechnung
ist bezahlt, wir können dann gleich losfahren«, sagte Susan. Susans
Fahrer legte seine Tasche in den Kofferraum, sie fuhren los.
Es war
jetzt zwölf Uhr mittags, in den USA sechs Uhr früh. »Wie lange
werden wir unterwegs sein«? fragte er.
»Es werden
wohl sieben Stunden werden«, sagte Susan.
Sie kamen
um ein uhr am Flugplatz an. Der Fahrer ließ sie aussteigen, sie
nahmen ihre Taschen und gingen in die Halle. Sie warteten, bis der
Fahrer seinen Leihwagen zurückgegeben hatte und sich zu ihnen
gesellte. Beide zückten ihren Ausweis und sie durften ohne Kontrolle
durch einen Seitenausgang aufs Rollfeld. Ein Wagen fuhr vor und
brachte sie zu einem zweistrahligen Privatflugzeug.
»Sie
lassen es sich ja einiges kosten, um mich kennenzulernen.«
»Sie sind
uns einiges Wert«, erwiderte Susan. Im Flugzeug gab es keine
Sitzreihen, es war wie ein Salon eingerichtet. Der Fahrer verzog
sich ins Cockpit. »Ganz für uns alleine, ist das nicht alles ein
wenig übertrieben?«
»Daran
können sie erkennen, wie wichtig sie uns sind.« »Hoffentlich sind
sie nachher nicht enttäuscht.«
»Wie
meinen sie das«? fragte Susan. »Ganz einfach, dass ich ihre
Erwartungen vielleicht nicht erfüllen kann. Wieso haben sie nicht
versucht, Edra zu bitten, dass er statt meiner zu ihnen kommt«?
fragte er.
»Wir
wussten nicht, wie wir ihn erreichen konnten.«
»Sie
hätten mich nur fragen brauchen, ich kann ihn jederzeit erreichen.«
»Ich hatte
das nicht zu bestimmen,belassen wir es dabei.« Das Flugzeug nahm
Fahrt auf und hob ab.
»Wie
fanden sie Edra, war er ihnen unheimlich?«
»Nein,
eher unberechenbar.«
»Und was
ist mit mir?«
»Ich kenne
sie gerade erst, wie soll ich sie dann schon beurteilen?« Er löste
sich vor ihren Augen auf und wurde am anderen Ende der Kabine wieder
sichtbar, dann ging es auf dem gleichen Weg wieder zurück.
»Erschreckt sie das?«
»Ich weiß,
was sie können.«
»Wenn sie
sich da mal nicht täuschen. Ich habe ihnen ein Geschenk
mitgebracht.«
»Warum
mir?« »Weil ich gerne Geschenke verteile. Es ist ein Geschenk der
Alien. Sie müssen es nicht annehmen.«
»Was ist
Besonderes daran?« Sie sah die Filmdose auf seine Hand. »Trauen sie
sich die Dose zu öffnen und daran zu riechen?«
»Geben sie
schon her«. Entschlossen ergriff sie die Dose. »Aufmachen und dran
riechen«, schürte er ihre Unsicherheit. »Sie machen es aber
spannend«, sagte sie und öffnete die Dose. Enttäuscht sah sie auf
die Watte.
»Riechen«,
erinnerte er sie. Mutig hielt sie ihre Nase über die Watte und sog
den Duft ein.
»Noch
einmal.« Wieder roch sie daran, Kristian beobachtete ihr Gesicht.
Schnell schloss er die Dose und vermied ihren Duft einzuatmen.
»Was
fühlen sie?« Ihre Augen bekamen einen Glanz, sie benetzte ihre
Lippen.
»Was haben
sie mit mir gemacht, ich könnte sie«, sie stockte. »Ich weiß, ich
kenne die Wirkung. Sie wissen, dass die Alien Menschen untersuchen«?
fragte er.
»Ich habe
davon gehört.«
»Die Alien
machen damit ihre Opfer willenlos. Und sie, was fühlen sie?«
»Ich
könnte«, sie schaute in Richtung Cockpit.
»Sie
dürfen das Döschen behalten, sicher kennen sie jemand, an dem sie es
ausprobieren können.«
»Wie lange
hält die Wirkung an«? fragte sie zögernd. »Eine halbe Stunde.«
»Ich weiß
nicht, ob ich diese Zeit ohne Dummheiten zu machen, überstehe?«
»Wir
werden sehen,« sagte er.
»Sie
hätten mich warnen können.«
»Seien sie
ehrlich, sie hätten mir nicht geglaubt.«
»Ich bin
zu jeder Schandtat bereit«, sagte Susan. »Gibt es kein Gegenmittel?«
»Ich habe
jedenfalls keines.« Ihr Fahrer kam den Gang herunter und verschwand
in der Toilette. Als er zurückkam, blieb er bei Susan stehen. »Was
ist denn mit dir los«, fragte er, »hast du Fieber, deine Augen
glänzen so verführerisch?«
»Liebesfieber«, flüsterte sie lächelnd. Sie wollte aufstehen,
Kristian hielt sie zurück. Der Fahrer schüttelte seinen Kopf und
ging ins Cockpit zurück. »Ich weiß nicht, was ich mit ihm gemacht
hätte, wenn sie mich nicht zurückgehalten hätten«, flüsterte Susan.
»Legen sie
sich entspannt hin und machen sich schöne Gedanken, dann haben sie
wenigstens etwas davon«, schlug er vor.
»Sie haben
ihren Spaß, ich werde ihnen das nicht vergessen.« Er konnte ein
Grinsen nicht unterdrücken.
»Susan,
wenn sie ihren Leuten von dem Duft erzählen, sind sie ihn los.«
»Ich weis,
ich werde es für mich behalten.«
Seite 139
»Was
erwartet mich gleich?«
»Wie schon
gesagt, die Raumfahrtbesatzung und ihre Angehörigen, und dann noch
der Minister mit Anhang.«
»Und
sonst?«
»Ein paar
Leute, die sie näher kennenlernen wollen.«
»Wenn es
mehr nicht ist, dann brauche ich mir ja keine Gedanken machen.«
Susan lachte.
Dann war
es so weit, vor dem Hotel wartete bereits die Limousine. Die Fahrt
führte aus Washington hinaus. Sie fuhren auf ein Anwesen zu. Das Tor
wurde von zwei Männern bewacht. Sie ließen sie durch. Durch eine
Baumallee fuhren sie auf ein herrschaftliches Haus zu. Auf der
Terrasse war schon einiges los. Der Wagen hielt, sie stiegen aus.
Susan heftete ihm einen Ausweis an die Brust.
»Darf ich
mich alleine umsehen?«
»Wenn sie
es möchten?«
»Es muss
ja nicht jeder gleich wissen, wer ich bin.«
»Ja, dann
bis bald.« Kristian schlenderte um die Terrasse herum und sah, dass
eine Kamera aufgebaut war. Ein Mädchen saß abseits vom Rummel in
eine Hollywoodschaukel. Er erkannte sie, es war die Tochter der
Raumfahrerin, die er gerettet hatte. »So alleine, ich denke Edras
Freund soll kommen?« Erstaunt blickte sie ihn an.
»Ich
weiß«, sagte das Mädchen, »ich hätte lieber, wenn Edra selbst
gekommen wäre.«
»Du kennst
seinen Freund doch noch gar nicht, vielleicht ist er nett?«
»Kann
schon sein.« Er projizierte Edras Bild in ihr Gedächtnis. Sie wurde
blass.
»Ich
wollte dich nicht erschrecken«, sagte er.
»Edra ist
hier«, stieß sie hervor und schaute sich suchend um. »Wie kommst du
denn darauf?«
»Ich habe
ihn gerade gesehen.«
»Wenn du
das sagst.« Sie musterte ihn aufmerksam, »wer bist du überhaupt?«
»Edras
Freund.«
»Warum
sagst du das denn nicht sofort?«
»Du hast
mich nicht gefragt.«
»Das
stimmt.«
»Was
machen wir denn jetzt?«
»Lass uns
hierbleiben, da hinten ist so viel Betrieb. Das Bild eben in meinem
Kopf, hast du das gemacht?«
»Wenn du
das nicht weitererzählst?«
»Meine
Mutter sagt, so etwas kann nur Edra.«
Kristian
schaute sie an.
»Du hast
recht.«
»Aber«,
sie stockte, »aber dann musst du Edra sein?«
»Kannst du
das Geheimnis für dich behalten, es hängt sehr viel für mich davon
ab. Sollen die Anderen nur glauben ich sei nur Edras Freund. Kann
ich mich auf deine Verschwiegenheit verlassen, auch gegenüber deiner
Mutter?« »Wenn du es willst, es wird aber nicht leicht sein.« Er
nickte. »Ich habe mir einen Spaß ausgedacht, machst du mit?«
»Ja.«
»Also gut,
ich werde dir später mein Medaillon umhängen, die Leute werden
denken, dass damit meine Kraft auf dich übergeht. Du sagst dann
laut, was du machen möchtest, ich weiß dann Bescheid.«
»Und was
soll ich machen?«
»Du
könntest eine Schüssel oder Glas schweben lassen.«
»Ja, das
ist lustig.«
»Ich werde
jetzt gehen, man muss uns ja nicht zusammen sehen. Wie heißt du
überhaupt?«
»Ich heiße
Amy.«
»Gut Amy,
ich heiße Kristian.«
Kristian
schlenderte umher und nahm sich ein Glas Saft, noch schien keiner zu
wissen, wer er war. Ja, das stimmte nicht ganz, er sah, wie einzelne
Leute auf ihn deuteten. Jetzt war es kein Geheimnis mehr. Der
Minister lief ihm über den Weg. »Herr Minister, ich bin Edras
Freund.«
»Es ist
mir eine Ehre, richten sie Edra meine Grüße aus.« »Das mache ich
gerne.«
»Herr
Minister,« entschuldigte sich Susan, »ich muss Kristian den Anderen
vorstellen.« Sie führte ihn auf die Terrasse, wo die Leute darauf
warteten, Edras Freund kennen zulernen. Alles verstummte, als Susan
ihren Arm hob. »Ich möchte ihnen unseren Gast vorstellen, weswegen
wir alle hier sind. Das ist Kristian, der Freund von Edra, der
leider nicht kommen konnte.« Dann wurde er weitergereicht und Susan
stellte ihm die Leute vor, von denen er zumindest die
Raumfahrtbesatzung und den Minister nebst Tochter schon kannte. »Sie
müssen nachher ein paar Worte sagen«, raunte ihm Susan zu. »Aber
erst wenn ich etwas gegessen habe.« Er ging zum Buffet, packte sich
den Teller mit Geflügelsalat voll und zog sich damit auf die
Hollywoodschaukel zurück. Susan kam und setzte sich zu ihm.
»Sie
denken an heute Abend«? erinnerte er sie.
»Ja,
sicher, ich denke daran. Kommen sie, sie müssen zu den Leuten
reden.«
»Susan,
sie können mir glauben, wohlfühle ich mich nicht dabei, für
jemand anderen Lob zu empfangen.«
Er stellte den Teller ab.«
»Kommen
sie schon. Meine Damen und Herren, Kristian möchte ein paar Worte
sagen.« Alle Augen waren auf ihn gerichtet. »Ich will es kurz
machen, ich stehe hier als Vertreter für Edra, der leider nicht
kommen konnte. Ich weiß natürlich, was er geleistet hat. Wenn ich an
die Aktion im Weltraum denke, die Beteiligten waren sich nicht
sicher, ob der Transport ins Raumschiff ohne Helme und
Sauerstoffausgleich möglich sei. Dass es das war, haben sie dann ja
gesehen.« Die Besatzung schaute sich fragend an, sie waren sich
nicht sicher, woher er das so genau wissen konnte.
»Um es
kurz zu machen, mir steht es nicht zu, an Edras Stelle seinen Dank
anzunehmen. Ich habe einige Tricks von ihm gelernt, aber alles hat
er mir nicht beigebracht. Was es mit dem Medaillon auf sich hat,
wissen sie sicher. Wenn sie wollen, gebe ich kurz meine Kraft an
jemand von Ihnen ab, wer möchte sie ausprobieren?« Er schaute sich
um, Amy wartete schon gespannt auf ihren Auftritt.
»Wie wäre
es mit der jungen Dame dort?« Alle folgten seinem ausgestreckten
Arm. »Würdest du bitte zu mir kommen? Sag uns deinen Namen.«
»Ich heiße
Amy.«
»Also Amy,
ich werde dir meine Kraft überreichen.« Er nahm sein Medaillon und
hängte es Amy um.
»Jetzt sag
uns, was du dank der Elfenkraft machen möchtest?« Amy stand da wie
ein Zauberer, ihrer Kraft bewusst. Ihre Augen huschten umher. Den
Leuten war nicht wohl, befürchteten sie, doch in Mitleidenschaft
gezogen zu werden. »Ich werde das Glas meiner Mutter schweben
lassen.« Alle Augen starrten auf Amy. Hier und da sah er zweifelnde
Gesichter. Die Mutter hielt ihr Glas auf der offenen Hand. Amy hob
ihren Arm, das Glas schwebte nach oben. Damit hatte keiner
gerechnet. Amy beschrieb einen Kreis, das Glas folgte ihrer Bewegung
zurück auf die Hand der Mutter. Der Stille folgte der Applaus.
Kristian warf einen Blick auf einen Mann, der ihm noch nicht
vorgestellt wurde. Dieser stand mit starrem Blick entrückt da. Amy
warf Kristian einen verschwörerischen Blick zu. »Übertreib nicht«,
schickte er ihr zu.
»Ich werde
jetzt jemand schweben lassen, wer möchte schweben?« Betretenes
Schweigen. Einige gingen einen Schritt zurück. »Dann mache ich es
selber«. sagte sie. Langsam gewann sie an Höhe.
»Hab keine
Angst«, schickte er ihr rüber. Er ließ sie in einen Radius von ca.
zehn Metern kreisen. Die Köpfe der Leute drehten sich der Flugbahn
folgend. Amy hatte die Lage von Supermann angenommen, den rechten
Arm nach vorne gestreckt und schrie, »Supermann.«
Kristian richtete sie auf, langsam schwebte sie herunter. »Das war
gut«, sagte sie strahlend. Kristian griff zu seinem Medaillon und
hängte es sich um. »Schade, mir ist gerade eingefallen, was ich noch
machen könnte«,
sagte Amy.
»Du bist das erste Mädchen
außer Harry Potter, das schwerelos durch die Luft geflogen ist«,
sagte Kristian. Die Kamera hatte alles aufgenommen. Er glaubte
nicht, dass sie von einem Fernsehsender war. Da war jemand
neugierig, was er so machte und wie.
Seite 235
Am anderen
Morgen.
»Alexis
hast du alles beisammen?«
»Ich
glaube ja.«
»Hier ein
Abschiedsgeschenk, mach es erst bei dir zu Hause auf.«
»Danke
Kristian.« Dann ging sie zu Großvater. »Danke Großvater, dass ich
hier sein durfte.« Großvater war gerührt. Dann war Maria dran. Kurz
darauf fuhr Jeanette vor. Sie stellten sich zusammen und kamen in
der Station an. Lyra hatte sie entdeckt. »Kristian schön, dass ihr
euch auch mal wieder sehen lasst.« Jessika dabei grinsend
anschauend, legte sie ihren Arm um seinen Hals, zog ihn zu sich
herunter und gab ihm einen Kuss.
»Lyra, wie
wäre es, wenn du uns aufklärst, was hier los ist?« Heute waren mehr
Alien hier wie sonst. Dann spürte er die Anwesenheit von Cyro.
Dieser ging in der Menge der Alien unter, die sich lediglich in der
Größe unterschieden. »Lyra bringst du uns was zu trinken?« sie
setzten sich mit Blick auf die Alien an einen Tisch.
»Kristian
mein Freund.« Cyro löste sich aus der Menge der Alien und kam auf
sie zu. Ihre Handflächen trafen sich zum Gruß. »Cyro, was ist hier
los? So viele deiner Rasse habe ich hier noch nie auf einen Haufen
gesehen.« Aus Alexis Sicht standen sich beide gegenüber und starrten
sich wortlos an. Sie kannte die wortlose Kommunikation noch nicht.
»Ich grüße euch«, schickte Cyro seinen Gruß auch an die Frauen.
»Habt ihr das auch gehört«? fragte Alexis aufgeregt Jessika. »Ja,
haben wir«, sagte Jessika grinsend.
»Cyro,
willst du dich nicht zu uns setzen?«
»Deine
neue Frau hat Angst vor mir«, teilte er für alle hörbar mit.«
»Das musst
du verstehen, für sie ist es die erste Begegnung mit euch.«
»Du hast
gefragt, warum so viele von uns hier sind? Eine Besatzung war
verschollen, wir haben sie gemeinsam gesucht und ihren Gleiter nach
hier begleitet.« Lyra brachte die Getränke.
»Cyro darf
Lyra dir was bringen?« Er nickte. Lyra brachte das Getränk. Kristian
wusste, dass Alien nur sehr selten ein berauschendes Getränk zu sich
nahmen. Jetzt war es wohl eine Ausnahme. Sein Getränk befand sich in
einer Schnabeltasse, passend für seinen kleinen Mund. Er hielt sie
ihnen entgegen, sie ergriffen ihre Gläser und prosteten ihm zu.
»Du lässt
deine Frauen kämpfen?« Kristian hatte im Moment nicht daran gedacht,
also musste er es den Gedanken der Frauen entnommen haben.
Anscheinend beschäftigte die bevorstehende Reise ins Mittelalter die
Frauen mehr, wie er gedacht hatte. »Wir haben eine längere Reise ins
Mittelalter vor, es ist besser die Frauen können sich verteidigen.«
Er hatte die Frauen an ihre Unterhaltung teilhaben lassen.
»Möchtest
du, dass ich dir eine Waffe mitgebe«? fragte Cyro. »Nein danke, mit
dem was ich habe, komme ich schon klar.«
»Die
Frauen haben deine Kräfte nicht«, wand er ein. »Nein, deswegen
lernen sie sich zu verteidigen, zur Not bin ich auch noch da.«
Alexis starrte gebannt in Cyro’s dunkle Augen. Es war unmöglich zu
sehen, wohin diese blickten.
»Du reist
nach Hause und freust dich deine Eltern wiederzusehen«, fragte er.
Alexis nickte nur.
»Was wäre,
wenn den Frauen zu mehr Kraft und Ausdauer verholfen werden könnte«?
richtete er die Frage an Kristian. »Was meinst du?«
»Dein
Elfenfreund Hera könnte dir in dieser Sache behilflich sein.«
»Du meinst
Hera könnte die Frauen stärker machen?«
»Du sagst
es.«
»An was
denkst du, etwa an eine Rüstung?«
»Nein,
deine Frauen bekommen mehr Kraft und Ausdauer.«
»Wenn du
meinst, dass das so einfach ist, dann sollte ich Verbindung mit Hera
aufnehmen.« Dabei schaute er Lyra an. »Schon verstanden«, sagte
diese, »ich sage Hera, dass ihr hier seid.«
»Kristian,
ich gehe zu meinen Leuten, passt auf euch auf«, verabschiedete sich
Cyro.
Sie
brauchten nicht lange warten. Hera stand plötzlich da. Er musterte
sie, dann Alexis.
»Ich freue
mich, euch zu sehen. Dieses Gesicht habt ihr mir bisher
vorenthalten.« Kristian übersetzte für Alexis. »Warum seid ihr
hier«, fragte er dann auf Englisch. Kristian war sich sicher, dass
er wusste, weshalb sie nach ihm haben rufen lassen.
»Hera, wir
haben vor, eine längere Reise ins Mittelalter zu machen. Jessika und
Jeanette lernen, mit dem Stock zu kämpfen. Cyro sagt, du könntest
den Beiden zu mehr Kraft und Ausdauer verhelfen.«
»Ja, das
ist möglich. Ihr müsst deswegen noch mal wiederkommen.«
»Das
machen wir gerne.« Hera zog aus zwei Gläsern die Trinkhalme. Dann
griff er nach Jessikas rechten Arm und maß mit dem Trinkhalm den
Umfang des Handgelenks. Ebenso verfuhr er mit Jeanettes Handgelenk.
Als er ihre fragenden Blicke sah, grinste er.
»Kommt in
zwei Tagen zur gleichen Zeit wieder.«
»Das ist
alles, mehr willst du uns nicht sagen?«
»Nein,
kommt in zwei Tagen.« Dann verschwand er.
»Der macht
das aber geheimnisvoll,« meinte Jeanette.
»Hera ist
immer für eine Überraschung gut«, erklärte Kristian. Wir sollten
langsam aufbrechen.«
»Kristian,« bat Alexis und deutete mit ihrem Fotoapparat in Richtung
der Alien.
»Lass dich
nicht abhalten, mach ruhig deine Fotos.« Verstohlen drückte sie ein
paar Mal auf den Auslöser. Dann ging sie rückwärts in Richtung der
Alien und hielt Kristian ihren Fotoapparat hin. Er machte ein Foto.
Sie verabschiedeten sich von Lyra und gingen zum Gleiter. Schon bald
befanden sie im Luftraum der USA. Der Bordcomputer kannte die
Strecke und den Zielpunkt. Langsam kamen die Lichter der Stadt auf
sie zu.
»Heute
kein Empfang für uns?« Dann schrie Alexis auf.
»Ich sehe
etwas, ein Lichterkreis.« Dieses Mal war es mehr wie nur ein
Lichterkreis. Unzählige Lichter waren um ihn verteilt. Mit Kerzen
hatten sie über die Länge des Gartens eine Landebahn angedeutet.»Auf
meine Schulfreunde ist Verlass«, sagte Alexis stolz.
»Das sieht
mehr danach aus, als wäre deine ganze Schule erschienen«, meinte
Jessika. Die Lichter wurden größer, jetzt konnte man auf dem
Bildschirm auch Personen ausmachen. Bald verschwand der Lichterkreis
vom Bildschirm, sie setzten auf. Als die Rampe runter ging und
Alexis als Erste erschien, setzte ein ohrenbetäubendes Geschrei ein.
Wie ein Sieger hob Alexis ihre Arme. Anscheinend waren auch einige
Profis hier. Das Blitzlichtgewitter wollte kein Ende nehmen. Im
Hintergrund erkannte Kristian drei Fernsehkameras. Jetzt wurden auch
Scheinwerfer dazu geschaltet. Ihr Gleiter war in grelles Licht
getaucht. Sie folgten Alexis bis zum Ende der Rampe. Alexis hob
wieder beide Arme, der Lärm ebbte langsam ab.
»Ich
möchte euch meine Freunde vorstellen.« Sie nannte ihre Namen. Wieder
setzte Jubel ein. Alexis ging auf ihr Haus zu, sie folgten ihr,
nachdem die Rampe wieder hochgefahren war. In der Haustür standen
die Eltern. Beim Näherkommen erkannte Kristian, dass die Mutter
Tränen in den Augen hatte. Die Eltern gingen voraus, sie folgten
ihnen. Sie setzten sich auf das Sofa.
»Kind, du
glaubst nicht, was hier während deiner Abwesenheit los war. Die
Presse hat uns keine Ruhe gelassen. Aber wir hatten ja nicht viel zu
erzählen. Warte ab, bis sie wissen, dass du wieder da bist.«
»Ein paar
TV-Sender und Reporter haben anscheinend gewusst, dass wir kommen«,
sagte Kristian.
»Ja, das
stimmt, sie waren schon früh hier, weil sie nicht genau wussten,
wann ihr kommt. Alexis engen Freunden haben wir die Ankunft
mitgeteilt und sie gebeten, das nicht an die große Glocke zu hängen.
Sie haben sich wohl nicht daran gehalten.«
»Alexis,
du musst nach draußen gehen, deine Freunde wollen von dir was
hören«, schlug er vor. »Das mache ich gleich, ich will nur
nachsehen, was du mir geschenkt hast.« Sie suchte in ihre Tasche.
Alle warteten gespannt darauf, was in dem Päckchen war. »Eine CD«,
sagte Alexis erstaunt. »Lena hat dir ein paar Fotos darauf
abgespeichert, du bist ja meistens nicht dazu gekommen«, erklärte
er.
»Ja danke,
das stimmt.« Dann öffnete sie das Döschen, unter Watte zog sie den
Denar hervor. »Ein Denar.«
»Schau
weiter nach«, forderte er sie auf. »Ein Aureus«, rief sie erfreut.
»Kristian, ich danke dir.« Dieses Mal zierte sie sich nicht und
umarmte ihn. »So, du gehst jetzt nach draußen und erzählst deinen
Freunden etwas. Wir fliegen nach Hause.« Sie verabschiedeten sich
von ihren Eltern und folgten Alexis nach draußen. Der Jubel brandete
erneut auf. Alexis hob ihre Hand.
»Meine
Freunde werden nach Hause fliegen, ich werde euch dann von den Alien
erzählen, die ich heute kennengelernt habe.« Sie schlängelten sich
durch ihre Freunde zum Gleiter. »Alexis, wir bleiben in Verbindung,
bis dann.« Stürmisch umarmte Alexis sie nacheinander. Dann flogen
sie unter dem Geschrei der Leute empor und waren bald wieder auf der
Station angekommen.
Bei den Atlantern.
Buch
4 von 4
Bücher
Leseprobe
1
Leseprobe 2
Leseprobe 3
Leseprobe 5
Besuch bei den
Atlantern.
Er wachte
auf. Der Raum schien tiefschwarz verdunkelt zu sein. Seine Hände
tasteten sich vor. Ein Bett. Er war zugedeckt. Eine Hand griff in
seine. »Senis bist du es?« »Kristian, alles wird gut, es gab einen
Unfall.«
»Was für
einen Unfall? Ein Lichtstrahl hat mich getroffen, was ist
geschehen?«
»Du bist
in einen Versuch geraten.« Kristian fiel das Blinklicht ein, er
hatte die Warnung nicht verstanden.
»Bin ich
blind?«
»Ich
glaube nicht. Der Verband ist nur zu deinem Schutz, damit sich die
Augen erholen.«
»Senis,
was für ein Versuch war das?«
»Ich weis
es nicht, Ra sagt, es wird alles wieder gut.«
»Du
meinst, ich behalte keinen Schaden zurück?« Senis antwortete nicht.
Von der anderen Seite seines Betts suchte eine weitere Hand seine
andere Hand. »Kristian verzeihe mir, es war meine Schuld, ich hätte
dich nicht alleine lassen dürfen. Du konntest unsere Warnschilder
nicht lesen.«
»Rod, es
war alleine meine Schuld, ich hätte nur auf dich warten müssen, bei
uns gibt es auch Warnblinklampen. Wie lange werde ich hier liegen
müssen?«
»Nicht
lange, nur den Verband solltest du länger tragen.« Der Verband. Er
griff nach ihm. Nur die Augen waren bedeckt. »Rod kann es sein, dass
der Strahl durch mich, ich meine durch meinen Kopf gegangen ist?«
»Was
meinst du?«
»Ich habe
gespürt, dass der Strahl meine Stirn getroffen hat.« Seine Hand
tastete die Stirn ab. Sie war glatt, nichts deutete auf den Unfall
hin. »Wie lange liege ich hier schon?«
»Nicht
lange. Mein Vater wird dir alles erklären.« Kristian hörte, wie sich
eine Tür öffnete. »Mein Vater, wir kommen wieder.«
»Ra, es
tut mir leid, es war alleine meine Schuld, ich war zu neugierig. Was
wird jetzt aus mir?«
»Kristian,
wir haben versucht, das Geschehene abzumildern. Aber passiert ist
passiert. Was genau der Versuch bei dir ausgelöst hat, wissen wir
noch nicht. Der Strahl hat dich unkontrolliert getroffen. Du warst
ungewollt ein Testobjekt. Der Lichtstrahl, den du sicher noch
wahrgenommen hast, war auf Messgeräte ausgerichtet. Meine
Wissenschaftler würden sich freuen, da es nun schon passiert ist,
wenn du ihnen mitteilen würdest, was du gefühlt hast und noch fühlen
wirst.«
»Der
Lichtstrahl hat mich voll getroffen und geblendet, es fühlte sich an,
als wenn ein Geschoss meine Stirn durchschlagen hätte. Aber das kann
wohl nicht sein, meine Stirn ist unverletzt.« Er empfing von Ra keine
Regung, die ihm den Ernst der Lage hätte mitteilen können. »Kristian,
ich kann dir versichern, dass du in keine lebensbedrohende Lage geraten
bist. Kristian war sich sicher, dass er das jetzt noch gar nicht wissen
konnte, er wollte ihn nur beruhigen. »Ra sagst du mir, was der Sinn des
Versuchs war?« Ra sagte nichts und er dachte schon, dass er das Zimmer
verlassen hatte. »Kristian, wir arbeiten an einer
Bewusstseinserweiterung.«
»Was genau ist
das?« »Weist du, was das dritte Auge ist?«
»Ja, das
dritte Auge befindet sich hinter der Stirn zwischen den Augenbrauen und
wird mit Intuition und spiritueller Einsicht in Zusammenhang gebracht.
Man sieht in ihm eine Art Wahrnehmungsorgan für das Übersinnliche und es
soll der Sitz paranormaler Fähigkeiten sein«, erklärte er.
»Du scheinst
dich mit dem Thema schon beschäftigt zu haben«? stellte Ra fest.
»Durch die Anatomie in der Medizin ist festgestellt worden, dass die
vordere Hälfte der Zirbeldrüse die vollständige organische Struktur
eines menschlichen Auges besitzt. Weil sie innerhalb des Schädels
ist, wurde sie für ein degeneriertes Auge gehalten. Ob es ein
degeneriertes Auge ist, darüber sind wir uns noch nicht einig. Aber
immerhin hat die Medizin bereits erkannt, dass es an dieser Stelle
mitten im Kopf des Menschen ein Auge gibt. Der Kanal, den du in
deiner Meditation öffnest, und der von dem Strahl getroffen wurde,
führt geradewegs zu dieser Stelle. Daneben wird der Begriff des
dritten Auges schon bei vielen Völkern auf deiner Welt, für Menschen
verwendet, denen die Fähigkeit zugeschrieben wird, Visionen zu
erfahren, und wird mit Wahrsagerei in Verbindung gebracht. Du
könntest dich mit jemand in einer unbeschreiblichen Entfernung in
Verbindung setzen.«
»Das kann ich schon.«
»Was meinst du?«
»Wenn ich in Not war, habe ich meinen Freund Cyro gerufen, er
wusste, wo er mich finden konnte.«
»Wie hat er das gemacht?«
»Weis ich nicht, sie haben mir etwas eingepflanzt.« »Interessant, so,
du brauchst noch Ruhe, ich werde die Beiden vor der Tür wegschicken.
Ich komme dich wieder besuchen.« Kristian war klar, dass sie sich
die Gelegenheit nicht entgehen lassen wollten, ihr unfreiwilliges
Testobjekt zu beobachten. Es war ihm auch nicht klar, ob ihr
ursprünglicher Versuch auch wirklich der Zirbeldrüse galt oder einen
anderen Hintergrund hatte. Ra hatte ihm sicher nicht alles gesagt.
Wenn er wenigstens schon mal die Augenbinde los wäre. Er fühlte sich
nicht krank, oder? Zumindest bis auf ein leichtes Ziehen auf seiner
Stirn. Er konzentrierte sich darauf. Das Ziehen wurde stärker und er
sah einen silbrigen Punkt, er schlief ein. Jessika? Er war sich
nicht sicher, ob er träumte. Großvater und Maria, sie saßen am
Küchentisch. Plötzlich schaute Jessika hoch und lauschte. »Kind was
ist los«? fragte Großvater. Jessika winkte ab.
»Jessika, ich bin es.«
»Kristian, wo bist du?«
»Ich bin noch bei meinen Freunden.«
»Aber das kann doch nicht sein, das ist doch sicherlich sehr weit?«
»Kann Großvater mich hören?«
»Nein.«
»Kristian, wann kommst du zurück?«
»Das kann noch ein paar Tage dauern, kannst du mich sehen?« »Nein es
ist dunkel.«
»Ich kann euch sehen, sage Lena, sie soll meine Rückkehr
vorbereiten. Das Raumschiff ist riesengroß, nicht dass man mit
Raketen auf uns schießt. Das Rätsel, wer die Pyramiden gebaut hat,
ist gelöst. Die Vorfahren meiner Freunde haben es mit ihrer Technik
ermöglicht. Ich werde mich wieder melden.«
Er spürte eine Hand auf seine Schulter. Hatte er geträumt?
»Kristian, du musst etwas essen.« Es war Senis.
----------
Also, das eigentliche Herschervolk nenn ich die Schatten. Ihr Körper
wird schattenhaft dargestellt. Ihn ganz normal zu zeigen, würde sie
zu viel Kraft kosten. Nur für kurze Zeit ist es ihnen möglich. Dann
sehen sie aus wie normale Menschen. Lache jetzt nicht, ich weis es
klingt unglaubwürdig, sie sagen, ihre Vorfahren kommen von der
Erde.« »Kristian du hast recht, aber trotzdem, das wäre der Hammer.«
»Das ist noch nicht alles, sie kommen aus Atlantis.« Lena schwieg.
»Bist du noch da?«
»Kristian bist du dir sicher?«
»Ja, Atlantis ist nicht versunken, wie man glaubt, im Laufe der Zeit
haben Katastrophen sie dezimiert, aber ihr Land selber ist
jedenfalls nicht versunken.«
»Kristian weist du, was diese Meldung wert ist?«
»Ich kann es mir denken.
Das eigentliche Volk hier sind normale Menschen. Normal ist nicht
richtig. Sie haben keine Sprache mehr. Alles läuft gedanklich ab. Es
gibt zwei Klassen von Menschen. Die höhergestellten haben eine
Funktion im Beirat. Ich möchte, dass mindestens ein Schatten und
zwei Menschen bei der Begrüßung dabei sind. Lass eine Tribüne
aufbauen. Ich werde einen Film vorführen, der die Rätsel um den
Pyramidenbau löst und ich werde dir rechtzeitig mitteilen, wann ich
komme. Vermutlich so in drei bis vier Tagen. Ach noch was, zwei
Wissenschaftler, ein Mann und eine Frau dürfen ihren Planeten
besuchen. Aber noch nicht sofort. Ich muss jetzt Schluss machen.
Grüße an Jessika und Jeanette.« Er öffnete die Augen. Zwei
Wissenschaftler standen vor ihm, als erwarteten sie eine Erklärung.
»Ich hatte eine Verbindung mit der Erde«, erklärte er.
Seite 83
Besuch bei den Elfen
Kristian, deine Fähigkeiten haben zugenommen, was kannst du noch?«
»Reicht dir das nicht?« »Nicht, wenn du noch mehr kannst.«
»Also gut, ich versuche es.« Er schaltete den Bildschirm von seinem
Würfel ein,
schloss seine Augen, und konzentrierte sich. Ein paar störende
Einblicke, die als Rauschen auf den Bildschirm übertragen wurden. Es
war nicht leicht, alles um sich zu vergessen. Dann sah er sie,
Eurone. Er öffnete seine Augen, damit Eurone durch sie sah. Es wäre
sicher interessant zu sehen gewesen, wie die Anderen hier im Raum
darauf reagierten. Er durfte sich nicht ablenken lassen. Eurone sah
man an, dass sie erschrocken war und nicht wusste, was los war.
»Wer ist da, wer spielt mit mir?«
»Eurone, ich bin es, Kristian.«
»Kristian wo bist du?«
»Ich bin bei euren Freunden, du weist sicher von dem Treffen hier?«
»Ja, das weis ich, aber wo bist du jetzt?« Er ließ seinen Blick in
die Runde fahren. »Siehst du, wer bei mir ist?«
»Ja, ich sehe es, aber wie ist das möglich?«
»Du weist, wo ich war, sie können das. Und sonst geht es dir gut«?
fragte er.
»Eurone, du bist schwanger«, entfuhr es Jessika. »Ja, Jessika, ich
bekomme ein Kind.«
»Wenn es so weit ist, kommen wir dich besuchen.«
»Eurone, Grüße an Lana, bis bald.« Der Bildschirm erlosch. »Wenn ich
das nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, ich würde es nicht
glauben«, schwärmte Hera. Auch Shie hatte sich noch nicht gefangen.
»Meinst du, ich könnte das auch«? fragte Hera und deutete auf das
Übertragungsgerät.
»Ich glaube nicht, das ist nur was für, du weist schon.« Das Grinsen
der Frauen gefiel Hera nicht. Kristian sah, dass er das Gerät
anstarrte. »Hera gib auf, das schaffst du nicht.«
»Ich brauche nur etwas Zeit.«
»Die kann ich dir nicht geben, ich nehme das Gerät gleich wieder
mit, sonst nimmst du es auseinander.« Er stand auf.
»Shie, wir wollen deinen Mann nicht stören, richte ihm unsere Grüße
aus.«
»Mache ich, und kommt mal wieder vorbei.« Sie standen zusammen und
sahen noch, wie Hera die Hand zum Gruß hob. Dann waren sie zuhause.
Seite 85
Sie ritten auf einen Reitweg, der in einem Bogen an der Burgruine
vorbei führte, und waren eine halbe Stunde unterwegs, als sie die
Ruine sahen. Es war Sonntag, dementsprechend war die Besucherzahl.
Seit der Geschichte mit dem Tor war sowieso hier mehr Betrieb. Eine
Würstchenbude hätte hier sicher ein gutes Geschäft gemacht. »Hast du
das gesehen«, fragte Jessika, dort ist ein Kamerateam.« Sie hatte
recht. Zwei Leute versuchten verzweifelt, der Kamera eine freie
Sicht zu verschaffen, was aber nicht von Dauer war, da die Besucher
kreuz und quer herumliefen. Sie waren stehen geblieben und schauten
ihrem Treiben lachend zu. Lachen mussten sie auch, als sie sahen,
wie ein Mann versuchte, mit Beschwörungsformeln das Tor sichtbar zu
machen. Als sie näher kamen, erkannten sie, dass es ein japanisches
Kamerateam war. Eine kleine Frau stampfte mit ihren Füßen vor
Verzweiflung auf den Boden. Noch wütender wurde sie, als sie sah,
dass Kristian und Jessika darüber lachten. »Können wir behilflich
sein«? fragte Kristian. Sie schaute zu ihm hoch.
»Die Leute laufen immer ins Bild.«
»Sie haben sich den falschen Tag ausgesucht, kommen sie an einem
Werktag vorbei.«
»Das geht nicht, wir müssen heute noch abreisen.«
»Was gibt es denn so Wichtiges hier?«
»Hier soll es ein Tor in eine andere Welt geben.«
»Und sie warten darauf, dass es sich von selber öffnet?« »Nein, wir
wollen nur sehen, wo alles angefangen hat. Aber die Leute dort,
wollen mich nicht verstehen.«
»Darf ich ihnen helfen?«
»Bitte,« sagte sie und machte eine Handbewegung zu den Besuchern.
»Holen sie ihren Kameramann her.« Sie blickte ihn nur verständnislos
an. Jessika hatte ihren Spaß daran. Kristian blickte den Kameramann
an und gab ihm zu verstehen, dass er kommen sollte. Dann stieg er
vom Pferd und reichte Jessika die Zügel. Der Mann richtete seinen
fragenden Blick auf die Frau. Kristian stellte sich zwischen sie und
berührte sie. Er hatte einen Platz vor der Mauer gewählt, sodass man
die Vorburg gut sah. Die beiden waren zu verwirrt, als dass sie
daran dachten, die Kamera laufen zu lassen. »
Was ist
passiert«? stammelte die Frau, »wo sind wir hier?«
»Sie sind durch das Tor gegangen, lassen sie die Kamera laufen.« Die
Frau sagte etwas zu dem Kameramann, dieser schaltete seine Kamera
ein.
»Wie ist das möglich, ich habe kein Tor gesehen?«
»Ich habe einen Schlüssel«, erklärte er. Sie war zu verwirrt, um die
Zusammenhänge zu verstehen. Nach einer Weile sprang er mit ihnen in
die Vorburg. Da er sie festhielt, waren sie für die Burgbewohner
nicht zu sehen.
»Hier sind wir in der Vorburg«, erklärte er. Die Kamera war auf die
Bewohner gerichtet, die ihrem Tagwerk nachgingen. Kristian brachte
sie zurück. Hier herrschte einige Aufregung. Die Japaner sprachen in
ihre Muttersprache, einige Besucher hatten sich wegen der Unruhe
hier eingefunden und verstanden nicht den Grund der Unruhe. Dann
schwenkte ein Japaner ein Bild von ihnen herum und deutete auf
Kristian. Jetzt gab es Zeit, zu verschwinden.
Seite 128 Urlaub auf den Malediven
In Strandnähe beobachteten Jessika und Jeanette durch ihre Brillen
den Sandboden und schrien auf, als er plötzlich unter ihnen
auftauchte. Als sie die Mantas sahen, flüchteten sie an den Strand.
Seine Lungen leerend, folgte er ihnen. »Sind die dir etwas gefolgt«?
fragte Jessika.
»Ja, sie haben mir Begleitschutz gegeben, du weist schon, die vielen
Haie und so.«
»Du nimmst mich auf den Arm. Wieso folgen sie dir?«
»Weis ich nicht, vielleicht haben sie gemerkt, dass ich anders bin.«
»So wird es wohl sein.«
»Hallo«, Bianka kam und sah die nackten Busen. Sie hatte heute einen
zweiteiligen Badeanzug an. Ohne Scheu befreite sie sich von ihrem
Oberteil und ging ins Wasser. »Hatte ich immer schon vor, habe mich
nur nicht getraut. Ist ein gutes Gefühl, habt ihr was dagegen, wenn
ich meine Hose auch ausziehe?«
»Lass dich nicht aufhalten«, sagte Kristian grinsend. Schon lagen
ihre Teile am Strand. Er sah zu Jessika rüber.
»Das gefällt dir«, stellte sie fest. »Ihr solltet das auch mal
ausprobieren«, sagte Bianca, »das ist ein unbeschreibliches Gefühl.«
Sie schwamm hinaus, ab und zu tauchte ihr weißes Hinterteil aus dem
Wasser hervor, worüber sich Jeanette und Jessika amüsierten. »Ihr
solltet es wenigstens mal probieren«, machte er ihnen Mut. »Aber
nur, wenn du unsere Sachen entgegen nimmst.« Sie zogen sich unter
Wasser aus und warfen ihm ihre Höschen zu. Er legte sich in den
Sand, vor ihm die Häuflein Kleidungsstücke. Die Gäste, die am Strand
vorbei gingen, bekamen schnell den Sinn der verstreuten
Kleidungsstücke mit. Es sprach sich schnell herum. Ein erstes
Pärchen kam und fragte, ob sie was dagegen hätten, wenn sie auch
nackt baden würden. Es dauerte wirklich nicht lange, da lagen
mehrere Häuflein Kleidung im Sand. Als die erste Scheu überwunden
war, saßen und lagen die Nackten am Strand. Neugierige gingen
vorbei, trauten sich aber nicht. Auf jeden Fall sorgten sie dafür,
dass es sich herumsprach. Als es Zeit wurde, sich zum Mittagessen
fertigzumachen, trauten sich auch seine Frauen aus dem Wasser und
gingen mit mehr oder wenig Scheu zu ihren Sachen. »Das ist
fantastisch«, schwärmten sie.
»Ihr seid mir was schuldig«, sagte er.
»Was sollen wir dir schuldig sein?«
»Ein neues Körpergefühl.«
Anscheinend hatte man wieder einen Grund gefunden, über sie zu
reden. Die Köpfe der Gäste berührten sich fast, als sie das
Restaurant betraten. »Ich glaube, euer Strand ist zum
Nacktbadestrand erkoren worden«, sagte Bianca.
»Das ist gut,« sagte Kristian, »dann bleibe ich den ganzen Tag im
Liegestuhl sitzen.«
»Hauptsache deine lüsternen Gedanken verraten dich nicht«, meine
Jeanette. »Ich werde nachher erst ein Mittagsschläfchen halten,
sagte Kristian.«
»Ich weis auch schon wo«, lachte Jessika. »Wenn ich sage schlafen,
dann sind meine Augen zu.«
»Hauptsache, sie bleiben es auch.«
»Ihr gönnt mir auch nichts.« Wieder zurück, zogen sie ihre
Badesachen an. Die Frauen ließen ihr Oberteil im Bungalow zurück. Er
wollte wirklich nur schlafen und war schon halb eingeschlafen, als
das Bild von Senis der Atlanterin,und ihrem schönen Körper vor seinen Augen
auftauchte. »Kristian?« Erschrocken fuhr er hoch und öffnete seine
Augen. Keiner schien ihn angesprochen zu haben. Er schloss die Augen
wieder. »Kristian«, wieder erschrak er und erkannte, dass es eine
Kontaktaufnahme war.
»Wer ist da?«
»Hier ist Senis, du hast mich kontaktiert?«
»Senis, das habe ich nicht bewusst gemacht, ich habe von dir
geträumt.«
»War der Traum wenigstens schön?«
»Träume von dir sind immer schön.«
»Was machst du gerade«? fragte sie. »Warte ich zeige es dir.« Er
öffnete seine Augen. Während seiner Träume, hatten sich einige Nackte
eingefunden. Sie lagen auf ihren Handtüchern und sonnten sich. »Ich
dachte, bei euch zeigt man sich nicht nackt?«
»Es gibt Ausnahmen, so wie hier jetzt.« Bianca, die gesehen hatte,
dass seine Augen geöffnet waren, kam auf ihn zu. »Und wer ist diese
schöne Frau?« Bianka war nackt.
»Wir haben sie hier kennengelernt.«
»Sie gefällt dir?«
»Ja, das könnte man sagen.« Bianca wollte was sagen. Seine erhobene
Hand brachte sie davon ab. Er stand auf und setzte sich zu ihr in
den Sand und gab Bianca zu verstehen, dass sie sich neben ihn setzen
sollte. Sie tat es mit schüttelndem Kopf. Er rutschte gegen ihren
Rücken, ihre Köpfe berührten sich. Bianka zweifelte an seinen
Verstand. »Jemand nimmt an unsere Unterhaltung teil«, stellte Senis
fest.
»Ja, es ist Bianca.«
»Hallo Bianca, ich bin Senis.«
»Hallo, ich träume dieses doch nicht, oder?«
»Nein, wir sind jetzt miteinander verbunden.«
»Du sagtest Senis, wie kann das sein, du sollst ziemlich weit weg
wohnen?«
»Ja, das ist richtig, Kristian sagt, dass er dich mag.« »Senis, das
war nur für dich bestimmt. Was tut sich sonst bei euch?« Die
Versuchsreihe mit mir ist abgeschlossen.«
»Was macht Zitrin?«
»Du kennst sie ja, sie bleibt, was sie ist.« Inzwischen war Jessika
auf ihr seltsames Verhalten aufmerksam geworden. Ehe sie was sagen
konnte, machte er das Zeichen, als wenn er telefoniere. Sie formte
das Wort Senis mit ihren Lippen. Er nickte. Jessika hatte sich in
ihrer ganzen Pracht vor ihn aufgebaut. »Jessika ist eine schöne
Frau«, sagte Senis. »Ja, das weis ich, Senis bis bald.« Er stand so
plötzlich auf, dass Bianca ihren Halt verlor und in den Sand fiel.
»Mann«, schwärmte Bianka, »wie habt ihr beide denn das gemacht? Ich
glaube nicht, dass ich das verstehe, hast du öfter mit ihr Kontakt?«
»Nein, eigentlich nicht, ich hatte angenommen, dass ich von ihr
geträumt hatte, plötzlich war sie da.«
»Ja, das sagt er immer«, meinte Jessika.
»Was wollte sie?«
»Nichts, ich habe unbewusst Kontakt zu ihr aufgenommen. Jessika
drehe dich mal um, dein Hinterteil ist ja ganz rot.« »Ja, kann schon
sein.« Er hatte wohl länger geschlafen und sicher einiges verpasst,
denn hier war einiges los. Er holte seine Brille und Flossen und
stampfte ins Wasser. Das Wasser schlug über seinen Kopf zusammen, er
war wieder ein Fisch. Dieses Mal wählte er die andere Richtung und
ging in die Tiefe. Ab und zu sah er Taucher über sich, er glaubte,
dass sie ihn auch sahen. Ein Rochen, nein es waren schon fünf, sie
wollten in die gleiche Richtung. Er fühlte sich unbeobachtet, die
Rochen waren über ihm. Als er auftauchte, erkannte er, dass er die
Insel zur Hälfte umrundet hatte. Beim Abtauchen verdunkelte sich das
Wasser über ihn. Ein Blick nach oben, oh je, diese Rochen waren
ausgewachsen. Was soll's, bis jetzt hatte er noch keine schlechten
Erfahrungen gemacht. Ab und zu sah er über sich, dass die
Wasseroberfläche von den Sonnenstrahlen durchbrochen wurde und Licht
durch die Lücken der Mantas hindurch schoss. Da keine Taucher in
seine Nähe waren, mussten es seine Begleiter sein.
Er war in der Nähe des Hausriffs und strebte nach oben. Das war
nicht so einfach, er musste warten, bis die Mantas ihm Platz
machten. Einige Taucher hatten sich auf dem Riff in Sicherheit
gebracht. Warum waren sie denn so ängstlich? Er tauchte wieder ab in
Richtung Bungalow. Den Tauchern am Riff war das sicher recht. Er
spürte die Anstrengung in seinen Beinen. Wo war der große Manta? Er
sah ihn über sich. Er arbeitete sich nach oben. Dann war er unter
ihm. Eine Weile schwammen sie so dahin. Er streichelte seinen
Rücken. Der Manta schien nichts dagegen zu haben. Als sich ihre
Körper berührten, griff er zu. Schon ging es ab. Er wollte mit
Kristian aufs offene Meer hinaus. Durch Gewichtsverlagerung brachte
er ihn dazu, in der Nähe der Insel zu bleiben. Plötzlich sah er über
sich viele strampelnde Beine. Die leuchtenden Pos sagten ihm, dass
er an ihrem Strandabschnitt angekommen war, er schoss nach oben und
schwamm zum Strand.
»Musst du sie alle hierher bringen«, maulte Jessika.
»Ich kann es ihnen schlecht verbieten, sie verschwinden schon
wieder«, beruhigte er sie. Die Nackten hatten sich an den Strand
geflüchtet. »Kristian warte«, Bianca kam auf ihn zugeschwommen.
»Nimmst du mich mit raus.«
»Müsst ihr alle so nackt herumlaufen, ich bin auch nur ein Mann.«
»Komm, reg dich ab, nimm mich huckepack.«
»Geht das nicht ein wenig zu weit?«
»Was meinst du?«
»Du nackt auf meinen Rücken?«
»Stell dich nicht so an.«
Bianca wusste nicht, wie seine Tauchtechnik funktionierte. Deshalb
musste er aufpassen. Während er noch Wasser schluckte, spürte er ihren
Körper auf seine Haut. Seine Gedanken wurden plötzlich in andere
Bahnen gelenkt. Die Anwesenheit der Mantas brachte ihn in die
Wirklichkeit zurück. Sie schubsten ihn, er folgte ihnen aufs offene
Meer. Bianca schien es zu gefallen, sie winkte den Zurückgebliebenen
zu. Er kehrte um. »Ich muss noch mal zurück«, sagte er und löste
sich von ihr. Bianca grinste. »Ist das meinetwegen?«
»Ja, meinst du das lässt mich alles kalt.« Er tauchte unter. Ein
Stück vom Strand entfernt ging er an Land, streckte sich lang aus
und schloss die Augen. »Na, wieder abgekühlt?« Die Sonne blendete
ihn, er erkannte Jessika.
»Ich kann so viel Nacktheit nicht verkraften«, sagte er.
Den Rest des Nachmittags lag er mal im Liegestuhl oder im Sand,
damit sein Rücken etwas Farbe abbekam. Der Nacktbadestrand hatte
sich zu beiden Seiten ausgebreitet. Als es Zeit für das Abendessen
war, leerte sich der Strand und sie zogen sich auch um. Kristian
fand die Atmosphäre im Restaurant viel entspannter wie sonst, man
schien sich an sie gewöhnt zuhaben. Sicher war das mit den Rochen
noch ein Problem und wurde nicht verstanden. Er verstand es ja
selber nicht und hatte die Hoffnung, dass sie von einer
Reporterschwemme verschont blieben.
In Strandnähe beobachteten Jessika und Jeanette durch ihre Brillen
den Sandboden und schrien auf, als er plötzlich unter ihnen
auftauchte. Als sie die Mantas sahen, flüchteten sie an den Strand.
Seine Lungen leerend, folgte er ihnen. »Sind die dir etwas gefolgt«?
fragte Jessika.
»Ja, sie haben mir Begleitschutz gegeben, du weist schon, die vielen
Haie und so.«
»Du nimmst mich auf den Arm. Wieso folgen sie dir?«
»Weis ich nicht, vielleicht haben sie gemerkt, dass ich anders bin.«
»So wird es wohl sein.«
»Hallo«, Bianka kam und sah die nackten Busen. Sie hatte heute einen
zweiteiligen Badeanzug an. Ohne Scheu befreite sie sich von ihrem
Oberteil und ging ins Wasser. »Hatte ich immer schon vor, habe mich
nur nicht getraut. Ist ein gutes Gefühl, habt ihr was dagegen, wenn
ich meine Hose auch ausziehe?«
»Lass dich nicht aufhalten«, sagte Kristian grinsend. Schon lagen
ihre Teile am Strand. Er sah zu Jessika rüber.
»Das gefällt dir«, stellte sie fest. »Ihr solltet das auch mal
ausprobieren«, sagte Bianca, »das ist ein unbeschreibliches Gefühl.«
Sie schwamm hinaus, ab und zu tauchte ihr weißes Hinterteil aus dem
Wasser hervor, worüber sich Jeanette und Jessika amüsierten. »Ihr
solltet es wenigstens mal probieren«, machte er ihnen Mut. »Aber
nur, wenn du unsere Sachen entgegen nimmst.« Sie zogen sich unter
Wasser aus und warfen ihm ihre Höschen zu. Er legte sich in den
Sand, vor ihm die Häuflein Kleidungsstücke. Die Gäste, die am Strand
vorbei gingen, bekamen schnell den Sinn der verstreuten
Kleidungsstücke mit. Es sprach sich schnell herum. Ein erstes
Pärchen kam und fragte, ob sie was dagegen hätten, wenn sie auch
nackt baden würden. Es dauerte wirklich nicht lange, da lagen
mehrere Häuflein Kleidung im Sand. Als die erste Scheu überwunden
war, saßen und lagen die Nackten am Strand. Neugierige gingen
vorbei, trauten sich aber nicht. Auf jeden Fall sorgten sie dafür,
dass es sich herumsprach. Als es Zeit wurde, sich zum Mittagessen
fertigzumachen, trauten sich auch seine Frauen aus dem Wasser und
gingen mit mehr oder wenig Scheu zu ihren Sachen. »Das ist
fantastisch«, schwärmten sie.
»Ihr seid mir was schuldig«, sagte er.
»Was sollen wir dir schuldig sein?«
»Ein neues Körpergefühl.«
Anscheinend hatte man wieder einen Grund gefunden, über sie zu
reden. Die Köpfe der Gäste berührten sich fast, als sie das
Restaurant betraten. »Ich glaube, euer Strand ist zum
Nacktbadestrand erkoren worden«, sagte Bianca.
»Das ist gut,« sagte Kristian, »dann bleibe ich den ganzen Tag im
Liegestuhl sitzen.«
»Hauptsache deine lüsternen Gedanken verraten dich nicht«, meine
Jeanette. »Ich werde nachher erst ein Mittagsschläfchen halten.«
»Ich weis auch schon wo«, lachte Jessika. »Wenn ich sage schlafen,
dann sind meine Augen zu.«
»Hauptsache, sie bleiben es auch.«
»Ihr gönnt mir auch nichts.« Wieder zurück, zogen sie ihre
Badesachen an. Die Frauen ließen ihr Oberteil im Bungalow zurück. Er
wollte wirklich nur schlafen und war schon halb eingeschlafen, als
das Bild von Senis und ihrem schönen Körper vor seinen Augen
auftauchte. »Kristian?« Erschrocken fuhr er hoch und öffnete seine
Augen. Keiner schien ihn angesprochen zu haben. Er schloss die Augen
wieder. »Kristian«, wieder erschrak er und erkannte, dass es eine
Kontaktaufnahme war. »Wer ist da?«
»Hier ist Senis, du hast mich kontaktiert?«
»Senis das habe ich nicht bewusst gemacht, ich habe von dir
geträumt.«
»War der Traum wenigstens schön?«
»Träume von dir sind immer schön.«
»Was machst du gerade«? fragte sie. »Warte ich zeige es dir.« Er
öffnete seine Augen. Während seiner Träume hatten sich einige Nackte
eingefunden. Sie lagen auf ihren Handtüchern und sonnten sich. »Ich
dachte, bei euch zeigt man sich nicht nackt?«
»Es gibt Ausnahmen, so wie hier jetzt.« Bianca, die gesehen hatte,
dass seine Augen geöffnet waren, kam auf ihn zu. »Und wer ist diese
schöne Frau?« Bianka war nackt.
»Wir haben sie hier kennengelernt.«
»Sie gefällt dir?«
»Ja, das könnte man sagen.« Bianca wollte was sagen. Seine erhobene
Hand brachte sie davon ab. Er stand auf und setzte sich zu ihr in
den Sand und gab Bianca zu verstehen, dass sie sich neben ihn setzen
sollte. Sie tat es mit schüttelndem Kopf. Er rutschte gegen ihren
Rücken, ihre Köpfe berührten sich. Bianka zweifelte an seinen
Verstand. »Jemand nimmt an unsere Unterhaltung teil«, stellte Senis
fest.
»Ja, es ist Bianca.«
»Hallo Bianca, ich bin Senis.«
»Hallo, ich träume dieses doch nicht, oder?«
»Nein, wir sind jetzt miteinander verbunden.«
»Du sagtest Senis, wie kann das sein, du sollst ziemlich weit weg
wohnen?«
»Ja, das ist richtig, Kristian sagt, dass er dich mag.« »Senis, das
war nur für dich bestimmt. Was tut sich sonst bei euch?« Die
Versuchsreihe mit mir ist abgeschlossen.«
»Was macht Zitrin?«
»Du kennst sie ja, sie bleibt, was sie ist.« Inzwischen war Jessika
auf ihr seltsames Verhalten aufmerksam geworden. Ehe sie was sagen
konnte, machte er das Zeichen, als wenn er telefoniere. Sie formte
das Wort Senis mit ihren Lippen. Er nickte. Jessika hatte sich in
ihrer ganzen Pracht vor ihn aufgebaut. »Jessika ist eine schöne
Frau«, sagte Senis. »Ja, das weis ich, Senis bis bald.« Er stand so
plötzlich auf, dass Bianca ihren Halt verlor und in den Sand fiel.
»Mann«, schwärmte Bianka, »wie habt ihr beide denn das gemacht? Ich
glaube nicht, dass ich das verstehe, hast du öfter mit ihr Kontakt?«
»Nein, eigentlich nicht, ich hatte angenommen, dass ich von ihr
geträumt hatte, plötzlich war sie da.«
»Ja, das sagt er immer«, meinte Jessika.
»Was wollte sie?«
»Nichts, ich habe unbewusst Kontakt zu ihr aufgenommen. Jessika
drehe dich mal um, dein Hinterteil ist ja ganz rot.« »Ja, kann schon
sein.« Er hatte wohl länger geschlafen und sicher einiges verpasst,
denn hier war einiges los. Er holte seine Brille und Flossen und
stampfte ins Wasser. Das Wasser schlug über seinen Kopf zusammen, er
war wieder ein Fisch. Dieses Mal wählte er die andere Richtung und
ging in die Tiefe. Ab und zu sah er Taucher über sich, er glaubte,
dass sie ihn auch sahen. Ein Rochen, nein es waren schon fünf, sie
wollten in die gleiche Richtung. Er fühlte sich unbeobachtet, die
Rochen waren über ihm. Als er auftauchte, erkannte er, dass er die
Insel zur Hälfte umrundet hatte. Beim Abtauchen verdunkelte sich das
Wasser über ihn. Ein Blick nach oben, oh je, diese Rochen waren
ausgewachsen. Was soll's, bis jetzt hatte er noch keine schlechten
Erfahrungen gemacht. Ab und zu sah er über sich, dass die
Wasseroberfläche von den Sonnenstrahlen durchbrochen wurde und Licht
durch die Lücken der Mantas hindurch schoss. Da keine Taucher in
seine Nähe waren, mussten es seine Begleiter sein.
Er war in der Nähe des Hausriffs und strebte nach oben. Das war
nicht so einfach, er musste warten, bis die Mantas ihm Platz
machten. Einige Taucher hatten sich auf dem Riff in Sicherheit
gebracht. Warum waren sie denn so ängstlich? Er tauchte wieder ab in
Richtung Bungalow. Den Tauchern am Riff war das sicher recht. Er
spürte die Anstrengung in seinen Beinen. Wo war der große Manta? Er
sah ihn über sich. Er arbeitete sich nach oben. Dann war er unter
ihm. Eine Weile schwammen sie so dahin. Er streichelte seinen
Rücken. Der Manta schien nichts dagegen zu haben. Als sich ihre
Körper berührten, griff er zu. Schon ging es ab. Er wollte mit
Kristian aufs offene Meer hinaus. Durch Gewichtsverlagerung brachte
er ihn dazu, in der Nähe der Insel zu bleiben. Plötzlich sah er über
sich viele strampelnde Beine. Die leuchtenden Pos sagten ihm, dass
er an ihrem Strandabschnitt angekommen war, er schoss nach oben und
schwamm zum Strand.
»Musst du sie alle hierher bringen«, maulte Jessika.
»Ich kann es ihnen schlecht verbieten, sie verschwinden schon
wieder«, beruhigte er sie. Die Nackten hatten sich an den Strand
geflüchtet. »Kristian warte«, Bianca kam auf ihn zugeschwommen.
»Nimmst du mich mit raus.«
»Müsst ihr alle so nackt herumlaufen, ich bin auch nur ein Mann.«
»Komm, reg dich ab, nimm mich huckepack.«
»Geht das nicht ein wenig zu weit?«
»Was meinst du?«
»Du nackt auf meinen Rücken?«
»Stell dich nicht so an.«
Bianca wusste nicht, wie seine Tauchtechnik funktionierte. Deshalb
musste er aufpassen. Während er noch schluckte, spürte er ihren
Körper auf seine Haut. Seine Gedanken wurden plötzlich in andere
Bahnen gelenkt. Die Anwesenheit der Mantas brachte ihn in die
Wirklichkeit zurück. Sie schubsten ihn, er folgte ihnen aufs offene
Meer. Bianca schien es zu gefallen, sie winkte den Zurückgebliebenen
zu. Er kehrte um. »Ich muss noch mal zurück«, sagte er und löste
sich von ihr. Bianca grinste. »Ist das meinetwegen?«
»Ja, meinst du das lässt mich alles kalt.« Er tauchte unter. Ein
Stück vom Strand entfernt ging er an Land, streckte sich lang aus
und schloss die Augen. »Na, wieder abgekühlt?« Die Sonne blendete
ihn, er erkannte Jessika.
»Ich kann so viel nacktheit nicht verkraften«, sagte er.
Den Rest des Nachmittags lag er mal im Liegestuhl oder im Sand,
damit sein Rücken etwas Farbe abbekam. Der Nacktbadestrand hatte
sich zu beiden Seiten ausgebreitet. Als es Zeit für das Abendessen
war, leerte sich der Strand und sie zogen sich auch um. Kristian
fand die Atmosphäre im Restaurant viel entspannter wie sonst, man
schien sich an sie gewöhnt zuhaben. Sicher war das mit den Rochen
noch ein Problem und wurde nicht verstanden. Er verstand es ja
selber nicht und hatte die Hoffnung, dass sie von einer
Reporterschwemme verschont blieben.
Seite 133
Ihr Tagesablauf hatte sich eingespielt. Essen, Schwimmen, Essen,
nicht zu vergessen die Liebe. Vermehrt hielten sich die Mantas in
der Nähe ihrer Insel auf. Immer weniger Schwimmer nutzten die
Gelegenheit, mit dem Boot raus zufahren. Der Strandabschnitt war
weiter als Nacktbadestrand beliebt. Sie waren nicht betrübt, als
sich ihr Abreisetag näherte. Bianka blieb noch zwei Tage und sie
versprach, sie zu besuchen. Die Formalitäten waren erledigt, Sie
wurden zum Flughafen gebracht. Ihr Flieger stand schon bereit. Am
Flughafen sahen sie zu, wie ihr Gepäck auf ein Laufband verschwand.
Im Flugzeug waren nicht alle Plätze belegt. Kristian versuchte, zu
schlafen und wachte kurz auf, als der Flieger abhob.
Das gleichmäßige Säuseln der Triebwerke bescherte ihm einen ruhigen
Schlaf. Etwas veranlasste ihn, seine Augen zu öffnen und er
erkannte, dass er in einem Flugzeug saß und hoch über den Wolken
schwebte. Die Sitze neben ihm schienen leer zu sein, ein Nebel hatte
sich über alles gelegt, sodass er nicht sah, was um ihn geschah. Ein
Blick durch das Fenster. Kurz lichtete sich das Wolkenmeer und er
erkannte ein Flugzeug, das auf sie zuflog. Was machte ein Flugzeug
auf ihren Kurs? Einer Bedrohung gleich, kam das andere Flugzeug im
Schneckentempo näher, es musste sie bald erreicht haben. Er schrie
auf. Jemand rüttelte an seine Schulter. Die Augen öffnend, erkannte
er Jessika.
»War dein Traum so schrecklich«? fragte sie. Noch benommen fiel sein
Blick auf das Fenster. Kein fremdes Flugzeug, er war erleichtert,
alles war nur ein Traum. Es wirkte so real. War es eine Warnung,
oder könnte es ein Blick in die Zukunft gewesen sein? Jessika und
Jeanette sahen ihn an, als erwarteten sie eine Erklärung.
»Ich habe geträumt.«
»Das war uns schon klar, erzähle von deinem Traum.« Er zögerte und
fand es albern anderen von seinem Traum zu erzählen. Als er dann in
ihre erwartungsvollen Gesichter sah, fing er an zu erzählen.
»Ich saß in einem Flugzeug, durch ein Fenster sah ich ein anderes
Flugzeug, das auf unser Flugzeug zuflog. Bevor beide
zusammenstießen, bin ich aufgewacht.« Ihr anfängliches Grinsen
gefror auf ihren Gesichtern. Sie alle wussten, dass die Strahlung in
seinem Gehirn einiges verändert hatte und Voraussehen durchaus im
Bereich des möglichen lag.
»Kristian, du machst mir Angst«, sagte Jessika und schaute dabei aus
dem Fenster.
»Sag, dass es nur ein Traum war, sonst nichts.«
»Ich weis nicht, was es war, es war sicher nur ein gewöhnlicher
Traum, ich habe so etwas noch nicht erlebt, es wirkte so real.«
»Du schließt nicht aus, dass es passieren könnte?«
»Ich weis es nicht.«
»Du solltest den Kapitän wenigstens vorwarnen, wenn es nicht
eintrifft, umso besser.« Er war sich nicht sicher, was er machen
sollte. Ausgelacht zu werden, wenn alles nur ein normaler Traum
gewesen war, ließ ihn zögern. Er sah die Angst in Jessikas und
Jeanettes Augen, auch ihm war nicht wohl. »Ihr habt recht, ich gehe
nach vorne.« Die Stewardess blickte ihm entgegen.
»Hören sie mir bitte zu,« fing er an, »es liegt im Bereich des
möglichen, dass ich in die Zukunft sehen kann.« Dabei blickte er
sich um, ob auch kein anderer Passagier zuhörte. »Demnach könnte es
sein«, fuhr er fort, »dass wir mit einem fremden Flugzeug
zusammenstoßen könnten. Es kommt von rechts.« Die Stewardess blickte
ihn an und wusste nicht, wo sie ihn einordnen sollte. Er sah, woran
sie dachte. »Nein, sehe ich aus, als wenn ich verrückt bin«? sagte
er lautlos. Sie zuckte kurz zusammen.
»Bitte sagen sie ihrem Kapitän, er soll die rechte Seite im Auge
behalten, die Gefahr, wenn überhaupt, kommt von rechts.« Die Frau
blickte ihn an und verharrte unschlüssig. »Gehen sie endlich«, sagte
er wieder lautlos zu ihr. Erschrocken blickte sie auf seine Lippen,
die sich nicht bewegt hatten. »Ich werde unserem Kapitän Bescheid
geben.« Sie wartete, bis er zurückging, drehte sich ebenfalls um und
klopfte an die Tür zum Cockpit.
»Na wie war's,« fragte Jeanette?
»Die halten mich für verrückt. Vielleicht bin ich es ja auch.«
Jessika blickte angstvoll durch das rechte Fenster. Er schloss seine
Augen, horchte ins Cockpit und tastete sich in das Cockpit, bis er
in das Gehirn des rechten Mannes Einlass fand. »Das wird ja immer
schlimmer, wo soll denn rechts von uns ein Flugzeug herkommen?«
»Wir sollten trotzdem die Möglichkeit in Betracht ziehen«, sagte der
ältere Mann.
»Sie wollen doch nicht wirklich an so etwas glauben?« »Behalten sie
die rechte Seite im Auge.« Der Mann zuckte mit seinen Schultern und
fand sich damit ab. »Danke«, streute Kristian in beide Köpfe und
wartete ihre Reaktion nicht ab.
»Sie nehmen meine Warnung ernst«, sagte er. Unwillkürlich stieg die
Spannung. Wenn nicht bald etwas passierte, würde die Aufmerksamkeit
im Cockpit wieder nachlassen. Eine halbe Stunde lang passierte
nichts, sie saßen wie auf heißen Kohlen, die Motoren sangen ihr
Lied. Dann plötzlich wurde das Flugzeug nach unten gerissen, der
Wagen der Stewardess, die gerade Getränke verteilte, machte sich
selbstständig und raste den Gang hinunter. Allgemeines Geschrei, sie
sahen ein Flugzeug auf sich zukommen und warteten in geduckter
Haltung auf den Zusammenprall. Der blieb aus, das fremde Flugzeug
flog knapp über sie hinweg. Sie hörten die Motorgeräusche der
anderen Maschine über sich, ihr Flugzeug wurde durchgeschüttelt.
»Das war knapp«, sagte Jessika noch geschockt. Langsam kehrte wieder
Ruhe ein. »Meine Damen und Herren, es ist alles in Ordnung,« meldete
sich der Kapitän über den Lautsprecher. Anscheinend hatten
Passagiere an der rechten Fensterseite gesehen, was beinah passiert
wäre. Schnell wanderte die Erkenntnis durchs ganze Flugzeug.
»Der Kapitän möchte sich bei ihnen bedanken«, sagte eine Stewardess,
die plötzlich neben ihre Stuhlreihe stand. Er wollte schon abwinken.
»Nun gehe schon«, drängte Jessika. Die Cockpittür stand auf, beide
Piloten drehten sich zu ihm um.
»Da haben wir ja Glück gehabt, dass wir jemand an Bord hatten, der
in die Zukunft blicken kann. Wir verdanken ihnen alle unser und das
der Menschen in der anderen Maschine. Ich muss gestehen, ich habe
nicht so richtig daran geglaubt, bin aber in Gedanken die
Möglichkeit durchgegangen, den Autopiloten aus, den Steuerknüppel
nach vorne drücken. Das andere Flugzeug hat keine Reaktion erkennen
lassen und ist beharrlich seinen Kurs geflogen. Vielen Dank noch
mal.«
»Sie stehen jetzt in meiner Schuld«, sagte Kristian.
»Ja, was möchten sie?«
»Ich möchte nicht, dass unsere Namen erwähnt werden.«
»Aber warum?« Er schüttelte seinen Kopf.
»Ganz wie sie wollen.« Er ging.
Seite 171
Auf dem Marktplatz wurde ein Kreuz aufgestellt. Darauf war eine Frau
mit ausgebreiteten Armen festgebunden. Vibius wollte weiterfahren.
»Halt«, rief Kristian. »Warum macht man so etwas?«
»Ich weis es nicht.« Kristian stieg aus dem Wagen und arbeitete sich
durch die Gaffer durch. Die Frau hatte Schmerzen und weinte. »Was
ist mit ihr«, fragte er.
»Die Frau hat das Kind ihrer Herrin auf ihren Schoß genommen.«
Kristian verstand nicht. Der Mann sah sein erstauntes Gesicht. »Die
können sich das leisten, ein Sklave bedeutet ihnen nichts. Damit
wollen sie allen zeigen, wie reich sie sind.«
»Kann man dagegen nichts machen«? fragte er. »Nein, sie wird erst
heruntergenommen, wenn sie tot ist.« Kristian hatte schon einiges
gesehen, aber so Menschenverachtendes war ihm neu. Er ging zu ihren
Wagen zurück.
»Vibius, wie kann man der Frau helfen?«
»Ein Sklave ist wie eine Ware, jeder kann damit machen, was er
will.«
»Kannst du die Frau nicht freikaufen?«
»Ihm geht es nicht ums Geld, jeder soll sehen, wozu er fähig ist.«
Kristian dachte an Riga. Er hatte es einmal gemacht, warum nicht ein
zweites Mal?
»Vibius fahre schon mal vor und warte auf mich am Dorfrand.« »Was
hast du vor?«
»Ich kann die Frau dort nicht hängen lassen.«
»Daran wirst du nichts ändern können.«
»Fahre los und warte auf mich.« Er hoffte, es sah keiner, als er
sich in den alten Mann verwandelte und durch die Menge rempelte. Für
einen Augenblick wurde ihre Aufmerksamkeit auf ihn gelenkt. Sie
mussten ihn mit seinen langen weißen Haaren für einen Zauberer oder
ähnliches halten, denn sie machten ihm bereitwillig Platz. Die Frau
schaute mit gequältem Blick vom Kreuz herunter.
»Eure Götter werden euch verdammen, weil ihr es zulasst, dass dieser
Frau unrecht getan wird. Den Besitzer dieser Frau werde ich
verfluchen, auf dass ihm dasselbe geschieht. Jemand musste diesem
Bescheid gesagt haben, mit wehenden Gewändern kam er angerannt. »Was
ist hier los«? fragte er außer Atem.
»Du wagst es, dich hier sehen zulassen, oder spürst du schon den
Fluch, den ich über dich ausgesprochen habe?«
»Alter Mann verschwinde, oder ich lass dich einsperren.« Kristian
trat vor ihn, sodass sich ihre Gesichter fasst berührten. »Willst du
sehen, wie es dir in der Hölle ergeht?« Er übertrug ihm ein Bild von
einem Flammenmeer, ihn mittendrin. Der Mann wich zurück, Furcht war
in seinen Augen zu lesen. »Lässt du die Frau herunter?« Das Feuer
vor Augen, schrie der Mann auf und wich zurück. Die Zuschauer
bekamen Angst.
»Ich warte, was soll mit der Frau geschehen«? drängte er. »Ja, last
sie frei«, schrie er. Keiner rührte sich.
»Ihr habt es gehört«, sagte Kristian. Ein paar Männer beeilten sich.
Mit vereinten Kräften hoben sie das Kreuz aus der Erde und legten es
vorsichtig ab. Die Stricke waren schnell losgebunden. Die Frau
konnte nicht stehen und fiel vor Kristian auf die Knie. »Herr, ich
danke dir.«
»Frau, sage, was ich mit deinem Herrn machen soll?«
»Er wird mich erneut bestrafen.«
»Sei unbesorgt, das wird er nicht. »Bindet den Mann auf das Kreuz,«
befahl er. Keiner traute sich, dem Befehl nachzukommen. Er schickte
allen das Bild der Hölle in ihre Köpfe.
»Wollt ihr so enden?« Zögernd gingen sie auf den zurückweichenden
Mann zu, ergriffen ihn und banden ihn auf das Kreuz. »Nehmt seinen
Geldbeutel und gebt ihn der Frau«, befahl er. Diese nahm ihn zögernd
an. »Stellt das Kreuz auf. Ihr wisst jetzt, was mit euch passiert,
wenn ihr eure Sklaven schlecht behandelt. Ihr dürft den Mann erst
mit anbrechen der Dunkelheit vom Kreuz nehmen, sonst komme ich
zurück und werde euch bestrafen. Frau komm.« Er nahm ihre Hand und
sie wurden langsam unsichtbar. Außer Sicht gingen sie auf die Wagen
zu. »Achte auf deinen Beutel, er gehört dir. Gehe in den letzten
Wagen.« Die beiden Sklaven halfen ihr. »Wie hast du das denn
geschafft?« fragte Vibius.»Der Besitzer der Frau hat ihren Platz am Kreuz
eingenommen.«
»Das will ich mit eigenen Augen sehen.« Schon wollte er sich auf den
Weg machen.
»Das geht jetzt nicht, lass uns heimfahren.« Er sah Kristian von der
Seite an. »Du musst über viel Überzeugungskraft verfügen, war der
Besitzer damit einverstanden?«
»Ich hatte Hilfe, die Leute haben mir geholfen. Lass uns fahren.«
Das Dorf lag bald hinter ihnen.
»Was willst du mit der Frau machen?«
»Das weiß ich noch nicht. Hast du einen Vorschlag?«
»Was ist, wenn ich sie nehme?«
»Wenn du sie gut behandelst, lasse ich sie bei dir, bis mir was
Besseres einfällt.« Vibius schien sein Angebot durchzurechnen,
außerdem wollte er Kristian als Geschäftspartner nicht verlieren.
»Also gut, abgemacht.«
Seite 231
Kristian
sah noch
den Reporter an, der die letzte Frage gestellt hatte, da erhielt er
einen Stoß, der ihn mit seinem Stuhl nach hinten kippen ließ.
Ein Schock schüttelte seinen Körper. Jessikas erschrecktes Gesicht
beugte sich zu ihm runter. Über ihm war ein helles Licht, es hüllte
ihn ein, er wollte unbedingt zu diesem Licht, es umgab und
beschützte ihn, als sein Geistkörper seinen Körper verließ. Er hatte
keine Angst, fühlte sich geborgen und er sah von oben zu, wie sich
unter ihm Panik breitmachte. Es machte ihm nichts aus, seinen Körper
dort unten liegen zu sehen und es interessierte ihn nicht, was dort
geschah. Für die Reporter war das ein Ereignis, nichts hinderte sie
daran, ihre Blitzlichter auf das Geschehen zu richten. Kristian
stieg weiter zum Licht empor, immer schneller. Ein heller Lichtpunkt
wies ihm den Weg und er erkannte einen Tunnel. Der Eingang war von
gedämpftem Licht umgeben. Je weiter man hinein blickte, desto heller
wurde es. Er sah engelgleiche Wesen, die auf ihn zu warten schienen.
Zu ihnen wollte er und streckte ihnen seine Arme entgegen. Bevor er
sie erreichen konnte, stellte sich ihm eine Lichtgestalt in den Weg.
Sie war wunderschön und strahlte viel Liebe aus.
»Halt, dein Leben ist noch nicht zu Ende, du hast eine Mission zu
erfüllen.«
Was für eine Mission? War damit die Zusammenführung der Alien mit
den Menschen gemeint? Er erhielt keine Antwort und kehrte traurig
um. Etwas trieb ihn zu seinem Körper zurück.
Er sah auf seinen Körper herunter, der auf einem Operationstisch
lag. Die Ärzte arbeiteten konzentriert. Schläuche ragten aus seinem
Körper und er hörte einen Arzt sagen, »es hat ihn arg erwischt, die
Kugel ist in viele Teile zersplittert. Der Schütze wollte auf Nummer
sicher gehen.« Schütze? Wovon war hier die Rede?
»Ich habe wenig Hoffnung, dass er es schafft«, sagte ein Arzt. Die
eine Schwester kam ihm bekannt vor, obwohl sie einen Mundschutz
trug. Er schwebte herunter und stand am Operationstisch ihr
gegenüber. Das war keine Schwester, es war Kristel ihre Freundin aus
dem Krankenhaus. Die Ärzte schienen nicht zu merken, dass er ihnen
im Wege stand. Es war wie ein Traum und dieser gefiel ihm immer
weniger.
»Er gab gerade eine Pressekonferenz, als der Attentäter ihn
erwischte«, hörte er jemand sagen.
»Vielleicht könnten ihn die Alien retten, leider kann er sie in
diesem Zustand nicht rufen.« Langsam dämmerte es ihm, gleichzeitig
erinnerte er sich an das erschreckte Gesicht von Jessika. Sie würde
sicher draußen im Flur warten. Er schwebte mit seinem Geistkörper
durch die geschlossene Tür. Dort saßen sie, Jessika, Jeanette. Auch
ein paar Reporter, die wissen wollten, ob er überlebt hatte. Gerne
hätte er Jessika getröstet, seine Hand, mit der er sie berühren
wollte, ging durch sie hindurch. Ihm fiel ein, was der Arzt gesagt
hatte, die Alien könnten ihm vielleicht helfen. Wie sollte er sie
rufen, wenn er sich nicht einmal Jessika verständlich machen konnte?
Er schwebte den Flur entlang. Am Ende sah er eine Frau vor einem
Fenster stehen. Er schwebte auf sie zu. Die Frau schien ihn zu
erwarten.
»Seit wann bist du hier«? fragte sie.
»Du kannst mich sehen, dann muss es dir ähnlich ergehen wie mir«,
stellte er fest.
»Mein Körper liegt im Koma, ich bin schon eine Weile hier«, sagte
sie. Die Frau mochte um die vierzig Jahre alt sein. »Ich hatte einen
Autounfall. Vor fünf Wochen.«
»Was für ein Gefühl hast du? Geht es deinem Körper besser«? fragte
er. »Ich gehe immer weg, wenn die Ärzte ihn besuchen, ich will nicht
hören was sie sagen.«
»Ich bin gerade erst eingeliefert worden, man hat auf mich
geschossen«, erklärte er.
»Warum schießt man auf dich?«
»Wahrscheinlich hatte der Schütze Angst vor einen Alienfreund.«
»Wieso bist du ein Alienfreund?«
»Ich bin der, der zu den Alien reist.«
»Ehrlich? Ich habe gesehen, wie das Raumschiff in das Stadion
schwebte. Und jetzt treffe ich dich hier, die Welt ist schon
verrückt. Komm mit, ich zeige dir, wo mein Körper liegt.« Bald
darauf waren sie bei ihr. »Das sind sicher deine Kinder?« Er deutete
auf zwei Fotos, die an ihrem Bett standen.
»Ja, sie sind jetzt arbeiten, heute Abend kommen sie mich besuchen.«
»Wie fühlst du dich, wenn du ihnen nicht antworten kannst?« »Wenn es
mir zu viel wird, verlasse ich das Zimmer, ich glaube, sie rechnen
nicht mehr damit, dass ich aufwache.«
»Wo bleibst du nachts, doch nicht hier im Flur?«
»Ich kehre in meinen Körper zurück, damit ich nicht vergesse, dass
er zu mir gehört.«
»Was für ein Gefühl ist das?«
»Du legst dich einfach waagerecht auf deinen Körper, schon bist du
in ihm.«
»Kannst du schlafen?«
»Ja, ich schlafe in meinen Körper.«
»Hast du einen Tunnel gesehen?«
»Ja, ich habe davor gestanden«, sagte die Frau. »Ich hatte aber
Angst, dass mich etwas hineinzieht, ich wusste, dass ich dann meine
Kinder nicht mehr wiedersehe. Ich schaue ab und zu Zuhause vorbei,
unser Hund weiß dann, dass ich da bin, er schaut dann immer in meine
Richtung.«
»Wie vertreibst du dir die Zeit, es muss langweilig sein, wenn man
nichts tun kann?«
»Hier gibt es kein Zeitgefühl, meistens sitze ich am Fenster, dort
wo du mich angetroffen hast. Irgendwer kommt immer vorbei. Oft sehe
ich welche, die sind wie wir und ich sehe ihnen zu, wie sie dann
durch den Tunnel schweben. Ich weis deinen Namen nicht, es wäre
schön, wenn wir uns wiedersehen könnten, ich meine, falls unsere
Körper geheilt sind.«
»Ich heiße Kristian.«
»Ich heiße Elisabeth.« »Elisabeth, ich schau mal nach meinem Körper,
bis gleich.« Ein Sog zog ihn in eine Richtung, die nicht zum OP
führte. Für ihn existierten keine Wände und er sah Jessika und
Jeanette, die vor seinem Körper saßen.
»Was willst du jetzt machen«, hörte er Jeanette fragen. »Du weist,
was der Arzt gesagt hat, es steht nicht gut für Kristian, ich habe
gehört, wie er zu Kristel gesagt hat, dass Kristian bei den Alien
bessere Chancen hätte. Du weist was das bedeutet, du musst nach
Hera, vielleicht können die Alien Kristian helfen oder eine
Nachricht zu den Atlantern schicken.«
»Du hast recht, ich kann aber erst heute nacht durch das Tor gehen.«
Seite 260
Kristian saß im Garten, als Aron Besuch ankündigte. Er stand auf und
sah zum Tor rüber. Susan Braun vom FBI. Sie lächelte ihn an. »Das
ist aber nicht nötig, dass sie sich persönlich nach meinem
Gesundheitszustand erkundigen«, sagte er zu ihr und ließ sie das Tor
passieren. Aron beschnupperte sie. Kristian führte sie zur
Gartenbank und stellte sie Großvater vor. »Was darf ich bringen,
Kaffee oder eine Cola?«
»Eine Cola wäre gut.« »Susan hat ihr Besuch etwas mit der
Raumstation zu tun?«
»Ja, wir können nicht starten. Ein Besatzungsmitglied ist ernsthaft
erkrankt und das ist noch nicht alles. Ein Ventil ist defekt. Wir
wissen inzwischen, dass sie uns an der Nase herumgeführt haben.«
»Habe ich das?«
»Ja, als sie vor einiger Zeit bei uns waren, hat man sie als
zweitrangig, nur als Edras Freund, behandelt. Wir wissen jetzt, dass
sie Edra sind.«
»Doch, eine wusste es, die Tochter der Raumfahrerin, hat sie
geplaudert?«
»Nein, bestimmt nicht.«
»Was erwarten sie jetzt von mir? Edra soll seine Freunde bitten
ihnen zu helfen?«
»Ja, das wäre schön.« »Meine Freunde werden ihnen nicht helfen.
Wissen sie, was sie mir das letzte Mal sagten, sie würden nicht
eingreifen, weil ihre Leute dann zu leichtsinnig würden.«
»Das heißt, wir können keine Hilfe erwarten?« Ich will damit nur
sagen, dass sie euch das letzte Mal auch nicht geholfen hätten. Das
ist nicht böswillig gemeint. Sie sagen, wer sich ins All wagt, muss
die Technik beherrschen.«
»Und da ist nichts mehr zu machen?«
»Ich muss meine Freunde nicht fragen, aber ich werde ihnen helfen.
Sie haben den Mann und das Ventil in ihrem Flugzeug mitgebracht?«
»Nein.«
»Wer hat sich denn das ausgedacht? Dann müssen wir also erst ihren
Mann holen. Wir können noch nicht sofort losfliegen, ich muss noch
auf meinen Kopiloten warten. Sie können ja schon zurückfliegen, es
sei denn, sie wollen mit mir fliegen.«
»Sie wollen mich zurückbringen? Doch nicht so wie schon einmal?«
»Nein, in der Zwischenzeit hat sich einiges geändert.«
»Dann schicke ich wohl erst meine Maschine zurück.« Sie griff zu
ihrem Handy und es dauerte eine Weile, bis der Pilot kapiert hatte,
dass er ohne Susan zurückfliegen sollte. Jessika und Jeanette kamen
rechtzeitig zurück. Er klärte sie auf. »Jeanette, du kannst leider
wegen Platzmangel nicht mit. Können wir dann«? fragte er, und
wartete ihre Zustimmung nicht ab.
Auf dem Stützpunkt gingen sie sofort auf ihren Gleiter zu und er
hielt kurz an, damit Susan sich umsehen konnte. Er sah, wie sie
verstohlen mit ihrem Handy Aufnahmen machte. »Fantastisch«, sagte
sie nur. Die Luke schloss sich hinter ihnen. Das Ziel war noch
einprogrammiert. Ein Sprung brachte sie in seine Nähe. Man hatte sie
entdeckt. Ein Blinklicht zeigte ihnen den Landeplatz an.
»Wollen sie hier aussteigen oder mitkommen«? fragte er Susan.
»Darf ich?«
»Sicher.« Die Luke öffnete sich. Ein Mann rannte auf sie zu, unter
seinem Arm ein Päckchen. Als er im Gleiter war, stellte er sich vor,
und schaute erstaunt auf Susan. Sie fand es lustig ihre Marke zu
zücken und sich als »Braun, FBI«, vorzustellen. Sie setzten sich.
Kristian kannte nicht die genaue Lage der Station. Die Erde lag bald
unter ihnen und dann sahen sie die Station.
»Hier spricht Edra, wir kommen rüber. Haben sie sich schon mal
gewünscht, in einer Raumstation mitzufliegen?« fragte er Susan.
»Wer träumt nicht davon?«
»Sie möchten aber schon?«
»Ich habe keinen Raumanzug.« Ehe sie sich versah, war sie von einer
sprachlosen Raumstationsbesatzung umgeben. Wieder lockerte sie die
Stimmung auf. »Braun vom FBI.« Als sie die verblüfften Gesichter
sah, lachte sie laut auf. Nur zögernd fiel die Besatzung in ihr
Lachen ein. Kristian sah sofort, wer der kranke Mann war. Sie hatten
ihm schon seinen Helm aufgesetzt. »Die Sachen bleiben hier.« Mit
vereinten Kräften wurde der Mann von seinem Anzug befreit. »Wehrend
ich ihren Mann rüber bringe, wäre es nett, wenn sie für das FBI ein
paar Erinnerungsfotos machen würden.
Er brachte den Mann rüber. Beide Astronauten schauten sich erstaunt
an und Kristian ließ ihnen keine Zeit etwas zu sagen, da war er mit
dem zweiten Mann schon in der Station zurück. Eine Kamera lief
gerade, als Susan versuchte, unter dem Gelächter der Besatzung,
einen Salto zu machen. Er fing sie ein und brachte sie zurück. Dem
Mann schien es nicht besonders zu gehen. Susan legte seinen Kopf in
ihren Schoß. Die Nachricht von dem erfolgreichen Austausch würde vor
ihnen die Erde erreichen. »Sie wollen mich zum Ehrenastronauten
ernennen«, sagte Susan aufgeregt. »Susan sorgen sie dafür, dass ich
einen Abzug der Bilder bekomme?«
»Das ist das Wenigste, was ich für sie tun kann.« Sie landeten. Ein
Krankenwagen stand bereit. Er sprang mit dem Mann bis zur Trage. Als
Susan durch die Luke schritt, klatschten die Anwesenden Beifall.
Anscheinend waren schon Bilder von ihr hier angekommen. Jessika
wollte etwas von dem Jubel abbekommen und verließ den Gleiter.
Anscheinend hatte die Astronautin von der letzten Rettungsaktion von
der hier erfahren und ihre Tochter mitgebracht. Diese rannte auf ihn
zu. Er ging in die Knie und fing sie auf.
»Ich habe dich nicht verraten, glaube mir«, sagte sie.
»Ich glaube dir, gehe jetzt zu deine Mutter zurück. Vielleicht sehen
wir uns mal wieder«, sagte er zu Susan. »Das würde mich freuen.« Er
hob die Hand zum Abschied und die Luke schloss sich hinter ihnen.«
Als sie wieder zu Hause waren, wartete Lena schon auf sie. Jeanette
hatte sie angerufen. Ihr Rekorder lief, als sie berichteten.
Die Rettungsaktion hatte in Amerika hohe Wellen geschlagen. Erstens,
dass Edra und Kristian eine Person waren und dass dieser Kristian
unbegrenzten Zugriff auf ein außerirdisches Fluggerät hatte. In
Amerika wurden Bilder gezeigt, die Susan und ihn in der Raumstation
zeigten. Weiter gab es einen Film von ihrer Landung und Ablieferung
des kranken Astronauten. Das alles hatte Lena bei einem
amerikanischen Fernsehsender entdeckt und war sauer, weil sie nichts
dergleichen anzubieten hatte. Zwei Tage später kam ein Päckchen an
mit den Fotos und Film von der Landung und mit allen
Vermarktungsrechten. Er rief Lena an und neckte sie wegen dem ihrer
Meinung nach nicht vorhandenem Bildermaterial. Als Kristian ihr dann
erzählte, was soeben mit der Post angekommen war, legte sie ohne
Kommentar auf, um zwanzig Minuten später an Aron vorbei in die Küche
zu stürmen. »Nun zeig schon her«, sagte sie, bevor sich die Tür
hinter ihr geschlossen hatte.
Seite
289
Weist du, was ein Kastell ist?«
»Ja, das ist ein Lager, welches von einer Mauer umgeben ist.« »Bist
du gut in Geschichte?«
»Ist doch klar, Geschichten sind immer gut.«
»Möchtest du die Römer kennenlernen?«
»Die sind doch auch schon lange tot.«
»Die wir kennen, nicht.
»Darf sie«? richtete er die Frage an die Mutter.
»Was«? fragte die Mutter.
»Die Römer kennenlernen.«
»Doch nicht jetzt sofort?«
»Möchtest du«? fragte er Jasmin. Sie nickte. Kristian hielt ihr
seine Hand hin. Ehe jemand Einwände erheben konnte, standen sie vor
dem Kastell. »Ist das ein Traum«? fragte Jasmin. »Nein, das ist
echt. Traust du dich mit mir durch das Tor zu gehen?«
»Darf man das denn?«
»Ich schon, ich bin ihr Freund.« Man wurde auf sie aufmerksam. Sie
gingen los. Über eine Abwechselung erfreut, sahen ihnen die
Legionäre entgegen. Sie hatten gerade das Tor passiert, da kam ihnen
auch schon Rufus entgegen. »Kristian, wen hast du mitgebracht?«
»Eine Freundin, wir wollen nicht lange bleiben. Ich möchte sie nur
einmal herumführen. Was gibt es Neues bei euch?«
»Was soll es schon Neues geben?« Jasmin hielt seine Hand fest
umklammert.
»Du musst sagen, wenn du Angst hast.«
»Nein, du darfst mich nur nicht loslassen.«
»Kristian, vor eine Weile waren Händler hier. Sie hatten Schwerter
zu verkaufen. Ich habe sie für dich gekauft.« »Rufus, ich danke dir.
Darf ich sie mal sehen?«
»Folgt mir.« In seiner Kammer standen zwei Betten. Unter einem zog
er ein Tuchbündel hervor und schlug es auf. Vier Schwerter in gutem
Zustand.
»Sind das Römische«? fragte er.
»Kann sein.«
»Hast du nicht gefragt, woher sie die Schwerter haben?«
»Kristian, das will ich gar nicht wissen.« Auch gut.
»Ich habe kein Geld dabei. Darf ich sie mitnehmen und später
bezahlen?«
»Du bist mein Freund.« Er wickelte die Schwerter wieder ein. »Rufus,
wir werden gehen, ich bring das Geld später vorbei.« Das Stoffbündel
unter dem Arm sprangen sie zurück. Den Eltern sah man die Anspannung
an.
»Sind Händler da«? fragte Jessika.
»Sie waren da, Rufus hat sie für mich gekauft.«
»Ein Soldat hat sie uns gegeben«, erklärte Jasmin.
»Hast du dir so einen Legionär vorgestellt«? fragte Jessika.
»Ja, so
habe ich sie auf Bildern gesehen.«
Herr Becker deutete auf die Schwerter. Kristian nickte.« Vorsichtig
nahm er ein Schwert in die Hand. »Ist schon aufregend, wohl auch
sehr teuer?«
»Wenn man das Alter bedenkt und den Zustand, dann muss man schon
einiges dafür auf den Tisch legen.« Kristian merkte, dass er Feuer
gefangen hatte. »Kommen sie einfach mal vorbei.«
»Das werde ich.« Es schellte an der Haustür. Die Hausangestellte
führte einen Mann und eine Frau ins Zimmer. Herr Becker übernahm die
Vorstellung. Es war klar, dass der Blick der Besucher auf die
Schwerter hängen blieb.
»Deine neuen Errungenschaften«? fragte der Gast.
»Nein, meine Tochter hat sie aus einem Römerlager mitgebracht.« Sie
mussten über das Gesicht des Gastes lachen. »Was war mit deiner
Tochter?«
»Wir waren bei den Römern«, klärte Jasmin auf.
»Ein Soldat, der Kristians Freund ist, hat sie uns gegeben.« »Wir
haben wohl eine Menge verpasst«? sagte der Gast zu seiner Frau.
Die Tore der Atlanter 5.Buch
in Arbeit
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Leseprobe 4
Seite 14
Er dachte
an Jessika. Als er für einige Wochen im römischen Reich verschollen
war, hatten die Elfen sein Medaillon, welches für ihn keine
funktionale Bedeutung mehr hatte, weil er statt dessen ein Implantat
bekommen hatte, für Jessika wieder aktiviert. Damit konnte sie ihn
suchen und Riga, eine ehemalige Sklavin im Römischen Reich, weiter
mit Waren beliefern. Er fragte sich, ob die Elfen ihr die Kraft des
Medaillons lassen würden, nachdem er wieder zurück war. Jessika
konnte jetzt so wie er durch die Tore springen. Gedanken lesen
konnte sie jedoch nicht. Kristian hätte sich nicht gewundert, wenn
sie hier eines Tages auftauchen würde. Ganz in Gedanken, erschrak
er, als Gerti ihm etwas zu trinken auf die Bank stellte. »Gerti, sie
verwöhnen mich.«
»Wir haben
noch keinen so berühmten Gast hier gehabt.«
»Jetzt
übertreiben sie aber.«
»Was sie
für unsere Klara getan haben, können wir gar nicht wieder
gutmachen.«
Bis zum
Mittag hatte er einige Seiten geschrieben. Es war schon ein Uhr, als
Gerti Klara von der Bushaltestelle abholte. »Wir können«, sagte
Klara, als sie bei ihm stand.
»Darf ich
wenigstens vorher noch etwas essen«? fragte er. Nach dem Essen zog
sich Klara um. Gerti hielt ihr eine Tüte hin.
»Was soll
ich damit?«
»Gastgeschenk«, sagte Gerti nur.
»War das
deine Idee«? fragte Klara. Er nickte. Sie sattelten die Pferde und
saßen auf. »Klara, wenn was ist, du musst sofort auf Tuchfühlung an
mich herankommen.«
»Meinst
du, es könnte gefährlich werden?«
»Nur für
alle Fälle.« Sie waren auf dem Weg zum Fürsten. Einen Kilometer vor
der Siedlung kamen sie an. »Sind wir hier auch richtig?« fragte
Klara, »ich sehe keine Germanen.«
»Warte es
ab.« Die Siedlung machte einen friedlichen Eindruck. Sie lag auf
einer Anhöhe hinter einem Palisadenzaun. Kristian dachte daran, als
die Wiesen davor noch voller Zelte gestanden hatten. Jetzt waren die
Wiesen leer. Man hatte sie entdeckt. Sie ritten durch das Tor. Es
herrschte eine bedrückte Stimmung. Armelinde die Enkelin des Fürsten,
kam auf sie zu. »Was ist passiert«? fragte Kristian.
»Der Fürst
ist krank.«
»Schlimm?«
»Die
Heilerin sagt ja.«
»Bringst
du mich zum Fürsten?« Man kümmerte sich um ihre Pferde.
Der Fürst
lag auf einem Bett voller Felle. Fiebrige Augen blickten Kristian
an. »Kristian, ich werde zu meinen Ahnen reisen.«
»Was ist
passiert?« fragte Kristian Armelinde.
»Bei einer
Wildschweinjagd ist sein Arm von einem Ast aufgespießt worden, die
Wunde hat sich entzündet.«
Der Fürst
hatte sich anscheinend damit abgefunden, seinen Ahnen entgegen zu
treten. Jetzt konnte nur noch ihre Medizin helfen. »Klara, ich muss
dich kurz alleine lassen und unseren Heiler holen. Armelinde
erschrecke jetzt nicht, ich komme gleich wieder.«
Er stand
im Flur ihres Krankenhauses und suchte Sonja die Ärztin. Eine
Schwester sagte ihm, wo er sie finden würde. »Kristian was ist los?«
»Du musst
mitkommen, der Fürst liegt im Sterben.«
»Was
fehlt ihm denn?«
»Vermutlich eine Blutvergiftung.«
»Warte,
ich packe meine Tasche und sage, dass ich zu einem Notfall unterwegs
bin.« Er nahm ihre Tasche und sie waren bald wieder beim Fürsten.
Sonja ging auf das Lager des Fürsten zu. Eine ältere Frau war jetzt
auch da. Armelinde sah seinen fragenden Blick.
»Die
Heilerin«, sagte sie. Sonja sah auf den verbundenen Arm des Fürsten.
Vorsichtig hob sie ihn an, Kristian half ihr den Verband zu
entfernen. Die Heilerin sah aufmerksam zu. Der Arm sah wirklich
nicht gut aus. Eiter lief aus der Wunde. Sonja tastete den Arm ab.
Mit einer Pinzette stocherte sie in der Wunde herum und zog dann ein
Stück Ast daraus hervor. Sie spülte die Wunde aus, der Fürst bekam
eine Spritze. »Ich kann die Wunde noch nicht zunähen«, meine Sonja,
»wir müssen abwarten.« Kristian wusste, dass sie die Heilerin an den
Heilungsprozess beteiligen sollten.
»Sage ihr
was sie machen soll«, bat er Sonja.
»Sie kann
jetzt noch nichts machen, erst muss die Entzündung abklingen.« Die
Heilerin sah stumm zu, wie Sonja den Arm verband. »Wir sollten seine
Heilkräfte aktivieren«, schlug er vor. »Der Erfolg ist größer, wenn
wir das zusammen machen«, meinte Sonja.
»Ja, du
hast recht.« Er hatte Sonja seine Kräfte übertragen, sodass sie auch
in der Lage war, die Heilungskräfte zu aktivieren. Sie knieten auf
beide Seiten des Lagers nieder und legten ihre Hände auf den Körper
des Fürsten. Der Energiestrom setzte sofort ein. Der Körper des
Fürsten saugte ihre Energie gierig auf. Das Gesicht des Fürsten
entspannte sich, seine Augen waren geschlossen. Nach zehn Minuten
schaute Kristian Sonja an. Sie nickte ihm zu. Beide standen auf.
»Ich habe noch nie so deutlich gespürt, dass ein Körper meine
Energie aufgenommen hat«, sagte Sonja.
»Ja, das
habe ich auch deutlich gespürt, ich hoffe, dass die Übertragung noch
rechtzeitig stattgefunden hat.« Armelinde hatte mit großen Augen
zugeschaut. Der Heilerin konnte man keine Regung ansehen. »Ihr seid
mächtige Heiler, seht nur, die Haut des Fürsten ist nicht mehr so
blass«, stellte Armelinde fest. Er hatte nicht darauf geachtet, aber
jetzt sah er es auch.
»Du musst
mich morgen wieder herbringen«, sagte Sonja. Jetzt erst hatte sie
Gelegenheit sich umzusehen. Sie ging durch die Tür bis vor das Haus,
wo einige Bewohner sie anstarrten. Sie ging an ihnen vorbei, schaute
links und rechts, und kehrte dann zurück. »Kristian, ich danke dir,
dass ich dieses sehen durfte.«
»Ich nehme
an, dass du das noch öfter sehen wirst«, sagte er. »Dann bringe mich
jetzt zurück.«
»Sonja, du
darfst noch keinem erzählen, wo wir waren, ich mache gerade Urlaub,
Jessika weis nicht wo.«
»Ihr habt
Geheimnisse voreinander?«
»Nein, ich
will nur in Ruhe an meinem Buch arbeiten.«
Er
lieferte sie im Krankenhaus ab.
»Morgen um
die gleiche Zeit?«
»Ist mir
recht.« Wieder zurück, fragte er Klara, »was hat Gerti dir
mitgegeben?« Sie hielt ihm ihre Tüte hin. Er holte zwei Stück Seife
heraus. Ein Stück reichte er der Heilerin, Armelinde bekam das
andere.
»Du weist,
wofür das ist?« fragte er Armelinde. Sie roch daran.
»Ja, zum
Waschen.«
»Ich komme
morgen mit meiner Heilerin zurück, lasst den Arm jetzt in Ruhe.«
»Kristian,
ich bin froh, dass du gekommen bist, es wurde schon über einen
Nachfolger nachgedacht.«
»Das ist
noch zu früh. Fürst, wir werden jetzt gehen und kommen morgen
wieder.« Vor der Tür hatten sich mehrere Leute versammelt. Sie
machten Platz, als sie zu den Pferden gingen. Nachdem sie durch das
Tor geritten waren, fragte er Klara, »Hast du jetzt genug Germanen
gesehen?«
»Ja schon,
es war nur kein freundlicher Anlass.«
»Das kommt
noch, wenn der Fürst gesund ist.« Sie ritten noch eine Weile und
sprangen dann zurück.
Klara
konnte es nicht abwarten, ihrem Vater alles zu erzählen. In der
Zwischenzeit musste Gerti sich ihr Erlebnis anhören. Weist du, wem
du das noch erzählen kannst«? fragte er.
»Wen
meinst du?« »Deinem Tagebuch.«
»Ja du
hast recht, ich gehe jetzt in mein Zimmer.«
Beim
Abendessen sprudelte Klara über.
»Du nimmst
mich doch morgen wieder mit?«
»Wenn du
schön artig deinen Teller leer isst.«
Herr
Melchior fand das lustig.
Seite 22
Am anderen
Morgen. Klara war in der Schule. Kristian hatte nicht vor,
auszureiten. Beim letzten Ausritt hatte er eine Bergspitze entdeckt,
auf der ein Kreuz stand. Das schien ihm ein Ort zu sein, wo er
ungestört und ohne äußere Einflüsse schreiben konnte. Er nahm seinen
Schreibblock, das Kreuz vor Augen, sprang er. Es war schon ein
verdammt guter Aussichtspunkt. Die Täler unter ihm lagen teilweise
noch unter einer Decke aus Nebel versteckt. Der Gipfel war von einer
Holzbrüstung umgeben. Ein schmaler Pfad führte den Berg hinunter. Es
war sicher eine anstrengende Bergtour, um hierher zu gelangen. Eine
Bank lud zum Verweilen ein. Er setzte sich und schrieb. Es mochte
eine Stunde vergangen sein, als sich jemand schnaubend näherte.
Hochblickend sah er eine junge Frau, sie mochte um die
fünfundzwanzig Jahre alt sein, näherkommen. Sie war bergmäßig
angezogen, hatte aber keinen Rucksack dabei. Sie sah zu ihm herüber.
Er rückte etwas zur Seite, was wie eine Aufforderung wirken sollte,
sich zu ihm zu setzen. Sie musterte ihn. Er war nicht gekleidet wie
jemand, der einen Berg erklimmen wollte oder hatte. »Sie sind so
hier hochgekommen«? fragte sie.
»Ja, ich
hatte gehofft, hier in Ruhe schreiben zu können.«
»Und durch
mich ist ihre Ruhe jetzt gestört?«
»Nein, das
wollte ich damit nicht sagen.« Sie stellte sich an die Brüstung und
blickte ins Tal hinunter. Einzelne Nebelbänke hatten sich aufgelöst
und man konnte unten vereinzelt Häuser erkennen.
»Was
treibt sie schon zu so früher Stunde hier rauf«? fragte er. Sie
antwortete nicht. Irgendetwas stimmte nicht mit der Frau.
»Bleiben
sie noch länger hier«? fragte sie.
»Ja, hatte
ich eigentlich vor.« Sie drehte sich zu ihm um. Ungewollt sprangen
ihm ihre Gedanken entgegen. Er sah, woran sie dachte. Sie sah sich
in Gedanken mit ausgebreiteten Armen den Berg hinunter stürzen. Die
Holzbrüstung und ihr Wille waren die einzigen Hindernisse, die es
noch zu überwinden galt. »Warum schauen sie mich so an«? fragte sie.
»Haben sie
sich das genau überlegt, sie werden es nicht schaffen, frei wie ein
Vogel hinunterzufliegen. Wenn sie unten aufschlagen, ist es vorbei
mit dem Fliegen«
»Warum
erzählen sie mir das?«
»Ich will
damit nur sagen, dass ihre Eltern sie dann nicht mehr erkennen
würden.«
»Wer sind
sie eigentlich?«
»Vielleicht bin ich ihr Schutzengel?«
»Wie ein
Engel sehen sie nicht aus.«
»Wie muss
ein Engel aussehen, vermissen sie meine Flügel?«
»Sie sind
ja verrückt.«
»Also, was
ist, geben sie ihr Vorhaben auf? Ich bekomme für jede gerettete
Seele ein Fleißkärtchen.«
»Du willst
mein Schutzengel sein, dann kennst du sicher meine Eltern?« Kristian
sah sie an. Hinter ihre Stirn schien sie ihm ihre Eltern vorstellen
zu wollen. Ihren Vater sah er in einen Arztkittel vor sich. Bei der
Mutter war er sich nicht sicher. Die junge Frau dachte an ihre
Mutter, von Geldbündeln umgeben. Kristian wechselte auch ins du.
»Dein Vater ist Arzt, deine Mutter verwaltet das Geld Anderer.«
»Du
scheinst einiges über mich zu wissen, und du hast gewusst, weswegen
ich hierher gekommen bin. Und du könntest sofort von hier
verschwinden?«
»Ja«
»Dann tue
es.« Als er unsichtbar wurde, erschrak sie. Er machte sich wieder
sichtbar. »Glaubst du mir jetzt?«
»Ich bin
kein gläubiger Mensch.«
»Das macht
nichts, drehe dich um und gehe nach unten, oder besser, ich bringe
dich nach unten?«
»Ich
schaffe das schon.«
»Ich weiß,
aber mir macht es keine Mühe, gib mir deine Hand.« Als sie unten im
Tal ankamen und sie sich dessen bewusst wurde, war sie erschrocken.
Er sprang zurück und ahnte nicht, was für eine Erklärung sie sich
für ihre Begegnung zurechtlegen würde. Vielleicht würde sie es
später noch einmal versuchen. Es war kurz vor der Zeit, an der Klara
aus der Schule kommen würde. Er sprang zurück. Als Klara ihn sah,
fragte sie, wie viel Seiten er geschrieben hatte. Kristian hielt ihr
seinen Block entgegen. »Du warst fleißig.«
»Du rätst
nicht, wo ich war?«
»Sag
schon.«
»Kennst du
den Hügel mit dem Kreuz darauf?« »Ja«
»Ich habe
dort geschrieben. Eine junge Frau war dort und wollte sich
herunterstürzen.«
»Und du
hast sie gerettet?«
»Ich habe
es ihr ausgeredet. Sie denkt ich sei ihr Engel, der sie beschützt
hat.«
»Siehst du
sie wieder?« »Warum sollte ich?«
»Wir
sollten nachschauen, wie es dem Fürsten geht, wir wollen das Fest
nicht verpassen.«
Sie
machten sich fertig.
Schon von
Weitem sahen sie den Fürsten im Tor stehen. Als wenn er auf sie
gewartet hatte. Er winkte ihnen zu, um ihn herum standen etliche
Siedlungsbewohner. Schon vor dem Tor nahm man sich ihrer Pferde an.
Gemeinsam gingen sie zum Haus des Fürsten. Vor der Tür drehte
Kristian sich zu den Leuten um.
»Wir
danken euch für den freundlichen Empfang.«
Dann
gingen sie ins Haus.
»Fürst,
dir scheint es besser zu gehen?«
»Kristian,
ich weis nicht, ob meine Ahnen böse auf mich sind, weil ich mich
ihnen entzogen habe?«
»Die Ahnen
haben kein Zeitgefühl, sie wissen, dass du ihnen nicht entkommen
kannst und eines Tages bei ihnen anklopfst«, beruhigte er ihn.
»Kristian,
in drei Tagen feiern wir ein Fest, du und deine Frauen kommen doch?«
»Fürst, es
ist uns eine Ehre. Und für dich ist es besser, du gehst den
Wildschweinen eine Weile aus dem Weg.« Sie tranken einen Becher Bier
und verabschiedeten sich wieder.
Als sie
Zuhause waren, fragte er Gerti, ob er sich ihr Auto ausleihen
dürfte.
»Nimmst du
mich mit«? fragte Klara.
»Es ist
bestimmt nicht gut, wenn man uns zusammen sieht.«
»Hast
recht.« Er fuhr durch den Ort, weil er ein Geschenk für den Fürsten
kaufen wollte und erschrak, als ein Auto an ihm vorbei fuhr. Das
Gesicht der jungen Frau vom Morgen sah ihn erschreckt an. Kristian
hörte noch ihre Reifen quietschen, als sie abbremste. Da sie aus
verschiedenen Richtungen kamen, konnte sie ihm nicht sofort folgen.
Er suchte sich einen Parkplatz. Obwohl die Auswahl der Geschäfte
nicht groß war, fand er, was er suchte. Eine dicke warme Decke. Als
er auf die Straße trat, stand ihm die Frau vom Berg gegenüber.
»Ich
wollte es glauben, aber sie sind niemals ein Engel, sie haben sich
über mich lustig gemacht.«
»Ich habe
dich ins Tal gebracht«, erinnerte er sie.
»Das
stimmt«, sagte sie nachdenklich.
»So, ich
muss jetzt weiter.«
»Halt,
darf ich dich berühren?«
»Wenn du
willst?« Ziemlich fest umschloss sie seinen Oberarm. »Hast du was
anderes erwartet«? fragte er.
»Gehe
jetzt bitte nicht, ich möchte dich besser kennenlernen.«
»Engel
kommen und gehen, sie sind immer beschäftigt.«
»Und sie
gehen einkaufen?«
»Ja, du
hast recht, klingt schon ein wenig verrückt. Habe ich dich wenigsten
davon abgebracht, dass du dir was antust?«
»Ja,
schon, sage mir endlich wer oder was du bist?«
»Komm, da
vorne können wir uns hinsetzen. Unter einem Baum stand eine Bank,
auf der sie sich setzten. Sie schaute ihn erwartungsvoll an. »Nun
fang schon an«, drängte sie.
»Ist dir
nie in den Sinn gekommen, wer so etwas kann, dich ins Tal bringen?«
»Nein,
warte, ich wüsste jemand, aber das kann nicht sein.«
»Warum
nicht?«
»Das wäre
zu verrückt, was machst du hier?«
»Ich mache
Urlaub.«
»Ganz
alleine?« »Ich kenn hier jemand, ich wohne dort.«
»Da kommt
nur eine infrage. Du wohnst bei Klara.«
»Vielleicht.«
»Aber
wieso hast du gewusst, was ich vorhatte?«
»Es stand
dir auf der Stirn geschrieben.«
»Meine
Gedanken, du hast sie gelesen, auch das über meine Eltern.«
»Ich
gestehe.«
»Wohnst du
schon länger bei Klara?«
»Ein paar
Tage.«
»Klara hat
sich nichts anmerken lassen.«
»Du kennst
Klara näher?«
»Ich bin
Lehrerin, dann hast du Klara gesund gemacht?«
»Ich habe
etwas geholfen. Sagst du mir deinen Namen?« »Veronika.«
»Veronika
du darfst keinem erzählen, wo ich wohne.
Und sonst
ist ja alles jetzt geklärt, oder nicht«? fragte er.
»Ja, die
Welt ist schon verrückt«, sagte sie kopfschüttelnd. Er ging und fuhr
zurück.
Seite 107
Sie
warteten auf Jeanette und sattelten dann die Pferde. Der Sprung
brachte sie ca. zwei Kilometer vor Claudius Anwesen. Darauf was sie
sahen, waren sie nicht vorbereitet. Sie standen auf eine mehr oder
weniger befestigte Straße. Zweihundert Meter vor ihnen zog eine
endlose Marschkolonne auf eine breite Römerstraße dahin. Jeanette
hatte schon die Kamera angestellt. Langsam ritten sie auf den
Lindwurm zu. Ihr erscheinen brachte die Marschordnung der Legionäre
durcheinander. Jessika machte es noch schlimmer, als sie ihre Hand
zum Gruß hob. Ein Centurio, erkennbar an den querstehenden Besen auf
seinem Helm, kam angeritten und brachte die Legionäre auf
Vordermann. Eine Weile sah er zu ihnen rüber, dann preschte er
davon. Zwei und vierräderige Wagen lockerten das Bild auf. Dann
folgte ein nicht enden wollender Strom Sklaven. Diese schleppten
sich mühevoll dahin. Alte Leute waren nicht dabei, aber Kinder.
Kristian sah Tränen in Jessikas Augen. Der Centurio von eben kam
angeprescht und brachte sein Pferd vor ihnen zum Stehen. »Der Legat
Livianus möchte euch kennenlernen.« Kristian wusste, dass ein Legat
über vier bis fünftausend Soldaten befehligte. Deshalb der nicht
enden wollende Strom Legionäre. »Sage deinem Legaten, dass wir ihn
auch gerne kennenlernen wollen.« Als der Centurio sah, dass sie
keine Anstalten machten, ihm zu folgen, sagte er, »den Legaten lässt
man nicht warten.«
»Sage
deinem Legaten, dass wir noch nie so viele Legionäre auf einmal
gesehen haben, und uns der Anblick erfreut, wenn wir genug gesehen
haben, folgen wir gerne seiner Einladung.« Der Centurio wusste
nicht, wie er mit ihnen verfahren sollte.
»Ich
möchte meinen Legaten nicht enttäuschen, bitte folgt mir.« Also gut.
Sie galoppierten hinter ihm her. Die Spitze des Lindwurms war schon
eingeschwenkt. Normalerweise fingen jetzt die Legionäre mit ihren
Schanzarbeiten an, um das Lager zu sichern. Da aber kein Krieg
herrschte, hoben sie Zelte von den Wagen und richteten sie auf. Der
Legat stand vor einem Wagen und schaute ihnen entgegen.
»Als der
Centurio mir berichtete, dass drei fremdartige Menschen aufgetaucht
seien, sagte ich ihm, er solle euch zu mir bringen. Ich kann nur
bestätigen, dass ihr fremdartig ausseht und keine Römer seid.«
»Legat
Livianus, wir waren auf dem Weg einen Freund zu besuchen, als sich
uns der Anblick eurer Soldaten bot.«
Der Legat
war von kleiner gedrungener Statur mit wenigen Haaren auf seinem
Kopf.
»Wir
müssen eine Rast einlegen, die Sklaven machen schlapp, ich will auf
keinen verzichten«, meinte er erklären zu müssen.
»Wohl
nicht aus Mitleid, sondern des Gewinns wegen«, sagte Kristian.
»Nicht nur, auch meine Soldaten brauchen eine Ruhepause. Wir sind
auf den Weg nach Rom. Unsere Vorräte gehen zur Neige.«
»Glaubt
ihr sie hier auffüllen zu können?«
»Wir
werden sehen.« Der Aufbau seines Zeltes machte Fortschritte. Ein
Soldat brachte Stühle. Sie sahen dem Treiben zu. Jeanette hielt die
Kamera unauffällig an der Hüfte. »Deine Frauen zeigen viel von ihrer
Weiblichkeit«, sagte der Legat.
»Warum
soll man verstecken, was man hat, deinen Soldaten hat es gefallen.«
»Ich muss
gestehen, mir gefällt es auch. Du kennst meinen Namen, sage mir
euren.«
»Das ist
Jeanette und Jessika, mein Name ist Kristian.«
Die
Sklaven wurden in einen mit einem Seil eingezäunten Platz getrieben.
Er schätzte ihre Zahl um die vierhundert. Rom brauchte billige
Arbeitskräfte. Große Kessel wurden aufgestellt und Feuer darunter
entfacht.
Säcke mit
Hafer wurden danebengestellt. »Ihr müsst riesige Mengen Proviant mit
euch führen«, fragte Kristian.
»Es ist
sicher nicht leicht, soviel Münder zu stopfen?«
»Du sagst
es, Kundschafter reiten voraus und sammeln Vorräte ein. Ein Sklave
verteilte Becher und schüttete Wein hinein. »Legat Livianus, wir
sind Händler, hast du irgendwelche Wünsche?«
»Ihr seht
nicht so aus als hättet ihr viel anzubieten.«
»Lass dich
nicht täuschen, unser Lager ist nicht weit entfernt.«
»Ihr könnt
mich mit Hafer beliefern?«
»Sage mir,
wie viel du haben willst.«
»Zweihundert Talentum.« Für so viele Mäuler war das nicht viel. Ein
Talentum entsprach ungefähr einem halben Zentner. Zwei also einen
Zentner. Insgesamt ergab das einhundert Einzentnersäcke. Lauernd sah
er Kristian an. Dieser lächelte zurück. »Das müsste zu schaffen
sein. Die Frage ist, womit willst du das bezahlen? Ich nehme Aureus
und Waffen.«
»Bitte
folge mir.« Sie gingen zu den abgestellten Wagen. Er zeigte auf drei
zweirädrige Karren. Kristian stieg hinauf und lüftete die Plane.
Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Der Wagen war bis oben mit Waffen
aller Art gefüllt. Auch die beiden anderen Wagen inspizierte er.
Letzterer schien ihm mit besseren Waffen gefüllt zu sein. »Was hast
du mit den Waffen vor«? fragte Kristian.
»Sie
werden umgearbeitet und unsere Legionäre damit ausgerüstet.«
»Ich nehme
einen Wagen, wie viel Aureus wirst du dazu legen?« Er schien nicht
abgeneigt zu sein.
»Was
hältst du davon, wenn du einen Wagen so vollpackst, bis nichts mehr
drauf passt?« schlug er vor.
»Das
schien Kristian ein gerechter Preis zu sein. Willst du das Korn
gemahlen haben?«
»Wenn du
das machen kannst, gebe mir zwanzig Talentum gemahlenes Korn.«
»Ich lege
noch einen Sack gemahlenen Weizen obendrauf«, sagte Kristian. »Heute
Abend werden wir unser Geschäft begießen«, schloss der Legat.
Kristian hatte keinen Grund dem Legaten nicht zu trauen. Als sich
dessen Mund zu einem hämischen Grinsen verzog, beschloss er seine
Ehrlichkeit zu überprüfen. Was er sah, gefiel ihm überhaupt nicht.
Der Legat sah sich in seinem Zelt mit Jessika in seinen Armen. So
ein Schwein. Jessika war aufgestanden und ging zu den Sklaven. Ein
Centurio folgte ihr. »Kristian, kommst du mal«? rief sie.
»Was gibt
es denn?«
»Das Kind
einer Frau, ich glaube es stirbt.«
»Jessika,
du weist, dass wir daran nichts ändern können.«
»Ich
glaube es verhungert.« Tatsächlich sahen alle Sklaven unterernährt
aus.
»Wir
sollten der Frau keine Hoffnung machen«, sagte er.
»Komm und
sehe es dir wenigstens an«, bat sie. Sie war vor einer Frau stehen
geblieben. Diese kniete am Boden und hielt schluchzend ein ca.
vierjähriges Kind in ihren Schoß. Der Frau ging es auch nicht gut.
Sicher hatte sie ihre Essenration mit dem Kind teilen müssen.
»Herr,
kauft mein Kind, sonst wird es sterben. Sie hatten nichts zu essen
dabei. »Können wir sie nicht mitnehmen«, bettelte Jessika.
»Später,
wenn ich den Hafer geliefert habe.«
»Ich
könnte Milch und Brot holen«, schlug Jessika vor. »Und wie willst du
das machen unter den Augen der Römer?« Sie gingen zurück. »Ihr habt
Mitleid mit den Sklaven«? fragte der Legat. »Ich denke dir liegt
etwas an ihnen, warum lässt du sie verhungern?«
»Ist es so
schlimm? Wenn du geliefert hast, bekommen sie eine Extraportion.«
Kristian fragte sich, warum sie noch hier waren? Das Geschäftliche
war soweit besprochen.
»Legat,
wir werden uns jetzt um die Lieferung kümmern und hoffen, dass ich
bis heute Abend alles zusammenhabe.«
»Lass
deine Frauen hier, ich werde auf sie aufpassen.«
»Legat,
das kann ich auch.« Ihre Pferde standen nicht weit. Als sie an den
Sklaven vorbei gingen, bückte Kristian sich bei der Frau. »Wir
werden dich und das Kind heute Abend mitnehmen. Damit wir dich
wiederfinden, musst du unbedingt an diese Stelle auf uns warten.«
Sie blickte ihn an. Dann nickte sie. Er sah zum Legaten rüber.
Diesem ging sicher viel durch den Kopf. Er sah seine Beute
entschwinden. Anscheinend hatte er schon mit den Wachen gesprochen.
Zwei Legionäre stellten sich ihnen in den Weg. »Legat, du solltest
uns nicht aufhalten.« Nach langem Zögern nickte er der Wache zu, die
dann den Weg freigaben. Sie stiegen auf ihre Pferde und ritten in
eine Talsenke. Als sie nicht mehr zu sehen waren, sprangen sie.
Zuhause besuchte er den Getreidehändler und sagte ihm, was er
brauchte. Mit einhundert Zentner war er überfordert, versprach aber
bis heute Abend alles beisammenzuhaben. In der Zwischenzeit hatte
Jeanette Großvater erzählt, was sie gesehen hatten. Maria strich
verstohlen über ihre Augen.
»Jeanette,
du kommst nicht mehr mit. Der Legat hat vor, sich mit euch zu
vergnügen. Anscheinend hatte sie selber schon ein ungutes Gefühl
gehabt, denn sie protestierte nicht. Und du Jessika gehst auch nur
unsichtbar mit. »Wollt ihr nicht lieber alle hier bleiben«, schlug
Großvater vor.
»Großvater, dort stehen drei Wagen voll mit erbeuteten Waffen.«
»Euer
Leben ist mehr Wert.«
»Ja ich
weiß, wir können ja jederzeit abhauen, wenn es gefährlich wird.
Jessika, du nimmst die beiden letzten Karren mit, aber warte
solange, bis ich dir Bescheid sage. Danach kommst du nicht mehr
zurück.«
»Was hast
du vor?« Ich möchte dem Legaten einen Denkzettel verpassen. Zum
Schluss nehme ich die Frau und das Kind mit.
Es wurde
schon dunkel, als der Händler anrief, dass das Korn bereitlag. Er
erklärte Jessika, dass sie das Korn in der Talsenke ablegen wollten.
Die Dunkelheit war ihr Verbündeter. Mehrmals sprangen sie. »Jessika,
ich sage dir, wann es losgehen kann.« Dann ging er auf das Lager zu.
Unzählige Feuer brannten. Eine Wache brachte ihn zum Legaten. »Du
kommst alleine«? stellte er enttäuscht fest. »Legat, ich habe schon mit vielen
Mächtigen Geschäfte gemacht. Nicht wenige glaubten, dass die
Abmachung nicht mehr galt, wenn sie die Ware erhalten hatten. Wie
ist es mit dir?«
»Erst muss
ich sehen, ob du geliefert hast.« Kristian sagte ihm, wo das Korn
lag. Der Legat bot ihm was zum Trinken an. Kristian lehnte dankend
ab. Nach einiger Zeit kam ein Centurio ins Zelt und berichtete.
»Du hast
Wort gehalten«, sagte er. »Und du hast recht, ich habe nicht vor,
mich an die Abmachung zu halten.«
»Das habe
ich mir schon gedacht. Hast du dich nicht gefragt, wie ich es
schaffen konnte, das Korn ohne Aufsehen in das Tal zu bringen? Ich
habe mächtige Verbündete, die sich in diesem Augenblick um meine
versprochene Ware kümmern.
»Jessika,
es kann losgehen.« Anscheinend wartete sie schon ungeduldig. Draußen
gab es einen Tumult. Eine Wache stürmte herein. »Legat, ein Wagen
mit Waffen ist verschwunden.«
»Habt ihr
auf der Wache geschlafen, ich werde euch alle auspeitschen lassen.«
Die Wache verschwand wieder.
»Nun zu
uns Legat, du hast versucht mich zu betrügen. Was ist dir dein Leben
wert?«
»Wache«,
rief er. Diese stürzte herein. Kristian stand schon beim Legaten und
hielt dessen Dolch in der Hand.
»Ich
glaube nicht, dass deine Leute schneller sind, wie ich dir deinen
Dolch in den Rücken stoßen werde. Sage deiner Wache, dass wir nicht
mehr gestört werden wollen.« Er drückte zu. Der Legat gab den
Befehl.
»Jetzt
werden wir erneut verhandeln. Was ist dir dein Leben wert?« Draußen
gab es erneut einen Tumult.
»Gerade
wurde der zweite Wagen geholt, und du konntest dagegen nichts tun«,
sagte er und verwandelte sich in den alten weißhaarigen Druiden.
Geschockt hatte der Legat zugesehen.
»Die
Götter sind nicht mit dir, du bist ein unehrlicher Geschäftspartner.
Die ewige Verdammnis wartet schon auf dich.« Er schickte ihm Bilder
von der Hölle zu, er mitten drin mit brennenden Gewändern. »Lass mir
mein Leben, ich werde in Zukunft ehrlich sein«, jammerte er.
»Wie viel
ist es dir wert, wenn ich dein Leben verschone?«
»Nimm, was
in der Truhe ist, es soll alles dir gehören.«
»Bist du
sicher, dass du das willst?«
»Ja«
»Verspreche, den Gefangenen mehr zu essen zu geben.«
»Ich
verspreche es.« Draußen wurde es wieder laut. Anscheinend hatte
Jessika der Versuchung nicht widerstehen können und den dritten
Wagen geholt. Danach stand sie plötzlich im Zelt.
»Alles
klar hier?« »Hatten wir nicht ausgemacht, dass du nicht
zurückkommst? Wo du schon gerade da bist, der Legat bat uns, die
Truhe mitzunehmen.«
»Die
Ganze?«
»Ja, hat er
gesagt. Nimm du die Truhe, ich hole die Frau und bringe sie und das Kind
ins Krankenhaus, für uns ist hier alles erledigt.« Jessika sah, wie er
unsichtbar wurde, ging auf die Truhe zu und verschwand mit ihr. Ein
erschreckter Legat blieb zurück. Die Frau hatte auf der Stelle verharrt,
wo sie sie verlassen hatten, so dass er sie schnell fand. Da sie ihn
nicht sah, sagte er ihr, dass er sie jetzt mitnehmen würde. Ein Blick
zurück, zeigte ihm den Legaten vor seinem Zelt und wie verrückt Befehle
erteilen. Sicher ließ er nach ihnen suchen. Das Kind auf den Arm, die
Frau hielt sich an seinen Arm fest, kamen sie in ihrem Krankenhaus an.
Es war nicht viel los. Er erfuhr, dass Sonja die Ärztin keinen Dienst
hatte, und konzentrierte sich auf sie. »Sonja, hier ist Kristian, ich
habe hier zwei halb verhungerte Sklaven, kannst du kommen?«
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173
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»Sie sagen, dass sie mehr Männer haben wie wir«, erklärte
Kristian. »Ich habe ihnen Angst gemacht, weiß aber nicht, ob sie
das aufhält. Dann sprachen sie noch von Aushungern.« Ihre
Wasserquelle lag fünfzig Meter entfernt. Rufus gab den Befehl
alle Behältnisse mit Wasser zu füllen. Von beiden Seiten, mit
Schilde geschützt, gingen die Legionäre zum Wasser und wieder
zurück. Die Germanen hatten sich von dem Schreck noch nicht
erholt, sodass es zu keinem Zwischenfall kam, worauf Rufus sie
noch einmal zum Wasserholen losschickte.
|
Rufus, wie schätzt du unsere Lage ein? Ich glaube, dass sie im
Vorteil sind. Sie haben uns eingekreist, wenn sie geschlossen
angreifen würden, können wir sie schlagen, aber so dumm werden sie
nicht sein.«
»Also Rückzug?« »Wenn sie uns lassen.«
»Und dann mit mehr Männer zurückkommen?«
»Uns bleibt nichts anderes übrig.«
»Wenn du erlaubst, versuche ich, mit den Germanen zu verhandeln?«
»Sie könnten dich gefangen nehmen.«
»Was meinst du, kann man sich auf ihr Wort verlassen?«
»Im Allgemeinen schon.« »Dann gehe ich.«
Die Kamera war eingeschaltet, als er unsichtbar das Lager verließ.
Wieder passierte er mehrere Wachen und wunderte sich, dass er nicht
mehr von ihnen sah. War ihre Anzahl doch nicht größer? Er erreichte
das Zelt, es war leer. Er setzte sich und wartete. Eine halbe Stunde
verging. Dann wurde die Zeltplane zurückgeschlagen. Einer der
Anführer blickte ihn erschrocken an und griff zu seinem Schwert.
»Halt ich bin unbewaffnet.«
»Haben die Römer dich geschickt? Du selber siehst nicht aus wie
einer, warte.« Zurück kam er mit den drei Männern, die Kristian
schon kannte. »Wundert ihr euch nicht, dass ich an eure Wachen
vorbei bis hierhergekommen bin? Sie blickten sich erschrocken an,
einer ging nach draußen und befahl die Wachen zu verdreifachen. »Was
willst du?« fragte einer. »Sage mir deinen Namen, meiner ist
Kristian.«
»Mein Name ist Ingolf.«
Habt ihr schon mal gegen die Römer gekämpft? Ihr müsst doch wissen,
dass sie es euch nicht durchgehen lassen, was ihr hier vorhabt.«
»Wir werden euch alle töten, keiner wird wissen, wer es gemacht
hat.« »Du irrst dich, eine Nachricht ist schon unterwegs, sie werden
mehr Legionäre schicken, wie euch lieb ist.« »Keiner hat das Lager
verlassen.«
»Du irrst dich schon wieder. Die Römer haben eine Nachricht mit
einer Taube abgeschickt.« Ungläubig schauten sie Kristian an. »Die
Nachricht wird einer Taube ans Bein gebunden, sie dürfte bereits im
Kastell sein.« »Dann werden wir sofort angreifen und du wirst unser
Gefangener sein.«
»Man merkt, dass ihr keine Erfahrung mit Verhandlungen habt. Ich bin
freiwillig zu euch gekommen, einen Unterhändler darf man nicht
gefangen nehmen, sonst würde es keine Verhandlungen mehr geben.« »Du
bist mein Gefangener sagte einer und zog sein Schwert.
»Ingolf willst du das auch?«
»Last ihn gehen,« sagte dieser. »Habe ich freies Geleit?« Den
anderen schien das nicht zu passen. Ingolf ausgestreckter Arm hielt
sie zurück. »Komm ich bringe dich zurück.« An den Wachen vorbei
sahen sie bald das Lager vor sich. »Ich kann nichts mehr für dich
tun, wir werden angreifen.« Langsam schritt Kristian auf das Lager
zu und passierte den Wall. Ingolf war schon nicht mehr zu sehen.
»Rufus, sie werden angreifen.« Rufus schrie die Warnung heraus:
»Achtung Bogenschützen.« Alle hatten es gehört und ihre Schilde über
ihre Köpfe gehoben. Kristian überzeugte sich, dass die Kamera
eingeschaltet war. Rufus machte ihm Platz hinter seinem Schild.
Nichts passierte. Dann auf einmal prasselten die Pfeile von oben wie
Hagelschauer auf sie hernieder. Eine Welle folgte der anderen. Dann
Stille. Der Boden war mit Pfeilen übersät. Dann kamen sie schreiend
von allen Seiten angerannt. Die kleineren Schilde der Germanen boten
keine ausreichende Deckung. Die erste Welle wurde mit den
Wurfspeeren der Römer gestoppt. Der Angriff stockte, die Wucht der
Abwehr hatte die Germanen überrascht. Sie sahen ihre Männer fallen
und zogen sich zurück. In einigen ihrer Schilde steckten noch die
Wurfspeere der Römer. Die Spitze, die im oberen Drittel aus nicht
gehärtetem Eisen war, war umgeknickt, steckengeblieben, und
behinderte so die Germanen beim Kampf. Kristian hatte sich einen
Schild von einem gefallenen Römer gegriffen und hielt ihn vor sich.
Schon rannten die Germanen wieder gegen ihren Wall an. Kristian
griff sich einen germanischen Speer und erwartete sie. Rufus gab den
Befehl zum Angriff. Die Germanen wurden wieder überrascht, als die
Legionäre über die Wälle auf sie zusprangen, sich zu einer
geschlossenen Formation zusammenstellten und die Germanen angriffen.
Sie schoben die Germanen mit ihren Schilden vor sich her und stachen
zu. Über gefallene Germanen hinweg stürmten sie vor, bis ein Signal
sie zum Rückzug rief. Auch die Römer mussten einen Blutzoll zahlen.
Mehrere Legionäre lagen verwundet oder tot vor dem Wall. Rufus
schickte seine Legionäre los, sie ins Lager zu holen. Auch die
Germanen hatten sich zurückgezogen und leckten ihre Wunden.
»Rufus, soll ich die verwundeten Legionäre zum Kastell zurückbringen
und mit frischen Männer zurückkommen?«
»Ja tu das, und erzähle dem Tribun, was hier los ist. Ich glaube
nicht, dass die Germanen noch große Lust haben, zu viele ihrer Leute
liegen dort vor unserem Wall.« Kristian zählte acht tote Legionäre.
Elf Verwundete Legionäre wussten nicht, was er mit ihnen vorhatte,
als Rufus befahl, dass sie sich um Kristian aufstellen sollten. Das
war nicht ganz einfach, da einige Legionäre nicht mehr stehen
konnten. »Ihr müsst eine Kette bilden und lasst nicht los.« Als
Rufus nickte, sprangen sie.
Im Kastell war die Aufregung groß, als man sie sah. Der Tribun kam
angerannt. Kristian erklärte ihm die Lage. Die Verwundeten wurden
zum Arzt gebracht. Der Tribun gab den Befehl, dass sich zwanzig
Männer mit Marschgepäck hier einfinden sollen. Kristian nahm die
Speicherkarte aus seiner Kamera und reichte sie dem Tribun. »Tribun,
gibst du das meiner Frau, wenn sie kommt?« Er nickte und steckte die
Speicherkarte ein. Auch hier wussten die Männer nicht, was sie
erwartete, als er sie ins Lager zu Rufus brachte.
»Kristian, ich bin froh, dich zu sehen«, empfing ihn Rufus
erleichtert. »Rufus, ich weiß nicht, was hier noch passiert,
könntest du, wenn es euch möglich ist, die Waffen der Germanen
einsammeln und auf deine Wagen werfen lassen?«
»Wenn wir das hier überstehen, veranlasse ich das.«
»Ich schaue Mal, was sie vorhaben«, sagte Kristian, ergriff einen
Germanenspeer und sprang unsichtbar über den Wall. Vor dem Zelt
saßen oder lagen verwundete Germanen. Ingolf kniete vor einem. Als
er sichtbar wurde, griff er reflexartig zu seinem Schwert. »Ingolf
lass das, ich bin nicht zum Kämpfen hier.« Das viele Leid vor Augen,
wollte Ingolf Blut sehen, das von Kristian. Dieser wich seinem Hieb
aus. Um sie hatte sich ein Kreis gebildet.
»Ingolf ich habe dir nichts getan, die Römer sind deine Feinde.« Er
musste einem weiteren Schlag ausweichen. Einen weiteren fing er mit
dem Speerschaft ab, drehte sich und traf ihn am Kopf. Ingolf ging in
die Knie, Kristian ging auf ihn zu und wollte ihm seine Hand
reichen. »Nein«, schrie Ingolf und fuchtelte mit seinen Händen
umher. Da war es schon passiert. Ein Pfeil traf Kristian in die
Seite. Erstaunt blickte Kristian auf die Pfeilspitze, die durch sein
Hemd hervor schaute. Jetzt erst, spürte er den Schmerz. Der Pfeil
war von den Rippen abgeprallt und hatte seine Haut durchbohrt. Mit
Schrecken dachte er daran, dass dort seine Implantate lagen. Er
musste so schnell wie möglich zurück, es ging nicht, so sehr er sich
auch anstrengte. Unsichtbar werden ging auch nicht. Wegrennen konnte
er nicht, er war von Germanen umgeben. »Kristian, es tut mir leid,
ich konnte es nicht verhindern.« Er stand auf. Furchterregend
bemalte Germanen blickten ihn an. »Komm«, sagte Ingolf und schob
Kristian in das Zelt. »Du bist ein Mensch wie wir, ich hatte schon
gedacht, dass du ein Zauberer bist.« Mit seiner Taschenmesserklinge
fuhr Kristian um den Pfeil, brach ihn durch und zog ihn unter
Schmerzen ruckartig heraus. Mit der linken Hand drückte er gegen die
Wunde. Seine Heilkräfte waren nicht beeinträchtigt. Inzwischen waren
weitere Männer erschienen. Sie wollten nicht weiter kämpfen.
»Du hast recht gehabt«, sagte Ingolf, wir hätten uns mit ihnen
einigen sollen. Wir ziehen uns zurück. Weitere Männer drängten ins
Zelt. »Was machen wir mit ihm?« fragte ein Mann mit entstelltem
Gesicht. Kristian versuchte, die Kamera, die immer noch lief und vor
seine Brust baumelte, auf ihn zu richten. »Es wird erzählt, dass die
Wachen ihn nicht gesehen haben, als er gekommen ist. Vielleicht kann
er sich unsichtbar machen?« »Er soll unser Gefangener sein, von ihm
könnten wir mehr über die Römer erfahren«, sagte ein anderer.
»Er ist freiwillig gekommen, lasst ihn gehen«, sagte Ingolf. Sofort
protestierten mehrere Männer. Ingolf schien nicht das
uneingeschränkte Sagen zu haben und er wollte nicht, dass der Streit
ausuferte. »Es tut mir leid, aber du musst bei uns bleiben.«
Irgendwie erschreckte Kristian das nicht, weil er fest daran
glaubte, dass mit dem Verheilen der Wunde auch die Implantate wieder
funktionieren würden.
»Lässt du mich mit den Römern reden? Was ist, wenn ich mein Pferd
mitbringe, lasst ihr es mir?« Nur auf das Wort von Ingolf alleine
wollte er sich nicht verlassen. »Ihr habt es gehört«, sagte Ingolf
zu den Männern, »darf er sein Pferd behalten?« Die Männer stritten
eine Weile, dann sagte der Mann mit der Narbe, »Er darf sein Pferd
behalten.«
»Dann lasst mich mit den Römern reden«, forderte Kristian.
»Kristian, du solltest nicht versuchen die Gelegenheit zu nutzen und
zu den Römern rüberlaufen, meine Männer würden dir in den Rücken
schießen.«
»Ich bin einverstanden.«
»Dann gehe voran.« Kristian war sich sicher, dass einige Pfeile auf
ihn gerichtet waren. Sie näherten sich Rufus Lager, die Germanen
blieben auf Schussweite zurück. »Rufus hatte seine Deckung
aufgegeben. »Rufus wir müssen miteinander reden, du kannst ohne
Gefahr näherkommen.« Rufus stieg über den Wall und kam ihm
vorsichtig nach allen Seiten spähend, ein paar Schritte entgegen.
»Rufus ich wurde verletzt, ein Pfeil hat mich an der Stelle
verletzt, die für meine Zauberkräfte zuständig sind. Ich kann ihnen
nicht entkommen, viele Pfeile würden mich treffen. Ich glaube daran,
dass ich meine Kräfte wiederbekomme, wenn die Wunde verheilt ist.
Nimm jetzt meine Kamera und richte sie auf mich, ich werde ein paar
Worte zu meiner Frau sagen.« Rufus kam näher, Kristian reichte ihm
seine Kamera. »Rufus gehe ein paar Schritte zurück. Als er sah das
Rufus bereit war, fing Kristian erneut an. »Hallo Jessika. Mich hat
ein Pfeil an der Stelle getroffen, an der die Implantate sitzen.
Keine Angst, es war nur ein Streifschuss. Im Moment habe ich keine
Kräfte mehr. Ich hoffe, dass sie zurückkommen, wenn die Wunde
verheilt ist. Die Germanen wollen mich nicht gehen lassen, sie
hoffen von mir, mehr über die Römer zu erfahren, hinter meinem
Rücken sind ihre Pfeile auf mich gerichtet. Sie wollen mir mein
Pferd lassen, wenn ich es hole. Macht Rufus keine Vorwürfe, er kann
mir nicht helfen und er muss an seine Männer denken. Die Germanen
ziehen weiter. Ich glaube fest daran, dass ich zurückkomme, solange
bist du der Boss, bis bald.«
»Rufus, lässt du meine Sachen und mein Pferd bringen, und erlaube,
dass sie ihre Toten abholen dürfen. Achte darauf, dass keiner deiner
Männer Dummheiten macht, sonst erschießen sie mich. Ich bin sicher,
dass wir uns bald wiedersehen.«
Er winkte Rufus zu sich und schaltete die Kamera aus. Gebe sie
meiner Frau.
Dann wartete er darauf, dass sein Pferd und Rucksack gebracht wurde.
Sein Pferd am Zügel ging er auf die Germanen zu. Ingolf erwartete
ihn. »Ingolf, die Römer erlauben, dass du deine Männer holen
darfst.«
»Kann ich ihnen vertrauen?« Du kannst ihnen vertrauen, so wie du mir
vertraust.« Ingolf schickte erst zwei seiner Männer los. Beide
Parteien beäugten sich misstrauisch. Als die ersten Männer zurück
waren, schickte er weitere vor. Bald hatten die Germanen ihre Männer
abgeholt und natürlich auch dessen Waffen mitgenommen. Dann zogen
sie sich zurück.
Etliche Männer waren schon dabei, das Zelt zusammenzupacken. »Ingolf
was bin ich für euch?«
»Du bist unser Gefangener, du darfst dich aber frei bewegen.
»Du vertraust mir?« »Ich kenne dich nicht, gewöhne dich daran, dass
immer zwei meiner Männer in deine Nähe sind. Sie werden dich töten,
wenn du versuchst zu fliehen.«
Sie blieben noch, bis sie ihre Männer begraben hatten.
Kristian hatte vergessen, Rufus zu fragen, was er jetzt vorhatte.
Die Germanen würden sich zurückziehen und die Römer hatten ihnen
gezeigt, dass sie ein ernst zu nehmender Gegner waren.
Er hoffte, dass Jessika nicht versuchen würde, ihm zu folgen.
Ingolf führte sein Pferd neben seins. »Steig auf, wir reiten
zurück.« Auf einer Lichtung warteten die Männer auf ein Zeichen zum
Aufbruch. Ingolf hatte nicht übertrieben, er schien wirklich mehr
Männer zu haben. Sie schenkten Kristian ihre Aufmerksamkeit, als er
mit Ingolf angeritten kam. Kristians Hand lag auf seine Wunde, um
die Heilung zu beschleunigen.
Mehrere Verwundete lagen auf dem Boden. Einige wurden gerade auf
Wagen gehoben. »Habt ihr keinen, der sich um die Verwundeten
kümmert?«
»Unser
Heiler wurde verwundet, dort drüben liegt er.« Die Wunden der Männer
waren gar nicht oder nur notdürftig verbunden. Bei einem schaute
noch ein Pfeilschaft aus seiner Schulter. »Ingolf, wenn du erlaubst,
werde ich mir deine Männer ansehen. Ich bin kein Heiler, und wenn
meine Hilfe nicht zum Erfolg führt, dann darfst du mir das nicht zur
Last legen.«
Leseprobe 1
Leseprobe 2
Leseprobe 3
Leseprobe 4
Leseprobe 5
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Falls sie etwas zu meinem Roman sagen möchten, oder eine Idee haben,
schreiben sie mir.
bitte geben sie mir ein Feedback, wie ihnen die Seiten gefallen haben.
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